Das Verkehrslexikon

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Leitbild der Vollkaskoversicherung

Haftung für Schäden am Mietwagen - Leitbild der Vollkaskoversicherung




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Weiterführende Links:


Haftung des Mieters für Unfallschäden am Mietwagen und Haftungsfreistellung

Grobe Fahrlässigkeit im Versicherungsrecht
Forderungsübergang und Quotenvorrecht in der Vollkaskoversicherung / Differenztheorie




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Allgemeines:


BGH v. 17.12.1980:
Der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen, der dem Mieter gegen Zahlung eines Entgelts nach Art einer Versicherungsprämie bei Unfallschäden Haftungsfreistellung ohne Selbstbeteiligung verspricht, ist gehalten, diese Haftungsbefreiung nach dem Leitbild einer Kaskoversicherung auszugestalten. Die dem Mieter gewährte Haftungsfreistellung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass er das Fahrzeug einem Dritten überlässt. Sie schließt auch dann Ersatz für Wertminderung und Mietausfall ein.

BGH v. 19.01.2005:
Eine formularmäßig getroffene Vereinbarung über die Haftungsbefreiung des Mieters eines Kraftfahrzeugs gegen zusätzliches Entgelt ist objektiv nach dem Willen verständiger und redlicher Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise an solchen Geschäften beteiligten Kreise auszulegen. Die Haftungsfreistellung erfasst auch bei einem allgemeinen Hinweis auf die Grundsätze einer Vollkaskoversicherung Schäden durch unsachgemäße Behandlung des Fahrzeugs, insbesondere durch einen Schaltfehler.

BGH v. 20.05.2009:
Vereinbaren die Parteien eines gewerblichen Kraftfahrzeugmietvertrages gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung für den Mieter nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung, so verliert der Mieter diesen Versicherungsschutz nicht, wenn ein Dritter, dem er das Fahrzeug überlassen hat, dieses schuldhaft beschädigt. Entgegenstehende AGB beeinträchtigen den Mieter unangemessen und sind deshalb gemäß § 307 BGB unwirksam.

LG Kaiserslautern v. 28.07.2009:
Ist gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts zu Gunsten des Mieters eines PKW eine Haftungsfreistellung vereinbart worden, muss diese dem Leitbild der Vollkaskoversicherung entsprechen. Führt das bloße Befahren einer Rennstrecke nach den allgemeinen Geschäftsbedingungen des PKW-Vermieters zum Wegfall der Haftungsfreistellung, widerspricht dies dem Leitbild der Vollkaskoversicherung. Eine entsprechende AGB-Klausel des Vermieters ist nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

BGH v. 25.11.2009:
Vereinbart der Mieter eines Kraftfahrzeugs mit dem Vermieter gegen Entgelt eine Haftungsbefreiung mit Selbstbeteiligung, so findet die Rechtsprechung zum Quotenvorrecht entsprechende Anwendung.

LG Konstanz v. 26.11.2009:
Ist im formularmäßigen Automietvertrag eine Haftungsfreistellung des Mieters "nach den Grundsätzen der Kaskoversicherung" vereinbart, so stellt es eine unangemessene Benachteiligung des Mieters dar, wenn er für den Fall der groben Fahrlässigkeit die volle Haftung tragen soll. Die Unwirksamkeit der Klausel führt zu einer Schadensteilung zwischen Vermieter und Mieter.

OLG Köln v. 13.01.2010:
Mit dem Grundgedanken des Gesetzes vereinbar in AVB sind somit typisierte Haftungsquoten, möglicherweise auch eine Regelung, die dem Mieter/Versicherungsnehmer die Wahl einräumt zwischen einem Tarif mit genereller Haftung bei grober Fahrlässigkeit gegen Vereinbarung einer geringeren Prämie und Deckungsschutz bei grober Fahrlässigkeit gegen Vereinbarung einer höheren Prämie. Der generelle und undifferenzierte Haftungsvorbehalt für grobe Fahrlässigkeit läuft jedoch dem wesentlichen Grundgedanken des § 81 Abs. 2 VVG zuwider und benachteiligt die Interessen des Versicherungsnehmers unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben (§ 307 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dies gilt in gleicher Weise im Hinblick auf den Mieter, der sich gegen besonderes Entgelt eine Reduzierung der Haftung entsprechend den Bedingungen der Kraftfahrzeugvollversicherung gegenüber dem Vermieter „erkauft“. Dies hat zur Folge, dass der Vorbehalt der Haftung für die Fälle grober Fahrlässigkeit insgesamt unwirksam ist und somit die vereinbarte Haftungsfreistellung eingreift.

