Das Verkehrslexikon

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VGH München Beschluss vom 25.05.2010 - 11 CS 10.227 - Zum Entzug der Fahrerlaubnis bei Drogenkonsum - Cannabis - Amphetamin

VGH München v. 25.05.2010: Zum Entzug der Fahrerlaubnis bei Drogenkonsum - Cannabis - Amphetamin


Der VGH München (Beschluss vom 25.05.2010 - 11 CS 10.227) hat entschieden:
  1. Kommt es bei einem Fahrerlaubnisinhaber zu Drogenfunden in Form von Amphetaminanhaftungen, einer Geschenktüte mit Speed- und Haschischrückständen sowie Amphetamin (0,1 g), Marihuanablüten (0,65 g) und Haschisch (0,5 g), und gibt der Betroffene selbste an, in der Vergangenheit Amphetamin konsumiert zu haben, so ist dem Betroffenen von sog. harten Drogen, wozu Amphetamin gehört, die Fahrerlaubnis zu entziehen.

  2. Die wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung kann in der Regel erst nach einjähriger, nachgewiesener Abstinenz wieder erlangt werden. Verwaltungsverfahrensrechtlich folgt aus der Maßgeblichkeit der Einjahresfrist, dass bis zum ihrem Ablauf auch bei behaupteter Verhaltensänderung des Betroffenen die Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 7 FeV im Hinblick auf den früheren Betäubungsmittelkonsum entzogen werden darf.


Siehe auch Wiedererteilung der Fahrerlaubnis - Wiedererlangung der Fahreignung und Stichwörter zum Thema Drogen


Gründe:

I.

Der 1990 geborene Antragsteller wendet sich gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, B, M, S und L.

Bei einer Verkehrskontrolle am Sonntag, den 23. November 2008 gegen 5.28 Uhr, stellte die Polizei beim Antragsteller Auffälligkeiten fest und ordnete nach einem auf THC positiv reagierenden Urintest die Blutentnahme an. Der Antragsteller gab an, am Freitagabend einen Joint geraucht zu haben. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung wurden in seinem Zimmer auf einem Ablagebrett in einer Vitrine, an einer alten Busfahrkarte und einem Schlagring Amphetaminanhaftungen sowie eine Geschenktüte mit Speed- und Haschischrückständen entdeckt. Weiter konnten Amphetamin (0,1 g), Marihuanablüten (0,65 g) und Haschisch (0,5 g) sichergestellt werden. Nach dem chemisch-toxikologischen Gutachten vom 19. Dezember 2008 war die Untersuchung der entnommenen Blutprobe auf Betäubungsmittel negativ. Die Untersuchung der Urinprobe auf Cannabinoide verlief positiv. Das Gutachten kam daher zu dem Schluss, dass der Cannabiskonsum längere Zeit zurückgelegen haben müsse.

In dem eingeleiteten Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlichen unerlaubten Besitzes einer verbotenen Waffe in Tatmehrheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln sah die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 23. April 2009 von der Verfolgung gemäß § 45 Abs. 3 Satz 2 JGG ab, nachdem die erforderlichen erzieherischen Maßnahmen (Ermahnung, Erbringung von Arbeitsleistungen) durch den Jugendrichter getroffen worden waren.

Mit Schreiben vom 8. Juni 2009 forderte die Fahrerlaubnisbehörde vom Antragsteller wegen des Verdachts des Konsums von Amphetamin die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens. Das ärztliche Gutachten vom 5. Oktober 2009 kommt zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nach seinen Angaben als langjähriger gelegentlicher Cannabis- und Amphetaminkonsument (mit Pausen) bis November 2008 einzustufen sei. Ein aktueller Drogenkonsum sei bei der Begutachtung nicht nachgewiesen worden. Er hatte bei der Befragung angegeben, erstmals 2003 Speed ausprobiert zu haben. Außer 2006/2007 habe er jeweils drei- bis viermal im Jahr in der Disco "was genommen". An den letzten Speed-Konsum könne er sich nicht mehr erinnern, es müsse aber 2008 gewesen zu sein. Das Aufhören sei ihm leicht gefallen. Den letzten Joint habe er zwei Tage vor der Polizeikontrolle geraucht.

