Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin Beschluss vom 06.12.1990 - 2 Ss 252/90 - 3 Ws (B) 283/90 - Das Parken auf dem Mittelstreifen ist unzulässig

KG Berlin v. 06.12.1990: Das Parken auf dem Mittelstreifen ist unzulässig


Zum Verbot, Mittelstreifendurchbrüche auf Kreuzungen zum Parken zu benutzen, hat das Kammergericht Berlin (Beschluss vom 06.12.1990 - 2 Ss 252/90 - 3 Ws (B) 283/90) festgestellt:
In Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen ist das Parken in Mittelstreifendurchlässen auch dann unzulässig, wenn diese dem Fahrzeugverkehr aus kreuzenden oder einmündenden Straßen dienen (Fortführung von Senat, VRS 72, 127).


Siehe auch Stichwörter zum Thema Halten und Parken


Zum Sachverhalt: Das AG hat den Betr. wegen vorsätzlicher, tateinheitlich begangener Zuwiderhandlungen gegen § § 1 II, 12 III Nr. 1, 49I Nr. 1 und Nr. 12 StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 60 DM verurteilt. Der Senat hat die Rechtsbeschwerde auf Antrag des Betr. zur Rechtsfortbildung zugelassen.


Aus den Entscheidungsgründen:

Das Rechtsmittel führt lediglich zu einer Berichtigung des Schuldspruchs.

a) Nach den Feststellungen des AG parkte der Betr. seinen Pkw während des Berufsverkehrs „auf der Mitte der in Berlin 30 gelegenen Kreuzung der B.-Allee mit der S.-Straße”. Der breite Mittelstreifen der (in Nord-Süd-Richtung verlaufenden) B.-Allee ist in Verlängerung der einmündenden S.-Straße durch einen dreispurig angelegten Fahrbahnteil unterbrochen, über den der aus der S.-Straße kommende Verkehr nach links in die westliche Richtungsfahrbahn der B.-Allee und gleich danach zu dem kreuzenden H.-Damm gelangt. Innerhalb dieses Mittelstreifendurchbruchs, der mehreren Fahrzeugen hintereinander Platz bietet, hatte der Betr. sein Fahrzeug auf der - aus Richtung S.-Straße gesehen - rechten Fahrspur abgestellt. Dadurch kam es infolge des starken Verkehrsaufkommens zur Vorfallszeit zu einem größeren Fahrzeugstau vor der Kreuzung.

b) Das AG meint, der Betr. habe sich - tateinheitlich mit einem Verstoß gegen § 1 II StVO - einer vorsätzlichen Zuwiderhandlung nach § 12 III Nr. 1 StVO schuldig gemacht, weil er sein Fahrzeug „auf einer Straßenkreuzung” geparkt habe. Dieser rechtlichen Würdigung des fehlerfrei festgestellten Sachverhalts kann nicht gefolgt werden.

Nach § 12 III Nr. 1 StVO ist das Parken „vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5 m von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten” unzulässig. Diese Verbotsnorm erfasst schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut nur den 5-m-Bereich vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen, wobei die Entfernung von der Ecke an gerechnet wird, an der die Fahrbahnkanten zusammentreffen (vgl. KG, VerkMitt 1957, 2; OLG Koblenz, VerkMitt 1957, 24). Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Vorschrift, Gefährdungen und Belästigungen durch Sichtbehinderungen beim Einbiegen in eine andere Straße zu vermeiden (vgl. BGH, VRS 18, 206). Wer das Fahrzeug nicht vor oder hinter, sondern „auf” der Kreuzung oder Einmündung abstellt, verstößt nicht gegen § 12 III Nr. 1 StVO, sondern es kommt eine Zuwiderhandlung gegen das Gebot in Betracht, an den rechten Fahrbahnrand heranzufahren (§ 12 IV 1 StVO).

