Das Verkehrslexikon

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Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde nach Delikten der allgemeinen Kriminalität?

Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde nach Delikten der allgemeinen Kriminalität?


Siehe auch Die Entziehung der Fahrerlaubnis durch das Strafgericht bei Delikten der allgemeinen Kriminalität (außerhalb des Verkehrsrechts)




Inwieweit Straftaten, die keine speziellen Verkehrsstraftaten sind, Anlass für Fahreignungszweifel und somit auch für die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Begutachtung sein können, ist allgemein nicht einfach zu beantworten. Hier muss die Fahrerlaubnisbehörde sorgfältig abwägen, ob sich aus einer oder mehreren vorangegangenen Straftaten tatsächlich Eignungszweifel ergeben, die der Betroffene dann (auch mit Hilfe einer MPU) zu widerlegen hätte.

Maßgeblich sind hierfür die Bestimmungen der §§ 11, 46 FeV. Auszugehen ist von § 46 Abs. 3 und 4 FeV:
„(3) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 entsprechend Anwendung.

(4) Die Fahrerlaubnis ist auch zu entziehen, wenn der Inhaber sich als nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Rechtfertigen Tatsachen eine solche Annahme, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung der Entscheidung über die Entziehung die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr anordnen. § 11 Abs. 6 bis 8 ist entsprechend anzuwenden.“
In diesem Zusammenhang muss auch die Bestimmung des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV gesehen werden:
„Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird.“
Und schließlich bestimmt § 11 Abs. 3 FeV noch:
„(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,



  1. bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,

  2. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,

  3. bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,

  4. bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,

    ...“
Straftaten, die „in Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen“, sind neben den reinen Verkehrsdelikten vor allem solche strafrechtlichen Verstöße, die – auch wenn sie nicht im Straßenverkehr begangen wurden – eine Veranlagung des Bewerbers bzw. Führerscheininhabers zu Rohheit oder eine geringe Hemmschwelle gegenüber der körperlichen Integrität anderer Menschen erkennen lassen; hierzu zählt auch ein hohes Aggressionspotenzial. Sämtliche Alternativen der Nr. 4 des § 11 FeV überlappen sich also (so Bouska/Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 3. Aufl. 2004, § 11 Nr. 19 c) ).

Es handelt sich bei der Beurteilung durch die Fahrerlaubnisbehörde also um eine Ermessensentscheidung. Der Behörde dürfte dabei ein sehr weiter Spielraum zustehen. Steht nur eine einzige strafrechtliche Vortat zur Debatte, muss der Verstoß schon von sehr erheblichem Gewicht sein; hingegen dürften mehrere leichtere Verstöße, die aber zusammen die Voraussetzungen erfüllen, ausreichend sein, um als Entscheidungshilfe zumindest eine MPU anzuordnen.