Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin Urteil vom 07.05.2001 - 12 U 6381/98 - Zum Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und Diebstahl aus dem Handschuhfach

KG Berlin v. 07.05.2001: Zum Zurechnungszusammenhang zwischen Unfall und Diebstahl aus dem Handschuhfach


Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 07.05.2001 - 12 U 6381/98) hat entschieden:
Wenn sich aus wertender Betrachtungsweise ergibt, dass in einem Diebstahl von Bargeld aus dem verschlossenen Handschuhfach eines nach einem Unfall verschlossen am Straßenrand stehengelassenen Kraftfahrzeugs sich nicht mehr das Schadensrisiko der Unfallbeschädigung des Fahrzeugs verwirklicht hat, dann kann vom Erstschädiger nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs haften zu müssen.


Tatbestand:

Die Berufung des Klägers richtet sich gegen das am 6. Juli 1998 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Gegen diese ihm am 20. Juli 1998 zugestellte Entscheidung hat sich der Kläger mit seiner am 20. August 1998 bei Gericht eingegangenen Berufung gewendet, die er mit am 15. September 1998 eingegangenem Schriftsatz begründet hat.

Durch am 31. Januar 2000 verkündetes Versäumnisurteil hat der Senat die Berufung des Klägers gegen die angefochtene Entscheidung des Landgerichts zurückgewiesen. Gegen dieses ihm am 4. Februar 2000 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 18. Februar 2000 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt, allerdings die Berufung mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen, soweit er bislang für den Transport vom Unfallort zum Krankenhaus Kosten in Höhe von 330,00 DM gefordert hat.

Der Kläger trägt unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im ersten Rechtszug weiter vor:

1. Den von ihm bei dem Unfall am 18. März 1997 geführte Personenkraftwagen P habe er im September 1995 von M C für 600,00 DM gekauft. Er verweise auf den mit Schriftsatz vom 30. April 2001 vorgelegten, am 2. September 1995 geschlossenen Kaufvertrag. Im Laufe der Zeit habe er aus anderen Fahrzeugen herrührende Einzelteile eingebaut und zu anstehenden Probefahrten ein sog. rotes Kennzeichen angebracht.

Dem angefochtenen Urteil des Landgerichts sei nicht zu entnehmen, ob es die Klage bezüglich des Ursachenzusammenhangs zwischen Unfall und Schaden als unzulässig, unschlüssig oder unbegründet angesehen hat; schon wegen fehlender Begründung sei die Entscheidung abzuändern; auf § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO sei zu verweisen (Bl. 142 f.).

Dagegen habe er die Verursachung des Unfalls durch die Beklagte zu 1) dargetan. Mit Beginn der Grünphase sei er mit dem Porsche auf dem mittleren Fahrstreifen der Seidelstraße und die Beklagte zu 1) mit ihrem Personenkraftwagen links von ihm angefahren. Als die Beklagte zu 1) eine Geschwindigkeit von etwa 40-50 km/h erreicht und sich etwa eine halbe Wagenlänge links vor ihm befunden habe, habe sie ihr Fahrzeug nach rechts auf seinen Fahrstreifen gelenkt, ohne ihn zu beachten, und sei gegen seinen Personenkraftwagen gestoßen. Dieser Anstoß habe bewirkt, dass er nach rechts auf die Parkspur habe fahren und dort gegen den am Fahrbahnrand abgestellten Lastkraftwagen prallen müssen. Der Fahrstreifenwechsel der Beklagten sei ursächlich für den Zusammenprall der beiden Personenkraftwagen und für den Aufprall seines Fahrzeuges auf den Lastkraftwagen. Selbst wenn die Personenkraftwagen sich auf gleicher Höhe befunden hätten, wie die Beklagten behaupteten, wären durch den Fahrstreifenwechsel der Beklagten zu 1) dieselben Folgen eingetreten. Da er von dem Fahrzeug der Beklagten zu 1) nach seinen Angaben bei einer Geschwindigkeit von 40-50 km/h und nach Angaben der Beklagten zu 1) bei einer Geschwindigkeit von mindestens 30-40 km/h gerammt worden sei, könne abweichend vom Vortrag der Beklagten nicht mehr von einem leichten Anstoß die Rede sein. Deren Bestreiten sei unsubstantiiert (Bl. 143 f.). Tatsächlich habe sich der Unfall so zugetragen, wie er ihn dargestellt habe und von S N dies in seiner schriftlichen Aussage vom 1. April 1997 (Bl. 6 R = BA Bl. 28 R) geschildert worden sei.

