Das Verkehrslexikon

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Zum Wohnsitzprinzio (185-Tage-Regelung)

Zum Prinzip des ordentlichen Wohnsitzes (185-Tage-Regelung)


Siehe auch Das Wohnsitzprinzip bei der Erteilung eines EU-Führerscheins




Die 185-Tage-Regelung wird oft verkannt: Sie muss nicht vollständig absolviert sein, wenn man eine FE erteilt bekommen möchte. Nur muss der Aufenthalt so eingerichtet und beabsichtigt sein, dass im Laufe eines Jahres durchschnittlich 185 Tage zusammenkommen.

Das ergibt sich durch eine richtige Auslegung des § 7 Abs. 1 FeV.

Hierzu heißt es im Kommentar von Bouska / Laeverenz, Fahrerlaubnisrecht, 2004, Nr. 2 b zu § 7 FeV:
"Begründet eine Person infolge von "Bindungen" i. S. d. Satzes 2 im Inland einen Wohnsitz, der erkennbar ernsthaft auf eine Dauer von mindestens 185 Tagen ausgerichtet ist (z. B. auf Grund eines Arbeitsvertrages oder auf Grund einer Heirat mit einem im Inland Wohnenden), so beginnt der ordentliche Wohnsitz i. S. d. Satzes 1 nicht erst mit dem 186. Tag des Wohnens im Inland, sondern von Anfang an.

Dies seht nicht in Widerspruch zu Art. 9 der EU-Führerschein-Richtlinie, die zwar voraussetzt, dass der FE-Bewerber bzw. -inhaber mindestens 185 Tage im Jahr in einem bestimmten Staat "wohnt", nicht aber, dass er über einen solchen Zeitraum dort bereits "gewohnt haben" muss, um die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie und damit des § 7 Abs. 1 Satz 1 FeV zu erfüllen (a. M. offenbar die amtl. Begr. VkBl 1998 S. 1066, die davon ausgeht, dass die Wohnsitzbegründung erst im Nachhinein eindeutig festgestellt werden kann; vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl, Rz. 4 zu § 7 FeV).

Andernfalls könnte z. B. eine Person, die ihren bisherigen ordentlichen Wohnsitz in einem ausländischen Staat aufgibt und aus Gründen der genannten Art einen auf Dauer - jedenfalls auf mehr als 185 Tage - angelegten Wohnsitz im Inland begründet, während der ersten 185 Tage dieses Wohnsitzes eine FE im neuen Wohnsitzstaat allenfalls im Ausnahmeweg (§ 74 Abs. 1 Nr. 1 FeV) erwerben (so die Lösung der amtl. Begr., VkBl 1998, S. 1066; vgl. auch Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rz. 5 zu § 7 FeV). Diese Folge lässt sich aus der EU-Richtlinie nicht ablesen.

Für die hier vertretene Auffassung spricht auch, dass sowohl die EU-Richtlinie als auch das deutsche FE-Recht davon ausgehen, dass in Fällen, in denen hinsichtlich der Anerkennung ausländischer FE Mindestzeiträume für Aufenthalte vorausgesetzt werden (z. B. bei Studenten und Schülern), ein wirksamer Erwerb der FE während des Mindestzeitraums, nicht aber erst nach Ablauf des Mindestzeitraums, möglich und sogar als "Normalfall" angenommen wird (vgl. Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der EU-Richtlinie, § 4 Abs. 3 Nr. 2 VOInt, § 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV).

Im Hinblick auf die nach der FeV gegebene Möglichkeit, im Einzelfall nach § 74 Abs.1 Nr. 1 FeV eine Ausnahme von § 7 Abs. 1 Satz 1 FeV zu genehmigen (wie das die amtl. Begr. vorschlägt), z. B. wenn die ernsthafte Absicht eines länger als 185 Tage dauernden Aufenthalts nachgewiesen oder jedenfalls glaubhaft gemacht wird, könnte die Unterschiedlichkeit der Auffassungen als nur "theoretisch" angesehen werden; im Hinblick auf das Risiko, dass eine deutsche FE, die ohne "ordentlichen Wohnsitz" des Bewerbers nur mittels einer Ausnahmegenehmigung erteilt wurde, im Ausland nicht anerkannt wird, aber auch im Hinblick auf die weiteren aufgezeigten rechtlichen Konsequenzen, ist jedoch die hier vertretene Auffassung (Beginn des "ordentlichen Wohnsitzes" mit seiner Begründung sofern der Wohnsitz erkennbar ernsthaft auf als 185 Tage angelegt ist) vorzuziehen (vgl. auch BayObLG NZV 2000, S. 261; Bouska DAR 1996, S. 276, 277).

Wird ein so begründeter "ordentlicher Wohnsitz" entgegen der ursprünglichen, erkennbar ernsthaften längerfristigen Anlage vor Ablauf von 185 Tagen vorzeitig beendet (z. B. durch vorzeitige Auflösung eines Arbeitsverhältnisses, Trennung oder Scheidung von Partner einer Ehe), so bleibt die deutsche FE nicht nur national wirksam, sondern muss auch weiter im Rahmen der internationalen Vorschriften (EU-Richtlinie bzw. Übereinkommen von 1968) anerkannt werden. Allerdings kann die FE-Behörde die FE nach Maßgabe des § 48 VwVfG (bzw. der entsprechenden Vorschriften der Länder) zurücknehmen, z. B. wenn die FE durch unrichtige Angaben oder arglistige Täuschung "erschlichen" wurde (zur Rücknahme vgl. auch amtl. Begr. VkBl 1998, S. 1066; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., Rz. 5 zu § 7 FeV).

Wohnt der Betroffene seit mindestens 185 Tagen tatsächlich im Inland, kommt es jedoch auf die subjektiven Vorstellungen bei Wohnungsnahme (die z. B. auf eine geringere Aufenthaltsdauer gerichtet gewesen sein können), nicht mehr an (vgl. Erl. Buchst. a, vgl. auch VG Gießen v. 09.07.2003, 6 E 1677/02 (zu § 31 FeV, Berechnung der 3-Jahres-Frist)."