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OLG Bamberg Beschluss vom 31.03.2005 - 2 Ss OWi 78/05 - Kein Absehen vom Fahrverbot bei einem Fernsehkommissar

OLG Bamberg v. 31.03.2005: Kein Absehen vom Fahrverbot bei einem Fernsehkommissar


Das OLG Bamberg (Beschluss vom 31.03.2005 - 2 Ss OWi 78/05) hat entschieden:
Dass ein Betroffener als Schauspieler (hier: als „Fernseh-Kommissar“) in Ausübung seiner künstlerischen Tätigkeit regelmäßig beim Führen von Kraftfahrzeugen einem großen Publikum präsentiert wird, rechtfertigt das Absehen von einem Fahrverbot als Regelfolge der Ordnungswidrigkeit (§ 25 Abs. 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BKatV) grundsätzlich nicht.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Fahrverbot


Zum Sachverhalt: Die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt hat mit Bußgeldbescheid vom 27.02.2004 gegen den bislang verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getretenen Betroffenen wegen einer am 12.12.2003 in München begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften von 50 km/h um 41 km/h eine Geldbuße von 125 Euro festgesetzt und zudem ein Fahrverbot für die Dauer eines Monats verhängt sowie eine Anordnung gemäß § 25 Abs. 2 a StVG (so genannte Vier-Monats-Regel) getroffen.

Gegen diesen Bußgeldbescheid hat der Betroffene am 03.03.2004 Einspruch eingelegt, den er gegenüber dem Amtsgericht mit Schriftsatz seiner hierzu bevollmächtigten Verteidiger vom 12.05.2004 mit dem Ziel eines Absehens von einem Fahrverbot gegen Erhöhung der Geldbuße „auf den Rechtsfolgenausspruch“ beschränkt hat.

Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen nach entsprechendem rechtlichen Hinweis wegen vorsätzlicher Begehungsweise zu einer Geldbuße und zu einem einmonatigen Fahrverbot.

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen führte zur Abänderung hinsichtlich des Schuldspruchs; hinsichtlich des Fahrverbots blieb die Rechtsbeschwerde erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Die Feststellungen des Amtsgerichts und das Vorbringen des Betroffenen im Rechtsbeschwerdeverfahren bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein nur einmonatiges Fahrverbot zu einer Existenzgefährdung des Betroffenen führen könnte und damit eine unverhältnismäßige Härte darstellen würde. Der Senat schließt aus, dass weitere erhebliche Feststellungen getroffen werden können, welche die Annahme einer Existenzgefährdung des Betroffenen rechtfertigen könnten. Sonstige Besonderheiten in objektiver oder subjektiver Hinsicht, die ausnahmsweise ein Absehen von einem Fahrverbot als verwirkte Regelfolge der begangenen Ordnungswidrigkeit (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 BKatV, Nr. 11.3.7 der Tabelle 1c zum BKat) ausnahmsweise rechtfertigen oder die Annahme begründen könnten, der Zweck des Fahrverbots könnte mit einer erhöhten Geldbuße erreicht werden, liegen nicht vor. Das Fahrverbot für die Dauer eines Monats war deshalb aufrecht zu erhalten (§ 25 Abs. 1 Satz 1 StVG). Die so genannte Viermonatsregel hinsichtlich der Verschiebung des Eintritts der Wirksamkeit des Fahrverbots ergibt sich aus § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG.

a) Die in der Bußgeldkatalogverordnung vorgesehenen Regelahndungen gehen von fahrlässiger Begehung, gewöhnlichen Tatumständen und fehlenden Vorahndungen des Betroffenen aus (vgl. § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1 BKatV). Dass der Betroffene nach den Feststellungen bisher verkehrsrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, rechtfertigt ein Abweichen von der Regelahndung daher auch dann nicht, wenn dem Betroffenen eine günstige Prognose hinsichtlich seines künftigen Verkehrsverhaltens zugebilligt werden kann (BayObLGSt 1994, 156/157; 1996, 110/111 f.; OLG Düsseldorf VRS 89, 466/467; OLG Hamm NZV 1996, 247/248).