Aus seiner unter Beweis gestellten Schilderung des Unfallherganges ergäben sich folgerichtig die zugleich an seinem Fahrzeug eingetretenen Schäden. Ihm kämen die Grundsätze des Anscheinsbeweises zugute. Im Grunde sei lediglich streitig, ob der Schaden an der Frontschürze des Porsche unterhalb des Kennzeichens bei dem Unfall vom 18. März 1997 eingetreten sei (Bl. 146). Selbst wenn der Sachverständige R B in dem Gutachten c K S G vom 10./14. April 1997 (vgl. Bl. 42 f. und im Beistück I) den Schaden an der Schürze unberücksichtigt gelassen hätte, wäre dennoch ein Totalschaden eingetreten, bei dem der Restwert derselbe geblieben wäre, also durch seine Berechnung den Beklagten kein Schaden entstanden wäre (Beweis: Zeugnis des Sachverständigen B Bl. 147). Unstreitig liege der am rechten Kotflügel und an der Motorhaube entstandene Schaden höher als der Restwert in Höhe von 1.800,00 DM (Bl. 115). Auch mit einer nicht beschädigten Frontschürze betrage der Wiederbeschaffungswert 1.900,00 DM (Beweis: Sachverständigengutachten, Bl. 151).

Allerdings sei wegen der Wucht des Aufpralls des Porsche auf den stählernen Querträger des Lastkraftwagens davon auszugehen, dass dadurch auch ein Schaden an der Frontschürze unterhalb des Kennzeichens eingetreten sei.

Jedenfalls sei ihm ein Schaden an der Frontschürze nicht bekannt gewesen. Deshalb sei er bei Klageerhebung davon ausgegangen, dass es sich hierbei nicht um einen Vorschaden gehandelt habe. Aus diesem Grunde sei die Rechtsprechung des Senats zur Verneinung von Schadensersatzansprüchen in Fällen beharrlicher Geltendmachung erheblicher Vorschäden, die durch Unfallschäden nicht mehr vergrößert oder nicht mehr herausgerechnet werden könnten, vorliegend nicht anwendbar (Bl. 150).

Das früher gegen ihn gerichtete Strafverfahren habe keinen Einfluss auf den vorliegenden Rechtsstreit. Bis auf einen Fall, in dem er eine bereits vorhanden gewesene Beule berechnet habe, sei er freigesprochen worden (Bl. 144 f.).

2. Außerdem stehe ihm der Ersatz in Höhe von 150.000,00 DM zu. Denn unabhängig davon, dass sein Bruder Kontoinhaber sei, stehe dies seiner Stellung als Eigentümer des von ihm abgehobenen Geldes nicht entgegen (Bl. 152, 154). Zumindest sei er berechtigt, den Verlust der 150.000,00 DM im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen. Gegenüber der Bank sei sein Bruder Schuldner infolge der Kontoüberziehung, dem kein unmittelbarer Anspruch gegen die Beklagten zustehe (Bl. 115 f.).

Er habe für das Konto seines Bruders Vollmacht besessen und sei zeichnungsberechtigt gewesen (Bl. 116, 152). Dementsprechend habe er bereits in der Vergangenheit häufig Geld vom Konto seines Bruders abgehoben, und zwar immerzu seinen, des Klägers, Zwecken. Dies sei nach vorausgegangener Einigung und Absprache mit seinem Bruder geschehen. In der Filiale der B V in der Berliner Straße 98 in Tegel - wo am 18. März 1997 auch die 150.000,00 DM ausgezahlt worden seien - sei er deshalb den dortigen Beschäftigten gut bekannt gewesen (Beweis: Zeugnis A M, F J bei dieser Bank, Bl. 153).

