Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Hamburg (Urteil vom 27.09.2010 - 10 K 410/10 - Zum kostenpflichtigen Abstellen bei Zustellung eines Behindertenparkplatzes

VG Hamburg v. 27.09.2010: Zum kostenpflichtigen Abstellen bei Blockierung eines Behindertenparkplatzes


Das Verwaltungsgericht Hamburg (Urteil vom 27.09.2010 - 10 K 410/10) hat entschieden:
Wird in einer Einbahnstraße durch zwei auf der Fahrbahn abgestellte Fahrzeuge die Benutzung eines zwischen Fahrbahn und Gehweg eingerichteten Behindertenparkplatzes unmöglich gemacht, ist es grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, das in Fahrtrichtung gesehen vordere Fahrzeug abschleppen zu lassen. Gründe, den betreffenden Fahrzeughalter von den Kosten der Maßnahme freizuhalten, liegen regelmäßig nicht vor.


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Gebührenbescheid wegen einer Abschleppmaßnahme.

Der Pkw des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen GRZ-..., ein blauer VW, parkte am 20. Oktober 2009 zumindest in der Zeit von 21.50 bis 21.57 Uhr in der ...-Straße, einer Einbahnstrasse, in Höhe der Hausnummern 100/102 am linken Fahrbahnrand im Bereich eines Behindertenparkplatzes, der zu Gunsten des Zeugen C. eingerichtet wurde. Dieser Parkplatz befindet sich auf einem Streifen zwischen Fahrbahn und Gehweg. Die Fläche ist durch Verkehrszeichen 314 mit dem Zusatzzeichen 1044-11 (Rollstuhlfahrersymbol und Parkausweisnummer ...) gekennzeichnet. Das Fahrzeug des Klägers parkte auf der Straße, befand sich aber mit dem Heck auf einer Länge von – nach Angaben des Klägers – ca. 1,90 m parallel zu dem sich insgesamt über eine Länge von – nach Angaben des Klägers – 7,30 m erstreckenden Behindertenparkplatz.

Nach den Angaben des Klägers soll sich hinter seinem PKW zum Einsatzzeitpunkt ein weiteres Auto befunden haben, das seinerseits mit dem vorderen Teil auf einer Länge von ca. 2 m parallel zum Behindertenparkplatz auf der Fahrbahn abgestellt war. Auf diese Weise soll die Zufahrt zum Parkplatz weiter beschränkt worden sein.

Um 21.57 Uhr ordneten die Zeugen C. und K. Polizeibeamte der Beklagten, die Entfernung des klägerischen Fahrzeugs an. Der Abschleppvorgang wurde durchgeführt, das Fahrzeug auf den Verwahrplatz verbracht und vom Kläger dort gegen Zahlung von 265,40 EUR am Folgetag um 13.50 Uhr abgeholt.

Mit Gebührenbescheid vom 21. Oktober 2009 wurden dem Kläger gestützt auf § 14 Abs. 3 HmbSOG Kosten der Sicherstellung in Höhe von 265,40 EUR auferlegt. Diese setzen sich wie folgt zusammen: eine Amtshandlungsgebühr in Höhe von 43,90 EUR (§ 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 25 der Anlage 1 GebOSiO), ein Gemeinkostenzuschlag in Höhe von 40,60 EUR (§ 5 Abs. 5 Satz 1 GebG i.V.m. § 1 der VO über die Höhe der Gemeinkostenzuschläge), besondere Auslagen/Abschleppkosten in Höhe von 130,90 EUR (§ 5 Abs. 2 GebG) und eine Verwahrgebühr in Höhe von 50 EUR (§ 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 6 – 26.6. der Anlage 1 GebOSiO). Als Grund für die Kostenerhebung wurde die Sicherstellung des Pkw, dessen Verbringung auf den Verwahrplatz und die dortige Verwahrung angegeben. Diese Maßnahme sei vorgenommen worden, da das Fahrzeug des Klägers verkehrswidrig auf einem Parkplatz, der einem Schwerbehinderten zugewiesen sei, geparkt habe. Der Schwerbehinderte habe die Fläche aus diesem Grunde nicht nutzen können. Eine Sicherstellung mit der Folge, dass das Fahrzeug auf den Verwahrplatz verbracht wurde, sei wegen mangelnder Umsetzungsmöglichkeit erforderlich gewesen.

