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Amtsgericht Lahr Urteil vom 13.03.2008 - 6 C 33/08 - Der Rechtsschutzversicherer hat die Kosten der Aktenversendung zuzüglich Umsatzsteuer zu erstatten

AG Lahr v. 13.03.2008: Der Rechtsschutzversicherer hat die Kosten der Aktenversendung zuzüglich Umsatzsteuer zu erstatten


Das Amtsgericht Lahr (Urteil vom 13.03.2008 - 6 C 33/08) hat entschieden:
Zu den von einem Rechtsschutzversicherer zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten gehören auch die von dem Versicherungsnehmer an seinen Rechtsanwalt zu zahlenden Beträge für Auslagen, deren Ersatz der Rechtsanwalt von seinem Mandanten als Aufwendungsersatz verlangen kann, weil er sie bei sorgsamer und vernünftiger Überlegung für erforderlich halten durfte. Diese Voraussetzungen sind bei Kosten der Aktenversendung gegeben, auf die auch Umsatzsteuer zu erheben ist.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von € 2,28 aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Vertrages über eine Rechtsschutzversicherung (1. §§ 1, 5 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen).

Zu den von der Beklagten zu ersetzenden Rechtsverfolgungskosten gehören auch die vom Kläger an seinen Rechtsanwalt zu zahlenden Beträge für Auslagen, deren Ersatz der Rechtsanwalt von seinem Mandanten gemäß § 675, 670 BGB verlangen kann, weil er sie bei sorgsamer und vernünftiger Überlegung für erforderlich halten durfte. Diese Voraussetzung ist hier hinsichtlich der Kosten der Aktenversendung gegeben, da die Bußgeldakte so von der Zentralen Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe in Bretten ohne Verzögerung direkt zum Kläger-Vertreter gelangte, der dann unmittelbarer von ihrer Ankunft Kenntnis erhielt. Dass es auch Fälle geben mag, in denen ein Rechtsanwalt solche Kosten nicht für erforderlich halten darf, etwa weil er eine Akte z.B. zusammen mit der sonstigen Post ohne Verzögerung direkt bei Gericht abholen lassen kann, steht dem nicht entgegen. Somit liegt insoweit auch kein Verstoß des Klägers gegen seine Pflichten gegenüber der Beklagten, die Kosten möglichst gering zu halten, vor.

Da es sich bei den Kosten für die Aktenversendung um eine Aufwendung handelt, die der Rechtsanwalt ausschließlich zur Erledigung eines bestimmten Einzelfalls macht, handelt es sich auch nicht um allgemeine Geschäftsunkosten im Sinne von Vorbemerkung 7 I 1. Vergütungsverzeichnis RVG (siehe dazu auch Satz 2 a.a.O. sowie Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, VV Vorbem. 7 Rdnr. 5).

Der Höhe nach beträgt die Aktenversendungspauschale € 12,00 (§ 107 Abs. 5 Satz 1 OwiG).

Hinzu kommt im vorliegenden Fall noch die Umsatzsteuer in Höhe von 19 %, also 2,28 €, da die Aktenversendungspauschale als Nebenleistung ebenso der Umsatzsteuer unterliegt wie die eigentliche Vergütung des Verteidigers als Hauptleistung.

In Verfahren wie dem vorliegenden handelt es sich bei der dem Kläger in Rechnung gestellten Aktenversendungspauschale um Auslagenersatz des Kläger-Vertreters, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Umsatzsteuergesetz der Umsatzsteuer unterworfen ist, nicht etwa um einen bloßen durchlaufenden Posten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 6 Umsatzsteuergesetz. Nach dem Wortlaut des § 107 Abs. 5 Satz 1 OwiG werden die Auslagen von dem erhoben, der die Versendung der Akte beantragt. Dies war im vorliegenden Fall der Kläger-Vertreter, dem die Kosten auch mit Kostenbescheid vom 20.12.2007 in Rechnung gestellt wurden. Ähnlich wie bei § 28 Abs. 2 GKG (dazu Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, § 28 Rdnr. 1 u. 6) ist Kostenschuldner also der Anwalt selbst, der die Versendung gemäß §§ 147 Abs. 4 StPO, 46 Abs. 1 OwiG beantragt hat. Eine Antragstellung des Mandanten selbst ist dort nicht vorgesehen. § 49 Abs. 1 OwiG betrifft dagegen den Betroffenen, der sich selbst verteidigen will und dem dazu unter Aufsicht Einsicht in die Akten gewährt werden kann, an den aber keine Akten versendet werden.

Demgegenüber überzeugt die knappe Begründung des Amtsgerichts Dessau (Urteil vom 07.12.2006, Az. 4 C 655/06 bei Juris) nicht, wonach der Rechtsanwalt die Akteneinsicht „in Vollmacht“ für seinen Mandanten beantrage und daher Kostenschuldnerin „nach zivilrechtlichen Grundsätzen“ der Mandant sei. Die Generalvollmacht, die dem Rechtsanwalt erteilt wird, macht den Mandanten nämlich nicht per se zum – unmittelbaren – Kostenschuldner aller mit der Mandantierung zusammenhängenden Kosten. Im vorliegenden Fall dient die Vorlage der Vollmacht mit Schreiben des Kläger-Vertreters vom 12.12.2007 vielmehr dazu, darzulegen, dass der Rechtsanwalt überhaupt in Sachen einer bestimmten Person tätig werden durfte; der Antrag auf Akteneinsicht wurde dann im Namen der sich anzeigenden Vertreter des Klägers gestellt.

Im Ergebnis hat der Kläger-Vertreter also nicht als bloße Mittelsperson bei der Weiterleitung einer Zahlung gehandelt, sondern wurde selbst Kostenschuldner gegenüber der Behörde. Er hat seinerseits gemäß §§ 670, 675 BGB einen eigenen Anspruch auf Auslagenersatz gegen seinen Mandanten, deren Voraussetzungen hier gegeben sind, und den der Mandant dann auch gegenüber seiner Rechtsschutzversicherung verfolgen kann. Wer letztendlich (aufgrund des Innenverhältnisses) die Schuld begleicht, ist dann unerheblich für den Anfall der Umsatzsteuer. ..."



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