Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Frankfurt am Main Urteil vom 03.12.2004 - 24 U 201/03 - Zum Anscheinsbeweis für Unfallverursachung durch fehlende Fahrradbeleuchtung

OLG Frankfurt am Main v. 03.12.2004: Zum Anscheinsbeweis für Unfallverursachung durch fehlende Fahrradbeleuchtung


Siehe auch Radfahrer im Verkehrsrecht und Stichwörter zum Thema Fahrrad und Radfahrer





Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 03.12.2004 - 24 U 201/03 ) hat in einem Fall, in dem eine Autofahrerin zwei Radfahrern, die ohne Licht in der Dunkelheit fuhren, plötzlich ausweichen musste und dabei mit einem entgegenkommenden Kfz kollidierte, 60 % ihres Schadens zugesprochen. Es hat ausgeführt, dass sich die Haftung bereits aus den Anscheinsbeweisregeln ergebe. Im einzelnen heißt es in dem Urteil:

"Die Beklagten mussten die vorgeschriebenen Beleuchtungseinrichtungen nicht nur an ihren Rädern führen, sondern sie auch benutzen; das war nämlich angesichts einbrechender Dunkelheit erforderlich (§ 17 Abs. 1 StVO). Wie das Landgericht - ebenfalls - zutreffend hervorgehoben hat, kann es dabei dahingestellt bleiben, ob der Unfall sich erst um 16.55 Uhr oder schon um 16.45 Uhr ereignete. Aus von ihm den eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen des deutschen Wetterdienstes und des Sachverständigen SV 1 ergibt sich nämlich, dass auch bereits um 16.45 Uhr nur noch derart schwaches Tageslicht vorhanden war, dass die Benutzung von Beleuchtungseinrichtungen zwingend erforderlich war, um die Erkennbarkeit der Beklagten zu sichern.

Mit dem Landgericht nimmt auch das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der herrschenden Rechtsprechung und Literatur einen Anscheinsbeweis für die Unfallursächlichkeit des Verstoßes gegen die Vorschriften zur Beleuchtung von Fahrzeugen an: Es gehört zu den ganz typischen Folgen der Nichtbenutzung notwendiger Beleuchtungseinrichtungen, dass ein Verkehrsteilnehmer zu spät gesehen wird; eine typische „Verlaufsvariante“ ist die, die die Klägerin - übrigens ausweislich der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige noch unter dem unmittelbaren Eindruck des Unfalles, ohne dass sie Gelegenheit gehabt hätte, sich etwas „zurecht zu legen“ - beschrieben hat, dass sie nämlich wegen des für sie plötzlichen Auftauchens der Radfahrer zu ruckartigen Ausweichbewegungen gezwungen war und dabei die Kontrolle über ihr Fahrzeug verlor. Es ist der ganz offensichtliche Zweck der Vorschriften über die Ausrüstung mit und die Benutzung von Beleuchtungseinrichtungen, die Sichtbarkeit von Fahrzeugen in der Dämmerung und Dunkelheit zu gewährleisten.

Der Anscheinsbeweis ist nicht erschüttert. Für die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei erst nach dem Überholen ins Schleudern geraten, finden sich keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte. Gerade dann, wenn - wie die Beklagten es vorausgesetzt sehen wollen - es sich um einen ganz gewöhnlichen Überholvorgang gehandelt hätte, wäre überhaupt kein Grund dafür ersichtlich, wieso die Klägerin auf über weite Strecke völlig gerade verlaufender Landstraße hätte ins Schleudern kommen sollen.

Nicht ernstlich kann sich das Berufungsgericht dem Hinweis der Beklagten darauf annähern, die Klägerin sei wegen „überhöhter Geschwindigkeit“ ins Schleudern geraten - auf gerade verlaufender Fahrbahn stellte eine Fahrgeschwindigkeit von 80 - 95 km/h sicherlich keine „unangemessene Geschwindigkeit“ dar; hierbei bedarf es noch nicht einmal des Hinweises darauf, dass außer tageszeitbedingten keine wesentlichen Einschränkungen der Sicht gegeben waren (nach Auskunft des deutschen Wetterdienstes betrug die Sichtweite bei - eventuell - leichtem Regen ca. 20 km)."