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OLG Hamm Beschluss vom 08.06.2012 - I-32 SA 38/12 - Zur Gerichtszuständigkeit bei falscher Bewertung eines Schmerzensgeldanspruchs

OLG Hamm v. 08.06.2012: Zur Gerichtszuständigkeit bei falscher Bewertung eines Schmerzensgeldanspruchs


Das OLG Hamm (Beschluss vom 08.06.2012 - I-32 SA 38/12) hat entschieden:
Ein Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts an das Landgericht entfaltet keine Bindungwirkung, wenn er auf einem falschen Sachverhaltsverständnis des geltend gemachten Schmerzensgeldanspruchs beruht und somit zu einer falschen Wertbestimmung geführt hat.


Gründe:

A.

Der Kläger nimmt die Beklagten als Gesamtschuldner mit seiner zunächst beim Amtsgericht I. anhängigen Klage auf Schmerzensgeld und Schadensersatz nebst Zinsen wegen eines Verkehrsunfallereignisses in Anspruch. Mit seinem Klageantrag zu 1. begehrt er die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes, welches einen Betrag in Höhe von 3.500,00 € nicht unterschreiten sollte. Mit seinem Klageantrag zu 2. macht er den Ersatz seines Haushaltsführungsschadens geltend, welchen er mit 396,65 € beziffert. Darüber hinaus verlangt er den Ersatz von Pflegekosten in Höhe von 80,00 € mit seinem Klageantrag zu 3. Der Klageantrag zu 4. ist gerichtet auf den Ersatz entstandener Fahrtkosten in Höhe von 14,50 €. Mit dem Klageantrag zu 5. begehrt der Kläger Ersatz der Praxisgebühr und von ihm verauslagter Medikamentenzuzahlungen i.H. v. 15,00 €. Schließlich ist der Klageantrag zu 6. gerichtet auf den Ersatz außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 543,59 €.

In der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 vor dem Amtsgericht I. hat der Vorsitzende nach persönlicher Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1. erklärt, eine Schmerzensgeldzahlung des Beklagten zu 1. an den Kläger in Höhe von 3.500,00 € dürfte angemessen sein, einschließlich der Abgeltung der weiteren Ansprüche des Klägers.

Mit Schriftsatz vom 29.11.2011 hat der Kläger darauf hingewiesen, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Schadensregulierung unter bestimmten Voraussetzungen eine Verpflichtung der Gerichte nach sich ziehe, einem Missbrauch wirtschaftlicher Macht dadurch entgegenzuwirken, dass sie dem Geschädigten als Genugtuung ein erhöhtes Schmerzensgeld zusprächen.

Mit Beschluss vom 30.11.2011 hat das Amtsgericht I. den Streitwert für den Rechtsstreit auf insgesamt 6.580,24 € festgesetzt. Im Hinblick auf den Klageantrag zu 1. hat es zur Begründung ausgeführt, der Streitwert werde auf 5.500,00 € festgesetzt mit Rücksicht auf das in der mündlichen Verhandlung erkennbare geltend gemachte Interesse des Klägers am Ausgleich des posttraumatischen Belastungssyndroms wegen des nachvollziehbar wie ein Mordanschlag verstandenen Fehlverhaltens des Beklagten zu 1. und mit Rücksicht auf das nunmehr mit Schriftsatz vom 29.11.2011 geltend gemachte erhöhte Schmerzensgeld wegen des unverständlichen Regulierungsverhaltens der Beklagten zu 3., die bislang nicht gezahlt habe. Zugleich hat das Amtsgericht I. einen Antrag des Klägers auf Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht I. angeregt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Streitwertbeschluss des Amtsgerichts I. vom 30.11.2011.

Das Amtsgericht I. hat sich nach Anhörung der Parteien durch Beschluss vom 24.01.2012 auf Antrag des Klägers und mit Zustimmung der Beklagten für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht I. verwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Amtsgericht I. auf seinen Streitwertbeschluss vom 30.11.2011 Bezug genommen.