Mit Schreiben vom 23. Oktober 2009 wies die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller darauf hin, dass er seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund des Konsums von sog. harten Drogen bis November 2008 verloren habe. Da jedoch seit dem Drogenkonsum zwischenzeitlich fast 12 Monate verstrichen seien, sei die Behörde bereit, das Entziehungsverfahren kurzfristig auszusetzen, um ihm die Möglichkeit einzuräumen, seine Eignung durch ein medizinisch-psychologisches Eignungsgutachten nachzuweisen. Der Antragsteller vertrat hierzu die Auffassung, dass er seine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen durch das vorgelegte ärztliche Gutachten nachgewiesen habe.

Mit Bescheid vom 6. November 2009 wurde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen. Über den dagegen eingelegten Widerspruch ist nach Aktenlage noch nicht entschieden.

Den Antrag,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 6. November 2009 wieder herzustellen,
lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. Januar 2010 ab. Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit der Beschwerde wird geltend gemacht, dass die "formularmäßige" Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend sei. Aufgrund der Feststellungen des ärztlichen Gutachtens sei eine Gefährdung des öffentlichen Interesses bzw. anderer Verkehrsteilnehmer nicht gegeben. Soweit das Verwaltungsgericht bei der Interessenabwägung ein überwiegendes öffentliches Interesse festgestellt habe, liege eine Gefährdung durch den Antragsteller nicht vor. Die Behörde habe dem Antragsteller erst ein Jahr nach Bekanntwerden der Tatsache, dass der Antragsteller Drogen zu sich nehme, die Fahrerlaubnis entzogen. Dadurch sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden. Das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Antragsteller bei der ärztlichen Untersuchung nicht behauptet habe, dass er seit mindestens einem Jahr keine Drogen mehr nehme. Allein aufgrund der Tatsache, dass bei dem Antragsteller Drogen gefunden worden seien, könne nicht automatisch auf einen Konsum geschlossen werden. Das Vorgehen des Landratsamts sei willkürlich gewesen. Ein einjähriger Abstinenzzeitraum könne nur gefordert werden, wenn regelmäßiger bzw. übermäßiger Gebrauch vorliege.

Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die Gerichtsakten und die beigezogene Fahrerlaubnisakte verwiesen.


II.

Die Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Die Begründung für die Anordnung des Sofortvollzugs der Fahrerlaubnisentziehung genügt den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Zwar bedarf es zu diesem Zweck regelmäßig der Darlegung besonderer Gründe, die über die Gesichtspunkte hinausgehen, die den Verwaltungsakt selbst rechtfertigen. § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde aber nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft. Gerade dann, wenn immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt. Das kommt insbesondere im Bereich des Sicherheitsrechts in Betracht, zu dem auch die Fälle des Fahrerlaubnisentzugs wegen fehlender Fahreignung gehören. Denn es liegt in der Regel auf der Hand, dass die Teilnahme eines für ungeeignet erachteten Kraftfahrers am Straßenverkehr zu erheblichen Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer führt, und dass ein solcher Kraftfahrer zur Vermeidung der von ihm ausgehenden akuten Gefahr durch die Anordnung des Sofortvollzugs des Entziehungsbescheids schnellstmöglich von der weiteren Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen ist (vgl. BayVGH vom 10.3.2008 Az. 11 CS 07.3453 m.w.Nachw.). Ausgehend von der Annahme, dass der Antragsteller zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist, hat die Behörde daher zu Recht den Sofortvollzug der Fahrerlaubnisentziehung angeordnet. Soweit der Antragsteller vorträgt, dass die Behörde zu Unrecht von seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgegangen sei, ist dieser Einwand für die Frage, ob die Behörde den formellen Erfordernissen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO genügte, unerheblich.

Das Verwaltungsgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen summarischen Prüfung die Erfolgsaussichten des Widerspruchs bzw. eines Hauptsacheverfahrens offen sind. Bei der dann vorzunehmenden Interessenabwägung ist es zu Recht von einem überwiegenden öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehungsmaßnahme ausgegangen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich bereits der einmalige Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahrungeeignetheit zur Folge. Diese Auffassung wird in der Rechtsprechung der anderen Oberverwaltungsgerichte geteilt (vgl. z.B. BayVGH vom 30.10.2007 Az. 11 CS 07.942/11 ZB 07.1016 mit umfangreichen Nachweisen). Mit der Angabe des Antragstellers bei der ärztlichen Untersuchung, dass er seit 2003 - ausgenommen 2006/2007 - drei- bis viermal im Jahr Amphetamin konsumiert habe, zuletzt 2008, stand fest, dass der Antragsteller seine Fahreignung verloren hatte.