BGH v. 11.10.2011:
st in einem gewerblichen KFZ-Mietvertrag eine Haftungsbefreiung oder eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung vereinbart, ist ein in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen vorgesehener undifferenzierter Haftungsvorbehalt für den Fall grober Fahrlässigkeit nach § 307 BGB unwirksam. An die Stelle der unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt tritt der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 2 VVG (Rn.16). Dies gilt hinsichtlich der Haftung des grob fahrlässig handelnden berechtigten Fahrers, der nicht Mieter ist, gleichermaßen jedenfalls dann, wenn dessen Haftungsfreistellung in den Allgemeinen Vermietungsbedingungen ausdrücklich vorgesehen ist.


BGH v. 15.07.2014:
Ist der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines gewerblichen Kfz-Vermieters vorgesehene Haftungsvorbehalt für Fälle grober Fahrlässigkeit wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, findet die Regelung des § 81 Abs. 2 VVG entsprechende Anwendung (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Oktober 2011, VI ZR 46/10, BGHZ 191, 150). - Zu den Voraussetzungen für die Annahme grober Fahrlässigkeit bei einem selbstverschuldeten Unfall mit einem angemieteten Kraftfahrzeug.

BGH v. 14.01.2015:
Eine haftungsbegrenzende Klausel nach Art einer Vollkaskoversicherung in einem gewerblichen Automietvertrag kann zwei voneinander sachlich zu trennende Regelungsbereiche enthalten, nämlich einerseits Regelungen über die schuldhafte Herbeiführung des Schadensfalls, andererseits eine Festlegung der versicherungsähnlich erfassten Schadensereignisse. Diese Regelungsbereiche sind inhaltlich unabhängig und können losgelöst voneinander bestehen. Dass beide Regelungsbereiche nicht voneinander abhängen, äußert sich bereits darin, dass im Versicherungsrecht für die Herbeiführung des Versicherungsfalls zwingende gesetzliche Regelungen in § 81 VVG bestehen, während die versicherten Schadensereignisse privatautonom durch die Versicherungsbedingungen bestimmt werden.

OLG Nürnberg v. 01.06.2017:
  1.  Wer ein Kraftfahrzeug mit einem weit über der Richtgeschwindigkeit liegenden Tempo fährt - hier 200 km/h -, muss in besonderem Maße seine volle Konzentration auf das Verkehrsgeschehen richten.

  2.  Schon die kurzzeitige Ablenkung durch Bedienung des sog. Infotainmentsystems (Navigationssystem) kann bei derartigen Geschwindigkeiten den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit begründen, mit der Folge eines zumindest teilweisen Verlustes der Haftungsfreistellung in den einer Kaskoversicherung nachgebildeten Bedingungen eines Mietvertrags.

  3.  Das Vorhandensein eines sog. Spurhalteassistenten reduziert den in einem entsprechenden Verhalten liegenden Schuldvorwurf zumindest bei derartig hohen Geschwindigkeiten nicht.



OLG Frankfurt am Main v. 12.02.2020:
Es ist grob fahrlässig, wenn sich der Kfz-Führer während der Fahrt mit einem Pkw auf der Autobahn zu einem auf dem rechten Rücksitz befindlichen achtjährigen Kind umdreht und dadurch die vollständige Sicht auf das Geschehen auf der Fahrbahn verliert und es zu einem Auffahren auf ein , das zu einem leichten Auffahren auf ein abbremsendes Motorrad kommt.

OLG Frankfurt am Main v. 30.12.2021:
  1.  Die verschuldensunabhängige Garantiehaftung des Vermieters für anfängliche Mängel der Mietsache gemäß § 536a Abs. 1 S. 1 BGB kann auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen werden.

  2.  Eine unangemessene Benachteiligung des Mieters gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 BGB liegt aber dann vor, wenn der Haftungsausschluss auch im Falle der Verletzung sogenannter Kardinalpflichten gelten soll, die als den typischen Verwendungszweck prägende Pflichten im Gegenseitigkeitsverhältnis mit der Mietzinspflicht stehen. Bei einem Kfz-Mietvertrag handelt es sich um solche Pflichten, wenn sie den grundlegenden, für den Vertragszweck des sicheren Fahrens unabdingbaren technischen Zustand des Mietfahrzeugs betreffen, insbesondere die Funktionsfähigkeit von Lenkung und Bremsen

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