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BGH Urteil vom 28.09.1999 - VI ZR 195/98 - Ein allgemeiner und ein auf eine Schadensposition gerichteter spezieller Feststellungsantrag sind nebeneinander zulässig

BGH v. 28.09.1999: Ein allgemeiner und ein auf eine Schadensposition gerichteter spezieller Feststellungsantrag sind nebeneinander zulässig


Der BGH (Urteil vom 28.09.1999 - VI ZR 195/98) hat entschieden:
Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO kann nicht verneint werden, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Kl. eine Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen.


Siehe auch Feststellungsinteresse, Feststellungsklage, Zukunftsschaden


Aus den Entscheidungsgründen:

"I. Zutreffend beanstandet die Revision die Abweisung des noch im Streit befindlichen Feststellungsantrags im Berufungsurteil als rechtsfehlerhaft. Entgegen der Auffassung des BerGer. fehlt diesem Begehren des Kl. nicht das Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO.

a) Zwar steht bereits auf der Grundlage des nicht mit Rechtsmitteln angefochtenen "allgemeinen" Feststellungsanspruchs im Urteil des LG ... die Verpflichtung der Bekl. fest, dem Kl. allen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Unfallereignis vom ... zu ersetzen. Diese Feststellung, die auf einem entsprechenden, in der am ... eingereichten Klage enthaltenen Antrag beruht, umfasst ... auch den vorliegend in Rede stehenden, vom ... an geltend gemachten Erwerbsschaden, der Gegenstand des vorliegend noch streitigen Feststellungsantrags ist.

b) Dies steht jedoch einem rechtlichen Interesse des Kl. an der Feststellung der weiter konkretisierten Verpflichtung der Bekl. nicht entgegen, an dem Kl. für die Zeit vom ... bis ... 70 % und für die Zeit vom ... bis zum Eintritt in das Rentenalter oder bis zur Betriebsaufgabe 80 % der monatlichen Kosten eines Gärtnergehilfen nach der Lohngruppe IV des maßgeblichen Tarifvertrages zu zahlen, jeweils abzüglich der von der zuständigen Berufsgenossenschaft gezahlten Rente.

aa) Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO kann nicht verneint werden, wenn dem konkreten vom Feststellungsantrag betroffenen Recht des Kl. eine Gefahr der Unsicherheit droht und der erstrebte Feststellungsausspruch geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen und unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu führen (ständige Rechtsprechung, vgl. hierzu z. B. BGH Urteile vom07.02.1986 - V ZR 201/84 - NJW 1986, 2507 m. w. N.; vom 29.04.1993 - IX ZR 109/92 - BGHR ZPO § 256 Abs. 1 - Feststellungsinteresse 26; vom 11.11.1993 - IX ZR 47/93 - BGHR ZPO § 256 I Feststellungsinteresse 32).

Dies ist bei dem hier streitigen Feststellungsantrag der Fall, den der Kl. - neben dem "allgemeinen", alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden umfassenden Feststellungsantrag - bereits in der Klageschrift angekündigt hatte und dessen Zulässigkeit im gesamten Prozessverlauf in sämtlichen Instanzen (einschließlich des ersten Revisionsrechtszugs) zu keiner Zeit in Frage gestellt worden war.

bb) Die beiden vom Kl. von vornherein parallel erhobenen Feststellungsbegehren zielten von ihrem materiellen Gehalt und ihrer praktischen Bedeutung her in gänzlich verschiedene Richtungen.

Der "allgemeine" Feststellungsantrag sollte die Ersatzverpflichtung der Bekl. als solche für Schäden aller Art, die - auch im Hinblick auf eine mögliche Verschlechterung der gesundheitlichen Situation des Geschädigten in der Zukunft - noch entstehen konnten, dem Streit der Parteien entziehen und insbesondere die hieraus resultierenden Ersatzansprüche vor einer möglicherweise drohenden alsbaldigen Verjährung schützen.

Der zusätzlich gestellte konkrete Feststellungsantrag sollte hingegen Klarheit über Inhalt und Umfang der Verpflichtung der Beklagten im Hinblick auf einen ganz genau beschriebenen einzelnen Schadensposten zu schaffen. Da diese Klärung durch den "allgemeinen" Feststellungsanspruch keineswegs erreicht werden konnte, hatte der Kl. an seinem zusätzlichen Antrag ein eigenes rechtliches Interesse (vgl. dazu die Überlegungen in BGHZ 36, 38, 40)."



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