Zu der Auszahlung der 150.000,00 DM am 18. März 1997 gegen 17.50 Uhr an ihn sei es aus folgenden Gründen gekommen: Bereits im Januar 1997 hätten er und sein Bruder mündlich vereinbart, dass Letzterer ihm ein Darlehen über diese 150.000,00 DM gewähre, um damit Gebrauchtfahrzeuge für seinen Gebrauchtwagenhandel beschaffen zu können. Bei Bedarf habe er das Geld abrufen können und die seinem Bruder von der Bank berechneten Dispo-Kreditzinsen zahlen müssen. Die Rückzahlung des Darlehens habe nach Kündigung durch den Bruder mit einer Frist von drei Monaten erfolgen sollen (Bl. 153).

Sein Bruder habe wenige Tage vor dem 18. März 1997, nach seiner Erinnerung am 13. oder 14. März 1997, bei der zuständigen Filiale der V angerufen, dass sie für ihn, den Kläger, am 18. März 1997 die hohe Summe bereit stelle. Kontoführende Stelle sei die Filiale in der Residenzstraße in Reinickendorf gewesen. Die Filiale in Tegel habe deshalb auch bei der konkreten Auszahlung dort noch einmal nachfragen müssen, ob der hohe Betrag an ihn ausgezahlt werden könne. Dies habe die kontoführende Filiale telefonisch bestätigt (Bl. 153; Beweis: Zeugnis A. M, Zeugnis des damaligen Filialleiters der Filiale 97 der B V in 1 B D Bl. 154, 193). Ausweislich des in Ablichtung vorgelegten Auszahlungsbetrages vom 18. März 1997 über 150.000,00 DM (Bl. 159) habe er sich diesen Betrag damals kurz vor 18.00 Uhr unter Vorlage seines Personalausweises in der Filiale der B in der Berliner Straße in Tegel auszahlen lassen.

Sofort nach dem Verlassen der Bank habe er sich in sein Fahrzeug begeben, die 150.000,00 DM in das Handschuhfach gelegt und die Fahrt auf dem direkten Weg in sein Büro in der M in Reinickendorf angetreten. Dort habe sich ein Tresor befunden, in den er das Geld habe legen wollen.

Zu seinen Behauptungen, dass ihm am 18. März 1997 gegen 17.50 Uhr 150.000,00 DM in der Bank ausgezahlt worden seien und er das Geld anschließend sofort im Handschuhfach des Pkw P deponiert habe, sei F H S als Zeugin zu vernehmen. Diese sei mit ihm an jenem Abend zur Bank gefahren, wo er sie dann "abgesetzt" habe, weil sie dort in der Nähe noch etwas zu erledigen gehabt habe (Bl. 193).

Bei dem Verkehrsunfall habe er das Bewusstsein verloren. Er habe sofort von der Berufsfeuerwehr in ein Krankenhaus gebracht werden müssen und sei nicht in der Lage gewesen, davor noch das Geld an sich zu nehmen oder jemanden auf das Geld im Handschuhfach hinzuweisen (Beweis: Zeugnis P R "Zeugnis (Polizist/Notarzt/...", Bl. 155).

