Das Verkehrslexikon

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Landgericht Kassel Beschluss vom 19.06.2001 - 4 Qs 26/12 - Gefährdung des Straßenverkehrs durch Falschfahren an Fußgängerüberwegen

LG Kassel v. 19.06.2001: Zur Gefährdung des Straßenverkehrs durch Falschfahren an Fußgängerüberwegen


Das Landgericht Kassel (Beschluss vom 19.06.2001 - 4 Qs 26/12) hat entschieden:
Die Tatbestandsalternative der Ziffer 2c des § 315c Abs. 1 StGB erfasst ein Falschfahren nur an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 StVO, sodass der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist, wenn kein Zebrastreifen vorhanden ist.


Gründe:

I.

Die Staatsanwaltschaft Kassel legt dem Angeschuldigten fahrlässige Körperverletzung in Tateinheit mit Straßenverkehrsgefährdung gemäß §§ 229, 315c Abs. 1 Ziff. 2c, 52 StGB zur Last. Sie wirft ihm vor, am 29.06.2012 in "…" als Führer des PKW "…", amtliches Kennzeichen "…", die für ihn rot zeigende Lichtzeichenanlage in der "…" übersehen zu haben, wodurch er mit dem am 09.05.2005 geborenen Geschädigten "…" kollidierte, für den die Lichtzeichenanlage Grün zeigte. Bei der Lichtzeichenanlage handelt es sich ausweislich der Lichtbilder Bl. 22 ff. d.A. um eine Fußgängerampel ohne "Zebrastreifen".

Die Staatsanwaltschaft hat in der Begleitverfügung zur Anklageschrift vom 19.08.2012 beantragt, dem Angeschuldigten gemäß § 111a StPO vorläufig die Fahrerlaubnis zu entziehen. Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss diesen Antrag zurückgewiesen, weil das Tatbestandsmerkmal der Rücksichtslosigkeit in § 315c Abs. 1 Ziff. 2c StGB nicht erfüllt sei. Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 09.10.2012 nicht abgeholfen.


II.

Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist unbegründet, so dass sie zu verwerfen war. Eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach §§ 111a StPO, 69 Abs. 2 Nr. 1, 315c Abs. 1 Ziff. 2c StGB kommt nicht in Betracht.

Da bereits der objektive Tatbestand des § 315c Abs. 1 Ziff. 2c StGB nicht vorliegt, kommt es auf die Frage, ob das Verhalten des Angeschuldigten als rücksichtslos im Sinne der genannten Vorschrift zu werten ist, nicht an.

Die Tatbestandsalternative der Ziffer 2c des § 315c Abs. 1 StGB erfasst ein Falschfahren nur an Fußgängerüberwegen im Sinne des § 26 StVO. Das sind die durch Zeichen 293 zu § 41 StVO in Verbindung mit dem Hinweiszeichen 350 zu § 42 StVO markierten Zebrastreifen (vgl. BGH NZV 08, 528 (529); Fischer, StGB, 58. A., § 315c StGB, Rn. 7; Burmann in Burmann/Heß/Jahnke/Janker, 22. A., Straßenverkehrsrecht, § 315c, Rn 23; Sternberg-Lieben/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 28. A., § 315c, Rn. 19 jeweils m.w.N.). Umstritten ist in diesem Zusammenhang allein die Frage, ob § 315c Abs. 1 Ziff. 2c StGB anwendbar ist, wenn ein Fußgängerüberweg zusätzlich durch eine in Betrieb befindliche Lichtzeichenanlage gesichert ist (vgl. ebenda). Fehlt es jedoch wie im vorliegenden Fall gänzlich an einem Zebrastreifen, so kann § 315c Abs. 1 Ziff. 2c StGB keine Anwendung finden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 StPO.