Verlässt ein Unfallbeteiligter den Unfallort, verletzt er seine Aufklärungspflicht gegenüber seinem Versicherer. Die Verpflichtung gegenüber dem Versicherer, nach dem Eintritt des Versicherungsfalles alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, umfasst nicht nur die Information des Versicherers, sondern erstreckt sich auch auf das Verhalten am Unfallort.
Gründe:
Die Zurückweisung der Berufung beruht auf § 522 Abs. 2 ZPO. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Berufung aus den im Hinweis des Vorsitzenden vom 18. Juni 2009 genannten Gründen, auf die Bezug genommen wird, in der Sache keine Aussicht auf Erfolg hat. Daran ändern auch die ergänzenden Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 26. Juni 2009 nichts.
Soweit der Beklagte meint, der subjektive Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB sei nicht erfüllt, weil er nicht in der Absicht gehandelt habe, sich der Feststellung seiner Person und der Art seiner Beteiligung zu entziehen, folgt ihm die Kammer nicht. Der subjektive Tatbestand des § 142 Abs. 1 StGB ist bereits dann zu bejahen, wenn der Unfallbeteiligte vorsätzlich gehandelt hat. Der Vorsatz muss sich auf das Unfallereignis, die Beteiligung an dem Unfall, den Schaden und das Verlassen des Unfallortes beziehen (Fischer, StGB. 56. Aufl. § 142, Rn. 38). Die Absicht, mit sich der Unfallbeteiligte entfernt, spielt – von dem Ausnahmefall abgesehen, dass ein Beteiligter den Unfallort verlässt, um den Geschädigten zu verständigen, abgesehen – keine Rolle.
Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Soweit er behauptet, er habe die Unfallstelle nur aus Sorge vor seiner eigenen Überreaktion verlassen, entlastet ihn dies nicht. Auch wenn man sein Vorbringen als wahr unterstellt, lässt dies nicht darauf schließen, dass er sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand befunden hat und aufgrund dessen nicht im Stande war, verantwortlich zu handeln ( §§ 276 Abs. 1 Satz 3, 827 BGB ). Selbst wenn der behauptete Erregungszustand zu einer verminderten Zurechnungsfähigkeit geführt hätte, schließt dies ein vorsätzliches Handeln im Sinne des §§ 7 Abs. 5 AKB, 6 Abs. 3 VVG nicht aus (vgl. BGH VersR 1966, 579). Darüber hinaus wäre der Beklagte auch im Falle eines entschuldigten Entfernens vom Unfallort gehalten gewesen, die Feststellung seiner Person, des Fahrzeuges und seiner Beteiligung unverzüglich nachträglich zu ermöglichen (vgl. § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB ).
Unerheblich ist der Umstand, dass das gegen den Beklagten geführte Strafverfahren gemäß § 153a StPO eingestellt wurde. Abgesehen davon, dass die Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflage gerade nicht darauf schließen lässt, dass sich der Beklagte durch sein Verhalten nicht strafbar gemacht hat, ist das Zivilgericht nicht an die strafrechtliche Entscheidung gebunden.
Indem sich der Beklagte vom Unfallort entfernt hat, hat er zugleich seine Aufklärungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt. Denn die Verpflichtung gegenüber dem Versicherer, nach dem Eintritt des Versicherungsfalles alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann, umfasst nicht nur die Information des Versicherers, sondern erstreckt sich auch auf das Verhalten am Unfallort ( BGH, VersR 2000, 222).
Die Obliegenheitsverletzung erfolgte auch vorsätzlich. Es kommt nicht darauf an, dass der Beklagte keine vertraglichen Beziehungen mit der Klägerin unterhielt und daher nicht von einer vorangegangenen Belehrung über seine Anzeige- und Aufklärungspflichten ausgegangen werden kann. Denn dass die strafrechtlich sanktionierte Rechtspflicht, an der Unfallstelle zu verbleiben und die in § 142 Abs. 1 StGB aufgeführten Feststellungen zu ermöglichen, auch gegenüber der Versicherung besteht, die als Einstandspflichtige ein Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallherganges und der Unfallursachen hat, muss sich jedem Kraftfahrer aufdrängen. Einer gesonderten Belehrung bedarf es daher nicht (vgl. BGH VersR 2000, 222 mit weiteren Nachweisen). Soweit der Beklagte mitteilt, er sei Holländer, kann er hieraus nichts Positives für sich herleiten. Unabhängig davon, dass allein die ausländische Staatsangehörigkeit nicht auf die mangelnde Kenntnis der Verhaltensnormen im Straßenverkehr beziehungsweise eine fehlende Vertrautheit mit dem hiesigen Rechtssystem schließen lässt, hat der Beklagte nicht dargetan, dass das holländische Versicherungsrecht im Vergleich zum deutschen so unterschiedlich ausgestaltet ist, dass er mit einer entsprechenden Aufklärungsobliegenheit nicht hätte rechnen müssen.
Soweit der Beklagte geltend macht, er habe den Unfall nicht allein verschuldet, kommt es hierauf nicht an. Wie bereits im Hinweis vom 18. Juni 2009 ausgeführt, ist allein entscheidend, ob der Versicherung ein Regulierungsverschulden zur Last fällt. Anhaltspunkte hierfür hat der Beklagte nicht dargetan, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich der Klägerin Zweifel an den Darstellungen des Unfallgegners hätten aufdrängen müssen. Einen Grundsatz, nach dem bei Unfällen im Begegnungsverkehr regelmäßig von einer Mithaftung im Hinblick auf die Betriebsgefahr auszugehen ist, gibt es nicht.
Soweit der Beklagte schließlich meint, das Amtsgericht habe seine Hinweispflicht verletzt, ist auch seinem Schriftsatz vom 26. Juni 2009 nicht zu entnehmen, was er im Falle eines richterlichen Hinweises vorgetragen hätte.