Von dem Verlust der Fahreignung konnte die Behörde auch bei Erlass des Bescheids vom 6. November 2009 ausgehen. Die wegen Betäubungsmittelkonsums verloren gegangene Fahreignung kann in der Regel erst nach einjähriger, nachgewiesener Abstinenz wieder erlangt werden (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 BayVBl 2006, 218 f.; vom 4.2.2008 Az. 11 CS 07.2965; vom 4.2.2009 Az. 11 CS 08.2591; vgl. auch VGH Baden-Württemberg vom 30.9.2003 ZfS 2004, 93 f., OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 19.3.2004 VRS 107, 229 f.). Der in der Regel erforderliche einjährige Abstinenzzeitraum ergibt sich dabei aus Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV. Der Senat hat es nur dahinstehen lassen, ob Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV in den überwiegenden Fällen des Drogenkonsums, in denen noch keine Abhängigkeit besteht, direkt oder analog anwendbar ist. Umstände, die es rechtfertigen, ausnahmsweise einen kürzeren Abstinenzzeitraum zugrunde zu legen, werden mit der Beschwerde nicht geltend gemacht. Es wird lediglich pauschal und unsubstantiiert vorgetragen, dass der gelegentliche Konsum von Speed nicht dazu führen könne, dass eine einjährige Abstinenz nachgewiesen werden müsse. Hingegen spricht einiges dafür, dass beim Antragsteller bereits eine fortgeschrittene Drogenproblematik vorliegt (vgl. Kriterium D 2.1 N und D 2.3 N in Abgrenzung zu D 3.1 K der Beurteilungskriterien, Schubert/Mattern, 2. Aufl. 2009). So hatte der Antragsteller bereits wiederholt im Zusammenhang mit dem Drogenkonsum Probleme mit der Polizei. Der Antragsteller ist nach den in der Akte befindlichen polizeilichen Erkenntnissen bereits 2005 mit Cannabis polizeilich auffällig geworden. Er hat mehrere Jahre neben Cannabis auch Amphetamin, eine sog. harte Droge, konsumiert. Anhand der bei der Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Drogen bzw. Drogenreste ist davon auszugehen, dass die vom Antragsteller gemachten Angaben zu der Häufigkeit seines Drogenkonsums beschönigend gewesen sind. Wenn er, den Angaben bei der ärztlichen Untersuchung zufolge, nur drei- bis viermal im Jahr in der Disco Amphetamin konsumiert hätte, sind die Gebrauchsspuren in seinem Zimmer nicht zu erklären. Wie der Antragsteller bei der Wohnungsdurchsuchung auch angegeben hatte, hatte sein Vater in der Vorwoche bereits eine Line Speed entdeckt und beseitigt.

Verwaltungsverfahrensrechtlich folgt aus der Maßgeblichkeit der Einjahresfrist, dass bis zum ihrem Ablauf auch bei behaupteter Verhaltensänderung des Betroffenen die Fahrerlaubnis gemäß § 11 Abs. 7 FeV im Hinblick auf den früheren Betäubungsmittelkonsum entzogen werden darf (vgl. BayVGH vom 9.5.2005 a.a.O.). Zwar neigt der Senat der Auffassung zu, dass der Antragsteller bei der ärztlichen Untersuchung Drogenabstinenz behauptet hat. Er hatte angegeben, den letzten Joint zwei Tage vor der Polizeikontrolle geraucht zu haben. An den letzten "Speed-Konsum" könne er sich nicht mehr erinnern, es müsse aber 2008 gewesen sei. Da er einen konkreteren Abstinenzzeitpunkt für den Konsum von Amphetamin nicht genannt hat, musste die Behörde bei dem Erlass ihres Bescheides vom 6. November 2009 der Abstinenzbehauptung jedoch noch nicht nachgehen. Zwar ist die Abstinenzbehauptung verwaltungsverfahrensrechtlich auch beachtlich, wenn der Betroffene ihre Richtigkeit nicht durch Beweismittel belegt. Die Abstinenzbehauptung muss im Hinblick auf den Zeitpunkt der Abstinenz aber eindeutig sein. Aus den Angaben bei der ärztlichen Untersuchung kann daher nur hergeleitet werden, dass der Antragsteller seit 1. Januar 2009 kein Amphetamin mehr konsumiert hat. Ein konkreter Zeitpunkt für die geltend gemachte Abstinenz wird auch mit der Beschwerde nicht genannt.