Da er diese Entwicklung nicht habe voraussehen können, stehe der nachfolgende Diebstahl und der daraus resultierende Schaden in einem rechtlich zurechenbaren kausalen Zusammenhang mit dem Unfall. Dieser Geschehensablauf ähnele entgegen der Ansicht des Landgerichts dem vom Bundesgerichtshof (VersR 1997, 458 f.) entschiedenen Fall. Danach entfiele eine Haftung der Beklagten, falls der Schaden entscheidend durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten einer dritten Person ausgelöst worden wäre. Diese Möglichkeit sei vorliegend nicht gegeben. Die 150.000,00 DM seien noch am Unfallort und kurz nach dem Unfall aus seinem verunglückten Fahrzeug entwendet worden. Sein Personenkraftwagen, mit dem er das Geld direkt von der Bank zum Tresor m seinem Büro habe bringen wollen, habe anders als das Transportfahrzeug in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall keine zusätzlichen Sicherungen gegen den Diebstahl aus dem Fahrzeuginnenraum besessen. Erst durch den Unfall und seinen Transport in das Krankenhaus sei die von ihm gewährte und angestrebte persönliche Bewachung für den Transport des Geldes verloren gegangen. Erst durch den Unfall sei der Diebstahl möglich geworden. Wenn er nicht so schwer verletzt worden wäre, hätte er das beschädigte Fahrzeug am Straßenrand abstellen und den Weg mit dem Geld fortsetzen können, sofern das Fahrzeug nicht mehr fahrfähig gewesen wäre und er damit die Fahrt nicht hätte fortsetzen können. Außerdem stellten gerade "frisch,, verunfallte Fahrzeuge nach allgemeiner Lebenserfahrung oft einen besonderen Anziehungspunkt für Diebe dar. Dies gelte für die Unfallstelle um so mehr, als dort fast kein Fußgängerverkehr stattfinden, dafür aber u.a. Anhängerteile von Lastkraftwagen abgestellt werden würden, wie es zur Unfallzeit der Fall gewesen sei. Gerade wenn ein Dritter beobachtet haben sollte, dass er nach dem Unfall von der Feuerwehr in ein Krankenhaus abtransportiert werde, habe dieser nicht damit rechnen müssen, dass er, der Kläger, in absehbarer Zeit zu seinem Fahrzeug zurückkehren würde.

Der Kläger beantragt,
das Versäumnisurteil des Senats vom 31. Januar 2000 aufzuheben und unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 151.800,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
das Versäumnisurteil des Senats vom 31. Januar 2000 aufrechtzuerhalten.
Sie tragen unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im ersten Rechtszug weiter vor:

1. Es werde nicht mehr bestritten, dass der Kläger das Fahrzeug von M C und Eigentum erworben habe.

Mit dem Landgericht sei davon auszugehen, dass es sich bei dem Schaden an der Frontschürze unterhalb des Kennzeichens um einen Vorschaden handele.

Aus dem gegen den Kläger gerichteten Strafverfahren ergebe sich ein Indiz für einen gestellten oder provozierten Verkehrsunfall.

2. Weiterhin sei zu bestreiten, dass der Kläger 150.000,00 DM von der B abgehoben hätte. Ausweislich des Kontoauszuges zu Nr. 2 bei der B e. G. (im Beistück I) sei Kontoinhaber der Bruder des Klägers, A M P 2, 1 B. Der Kontoauszug enthalte mit "M B" noch einen Hinweis auf die betriebliche Tätigkeit des Bruders. Zudem habe der Kläger anlässlich seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 24. März 1997 zu 133 PLs 1725/97 Ve der Amtsanwaltschaft Berlin auf entsprechende Frage erklärt, er könne die Vollmacht zur Einsicht in das genannte Konto nicht erteilen, da sein Bruder Kontoinhaber sei und er "nur eine gewisse Verfügungsgewalt über das Konto habe" (Bl. 130 = BA Bl. 17). Auch dies spreche dagegen, dass der Kläger selbst 150.000,00 DM abgehoben habe. Die Identität der abhebenden Person werde wegen der Höhe dieses Betrages von der Bank festgestellt und festgehalten worden sein. Der Kläger habe die genannten Umstände der Geldabhebung nicht ausreichend dargetan. Jedenfalls sei zu bestreiten, dass der Kläger den Geldbetrag unmittelbar vor dem Unfall bei der Bank abgehoben und zuvor dieserhalb mit seinem Bruder einen Darlehensvertrag geschlossen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Senats vom 7. Mai 2001 verwiesen.