Das Landgericht I. hat nach Anhörung der Parteien mit Beschluss vom 29.02.2012 in Abänderung des Streitwertbeschlusses des Amtsgerichts I. den Streitwert für den Rechtsstreit auf insgesamt 4.506,15 € festgesetzt, sich für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht I. zurückverwiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es unter anderem ausgeführt, die Streitwertfestsetzung des Amtsgerichts I. sei offensichtlich unrichtig. So sei der Wert für den Klageantrag zu 1. auf allenfalls 4.000,00 € festzusetzen. Der Wert eines unbezifferten Antrags auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes sei nach § 3 ZPO zu schätzen. Bei der Schätzung sei der Wert nach dem Betrag zu beziffern, den das Gericht aufgrund der Darlegungen des Klägers als angemessen erachte. Danach betrage der Wert des Klageantrags zu 1. 4.000,00 €, da unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der Klageschrift ein Schmerzensgeldanspruch gegen die Beklagten maximal in dieser Höhe in Betracht komme. Das Amtsgericht habe noch in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 zum Ausdruck gebracht, dass es einen Schmerzensgeldanspruch des Klägers in Höhe von 3.500,00 € für angemessen halte. Soweit es danach den Wert des Klageantrags zu 1. auf 5.500,00 € festgesetzt habe, sei dies nicht nachvollziehbar und offenbar nur in dem Bestreben erfolgt, anschließend den Rechtsstreit wegen sachlicher Unzuständigkeit an das Landgericht verweisen zu können. Umstände, die eine Erhöhung des dem Kläger möglicherweise zustehenden Schmerzensgeldanspruches von 4.000,00 € rechtfertigen könnten, seien im Verlaufe des Rechtsstreits nicht zu Tage getreten. Insbesondere könne auch nicht etwa angenommen werden, dass der Kläger mit Schriftsatz vom 29.11.2011 zu erkennen gegeben habe, dass er an seiner ursprünglichen Schmerzensgeldvorstellung von mindestens 3.500,00 € nicht mehr festhalte und nunmehr ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 5.500,00. € fordern wolle. Abgesehen davon sei der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts auch deshalb offensichtlich fehlerhaft, weil der Klageantrag zu 6. entgegen § 4 Abs. 1 ZPO streitwertmäßig berücksichtigt worden sei. Da somit der Streitwert lediglich 4.506,15 € betrage, sei die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gegeben. Der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts I. vom 24.01.2012 vermöge hieran nichts zu ändern, da er ausnahmsweise nicht als bindend angesehen werden könne. So entfalte ein Verweisungsbeschluss ausnahmsweise dann keine Bindung, wenn der Verweisung jede rechtliche Grundlage fehle, so dass sie als objektiv willkürlich erscheine. Dies sei hier der Fall, da der Verweisungsbeschluss auf dem fehlerhaften Streitwertbeschluss vom 30.11.2011 beruhe, der aus den oben genannten Gründen nicht nachvollziehbar sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Landgerichts I. vom 29.02.2012 Bezug genommen.

Mit Verfügung vom 20.03.2012 hat das Amtsgericht die Sache dem Oberlandesgericht Hamm zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt und zur Begründung ausgeführt, wegen des bindenden Verweisungsbeschlusses vom 29.01.2012 habe eine Zurückverweisung nicht erfolgen dürfen. Der Streitwertbeschluss sei hinsichtlich der Schmerzensgeldhöhe als Ergebnis des bisherigen Verhandlungsablaufs entstanden und begründet. Es handele sich um ein Schmerzensgeldbegehren anlässlich eines einem Mordanschlag vergleichbaren "wahnwitzigen" Verkehrsverhaltens des Beklagten zu 1., das eine entsprechende psychische Belastung für den Kläger hervorgerufen habe, wobei die begehrte Schmerzensgeldhöhe auch durch die vom Kläger als renitent empfundene Liquiditätsverweigerung auch nur eines geringsten Betrages gesteigert werde. Der Kläger habe sich dem Streitwertbeschluss mit Schriftsatz vom 29.11.2011 und dem Antrag vom 09.01.2012 sogar ausdrücklich angeschlossen. Selbst die Beklagten hätten mit Schriftsatz vom 23.01.2012 der Verweisung zugestimmt. Von Willkür könne nicht die Rede sein.


B.

Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

I.

Sowohl das Amtsgericht I. als auch das Landgericht I. haben sich beide rechtskräftig für sachlich unzuständig erklärt.

II.

Das Oberlandesgericht Hamm ist gemäß § 36 Abs. 1 ZPO als das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht zu der Zuständigkeitsbestimmung berufen.


C.

Als zuständiges Gericht ist das Amtsgericht I. zu bestimmen.

I.

Die Zuständigkeit des Amtsgerichts I. folgt gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO aus der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts I. vom 29.02.2012.