Mit Schreiben vom 12. November 2009 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Gebührenbescheid: Er habe am 20. Oktober 2009 sein Fahrzeug vor der eigenen Wohnung in der ...-Straße auf der Fahrbahn neben einem im Bereich des Fußweges eingerichteten Behindertenparkplatz geparkt. Dabei sei eine seitliche Überdeckung des Behindertenparkplatzes von ca. 1,90 m in Kauf genommen worden. Anschließend müsse sich dann ein weiteres Fahrzeug, ein Audi, in gewissem Abstand hinter sein Fahrzeug gestellt haben, sodass dieses, wie auf einem nach dem Abschleppvorgang noch nachts aufgenommenen Foto zu erkennen sei, die Einfahrt zum Parkplatz um weitere ca. 2 m verkürzt habe. Die Beklagte habe sich bei der Entscheidung, welchen der beiden Störer sie in Anspruch nehmen wolle, nicht ausreichend Gedanken gemacht. Trotz eines großen Schriftzuges auf seinem Fahrzeug, der auch eine Telefonnummer enthalte, sei nicht versucht worden, ihn anzurufen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13. Januar 2010, dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. Januar 2010 zugestellt, als unbegründet zurückgewiesen: Die Anordnung der Abschleppmaßnahme, die rechtlich eine polizeiliche Sicherstellung mit anschließender Verwahrung i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 2, Abs. 3 HmbSOG darstelle, sei rechtmäßig gewesen, weil das Fahrzeug des Klägers nach den Feststellungen der einschreitenden Polizeibeamten am 20. Oktober 2009 zumindest um 21.57 Uhr verkehrswidrig abgestellt gewesen sei. Das Fahrzeug sei auf einem Behindertenparkplatz abgestellt worden, ohne dass durch die sichtbare Auslegung des besonderen Parkausweises der Nachweis geführt worden sei, dazu berechtigt zu sein. Der Berechtigte habe den Stellplatz wegen des Fahrzeuges des Klägers zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr nutzen können. Dadurch sei die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt gewesen. Im Falle so genannter „Behindertenparkplätze“ bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse, diese zu Gunsten der Schwerbehinderten mit außergewöhnlicher Gehbehinderung von Fahrzeugen, die nicht diesem Personenkreis zuzuordnen sind, freizuhalten. Angesichts ihrer besonderen Hilfsbedürftigkeit und Schutzwürdigkeit müssten Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung darauf vertrauen können, dass ihnen die speziell für sie eingerichteten Parkplätze jederzeit zur Verfügung stehen und diese notfalls mit polizeilichen Mitteln freigemacht werden. Auch dürfe zur Durchsetzung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Freihaltung von Behindertenparkplätzen für Berechtigte insbesondere im stark frequentierten großstädtischen Bereich zum Abschleppen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge selbst dann gegriffen werden, wenn der Verkehrsverstoß nur von relativ kurzer Dauer sei. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen. Es sei kein anderes geeignetes und zugleich verhältnismäßiges Mittel in Betracht gekommen. Insbesondere hätten die Polizeibeamten die Gefahr nicht durch eine Umsetzung des Pkw auf einen freien Parkplatz in der unmittelbaren Umgebung beseitigen können, da keine Vielzahl von freien Parkplätzen in Sichtweite vorhanden gewesen sei. Ein Abwarten auf die völlig ungewisse Rückkehr des Fahrers sei nicht zumutbar gewesen. Der Polizeibeamte, der seinerzeit den Abschleppvorgang angeordnet hatte, habe auf Nachfrage angegeben, dass Versuche, den Halter des störenden Fahrzeuges durch eine Zevis/EWO-Abfrage zu ermitteln, gescheitert seien.