Der Senat (VRS 72, 127) hat bereits früher entschieden, dass in den für den Fahrzeugverkehr bestimmten Mittelstreifendurchlässen in Straßen mit zwei Richtungsfahrbahnen nicht geparkt werden darf, dabei aber offengelassen, was zu gelten hat, wenn die Durchlässe dem Verkehr aus anderen (kreuzenden oder einmündenden) Straßen dienen. Zur Begründung hat der Senat (VRS 72, 127 [1281) damals ausgeführt, die Mittelstreifendurchlässe seien Teil der Richtungsfahrbahnen, die sie miteinander verbinden, und der rechte Rand der Richtungsfahrbahnen befinde sich ausschließlich an der - in Richtung der für die Fahrbahn vorgeschriebenen Längsrichtung gesehen - rechten Seite dieser Fahrbahnen; daher parke derjenige, der sein Fahrzeug an den seitlichen Begrenzungen von Mittelstreifendurchlässen abstelle, nicht am rechten Fahrbahnrand und verstoße gegen § 12 IV 1 StVO. Der Senat hält an dieser Auffassung fest und nimmt die vorliegende Fallgestaltung zum Anlass, in Fortführung seiner Rechtsprechung klarzustellen, dass die Zulässigkeit des Parkens in Mittelstreifendurchlässen, die dem Verkehr aus kreuzenden und einmündenden Straßen dienen, nicht anders zu beurteilen ist.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist hinreichend geklärt, dass der Bereich von Einmündungen und Kreuzungen durch die äußeren Fluchtlinien der Fahrbahnen beider Straßen begrenzt wird und auch dann, wenn die Fahrbahnen einer oder beider Straßen durch einen Mittelstreifen voneinander getrennt sind, eine einheitliche Einmündung bzw. Kreuzung vorliegt, zu deren Bereich auch der Mittelstreifendurchbruch gehört (vgl. u. a. BGHSt 20, 238 [240]; BGH, NJW 1977, 1394; 1974, 949; 1971, 1407; KG, VRS 48, 462 [463]; 35, 358 [359]). Die Schnittflächen der durch den Mittelstreifen getrennten Fahrbahnen bilden hiernach keine selbständigen Kreuzungen bzw. Einmündungen, und der Mittelstreifendurchbruch, der diese Schnittflächen verbindet, ist keine selbständige Fahrbahn, sondern gehört zu dem verkehrsrechtlich als Einheit zu beurteilenden Einmündungs- bzw. Kreuzungsbereich. Daraus folgt ohne weiteres, dass der - aus Richtung der einmündenden Straße gesehen - rechte Rand des Mittelstreifendurchlasses nicht als rechte Fahrbahnseite i. S. von § 12 IV 1 StVO angesehen werden kann. Denn die Verkehrsfläche dieses Durchlasses stellt zugleich - ebenso wie bei der Fallgestaltung in VRS 72, 127 - die Verbindung zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen des anderen Straßenzuges dar und liegt für die dort vorgeschriebene Längsrichtung nicht auf der rechten, sondern auf der linken Seite. Somit ist eine einheitliche Zuordnung als rechter Fahrbahnrand für die in dem Kreuzungs- bzw. Einmündungsbereich zusammentreffenden Verkehrsströme nicht möglich; es verbleibt dabei, dass das Parken an den seitlichen Begrenzungen des Durchlasses gegen § 12 IV 1 StVO verstößt.

Die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze, dass der Linksabbieger, der sich im Bereich eines breiten Mittelstreifendurchbruchs bereits in die Fahrbahn der kreuzenden bevorrechtigten Straße eingeordnet hat, im Verhältnis zum Verkehr auf der Gegenfahrbahn der von ihm zuvor befahrenen Straße wie ein Benutzer der kreuzenden Straße behandelt wird (vgl. BGHSt 16, 19; OLG Düsseldorf, VRS 51, 379 [380] = StVE § 9 StVO Nr. 12; BayObLG, VRS 25, 468; OLG Hamburg VRS 24, 234 [235]), und dass eine Richtungsänderung um 180 Grad unter Benutzung eines Mittelstreifendurchbruchs unter bestimmten Voraussetzungen kein Wenden, sondern doppeltes Abbiegen ist (vgl. BGHSt 31, 71 [74f.] = NJW 1982, 2454 = StVE § 18 StVO Nr. 30; KG, VerkMitt 1981, 61), führen für die hier zu beurteilende Fallgestaltung entgegen dem Beschwerdevorbringen zu keiner anderen Entscheidung. Denn diese Rechtsprechung stellt nicht die Einheitlichkeit des Einmündungs- bzw. Kreuzungsbereichs, einschließlich der Mittelstreifendurchbrüche, in Frage, sondern beruht auf praktischen Erwägungen der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs, aus denen für den vorliegenden Fall offensichtlich nichts hergeleitet werden kann. Dass das Parken in einem Mittelstreifendurchlass, der zu einem Einmündungs- bzw. Kreuzungsbereich gehört, den Verkehr weder zügiger noch sicherer macht, sondern gerade - wie sich an dem festgestellten Sachverhalt zeigt - das Gegenteil bewirkt, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung.

Nach alledem hätte das AG die Verurteilung des Betr. statt auf § 12 III Nr. 1 StVO auf § 12 IV 1 StVO stützen müssen; der Schuldspruch nach § 111 StVO begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die teilweise fehlerhafte rechtliche Beurteilung des Sachverhalts nötigt indessen nicht zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das AG. Vielmehr entscheidet der Senat aufgrund der von dem AG getroffenen Feststellungen nach § 79 VI OWiG in der Sache selbst dahingehend, dass der Betr. tateinheitlich begangener vorsätzlicher Zuwiderhandlungen gegen § 1 II, 12 IV 1, 49 I Nr. 1 und Nr. 12 StVO schuldig ist. Eines vorherigen Hinweises nach §§ 71 OWiG, 265 StPO bedarf es nicht, weil es ausgeschlossen erscheint, dass dem Betr. hierdurch weitere Verteidigungsmöglichkeiten eröffnet würden.



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