Das Verkehrslexikon

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Fahrerlaubnis und Vertrauensschutz - Widerruf - Änderung - Führerscheinklassen - Gesetzesänderungen - EU-Führerschein

Fahrerlaubnis und Vertrauensschutz


Ob sich - ohne Auftreten neuer Eignungszweifel begründender Tatsachen - der Inhaber einer Fahrerlaubnis auf den ihm mit der Erteilung gewährten "Vertrauensvorschuss" verlassen kann, wird in der Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet.

Während in der älteren Rechtsprechung im Interesse der übergeordneten Verkehrssicherheit konstatiert wurde, dass ein Vertrauensschutz dann nicht in Frage komme, wenn Tatsachen vorliegend, die nach den gesetzlichen Bestimmungen zum Entzug der Fahrerlaubnis führen müssen, wird in neueren Entscheidungen darauf abgestellt, ob es sich um einen Wiedererteilungsfall oder um einen Entziehungsfall handelt.




Gliederung:





Allgemeines:

  • Die Fahrerlaubnis als abänderbarer Dauerverwaltungsakt

  • VGH Kassel v. 04.06.1985:
    Die Fahrerlaubnis ist auch dann nach §§ 4 Abs. 1 StVG, 15 b Abs. 1 StVZO (a. F. - jetzt §§ 3 StVG i. V. mit 46 FeV) zu entziehen, wenn sich ein Kraftfahrzeugführer aufgrund von Umständen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind. Ein Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis hat keinen Anspruch auf prüfungsfreie Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis nach § 15 Abs. 1 StVZO a.F. (mehr), wenn seine vorübergehende Berechtigung zum Führen eines Kraftfahrzeuges im Bundesgebiet nach §§ 4, 5 IntVO seit mehr als zwei Jahren erloschen ist.

  • VGH Mannheim v. 17.12.1991:
    Die Fahrerlaubnis ist auch dann zu entziehen, wenn sich ein Kraftfahrer aufgrund von Umständen als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die vor Erteilung der Fahrerlaubnis eingetreten sind. Eine in das Ermessen der Behörde gestellte Rücknahme der Fahrerlaubnis nach landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensvorschriften kommt in derartigen Fällen nicht in Betracht.

  • VG München v. 16.07.1997:
    Erteilt die Behörde trotz eines negativen medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens eine Fahrerlaubnis, werden bestehende Eignungszweifel objektiv nicht ausgeräumt. Unerheblich ist auch, ob sich die Antragsgegnerin wissentlich oder in Unkenntnis über die bestehenden gesetzlichen Vorschriften hinweggesetzt hat, als sie dem Antragsteller trotz objektiv bestehender Eignungszweifel die Fahrerlaubnis wiedererteilt hat. Ebenfalls ohne Bedeutung ist, daß die Fehlerhaftigkeit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nicht im Verantwortungsbereich des Antragstellers lag. Unerheblich ist dabei, ob die rechtswidrig erteilte Fahrerlaubnis Vertrauensschutz entfalten kann oder sich die Rechtsposition des Antragstellers zwischenzeitlich verfestigt hat. Die Antragsgegnerin muß die einem ungeeigneten Kraftfahrer erteilte Fahrerlaubnis entziehen. Das bedeutet, daß kein Vertrauensschutz oder Billigkeitserwägungen zu Gunsten des Fahrerlaubnisinhabers möglich sind.

  • VG Karlsruhe v. 22.03.1999:
    Die Entziehung der Fahrerlaubnis richtet sich auch dann nach der gegenüber landesrechtlichen Verwaltungsverfahrensvorschriften spezielleren bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage der §§ 3 StVG i. V. mit 46 FeV, wenn sich nach Jahren herausstellt, dass der Fahrerlaubnisinhaber die theoretische Prüfung seinerzeit nicht bestanden hat und er sich nach Aufforderung durch die Fahrerlaubnisbehörde weigert, die theoretische Prüfung abzulegen. Wegen der Gefahr für höchste Rechtsgüter scheiden daher Vertrauensschutz- oder Billigkeitserwägungen aus.

  • OVG Hamburg v. 30.01.2002:
    Die Fahrerlaubnis kann auch dann nach §§ 3 Abs 1 StVG , 46 Abs 1 FeV entzogen werden, wenn die Eignung oder Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen schon im Zeitpunkt der Erteilung gefehlt hat und die aus diesem Grunde rechtswidrige Erlaubnis ohne eine Änderung der Sach- oder Rechtslage mit Wirkung für die Zukunft zum Erlöschen gebracht werden soll, weil Eignung und Befähigung weiterhin fehlen. Deren Fehlen "erweist" sich in einem solchen Fall durch richtige Rechtserkenntnis.

  • OVG Koblenz v. 12.05.2003:
    Zum Vertrauensschutz nach einer Erteilung einer Fahrerlaubnis trotz an sich gegebenen MPU-Erfordernisses

  • VG Neustadt v. 05.06.2003:
    Die Fahrerlaubnisbehörde, die dem Betroffenen einen "Vertrauensvorschuss" in Form der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis unter Auflagen eingeräumt hat, darf sich in der Folgezeit hierzu nicht in Widerspruch setzen. Für eine abweichende Bewertung ist nur dann erst wieder Raum, wenn sich nach der Wiedererteilung neue Umstände ergeben haben, die die Fahreignung wieder in Frage stellen können und die dann eine umfassende Beurteilung der Fahreignung auch unter Einbeziehung früherer Auffälligkeiten ermöglichen.

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Vertrauensschutz und Ersatzführerschein:

  • OVG Weimar v. 24.02.2005:
    Will die Behörde eine nach der Eintragung im Führerschein unbeschränkt erteilte Fahrerlaubnis zurücknehmen, hat sie den Nachweis zu erbringen, dass nur eine mit Auflagen bzw. Einschränkungen versehene Fahrerlaubnis erteilt wurde. Durch die Aushändigung eines fehlerhaft ohne Einschränkungen ausgestellten Ersatzführerscheins wird grundsätzlich keine unbeschränkte Fahrerlaubnis erteilt.

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Vertrauensschutz nach Aufhebung einer Nutzungsuntersagung einer EU-Fahrerlaubnis?

  • OVG Lüneburg v. 15.08.2006:
    Nimmt eine Behörde eine nach der Verweigerung einer MPU ausgesprochene Nutzungsuntersagung einer EU-Fahrerlaubnis zurück, weil sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gehindert ist, Gründe für die Anordnung einer obsolet gewordenen oder fehlerhaften MPU-Anforderung nachzuschieben, dann kann sie jederzeit ohne Verletzung eines durch die Rücknahme geschaffenen Vertrauensschutzes mit zulässigen Gründen erneut eine MPU-Anforderung erlassen.

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