Der Kläger hat am 18. Februar 2010 Klage erhoben und zur Begründung sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.

Der Kläger beantragt,
den Gebührenbescheid vom 21. Oktober 2009 in der Form des Widerspruchbescheids vom 13. Januar 2010 aufzuheben und zu erklären, dass es i.S.v. § 162 Abs. 2 VwGO notwendig war, für das Vorverfahren einen Prozessbevollmächtigten hinzuzuziehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründungen der angegriffenen Bescheide.

Die Sachakte der Beklagten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Das Gericht hat die Zeugen C. und K. in der mündlichen Verhandlung vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschrift verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Gebührenbescheid vom 21. Oktober 2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Januar 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Ermächtigungsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten ist bezogen auf die besonderen Auslagen/Abschleppkosten § 5 Abs. 2 Nr. 5, 9 Gebührengesetz (v. 5.3.1986, HmbGVBl., S. 37, m. spät. Änd. – GebG), bezogen auf die Amtshandlungsgebühr § 1 Abs. 1 Gebührenordnung für Maßnahmen auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (v. 7.12.1993, HmbGVBl. S. 365, m. spät. Änd. - GebOSiO) i.V.m. Ziff. 25 der Anlage 1 hierzu, bezogen auf den Gemeinkostenzuschlag § 5 Abs. 5 Satz 1 GebG i.V.m. § 1 der Verordnung über die Höhe der Gemeinkostenzuschläge (v. 14.12.1999, HmbGVBl. S. 139, m. spät. Änd.) und bezogen auf die Verwahrgebühr § 1 Abs. 1 i.V.m. Ziff. 26 – 26.6. der Anlage 1 GebOSiO.

Die Voraussetzungen der genannten Ermächtigungsgrundlagen sind vorliegend erfüllt. Die Sicherstellung war rechtmäßig (hierzu unter 1.). Auch wurde der richtige Gebührenschuldner in Anspruch genommen, insbesondere ist die alleinige Inanspruchnahme des Klägers verhältnismäßig (hierzu unter 2.).

1. Die Beklagte stellte am 20. Oktober 2009 das Fahrzeug des Klägers rechtmäßig sicher. Rechtsgrundlage für die Sicherstellung ist § 14 Abs. 1 S. 2 HmbSOG. Danach wird ein verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug in der Regel sichergestellt, wenn es die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist. Darüber hinaus darf die vom Fahrzeug ausgehende Gefahr nicht mit einer Umsetzung auf einen in unmittelbarer Nähe gelegenen freien und geeigneten Platz im öffentlichen Verkehrsraum begegnet werden können. Des Weiteren muss die Maßnahme verhältnismäßig sein.

Das vom Kläger geführte Fahrzeug war zum maßgeblichen Zeitpunkt, als die Polizeibeamten dessen Sicherstellung anordneten, verkehrswidrig abgestellt. Der Kläger parkte zumindest zwischen 21.50 Uhr und 21.57 Uhr vor einem Parkplatz, der einem Schwerbehinderten – dem Zeugen C. – ausschließlich zugewiesen war. Der Parkplatz war durch das Verkehrszeichen 314 i.V.m. dem Zusatzschild 1044-11 (vgl. jetzt Anlage 3 zu § 42 Abs. 2, dort Nr. 7, Erläuterung 1d) i.V.m. Anlage 2 zu § 41 Abs. 1, dort Nr. 63.2) gekennzeichnet. Durch diese Verkehrszeichenkombination wird nach § 39 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 StVO eine Parkerlaubnis für Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung und Blinde begründet und gleichzeitig das Parken entgegen der auf dem Zusatzschild angezeigten Beschränkung verboten (§ 12 Abs. 3 Nr. 2 StVO). Der Kläger hatte das Fahrzeug so abgestellt, dass es mit dem Heck auf einer Länge von jedenfalls von ihm selbst eingeräumten 1,90 m den Zugang von der Straße zu dem auf einem Streifen zwischen Fahrbahn und Gehweg befindlichen Parkplatz versperrte.

