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OVG Münster Beschluss vom 01.03.2004 - 19 B 148/04 - Bei 3 ng/ml an aktivem THC und von THC-COOH 88 ng/ml nach einer Verkehrsteilnahme steht fest, dass der Betroffene als gelegentlicher Konsument und ungeeignet zum Führen von Kfz ist

OVG Münster v. 01.03.2004: Bei 3 ng/ml an aktivem THC und von THC-COOH 88 ng/ml nach einer Verkehrsteilnahme steht fest, dass der Betroffene als gelegentlicher Konsument und ungeeignet zum Führen von Kfz ist




Das OVG Münster (Beschluss vom 01.03.2004 - 19 B 148/04) hat entschieden:>
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  1.  Zwar kann ein regelmäßiger Konsum von Cannabis erst ab einer THC-COOH-Konzentration von 150 ng/ml als gesichert angesehen werden; jedoch steht bei einem Befund von 3 ng/ml an aktivem THC und von THC-COOH 88 ng/ml nach einer Verkehrsteilnahme fest, dass der Betroffene als gelegentlicher Konsument, der nicht über Trennvermögen verfügt, ungeeignet zum Führen von Kfz ist; seine Fahrerlaubnis ist daher zu entziehen.

  2.  In Fällen, in denen der Nachweis eines längeren Verzichts auf Drogen nicht geführt ist, bedarf es vor Wiedererlangung der Fahrerlaubnis stets einer verkehrspsychologischen Klärung, ob die behauptete Verhaltensänderung hinreichend stabil ist.


Siehe auch
THC-COOH-Wert und Cannabis-Konsumformen
und
Stichwörter zum Thema Cannabis

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

...

Die Fahrerlaubnisentziehung ist offensichtlich rechtmäßig. Der Antragsteller ist zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet.

Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand ist davon auszugehen, dass der Antragsteller entgegen seinem Vortrag im Beschwerdeverfahren kurze Zeit vor der Blutentnahme am 2. November 2003 Cannabis konsumiert und am 2. November 2003 unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt. Nach dem Gutachten des Klinisch-Chemischen Zentrallaboratoriums der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen vom 7. November 2003 konnten in der Blutprobe 3 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC) festgestellt werden. Da (unverändertes) THC aufgrund seines schnellen Abbaus nur relativ kurze Zeit nach Konsumende nachweisbar ist, muss bei positivem Befund davon ausgegangen werden, dass der Betroffene kurze Zeit vor der Blutentnahme Cannabis konsumiert hat.

   OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2003 - 19 B 2236/02 -, S. 6 des Beschlussabdrucks; Daldrup/Käferstein/Köhler/Maier/Musshof, Entscheidung zwischen einmaligem/gelegentlichem und regelmäßigem Cannabiskonsum, Blutalkohol 2000, 39 (45).




Ist aber davon auszugehen, dass die Blutprobe am 2. November 2003 in zeitlicher Nähe zu dem letzten Cannabiskonsum erfolgte, so folgt hieraus, dass die außerdem in der Blutprobe festgestellte Konzentration des THC-Abbauprodukts Tetrahydrocannabinolcarbonsäure (THC-COOH) von 88 ng/ml entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und auch des Klinisch-Chemischen Zentrallaboratoriums für sich allein nicht die Annahme rechtfertigt, der Antragsteller konsumiere regelmäßig Cannabis. Es kann lediglich davon ausgegangen werden, dass er, wie er selbst für die Vergangenheit einräumt, gelegentlich Cannabis konsumiert. Denn bei Blutproben, die nur wenige Stunden nach dem letzten Konsum erfolgen, kann erst ab einer THC-COOH-Konzentration von 150 ng/ml ein regelmäßiger Konsum als abgesichert angesehen werden. Nur bei Blutproben, die auf Grund einer Anordnung der Fahrerlaubnisbehörde entnommen wurden, kann davon ausgegangen werden, dass (schon) bei einer Konzentration von mindestens 75 ng/ml THC-COOH im Blut regelmäßiger Konsum vorliegt.

   OVG NRW, Beschluss vom 7. Januar 2003 - 19 B 1249/02 -, DAR 2003, 96 (97); Daldrup/Käferstein/Köhler/Maier/Musshof, a. a. O., 44.

Die Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt sich deshalb nicht aus Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung, die auf regelmäßige Einnahme von Cannabis abstellt, sondern aus Nr. 9.2.2 der Anlage 4. Nach Nr. 9.2.2 ist bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur dann gegeben, wenn der Fahrerlaubnisinhaber zwischen Konsum und Fahren trennen kann, kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen erfolgt, keine Störung der Persönlichkeit vorliegt und kein Kontrollverlust gegeben ist. Diese Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller jedenfalls deshalb nicht, weil er nicht zwischen Cannabiskonsum und Fahren trennen kann. Denn er hat, wie ausgeführt, am 2. November 2003 ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss von Cannabis geführt.




Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Antragsteller seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen wiedererlangt hat. Seine Behauptung, er konsumiere seit dem Vorfall am 2. November 2003 keine Drogen mehr, ist nicht belegt. Er hat keine aussagekräftigen Belege, z. B. Gutachten über regelmäßig erfolgte Drogenscreenings, die zu einem für den Antragsteller nicht vorhersehbaren Zeitpunkt erfolgten, vorgelegt. Auch sonst sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder ersichtlich, die auf eine Wiedererlangung der Fahreignung hindeuten könnten. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die behauptete Abstinenz hinreichend stabil sein muss. Hierzu bedarf es jedenfalls in Fällen, in denen, wie hier, der Nachweis eines längeren Verzichts auf Drogenkonsum nicht geführt ist, stets einer verkehrspsychologischen Klärung, ob die behauptete Verhaltensänderung hinreichend stabil ist. Diese Klärung kann etwa im Rahmen einer medizinisch-psychologischen Begutachtung erfolgen.

   OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2004 - 19 B 29/04 -, S. 7 des Beschlussabdrucks, m. w. N.



Soweit der Antragsteller geltend macht, er sei aus beruflichen Gründen auf die Beibehaltung der Fahrerlaubnis angewiesen, ergibt sich hieraus nicht, dass die Entziehung der Fahrerlaubnis unverhältnismäßig ist oder dass das private Interesse des Antragstellers an der (vorläufigen) Beibehaltung der Fahrerlaubnis das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung des Antragsgegners überwiegt. Die weitere Teilnahme des Antragstellers am motorisierten Straßenverkehr ist derzeit mit unkalkulierbaren Risiken für so wichtige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer verbunden. Deshalb ist die Fahrerlaubnisentziehung nicht nur verhältnismäßig, sondern besteht ein dringendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung des Antragsgegners. Die privaten Interessen des Antragstellers müssen im Interesse der Verkehrssicherheit auch dann zurückstehen, wenn ihm durch die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis berufliche Nachteile entstehen sollten,

   vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 15. Oktober 1998 - 2 BvQ 32/98 -, DAR 1998, 466; OVG NRW, Beschluss vom 28. Januar 2004 - 19 B 29/04 -, S. 10 des Beschlussabdrucks, m. w. N.,

zumal es der Antragsteller selbst in der Hand hat, sich aktiv um den Nachweis der Wiedererlangung seiner Kraftfahreignung zu bemühen. ..."

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