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OLG Schleswig Urteil vom 17.04.2013 - 7 U 78/12 - Zur Abhängigkeit eines Teilurteils von der Entscheidungsreife der Widerklage dem Grunde nach

OLG Schleswig v. 17.04.2013: Zur Abhängigkeit eines Teilurteils von der Entscheidungsreife der Widerklage dem Grunde nach


Das OLG Schleswig (Urteil vom 17.04.2013 - 7 U 78/12) hat entschieden:
Unzulässigkeit eines Teilurteils nur über die Klage aus einem Verkehrsunfall, wenn über die (Dritt-)Widerklage aus demselben Verkehrsunfall nicht zumindest ein Grundurteil ergehen kann.


Siehe auch Urteile im Zivilprozess um Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall und Stichwörter zum Thema Zivilprozess


Gründe:

I. Die Parteien streiten mit Klage und (Dritt-)Widerklage um die Folgen aus einem Verkehrsunfall vom 19. August 2010 in M.

Dort kam es gegen 6.00 Uhr morgens im Einmündungsbereich G-Straße/R-Weg, in dem sich auch die Einfahrt zum ...Heim befindet, zu einer Kollision zwischen dem von der Drittwiderbeklagten zu 1) gefahrenen Pkw Renault des Klägers, haftpflichtversichert bei der Drittwiderbeklagten zu 2) mit dem von der Beklagten zu 1) und Widerklägerin geführten Pkw Seat, amtl. Kennzeichen ... haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2). Der Unfallhergang ist streitig.

Der Kläger hat erstinstanzlich Sachschaden in Höhe von 4.028,58 € nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht; die Beklagten haben auf Klagabweisung angetragen; (dritt-)widerklagend hat die Beklagte zu 1) ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 1.200 € nebst Zinsen, materiellen Schadensersatz in Höhe von 8.933,95 € nebst gestaffelter Zinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie einen umfassenden Feststellungsantrag geltend gemacht.

Das Landgericht hat nach Anhörung der Unfallbeteiligten, Einholung eines schriftlichen Unfallrekonstruktionsgutachtens sowie dessen mündlicher Erläuterung die Klage mit dem angefochtenen Teilurteil abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, nur hinsichtlich der Klage sei die Sache entscheidungsreif. Die (Dritt-)Widerklage sei noch nicht entscheidungsreif, auch für ein Grundurteil sei kein Raum. Über die immateriellen Ansprüche der Kläger müsse Beweis erhoben werden, gleichfalls über die Höhe der Mietwagenkosten. Ob der Beklagten zu 1) ein Zahlungsanspruch zustehe, hänge davon ab, ob sie die Reparaturkosten ihres geleasten Fahrzeuges schon bezahlt habe, ggf. stünde ihr lediglich ein Freistellungsanspruch zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

Mit der Berufung hat der Kläger ursprünglich sein erstinstanzliches Begehren unter Berücksichtigung mittlerweile erfolgter Zahlungen der von ihm in Anspruch genommenen Vollkaskoversicherung weiter verfolgt, während die Beklagten ursprünglich Antrag auf Zurückweisung der Berufung angekündigt haben.

Nunmehr beantragen sowohl der Kläger als auch die Beklagten,
unter Aufhebung des angefochtenen Teilurteils die Sache an das Landgericht Lübeck zurückzuverweisen.


II.

Die Berufung des Klägers hat vorläufigen Erfolg; das angefochtene Teilurteil ist aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen (§ 538 Abs. 2 Nr. 7 ZPO).

Denn es handelt sich um ein im Sinne von § 301 Abs. 1 ZPO unzulässiges Teilurteil, da Klage und Widerklage von denselben Vorfragen abhängen und zudem die Gefahr divergierender Entscheidungen besteht. Ein Teilurteil hätte das Landgericht nur erlassen dürfen, wenn es zugleich - hinsichtlich der Widerklage - gemäß § 301 Abs. 1 Satz 2 ZPO ein Grundurteil erlassen hätte. Da es sich dazu nicht in der Lage gesehen hat, hätte es auch vom Erlass des Teilurteils absehen müssen.

Die Abhängigkeit von Klage und Widerklage von denselben Vorfragen ergibt sich schon daraus, dass diesen ein einheitliches Unfallgeschehen zugrunde liegt. Daraus folgt zugleich auch die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen; schon ein Dezernatswechsel - der erstinstanzlich in diesem Verfahren schon einmal stattgefunden hat - könnte dazu führen, dass hinsichtlich der Widerklage möglicherweise keine volle Verantwortung des Klägers und der Drittwiderbeklagten gesehen wird, sondern ggf. der Beklagten zu 1) Ansprüche dem Gründe nach nur unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr ihres Fahrzeuges zugesprochen werden. Schon deshalb verbietet sich der Erlass eines Teilurteils über die Klage ohne zugleich jedenfalls eine Entscheidung zum Grund hinsichtlich der (Dritt-)Widerklage zu treffen.

Da der Erlass des unzulässigen Teilurteils den einzigen erkennbaren Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens darstellt, bedarf es im Übrigen einer Aufhebung des zu einem Erlass führenden Verfahrens nicht.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 21 Abs. 1 GKG; der Erlass eines unzulässigen Teilurteils stellt eine unrichtige Sachbehandlung dar.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.



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