Da mittlerweile die Einjahresfrist verstrichen und das Behördenverfahren noch nicht abschlossen ist (maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung ist die letzte Behördenentscheidung), wird im Widerspruchsverfahren mit einem medizinisch-psychologischen Gutachten (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV) der Frage nachzugehen sein, ob der Antragsteller die Fahreignung inzwischen wieder erlangt hat. Dabei muss eine Gutachtensaufforderung mit ihrer Fristsetzung für die Vorlage des Gutachtens dem erforderlichen Abstinenzzeitraum Rechnung tragen (vgl. BayVGH vom 4.2.2009 a.a.O.). Wird die Zeitspanne, innerhalb derer ein Gutachten vorzulegen ist, das dem Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung nach vorangegangenem Betäubungsmittelkonsum dienen soll, so knapp bemessen, dass sich bis zu ihrem Ablauf der von Rechts wegen erforderliche Abstinenznachweis nicht führen lässt, so zieht das die Rechtswidrigkeit der Gutachtensaufforderung nach sich (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. BayVGH vom 13.12.2005 Az. 11 CS 05.1350; vom 27.2.2007 Az. 11 CS 06.3132, vom 4.2.2009 a.a.O.). Insoweit wäre vor einer Fristsetzung abzuklären, inwieweit die Haaranalyse hier ein geeignetes Mittel sein kann, die Abstinenzbehauptung teilweise auch für die Vergangenheit zu überprüfen.

Das Vorgehen der Behörde war auch nicht "willkürlich" und begründete keinen Vertrauensschutz des Antragstellers. Nach Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen (vgl. § 3 Abs. 4 StVG) hat die Behörde den Antragsteller zeitnah am 8. Juni 2009 zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens aufgefordert. Die Frist zur Vorlage des Gutachtens wurde auf Wunsch des Antragstellers verlängert, da er vorgetragen hatte, so kurzfristig keinen Urlaub beantragen und die finanziellen Mittel aufbringen zu können. Da der Besitz von Amphetamin und die Gebrauchsspuren im Zimmer des Antragstellers darauf hindeuteten, dass der Antragsteller auch eine sog. harte Droge konsumiert, hat die Behörde nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV zu Recht ein ärztliches Gutachten angefordert. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens war in diesem Verfahrensstadium nicht möglich. Nur mit einem ärztlichen Gutachten konnte abgeklärt werden, ob Einnahme von Betäubungsmitteln, insbesondere von Amphetamin vorliegt. Erst mit dem ärztlichen Gutachten vom 5. Oktober 2009 stand gemäß § 11 Abs. 7 FeV fest, dass dem Antragsteller wegen Konsums von Amphetamin die Fahrerlaubnis zu entziehen ist.

Die bei offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an den Vorgaben zu orientieren, die das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 20. Juni 2002 (NJW 2002, 2378) aufgestellt hat. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben (vgl. BVerfG vom 16.10.1977 BVerfGE 46, 160/164) gebieten es danach, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen. Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist (BVerfG vom 20.6.2002, a.a.O.).

Diese Interessenabwägung führt zu dem Ergebnis, dass es dem Antragsteller zuzumuten ist, bis zur abschließenden Klärung seiner Fahreignung auf die Fahrerlaubnis zu verzichten. Die vom Antragsteller im Rahmen des ärztlichen Gutachtens abgegebenen Urinproben vom 28. Juli 2009 und 15. September 2009 belegen jeweils nur eine Betäubungsmittelabstinenz für einige Tage. Für eine positive Prognose in Bezug auf einen stabilen Einstellungswandel des Antragstellers fehlt es, wie auch das Verwaltungsgericht zu Recht herausgestellt hat, bislang gänzlich an einer fachgutachtlichen Äußerung. Vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller über mehrere Jahre hinweg (mit Pausen) Drogen konsumiert hat, kommt der Frage, ob ein stabiler, tiefgreifender Einstellungswandel vorliegt, der es wahrscheinlich macht, dass der Antragsteller auch in Zukunft die notwendige Abstinenz einhält, entscheidende Bedeutung zu.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Abschnitten II. 1.5 Satz 1, 46.1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Der Antragsteller war nicht nur im Besitz einer Fahrerlaubnis der Klasse A 1, sondern auch einer Fahrerlaubnis der Klasse A mit stufenweisem Zugang, sog. A 18. Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen abzuändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.