b) Noch weniger kann die Tatsache, dass sich die Geschwindigkeitsüberschreitung auf einer innerorts vierspurig ausgebauten Straße zur Nachtzeit bei geringem bzw. nahezu fehlendem Verkehrsaufkommen ereignete, einen Ausnahmefall begründen. Der Verordnungsgeber verfolgte mit der Bußgeldkatalog-Verordnung als vorrangiges Ziel die Verbesserung der Verkehrssicherheit. Dabei sollte sich die Verordnung insbesondere solcher Komplexe annehmen, "die einen besonderen Sicherheitsgewinn erwarten lassen" und die "besondere Gefahrenpotentiale beinhalten" (BayObLGSt 1994, 156/157; BGHSt 38, 125/131). Für bestimmte, besonders gravierende Verkehrsverstöße legt die Verordnung deshalb fest, dass neben einem Bußgeld ein Fahrverbot in der Regel anzuordnen ist. Die Zielsetzung des Verordnungsgebers verbietet es deshalb, von der vorgesehenen Ahndung in Form eines Fahrverbots abzusehen, weil ein besonders häufig vorkommender und deshalb als (vermeintlich) weniger gefahrenintensiv empfundener Verkehrsverstoß in Frage steht. Eine solche Feststellung muss nach den Intentionen des Verordnungsgebers vielmehr gerade Anlass sein, durch die Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme des Fahrverbots auf den Betroffenen einzuwirken (BayObLG a.a.O. 158).

c) Das Absehen von einem Fahrverbot wird schließlich nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Betroffene als prominenter Schauspieler in Ausübung seiner zweifellos höchstpersönlichen künstlerischen Tätigkeit (u.a. in Fernsehrollen, die den Betroffenen regelmäßig als Fahrer oder beim Führen von Kraftfahrzeugen einem großen Publikum präsentieren) in besonderem Maße auf seine Fahrerlaubnis angewiesen ist. Zum einen unterscheidet sich der Betroffene insoweit nicht grundlegend von anderen (selbständigen oder unselbständigen) Berufsgruppen. Zum anderen liegt nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung eine erhebliche, eine Ausnahme rechtfertigende Härte nicht schon dann vor, wenn mit einem Fahrverbot berufliche Nachteile verbunden sind bzw. der Betroffene beruflich in besonderem Maß auf die Fahrerlaubnis angewiesen ist. Denn berufliche Nachteile, auch schwerwiegender Art, sind mit einem Fahrverbot nicht nur in Ausnahmefällen, sondern sehr häufig verbunden. Der Umstand, beruflich besonders auf die Fahrerlaubnis angewiesen zu sein, muss vielmehr für den Betroffenen ein besonderer Grund sein, sich verantwortungsbewusst zu verhalten (BayObLGSt 2001, 140/143 f. m.w.N.). Im Übrigen kann ein Betroffener, soweit - wie hier - die Voraussetzungen für die Anwendung der Viermonatsregel nach § 25 Abs. 2 a Satz 1 StVG vorliegen, den Beginn des Fahrverbots auf einen ihm genehmen Zeitpunkt legen und zumindest einen Teil der Dauer z.B. durch Urlaub ausgleichen. Soweit dies nicht möglich ist, muss er sich gegebenenfalls eines Aushilfsfahrers bedienen oder öffentliche Verkehrsmittel und Taxis benutzen. Selbst in diesem Zusammenhang entstehende erhebliche Unkosten rechtfertigen nicht das Absehen von einem Fahrverbot (BayObLG a.a.O. 143).

2. Demgegenüber bestand kein Anlass, gegen den nach den Urteilsfeststellungen nicht vorgeahndeten Betroffenen eine andere als die - bereits im Bußgeldbescheid vom 27.02.2004 vorgesehene - Regelgeldbuße in Höhe von 125 Euro (§ 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BKatV, Nr. 11.3.7 der Tabelle 1c zum BKat) festzusetzen. ..."



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