1. Eine Bindungswirkung gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO wird nicht schon durch die bloße etwaige Unrichtigkeit der Beurteilung der Zuständigkeitsfrage infolge eines einfachen Rechtsirrtums des verweisenden Gerichts in Frage gestellt. Unbeachtlich ist ein solcher Beschluss vielmehr regelmäßig nur dann, wenn er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder wenn er schwere offensichtliche Rechtsmängel aufweist oder gar jeder Rechtsgrundlage entbehrt und aus diesen Gründen objektiv willkürlich ist (BGH NJW 2002, 3634 ff.; NJW 1993,1273; Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 281 ZPO Rn 17; Fischer, MDR 2005, 1091 ff.; Endell, DRiZ 2003, 133 ff.; Tombrink, NJW 2003, 2364 ff. - jeweils m. w. N.).

2. Diese Voraussetzungen einer Willkür sind hier jedoch nicht erfüllt.

a. Zwar hat das Landgericht I. durch Beschluss vom 29.02.2012 den Rechtsstreit ohne den nach § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Antrag des Klägers an das Amtsgericht I. verwiesen. Gleichwohl führt dieser Verfahrensfehler nicht zum Wegfall der Bindungswirkung nach § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, da dem Landgericht I. kein Gehörsverstoß unterlaufen ist (vgl. BGH NJW-RR 1990, 1282; Zöller/Greger, a. a. O., Rn 16).

b. Aber auch inhaltlich ist der Vorwurf einer willkürlichen Entscheidung des Landgerichts I. nicht gerechtfertigt.

Der Senat muss sich nicht tiefergehend mit den von den beiden beteiligten Gerichten vertretenen divergierenden Auffassungen zu der Frage befassen, ob im Streitfall allenfalls ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 € angemessen ist, oder ob angesichts des posttraumatischen Belastungssyndroms des Klägers und des bisherigen Regulierungsverhaltens der Beklagten ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 5.500,00 € gerechtfertigt ist. Als maßgeblich für die Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO reicht es nämlich bereits aus, dass die dortige Würdigung jedenfalls unter keinen Umständen als willkürlich eingestuft werden kann. Dabei vermögen aber nicht einmal drastische Rechtsfehler als solche für sich allein den Vorwurf der Willkür zu belegen (Musielak/Foerste, ZPO, 9. Aufl., § 281 Rn 17 m. w. N.).

Selbst wenn man die vom Amtsgericht I. in seinem Vorlagebeschluss vom 20.03.2012 geäußerten Zweifel an der vom Landgericht I. geäußerten Rechtsauffassung teilen und ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.500,00 € als angemessen erachten wollte, worauf sich der Senat letztlich aber nicht festlegen muss, so handelte es sich allenfalls um einen einfachen Rechtsfehler des Landgerichts I., der die Bindungswirkung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO unberührt lässt. Das Landgericht I. hat sich in seinem Beschluss vom 29.02.2012 eingehend mit der Rechtsauffassung des Amtsgerichts I. in dessen Beschluss vom 30.11.2011 und den Umständen auseinandergesetzt, welche bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe zu berücksichtigen sind und zudem begründet, weshalb aus seiner Sicht im Verlaufe des Rechtsstreits keine Umstände zu Tage getreten sind, die eine Erhöhung eines Schmerzensgeldanspruchs über den Betrag von 4.000,00 € rechtfertigen können. Zudem hat es zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger in seinem Schriftsatz vom 29.11.2011 nicht die Zuerkennung eines über den ursprünglich geforderten Betrag von 3.500,00 € hinausgehenden Schmerzensgeldes beantragt hat. Das Vorgehen des Landgerichts I. rechtfertigt insoweit den Vorwurf eines willkürlichen Verhaltens nicht, zumal das Gericht gemäß § 287 ZPO über die Höhe des Anspruchs nach billigem Ermessen zu entscheiden hat (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 253, Rn. 24), so dass sich ein gewisser Entscheidungsspielraum ergibt, den das Landgericht I. jedenfalls nicht in einer einen Willkürvorwurf rechtfertigenden Weise überschritten hat.

II.

Das Landgericht I. war an einer gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO bindenden Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Amtsgericht I. nicht gehindert, da der ursprüngliche Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts I. vom 24.01.2012 bei Zugrundelegung der zuvor bereits dargestellten Grundsätze, nach denen eine Verweisung objektiv willkürlich erscheint, ausnahmsweise keine Bindungswirkung für das Landgericht I. entfaltet hat (vgl. hierzu Zöller/Greger, a. a. O., Rn 19).