Die Akten 133 PLs 1725/97 Ve der Amtsanwaltschaft Berlin (künftig BA) sowie - teilweise in Ablichtung - 1 Ve Js 952/93 der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Berlin haben dem Senat vorgelegen und sind zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.


Entscheidungsgründe:

Der Einspruch des Klägers gegen das am 31. Januar 2000 verkündete Versäumnisurteil des Senats ist rechtzeitig; dann ist der Prozess in die Lage zurückversetzt worden, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand (vgl. §§ 542 Abs. 3, 339, 342 ZPO). Die Begründetheit der zulässigen Berufung ist mithin zu prüfen.

1. Soweit die Beklagte zu 1) am 18. März 1997 gegen 18.00 Uhr in Berlin-Reinickendorf auf der südwestlichen Richtungsfahrbahn der Seidelstraße - gegenüber der Kolonie Gartenfreunde - mit ihrem bei der Beklagten zu 2) gegen Haftpflichtversicherten Personenkraftwagen H C B-D infolge eines Fahrstreifenwechsel gegen die linke Seite des vom Kläger geführten Pkw P 9 mit dem Kennzeichen B-0 gefahren, letzterer deshalb nach rechts abgekommen und vorn rechts gegen einen am Fahrbahnrand abgestellten Lkw geraten ist und der Kläger deshalb aufgrund des Privatgutachtens der C-K S G vom 14. April 1997 (Bl.42 ff.; künftig: C) einen Sachschaden von 1.800,00 DM (Wiederbeschaffungswert in Höhe von 1.900,00 DM abzüglich Restwert in Höhe von 100,00 DM, jeweils einschließlich Mehrwertsteuer) ersetzt verlangt, ist er berechtigt, den von der Beklagten zu 1) verursachten Sachschaden am Pkw P geltend zu machen (vgl. §§ 7 Abs. 1,17 Abs. 1 StVO, 17 Abs. 5 StVO, 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, 3 Nr. 1 und Nr. 2 PflVG).

Einmal bestreiten die Beklagten nun nicht mehr, dass der Kläger bereits zur Unfallzeit Eigentümer des Fahrzeuges gewesen ist. Zum anderen stellen sie nicht substantiiert in Frage, dass der vom Kläger erlittene Schaden 1.800,00 DM beträgt. Dies ergibt sich nicht schon daraus, dass die Beklagten den Schaden an der Frontschürze einem Vorschaden zuordnen. Daraus folgt nicht, dass der Wiederbeschaffungswert auf weniger als 1.900,00 DM zu schätzen wäre (§ 287 ZPO). Abzüglich des Restwertes von 100,00 DM stehen dem Kläger 1.800,00 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 4. November 1997 (vgl. §§ 284 Abs. 1, 288, 246, 849 BGB) zu.

Diesem Schadensersatzanspruch des Klägers steht nicht die Ansicht der Beklagten entgegen, dem gegen ihn gerichteten Strafverfahren sei ein Indiz für einen gestellten oder provozierten Verkehrsunfall zu entnehmen. Den Beklagten hätte es oblegen, unter Beweisantritt Beweisanzeichen aufzuzeigen, die in einer Gesamtschau eine derartige Feststellung gestattet hätten. Hieran fehlt es.

2. Dagegen kann der Kläger den behaupteten Vermögensschaden in Höhe von 150.000,00 DM von den Beklagten nicht ersetzt verlangen.

