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OLG Köln Urteil vom 05.06.1992 - 19 U 253/91 - Zum Wertminderungsanspruch bei Luxusfahrzeugen

OLG Köln v. 05.06.1992: Zum Wertminderungsanspruch bei Luxusfahrzeugen


Das OLG Köln (Urteil vom 05.06.1992 - 19 U 253/91) hat entschieden:
Bei der Berechnung des merkantilen Minderwertes eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges ist der Schätzung eines Sachverständigen, der das Fahrzeug begutachtet hat, der Vorrang vor tabellarischen Berechnungsmethoden zu geben. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um einen gesuchten Fahrzeugtyp der Luxusklasse handelt, der nach ordnungsgemäß behobenem Unfallschaden ohne nennenswerten Preisabschlag verkauft werden kann.


Gründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Eine Wertminderung von mehr als 5.000,00 DM hat der PKW Daimler-Benz 300 SL-420 bei dem Unfall vom 11. Oktober 1990 nicht erlitten.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung die Ansicht vertritt, auf den Minderwert komme es nicht an, weil sie Anspruch auf eine Abrechnung auf Neuwagenbasis habe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Voraussetzungen für eine derartige Abrechnung liegen nicht vor. Bei einer Laufleistung zwischen 1.000 und 3000 km - der PKW der Klägerin war 2.121 km gefahren - kann danach nur beim Vorliegen besonderer Umstände eine Abrechnung auf Neuwagenbasis in Betracht kommen. Voraussetzung ist, dass bei objektiver Beurteilung der frühere Zustand durch die Reparatur auch nicht annähernd wiederhergestellt werden kann. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs wird dies vor allem dann der Fall sein, wenn entweder
  1. Teile beschädigt worden sind, die für die Sicherheit des Fahrzeugs von Bedeutung sind, und trotz Reparatur ein Unsicherheitsfaktor bleibt;

  2. nach durchgeführter Reparatur erhebliche Schönheitsfehler am PKW zurückbleiben oder

  3. eine Beschädigung stattgefunden hat, welche Garantieansprüche des Eigentümers zumindest beweismäßig gefährden kann, und der Haftpflichtversicherer des Schädigers nicht alsbald nach dem Unfall verbindlich seine Einstandspflicht für einen solchen Fall anerkennt (NJW 1982, 433).
Für die zu b) und c) aufgeführten Tatbestände ist von vornherein nichts ersichtlich. Aber auch die Voraussetzungen zu a) werden durch die Feststellungen des Sachverständigen M. in B. nicht gedeckt. Hiernach hatte zwar das Fahrzeug an der Frontseite erhebliche Beschädigungen erlitten, Konstruktions- und Anbauteile im Schadensbereich waren deformiert. Die vom Sachverständigen sodann im einzelnen aufgeführten Instandsetzungsarbeiten betreffen aber im wesentlichen nicht konstruktive Einzelteile. Darüber hinaus sollten die Längsträger vorne links und vorne rechts sowie der Querträger unten instand gesetzt werden. Dass "trotz Reparatur ein Unsicherheitsfaktor bleibe", ist daraus nicht zu erkennen. Der Sachverständige hat nicht einmal eine Vermessung des Fahrzeugs für erforderlich gehalten.

Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob die Klägerin überhaupt auf Neuwagenbasis abrechnen könnte, nachdem sie bisher und auch in erster Instanz mit dem Beklagten auf Reparaturkostenbasis abgerechnet hat. Bis wann hier eine Wahlmöglichkeit besteht, ist im einzelnen umstritten, braucht aber nicht vertieft zu werden.

Es kommt also darauf an, wie die Wertminderung im Rahmen der Abrechnung nach Reparaturkosten anzusetzen ist. Eine allgemeine anerkannte Schätzungsmethode gibt es bisher nicht, jedoch wird wohl überwiegend auch in der Rechtsprechung die Methode von Ruhkopf und Sahm angewendet, die auch der Bundesgerichtshof als brauchbar angesehen hat (NJW 1980, 281; OLG Saarbrücken DAR 1989, 345; Geigel-Rixecker, Haftpflichtprozeß 20. Aufl., Kapitel 4, Rdn. 34; Palandt-Heinrichs, BGB 51. Aufl., § 251 Rdn. 22; Staudinger-Medicus, BGB 12. Aufl., § 251 Rdn. 35; und andere). Jedoch ist auch anerkannt, dass immer die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen sind, so dass der Schätzung des merkantilen Minderwertes durch einen Sachverständigen gegenüber tabellarischen Berechnungsmethoden der Vorrang gebührt (OLG Saarbrücken a.a.O.; siehe auch Soergel/Martens, BGB 12. Aufl., § 249 Rdn. 85).

Im vorliegenden Fall ist unstreitig und auch aus dem Sachverständigengutachten in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme vom 13. Dezember 1990 zu entnehmen, dass der von der Klägerin gefahrene Fahrzeugtyp wegen der langen Lieferfristen und der erheblichen Nachfrage im Wiederbeschaffungswert etwa 30.000,00 DM bis 40.000,00 DM höher lag als im Neupreis. Dieser, den die Klägerin nicht mitgeteilt hat, muss nach den Angaben des Sachverständigen bei 130.000,00 DM brutto gelegen haben (160.000,00 DM - 30.000,00 DM oder 170.000,00 DM - 40.000,00 DM). Das bedeutet, dass der Käufer des beschädigten Fahrzeuges bei einem Kaufpreis von 120.000,00 DM brutto unter Einrechnung der notwendigen Reparaturen von rund 25.000,00 DM noch erheblich mehr als den aktuellen Neupreis gezahlt hat. Dem entspricht die Feststellung bei Geigel/Rixecker a.a.O. (Rdn. 38), dass marktgängige oder gar ausgesprochen gesuchte Fahrzeuge bei ordnungsgemäß behobenem Unfallschaden praktisch ohne Preisabschlag gehandelt werden. Dies wiederum wird bestätigt durch die in dem Schreiben des Sachverständigen vom 13. Dezember 1990 geäußerte Auffassung, dass bei entsprechendem Verhandlungsgeschick des Käufers ein Minderwert möglicherweise überhaupt nicht mehr zum Tragen komme. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass der Wiederbeschaffungswert nach Darstellung des Sachverständigen eine fallende Tendenz aufwies, so kann aus allem der Schluss gezogen werden, dass der vom Landgericht im Anschluss an den Sachverständigen zuerkannte Minderwert von 5.000,00 DM gerechtfertigt ist. Es trifft eben gerade nicht zu, dass ein derartig gesuchtes Fahrzeug einen deutlichen Mehrpreis über dem Listenpreis nur erzielen könne, wenn es kein Unfallfahrzeug ist. Schon der von der Klägerin für das nicht reparierte Fahrzeug erzielte Preis widerlegt diese Behauptung.

Da die Berufung der Klägerin keinen Erfolg haben konnte, hat sie ihre Kosten nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Das Urteil ist nach den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO vorläufig vollstreckbar.

Wert der Beschwer der Klägerin: 7.500,00 DM.



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