Dadurch beeinträchtigte das Fahrzeug des Klägers die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs bzw. behinderte andere Verkehrsteilnehmer. Der Parkplatz konnte von dem einzig Berechtigten, dem Zeugen C., nicht mehr genutzt werden. Es besteht gerade an der Freihaltung von Behindertenparkplätzen ein gesteigertes öffentliches Interesse, da die parkbevorrechtigten Personen darauf vertrauen dürfen, dass der gekennzeichnete Parkraum ihnen zur Verfügung steht (vgl. VGH München, Urt. v. 29.1.1996, NJW 1996, 1979; OVG Schleswig, Urt. v. 19.3.2002, NVwZ-RR 2003, 647). Dies gilt verstärkt für einen Behindertenparkplatz, der einer einzelnen Person zugeteilt ist, da diese Parkplätze üblicherweise in der Nähe der Wohnung oder Arbeitsstätte des Berechtigten liegen und somit an der eigenen Nutzung ein gesteigertes Interesse besteht (vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 25.1.2005, NVwZ-RR 2005, 577). Auch kann der Inhaber eines personenbezogenen Sonderstellplatzes davon ausgehen, dass dieser Parkplatz zu jedem Zeitpunkt für ihn frei ist, da er auch nicht von anderen Personen mit Sondergenehmigung wie ein „allgemeiner“ Behindertenparkplatz genutzt werden darf.

Die vom Fahrzeug des Klägers ausgehende Gefahr konnte auch nicht durch eine Umsetzung beseitigt werden. In Sichtweite gelegene freie Parkplätze in dem fraglichen Bereich zu der Ereigniszeit sind gerichtsbekannt nicht vorhanden; der Kläger hat insoweit auch nichts Abweichendes vorgetragen.

Die Maßnahme war auch verhältnismäßig. Ihr Zweck, nämlich die durch das Fahrzeug verursachte Gefahr zu beseitigen und die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wiederherzustellen, stand nicht außer Verhältnis zu den dadurch beim Kläger verursachten Beeinträchtigungen.

Die Erforderlichkeit der Sicherstellung ist insbesondere nicht schon deshalb zu verneinen, weil sich am Fahrzeug des Klägers ein Werbeschriftzug mit u.a. einer Telefonnummer befand. Nach den glaubhaften Angaben des Zeugen K., der als Bediensteter der Beklagten bei dem Abschleppvorgang beteiligt war, wurde die auf dem Fahrzeug aufgebrachte Telefonnummer ergebnislos angerufen. Der Zeuge hat insoweit angegeben, dies mache er immer so, wenn eine Telefonnummer erkennbar sei. Unabhängig von dieser Zeugenaussage war es aus Rechtsgründen nicht erforderlich, die auf dem Firmenfahrzeug angebrachte Telefonnummer um 21.57 Uhr anzurufen. Die maßgebliche Erreichbarkeit des Klägers wurde durch den bloßen Schriftzug am Fahrzeug in keiner Weise näher dargelegt. Die anordnenden Polizisten konnten nicht davon ausgehen, dass unter der Telefonnummer überhaupt jemand, geschweige denn eine Person, die zum Wegfahren des Wagens bereit und umgehend in der Lage gewesen wäre, zu erreichen war (vgl. zu den insoweit geltenden hohen Anforderungen OVG Hamburg, Urt. v. 14.8.2001, NJW 2001, 3647). Angesichts des auswärtigen Kennzeichens waren Nachforschungen nach dem Verbleib des Fahrers ohnehin grundsätzlich nicht veranlasst (vgl. OVG Hamburg, Urt. v. 28.3.2000, NJW 2001, 168).

Der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme stünde auch nicht entgegen, wenn zum Zeitpunkt der Anordnung die Zufahrt zum Behindertenparkplatz zusätzlich durch ein zweites Fahrzeug, den auf den vom Kläger eingereichten Fotos erkennbaren Audi, weiter verengt worden wäre.