1. Zwar gebietet die Prozessökonomie Zurückhaltung bei der Annahme von Willkür. Ein Verweisungsbeschluss, der - wie im Streitfall geschehen - als Folge einer evident falschen Sachverhaltserfassung unter Verstoß gegen den Grundsatz der perpetuatio fori ergeht, entfaltet gleichwohl keine Bindungswirkung, da er jeder Rechtsgrundlage entbehrt (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 1403; Zöller/Greger, a. a. O., Rn 17).

2. § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO schreibt die Fortdauer der Zuständigkeit des in zulässiger Weise angerufenen Gerichts (perpetuatio fori) aus Gründen der Prozessökonomie vor. Der Streit über die Zuständigkeit soll dadurch möglichst rasch abschließend beendet sein, damit die Parteien alsbald zu einer Sachentscheidung gelangen können. Hat der Kläger bei einem nach der prozessrechtlichen Ordnung zuständigen Gericht Klage erhoben, ist in der Regel jeder weitere Zuständigkeitsstreit ausgeschlossen, sofern der Kläger nicht einen neuen Streitgegenstand zur Prüfung stellt (BGH NJW 2001, 2477, 2478). Im Falle einer Erweiterung der Klage (§ 264 Nr. 2 ZPO) verbleibt es daher bei der ursprünglich begründeten Zuständigkeit des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts (Zöller/Greger, a. a. O., § 261 ZPO, Rn 12).

3. Diesen Grundsatz der perpetuatio fori hat das Amtsgericht außer Acht gelassen, indem es den Rechtsstreit unter Hinweis auf die unzutreffende Annahme, der Kläger mache nunmehr ein erhöhtes Schmerzensgeld geltend, an das Landgericht I. verwiesen hat.

a. Die Voraussetzungen einer Fortdauer der Zuständigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO sind im Streitfall erfüllt.

Selbst nach Auffassung des Amtsgerichts I. liegt kein Fall einer ursprünglichen sachlichen Unzuständigkeit vor, welche nach § 504 ZPO eine Hinweispflicht ausgelöst und bei entsprechendem Antrag des Klägers eine Verweisung nach § 281 Abs. 1 ZPO an das Landgericht I. ermöglicht hätte. Diese Beurteilung des Amtsgerichts liegt insbesondere dem richterlichen Hinweis in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2011 zugrunde, eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 3.500,00 € sei angemessen.

Vielmehr geht das Amtsgericht I., wie sich dem Streitwertbeschluss vom 30.11.2011 entnehmen lässt, welcher zur Begründung auf das bisherige Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den klägerischen Schriftsatz vom 29.11.2011 abstellt, von Umständen aus, welche sich erst nach Eintritt der Rechtshängigkeit streitwerterhöhend ausgewirkt haben.

b. Der Eintritt solcher Umstände hat aber nach § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO keinerlei Auswirkungen auf die ursprünglich begründete sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts I., sofern nicht ein Fall des § 506 ZPO gegeben ist. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift, welche eine Ausnahme von der Regel der perpetuatio fori darstellt, sind jedoch offensichtlich nicht erfüllt, da es an einer nach § 506 Abs. 1 ZPO erforderlichen Erweiterung des Klageantrags mangelt. Das Amtsgericht I. verkennt das klägerische Begehren, wenn es annimmt, dem klägerischen Schriftsatz vom 29.11.2011 sei zu entnehmen, dass der Kläger nunmehr ein Schmerzensgeld begehre, welches über den eingangs in der Klageschrift bezifferten Mindestbetrag von 3.500,00 € hinausgehe. Tatsächlich verweist der Kläger in seinem Schriftsatz erkennbar lediglich auf Rechtsprechung, wonach sich als Folge unzureichenden Regulierungsverhaltens eines Haftpflichtversicherers eine Verpflichtung der Gerichte ergeben kann, ein erhöhtes Schmerzensgeld zuzusprechen. Eine Erhöhung des Mindestbetrages eines Schmerzensgeldes, die eine Erweiterung des Klageantrages darstellen würde, ist damit nicht verbunden. Demnach ist die Verweisung an das Landgericht I. unter Verletzung des Grundsatzes der perpetuatio fori erfolgt.

4. Bei einer solch evident falschen Sachverhaltserfassung, welche zudem zu einer Verletzung des in § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO statuierten Grundsatzes der perpetuatio fori führt, muss die Verweisung als willkürlich angesehen werden. Hierbei genügt es, dass sich der Beschluss vom 24.01.2012 objektiv als offensichtlich rechtsirrig darstellt. Es kommt nicht darauf an, ob das verweisende Gericht sich bewusst über Tatsachen oder Rechtsnormen hinweggesetzt hat (vgl. Zöller/Greger, a. a. O., § 281, Rn 17).