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BGH Urteil vom 10.02.1998 - VI ZR 139/97 - Zum Quotenvorrecht des krankenversicherten Beamten bei nur teilweiser Deckung

BGH v. 10.02.1998: Zum Quotenvorrecht des krankenversicherten Beamten bei nur teilweiser Deckung


Siehe auch Quotenvorrecht und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung




Auch wenn ein Beamter eine private Krankenversicherung abgeschlossen hat und diese für den vom Dienstherrn (Versorgungswerk) nicht gedeckten Schaden einzutreten hat, steht dem Beamten das Quotenvorrecht zu, vgl. BGH (Urteil vom 10.02.1998 - VI ZR 139/97):
Das sog Quotenvorrecht des Beamten besteht auch dann, wenn der Beamte eine private Krankenversicherung abgeschlossen und der Versicherer für den vom Versorgungsträger nicht zu deckenden Teil des Schadens einzutreten hat (Bestätigung BGH, 30. September 1997, VI ZR 335/96, VersR 1997, 1537).


Bereits seit BGHZ 22, 136 ff. hat der BGH in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass in den Fällen, in denen einem Beamten (oder dessen Hinterbliebenen) trotz der aus Anlass des Schadensereignisses erbrachten Leistungen des Dienstherrn ein Schaden verblieben ist, der Schädiger aber nur für einen Teil des entstandenen Schadens aufkommen muss, der Beamte (bzw. dessen Hinterbliebene) mit Vorrang vor dem Dienstherrn, der wegen seiner Leistungen aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche geltend macht, seinen Restschaden aus der Haftungsquote des Schädigers liquidieren kann. Nach dieser Rechtsprechung geht nur derjenige Teil des Schadensersatzanspruchs, der nach Deckung des Schadens des Beamten (oder der Hinterbliebenen) verbleibt, auf den Dienstherrn über.
In der Entscheidung vom 10.02.1998 führt der BGH aus:
"... 1. Der Senat hat seit BGHZ 22, 136 ff. in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass in den Fällen, in denen einem Beamten (bzw. dessen Hinterbliebenen) trotz der aus Anlass des Schadensereignisses erbrachten Leistungen des Dienstherrn ein Schaden verblieben ist, der Schädiger (bzw. dessen Haftpflichtversicherer) aber nur für einen Teil des entstandenen Schadens aufkommen muss, der Beamte (bzw. dessen Hinterbliebenen) mit Vorrang vor dem Dienstherrn, der wegen seiner Leistungen aus übergegangenem Recht Schadensersatzansprüche geltend macht, seinen Restschaden aus der Haftungsquote des Schädigers (bzw. dessen Haftpflichtversicherers) liquidieren kann. Der Senat hat diese Rechtsprechung zum sog. Quotenvorrecht des Beamten, nach der nur der Teil des Schadensersatzanspruchs, der nach Deckung des Schadens des Beamten (oder der Hinterbliebenen) verbleibt, auf den Dienstherrn übergeht, wiederholt, zuletzt durch Urteil vom 30.September 1997 (VI ZR 335/96 - VersR 1997, 1537 ff.) bestätigt.

Die Argumente, die die Revision gegen diese Rechtsprechung vorträgt, vermögen nicht zu überzeugen. Allerdings bestimmt, worauf die Revision abhebt, Art. 96 Satz 1 BayBG einschränkungslos, dass unter den dort genannten Voraussetzungen der Schadensersatzanspruch des Beamten auf den Dienstherrn übergeht. Das nimmt dem Richter aber nicht das Recht, in den Fällen einer nur teilweisen Haftung des Schädigers, in denen die Rechtspositionen des Dienstherrn einerseits und des Beamten (bzw. der Hinterbliebenen) andererseits miteinander in Konflikt geraten, die Regelung des Anspruchsübergangs auf den Dienstherrn restriktiv zu interpretieren, um damit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn Rechnung zu tragen. Dies umso weniger, als sich Art. 96 Satz 3 BayBG der Rechtsgedanke entnehmen lässt, dass im Konfliktfall der Dienstherr zurückzutreten hat. Dem hält die Revision ohne Erfolg entgegen, dass aus der Wendung, der Anspruchsübergang könne nicht zum Nachteil des bisherigen Gläubigers geltend gemacht werden, für die im BGB geregelten Legalzessionen (z.B. § 268 Abs. 3, § 426 Abs. 2, § 774 Abs. 1 BGB) kein Rückschluss auf eine Einschränkung des Anspruchsübergangs hergeleitet werde. Dieses Argument, das auf eine angebliche Parallelität zwischen der vorliegenden Regelung und den Legalzessionen des BGB abstellt, lässt unberücksichtigt, dass die vorliegende Regelung ihre Wurzel im Beamtenrecht hat. Die dort geltenden Grundsätze, insbesondere die Fürsorge- und Alimentationspflicht des Dienstherrn, waren - wie das Berufungsgericht zu Recht ausführt - für den Senat die entscheidenden Gründe für eine Auslegung der beamtenrechtlichen Zessionsvorschriften, nach der im Konfliktfall der Dienstherr und nicht der Beamte zurückzutreten hat (vgl. BGHZ 22, 136, 140 f.). Diese Gründe haben heute kein geringeres Gewicht als zu der Zeit, als sie der Senat entwickelt hat.

2. Der Vorrang des Beamten gegenüber dem Anspruch des Dienstherrn auf vorrangige Befriedigung - das sog. Quotenvorrecht - besteht in dem hier zur Erörterung stehenden Konfliktfall auch dann, wenn der dem Beamten nach der Leistung seines Dienstherrn noch verbliebene Restschaden durch einen Anspruch des Beamten aus einem privaten Krankenversicherungsvertrag ausgeglichen wird. Das hat der Senat im Urteil vom 30. September 1997 (aaO) näher ausgeführt.

Auch in diesem Punkt greifen die gegenläufigen Erwägungen der Revision nicht durch. In ihrem Zentrum steht, dass dem Beamten im Streitfall wegen seines Anspruchs aus dem Krankenversicherungsvertrag ein Restschaden nicht verbleibe, so dass er zur Schadloshaltung auf ein Quotenvorrecht nicht angewiesen sei.

Dieses Argument verkennt, dass der Abschluss eines privaten Krankenversicherungsvertrages im freien Belieben des Beamten steht. Die Zuerkennung eines Quotenvorrechts des Beamten kann aber nicht von einer solchen Zufälligkeit in der privaten Lebensgestaltung des Beamten abhängen. Die dem Quotenvorrecht zugrunde liegenden Rechtspostulate, insbesondere die Alimentations- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn, gelten generell-abstrakt; sie kommen auch dann zum Tragen, wenn im konkreten Fall eine Bedürftigkeit nicht besteht. Daraus folgt, dass jedem Beamten unabhängig von einer konkreten Bedürftigkeit generell ein Quotenvorrecht zuzuerkennen ist. Im übrigen wäre eine Gesetzesinterpretation, deren Ergebnis sich danach bestimmt, ob der Beamte einen privaten Krankenversicherungsvertrag abgeschlossen hat oder nicht, mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar. Der Abschluss eines solchen Vertrages kann wegen seiner Freiwilligkeit kein Grund sein, der es rechtfertigen könnte, bei der Zuerkennung des Quotenvorrechts zwischen Beamten, die durch den Einsatz privater Mittel für den Krankheitsfall Vorsorge getroffen haben und denen, die eine solche Vorsorge nicht getroffen haben, zum Nachteil der ersteren Beamtengruppe zu differenzieren. ..."



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