a) Hierzu hat der Kläger im ersten Rechtszug vorgetragen, unmittelbar nach dem Unfall habe S N, der dieses Geschehen als nachfolgender Verkehrsteilnehmer beobachtet und sein Fahrzeug angehalten habe, wahrgenommen, dass er, der Kläger, unter Schock gestanden habe. Deshalb habe S N den Motor seines Fahrzeuges abgestellt und mit dem Handy die Polizei informiert (Beweis: Zeugnis S N Bl. 3). Auch die den Verkehrsunfall aufnehmenden Polizeibeamten hätten auf S. 3 der Verkehrsunfallmeldung vom 18. März 1997 vermerkt, dass er unter Schock gestanden habe (Beweis: Zeugnis P R P P Bl. 77). In dem Protokoll der Ersten Hilfe des V K vom 18. März 1997 (Bl. 90) heiße es gleichfalls, dass er beim Eintreffen nur bedingt ansprechbar gewesen, aber zunehmend aufgeklärt sei. Nach der Verkehrsunfallaufnahme hätten Beamten der Berufsfeuerwehr Schillerpark 1 seinen Pkw an den rechten Fahrbahnrand geschoben und verschlossen. Ein Feuerwehrbeamter habe den Schlüssel für den Pkw dem P R übergeben. Im Krankenhaus habe er gegenüber der Funkwagenbesatzung N 401 erwähnt, dass sich in seinem Fahrzeug im verschlossenen Handschuhfach 150.000,00 DM in bar befänden. Der Arzt habe angeordnet, dass er zur weiteren Behandlung noch einige Zeit im Krankenhaus verbleiben solle. Deshalb sei die Funkwagenbesatzung zum Unfallort gefahren, der er die Schlüssel zum Handschuhfach gegeben habe. Die Funkwagenbesatzung habe am Unfallort nur noch feststellen können, dass die vordere - gemeint ist die rechte - Seitenscheibe des Pkw eingeschlagen und das Handschuhfach gewaltsam geöffnet worden sei, wie es dem Bericht des P R vom 18. März 1997 (BL 5 R) zu entnehmen sei. Danach seien zahlreiche Ermittlungen durchgeführt worden. Die Staatsanwaltschaft habe den Täter nicht ermitteln können.

Auf dem Wege von der Bank, wo er das Geld abgehoben hätte, zu seinem Büro habe sich der Unfall ereignet. Von dem Geld habe er, der einen Autohandel betreibe, Personenkraftwagen kaufen wollen (S. 2 der Klageschrift).

Die Beklagten haben u. a. geltend gemacht, sollten sich in dem abgeschlossenen Handschuhfach 150.000,00 DM befunden haben, hafteten sie nicht für einen derartigen Verlust, da der Einbruch als Zweiteingriff in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem vorausgegangenen Verkehrsunfall stehe. Vorsorglich sei zu bestreiten, dass der Kläger unmittelbar vor dem Verkehrsunfall bei der B V von dem Konto Nr. 2 150.000,00 DEM abgehoben habe, da der Kontoinhaber sein Bruder A M gewesen sei, der Kläger nicht Verfügungsberechtigter gewesen sei und daher den Betrag nicht habe abheben können. Zudem sei dem vorprozessual vom Kläger überlassenen Kontoauszug (im Beistück I) nicht zu entnehmen, wann dieser Betrag in bar abgehoben worden sei. Außerdem sei damit der gesamte Kreditrahmen von nahezu 150.000,00 DM ausgeschöpft worden, da das Konto danach 146.478,97 DM im Soll ausgewiesen habe. Deshalb könne aber auch die B V als eigentlich Geschädigte angesehen werden. Schließlich werde bestritten, dass der Betrag sich zum Unfallzeitpunkt im Handschuhfach befunden habe. Es sei unüblich, einen derart hohen Betrag in bar abzuheben, und noch weniger üblich, eine derartige Summe nicht bei sich zu tragen, sondern im Handschuhfach eines Fahrzeuges zu verwahren. Zudem habe der Kläger äußerst leichtfertig gehandelt; dies begründe zumindest ein erhebliches Mitverschulden (S. 4-6 des Schriftsatzes vom 16. Dezember 1997, Bl. 61-63).

b) Der Kläger ist aus folgenden Gründen gehindert, die Beklagten wegen des behaupteten Vermögensschadens in Höhe von 150.000,00 DM gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVG in Anspruch zu nehmen:

aa) Zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass das Konto A M, eingerichtet war, nur letzterem als Inhaber des Kontos entsprechende Forderungen gegen die Bank zustanden oder er als Schuldner der Bank anzusehen ist, sofern das Konto ein Defizit ausweist. Wenn einem Dritten - hier etwa dem Kläger - eine Verfügungsmacht über das Konto eingeräumt gewesen sein sollte, kann daraus grundsätzlich nicht auf dessen Kontoinhaberschaft neben derjenigen des Bruders geschlossen werden (vgl. BGH ZIP 1994, 218, 219).