Zunächst kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon nicht ausgegangen werden. Die befragten Zeugen erinnerten sich konkret nicht daran, dass an dem Abend des 20. Oktober 2009 um 21.57 Uhr noch ein weiteres Fahrzeug parallel zum Behindertenparkplatz auf der Fahrbahn abgestellt war. Der Kläger hat insoweit nur ein Foto vorgelegt, das allerdings zu einem späteren, von ihm nicht genauer bezeichneten Zeitpunkt aufgenommen wurde. Er kann im Übrigen aus eigener Kenntnis nichts dazu sagen, ob zu dem genannten Zeitpunkt dieser auf dem Foto erkennbare Audi oder ein anderes Fahrzeug dort gestanden hat, denn er war zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Strasse, sonst hätte er sein Fahrzeug nicht abschleppen lassen sondern es selbst entfernt. Der Audi kann also auch zu einem späteren Zeitpunkt dort abgestellt worden sein.

Selbst wenn dieses Fahrzeug auf einer Länge von ca. 2 m auf der Fahrbahn parallel zum Behindertenparkplatz gestanden haben sollte, wäre das dann eröffnete Ermessen, welches der beiden Fahrzeuge abgeschleppt werden soll, pflichtgemäß ausgeübt worden. Auf der Primärebene der tatsächlichen Gefahrenabwehr ist auch dann, wenn zwei Störer unabhängig voneinander die Gefahr verursacht haben ohne dabei bewusst zusammengewirkt haben, jeder der Störer als für den gesamten Gefahrenzustand verantwortlich anzusehen (vgl. VGH München, Urt. v. 22.4.1992, NJW 1993, 81; BVerwG, Beschl. v. 10.7.1998, NJW 1998, 3582; Denninger in Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 4. Auflage 2007, Abschnitt E, Rn. 121). Müsste die Polizei bei der Inanspruchnahme der Störer weitere Gesichtspunkte berücksichtigen – etwa eine nur anteilige Verantwortlichkeit an der Gefahrenverursachung – würde hierdurch die Effektivität der Gefahrenabwehr beeinträchtigt, da unter Umständen umfangreiche Ermittlungen nötig wären, bevor mit der Abwehrmaßnahme begonnen werden dürfte. Im Falle einer Verkehrsbehinderung durch zwei Fahrzeuge kann es den Polizeibeamten vor Ort grundsätzlich nicht zugemutet werden zu ermitteln, welches Fahrzeug die Störung unmittelbar im Sinne eines letzten Gliedes in der Verursachungskette verursacht hat. Eine Ausnahme gilt, wenn einfache Erkundungsmaßnahmen eine Aufklärung hinsichtlich der Frage versprechen, welches Fahrzeug zum Beispiel später abgestellt wurde und damit die Verkehrsbeeinträchtigung erst tatsächlich verursacht hat. Vorliegend kann dahinstehen, ob der Kläger oder der Fahrer des zweiten Fahrzeugs im Ergebnis letztendlich ursächlich für die weitere Verengung der Zufahrt zum Parkplatz gewesen wäre. Denn für die Polizeibeamten vor Ort wäre nicht erkennbar gewesen, welches Fahrzeug welchen Verursachungsbeitrag geleistet hätte. Das Ermessen hinsichtlich der Störerauswahl wäre ausschließlich mit Blick auf die Zielsetzung des Polizei- und Ordnungsrecht auszuüben gewesen. Da dies die Abwehr von Gefahren bzw. Beseitigung von Störungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist, wäre Ziel der handelnden Polizeibeamten in erster Linie die effektive Gefahrenabwehr gewesen. Deshalb wäre derjenige Störer in Anspruch zu nehmen, der die Gefahr am schnellsten und wirksamsten beseitigen kann (Denninger, a.a.O. Rn. 131). Dabei hätte es sich insbesondere aufgrund der Eigenschaft der ...-Straße als Einbahnstraße aufgedrängt, das in Fahrtrichtung gesehen vorne stehende Fahrzeug, also den Pkw des Klägers, abschleppen zulassen. Bei der erforderlichen generellen Betrachtungsweise wird es dem betroffenen Parkberechtigten nämlich nicht zugemutet werden dürfen, den Behindertenparkplatz rückwärts gegen die Fahrtrichtung der Einbahnstrasse zu verlassen. Angesichts des dabei nur eingeschränkten Blickfeldes wird es dem üblichen Ablauf eher entsprechen, dass derartige Parkplätze in einer Einbahnstrasse in Fahrtrichtung verlassen werden. Da nicht erkennbar war, wann der Kläger sein Fahrzeug dort wieder entfernen würde, wäre es nicht zu beanstanden, wenn die Polizeibeamten im Hinblick darauf, dass der Zeuge C. den Parkplatz mit seinem Fahrzeug auch wieder wird verlassen wollen, dies dadurch ermöglicht, dass es das Fahrzeug des Klägers abschleppen lässt.