Im Übrigen weist das Landgericht zutreffend auf vom Kläger selbst erzeugte Zweifel hin, wenn er einerseits in der Lage gewesen sein will, den genannten Betrag vom Konto seines Bruders abzuheben, er andererseits anlässlich seiner polizeilichen Zeugenvernehmung vom 24. März 1997 erklärt hat, er könne nicht die Einsichtnahme in das genannte Konto erteilen, da sein Bruder Kontoinhaber sei und er selbst "nur eine gewisse Verfügungsgewalt" über das Konto habe (Bl. 20 R = BA Bl. 17).

Im Übrigen kann als wahr unterstellt werden, dass der Kläger mit seinem Bruder einen Darlehensvertrag über 150.000,00 DM geschlossen hatte und er vom Bruder bevollmächtigt sein sollte, 150.000,00 DM von dessen Konto abzuheben, um dieses Geld für eigene Zwecke zu verwenden. Dann konnte entsprechendes Geld in das Eigentums des Klägers fließen, d. h. zu seinem Vermögen gehören, so dass er persönlich als Geschädigter anzusehen wäre. Doch bereits aus anderen Gründen stehen dem Kläger die geforderten 150.000,00 DM nicht zu, weshalb ferner nicht auf die Frage einer Drittschadensliquidation einzugehen ist.

bb) Schadensersatzansprüche des Klägers scheitern daran, dass er aufgrund des zuvor zusammengefassten Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug und ihres weiteren Vertrages im Berufungsverfahren beweislos für seine von den Beklagten bestrittenen Behauptungen ist, er sei es gewesen, der am 18. März 1997 150.000,00 DM in bar vom Konto seines Bruders bei der B V abgehoben habe, dies sei kurz vor 18.00 Uhr geschehen, diesen Geldbetrag habe er tatsächlich im verschlossenen Handschuhfach des Pkw P Unfallzeitpunkt verwahrt. Das Bestreiten der Beklagten mit Nichtwissen ist erheblich, weil diese Vorgänge nicht Gegenstand ihrer persönlichen Wahrnehmung sein konnten (§ 138 Abs. 4 ZPO). Diese Beweisverteilung führt nicht zu einer Überforderung des Klägers. Für den Fall, dass eine Barzahlung für den 18. März 1997 kurz vor 18.00 Uhr geplant gewesen ist, wäre er in der Lage anzugeben, aufgrund welcher seiner Absprachen oder derjenigen seines Bruders mit welchen Angestellten der Bank die Auszahlung eines so hohen Betrages zur genannten Uhrzeit erfolgt ist. Allein aus diesem Grunde ist der Kläger als beweislos anzusehen. Soweit sich der Kläger auf das Zeugnis seines Bruders A. M, des früheren Filialleiters D und der H S beruft, ist seinem Vorbringen nicht zu entnehmen, dass sie bei einer Auszahlung - von 150.000,00 DM - gegen 18.00 Uhr in der Bank anwesend gewesen wären.

Es kommt nicht mehr auf die sich sodann aufdrängende Frage an, weshalb der Kläger mit dem Geld in sein Büro in der Markstraße in Reinickendorf fahren wollte (vgl. dessen polizeiliche Zeugenvernehmung vom 18. März 1997, Bl. 18 = BA Bl. 12), wo er dort oder an anderer Stelle über Nacht genauso sicher wie in der Bank das Geld verwahren wollte, oder ob er noch nach 18.00 Uhr am 18. März 1997 Bargeschäfte über 150.000,00 DM zum Ankauf von Fahrzeugen hätte abwickeln können.

cc) Zu Recht wirft das Landgericht außerdem die Frage des Zurechnungszusammenhangs auf (UA S. 8 f.), die sich u. a. dann stellt, wenn bei einem Verkehrsunfall der Schädiger durch sein schuldhaftes Verhalten für den Inhalt des beschädigten Fahrzeuges nur eine Gefährdung herbeigeführt hat, während der Schaden - hier die vom Kläger behauptete Entwendung eines Geldbetrages in Höhe von 150.000,00 DM - erst durch einen Dritten verwirklicht worden ist. Dieser angebliche Schaden steht bei rein naturwissenschaftlicher Betrachtung mit der Handlung des Erstschädigers in einem kausalen Zusammenhang. Allerdings ist der Schaden entscheidend durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten einer anderen Person ausgelöst worden. Wenn dann die wertende Betrachtung ergibt, dass im Zweiteingriff nicht mehr das Schadensrisiko des Ersteingriffs verwirklicht und das Risiko schon gänzlich abgeklungen war, wenn also zwischen beiden Eingriffen nur ein rein äußerlicher, zufälliger Zusammenhang besteht, dann kann vom Erstschädiger nicht verlangt werden, dem Geschädigten auch für die Folgen des Zweiteingriffs einstehen zu müssen (BGH VersR 1997, 458, 459; vgl. ferner BGH VersR 1988, 1273, 1274; 1992, 498, 499).

Dafür, dass es vorliegend an einem Zurechnungszusammenhang fehlt, lässt sich mit dem Landgericht anführen, dass auch nach dem Vorbringen des Klägers Beamte der Berufsfeuerwehr den Pkw P ordnungsgemäß verschlossen und sie den Kraftfahrzeugschlüssel dem P R übergeben hatten, das Handschuhfach zuvor ohnehin vom Kläger verschlossen worden war. Dieses Fahrzeug war, bevor es verschlossen wurde, zum Fahrbahnrand hingeschoben und dort ordnungsgemäß abgestellt worden. Zwar hatte der Unfall zur Folge, dass der Kläger wegen seines Abtransports in ein Krankenhaus seiner Bewachungsaufgabe nicht mehr nachkommen konnte (vgl. BGH VersR 1997, 458, 459). Doch weil das Fahrzeug ordnungsgemäß abgeschlossen werden konnte, boten die Unfallschäden - am deutlichsten vorn rechts - einem Unbefugten nicht die Möglichkeit, ohne weiteres in das Wageninnere zu gelangen. Vor allem konnte allein die Tatsache, dass es sich um einen alten Porsche (Erstzulassung 1979) handelte, bei dem Unbefugten nicht die Hoffnung wecken, dass darin - etwa in einem verschlossenen Handschuhfach - in großem Umfang Bargeld verwahrt wird (anders BGH a.a.O., im Falle eines unfallbeschädigten, umgestürzten Geldtransporters mit teilweise geöffneter Fahrertür). Es gibt außerdem keine Erfahrung, die dahin gehen könnte, dass unfallbeschädigte Fahrzeuge vor allem deshalb aufgebrochen werden, um nach Bargeld zu suchen.

Diese Umstände sprechen mit dem Landgericht dafür, dass es vorliegend an einem Zurechnungszusammenhang fehlt. Allerdings wird wiederholt, dass bereits aus den unter Buchst. bb aufgeführten Gründen dem Kläger auch dieser Zahlungsanspruch nicht zusteht.

Damit hätte sich der Senat nicht mehr mit der Frage zu befassen, ob und in welchem Maße den Kläger wegen der von ihm gewählten Art des Geldtransportes ein Mitverschulden (vgl. § 254 BGB) trifft. Ebenso hat es sich erübrigt, auf die weiteren von den Beklagten, insbesondere der Beklagten zu 2) geäußerten Bedenken einzugehen, u. a. ob der Verkehrsunfall, soweit es sich um ein ungewolltes Ereignis handelt, zu einer Bewusstseinsstörung bei dem Kläger führen konnte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4, 515 Abs. 3, 708 Nr. 10, 711, 713, 546 Abs. 2 ZPO.



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