2. Die alleinige Inanspruchnahme des Klägers ist auch auf Sekundärebene rechtmäßig und insbesondere nicht unverhältnismäßig. Die Vorschriften des HmbGebG sowie der GebOSiO legen die konkret anfallenden Gebühren im Falle einer Sicherstellung mit anschließender Verwahrung fest. Diese werden der Höhe nach vom Kläger nicht angegriffen; auch der Einzelrichter hat insoweit keine Bedenken. Die Gebühren sind nach § 14 Abs. 3 S. 3 HmbSOG von den nach §§ 8 und 9 HmbSOG Verantwortlichen zu tragen. Allerdings kann im Falle einer lediglich anteiligen Verursachung einer Störung der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die vollständige Inanspruchnahme eines einzigen Beteiligten ausnahmsweise ausschließen. Dies wurde etwa angenommen für Konstellationen, bei denen der eigene Beitrag isoliert betrachtet noch nicht zu einer Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs führte, so z.B. beim Abschleppen wegen Verengung der Straße, wenn der herangezogene Störer zuerst sein Fahrzeug abgestellt hatte und allein durch sein Parkverhalten noch keine relevante Verengung verursacht worden war. Dem entspricht der im Polizeikostenrecht geltende Grundsatz, dass sich eine Maßnahme der Gefahrenabwehr im Zuge ihrer Überprüfung nach Maßgabe der Entscheidungssituation im Zeitpunkt des Einschreitens als rechtmäßig erweisen kann, es jedoch gleichwohl aus Gründen der Verhältnismäßigkeit rechtswidrig sein kann, den Adressaten dieser Maßnahme zu dessen Kostenerstattung heranzuziehen, wenn diesem ein Fehlverhalten nicht zur Last zu legen ist (Nichtstörer) oder er die Umstände, die seine Inanspruchnahme als Anscheinsstörer begründet haben, nicht zurechenbar verursacht hat (vgl. OVG Hamburg, Beschl. vom 9.1.2007, 3 Bs 329/05). Vorliegend hat der Kläger bereits durch sein eigenes Parkverhalten eine Störung der öffentlichen Sicherheit verursacht und das Ein-/Ausparken für den Zeugen C. erschwert, sodass eine Beeinträchtigung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs bereits ohne die Mitwirkung des – einmal zugunsten des Klägers unterstellt, dass dieser vorhanden war – zweiten Pkw (Audi) vorlag. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts ist die Heranziehung des Klägers auch in vollem Umfang nicht unverhältnismäßig. Der Kläger darf bei einem derart grob verkehrswidrigen Parkverhalten nicht darauf hoffen, dass alle anderen Verkehrsteilnehmer sich schon an die Regeln halten werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO. Über den Antrag nach § 162 Abs. 2 VwGO war nicht zu entscheiden, da es an einer für den Kläger positiven Kostengrundentscheidung fehlt.