Das Verkehrslexikon

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OVG Lüneburg Beschluss vom 30.04.2010 - 12 ME 111/10 - Zur Erteilung einer Erlaubnis für die jährlich stattfindende Erlebnisfahrt "Gumball 3000"

OVG Lüneburg v. 30.04.2010: Zur Erteilung einer Erlaubnis für die jährlich stattfindende Erlebnisfahrt "Gumball 3000"


Das OVG Lüneburg (Beschluss vom 30.04.2010 - 12 ME 111/10) hat entschieden:
Die Erlebnisfahrt "Gumball 3000" stellt ein unerlaubtes Rennen mit Kraftfahrzeugen dar, welches auch nicht ausnahmsweise erlaubt werden kann.


Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die rechtliche Zulässigkeit der Veranstaltung „Gumball 3000“, die von der Antragstellerin geplant und organisiert wird. Es handelt sich dabei nach ihren Angaben um eine seit dem Jahr 1999 jährlich stattfindende Erlebnisfahrt an acht Tagen über ca. 3.000 Meilen öffentlicher Straßen auf unterschiedlichen, jeweils wechselnden Kontinenten. Der Startort ist auch in diesem Jahr London; Etappenziele sind Amsterdam, Kopenhagen, Stockholm, Boston, Montreal und Toronto; als Ziel ist New York vorgesehen. Einen Höhepunkt stellen jeweils die abendlichen Partys dar, die in exklusiven Hotels stattfinden. Die Startgebühr beträgt 30.000 engl. Pfund pro Fahrzeug. In diesem Jahr sollen an der Rundfahrt maximal 120 Kraftfahrzeuge teilnehmen. Diese sollen in zwölf Gruppen von zehn Fahrzeugen auf die Reise gehen. Die jeweils zurückzulegende Strecke ist in Tagesabschnitte unterteilt, für die jeweils Start- und Ankunftsorte mit Entfernungs- und Zeitangaben festgelegt sind. Die Teilnahmebedingungen schreiben die Einhaltung der geltenden Gesetze, insbesondere der Geschwindigkeitsbegrenzungen, vor und verbieten jede Form von Wettbewerb. Jeweils zwei Begleitfahrzeuge der Antragstellerin sollen eine 10er-​Gruppe begleiten, einen ordnungsgemäßen Ablauf gewährleisten und auch auf die Einhaltung der Verkehrsvorschriften achten.

Die hier streitgegenständliche Tagesetappe über eine Strecke von (nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts) 912 km soll am 2. Mai 2010 von Amsterdam nach Kopenhagen über einen etwa 600 km langen Streckenabschnitt auf deutschen Autobahnen (A 30, A 1, A 261 und A 7) in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-​Holstein führen.

Die Antragstellerin, die in erster Linie die Auffassung vertritt, die Durchführung der Veranstaltung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unterfalle nicht dem Verbot des § 29 Abs. 1 StVO und auch nicht der Erlaubnispflicht nach § 29 Abs. 2 StVO, beantragte unter dem 28. Oktober 2009 die Erteilung einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO auf einem von der Antragsgegnerin zur Verfügung gestellten Formblatt. Diese lehnte den Antrag mit Bescheid vom 26. Januar 2010 ab, weil es sich bei der Veranstaltung um ein nach § 29 Abs. 1 StVO verbotenes Rennen mit Kraftfahrzeugen handele, welches auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könne. Deshalb scheide auch eine Genehmigung nach § 29 Abs. 2 StVO aus.

Die Antragstellerin hat am 26. Februar 2010 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben und am 16. März 2010 um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. April die Klage abgewiesen sowie mit Beschluss vom selben Tage die Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt. Zur Begründung dieses Beschlusses wird ausgeführt, die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hätten keinen Erfolg, weil die Antragstellerin aus den Gründen des Urteils im Hauptsacheverfahren (7 A 1107/10) keinen Anordnungsanspruch für die beantragte einstweilige Anordnung glaubhaft gemacht habe. In der Begründung des Urteils wird ausgeführt: Die zulässige Klage habe weder mit dem Hauptantrag noch mit den Hilfsanträgen Erfolg. Die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der nachgesuchten Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO. Vielmehr sei diese ermessensfehlerfrei abgelehnt worden, so dass die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf Neubescheidung habe. Die Veranstaltung „Gumball 3000“ sei ein illegales Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO. Die Antragsgegnerin habe die Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 StVO, wonach eine Ausnahme vom Verbot des Rennens zugelassen werden könne, ermessensfehlerfrei verneint. Eine Genehmigung nach § 29 Abs. 2 StVO scheide selbst dann aus, wenn die Veranstaltung nicht als Rennen zu qualifizieren wäre. Die Veranstaltung sei nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO erlaubnispflichtig; die von der Antragsgegnerin bei der Prüfung einer Ausnahme nach § 46 Abs. 2 StVO angestellten Ermessenerwägungen gälten hier gleichermaßen. Für den letzten Hilfsantrag bestehe kein Feststellungsinteresse, soweit die Frage im Raum stehe, ob die Antragstellerin auch dann ein verbotenes Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO veranstalte, wenn sie „Gumball 3000“ am 2. Mai 2010 für die gesamte Strecke auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aussetze und die Teilnehmer auf eigenen Wunsch hin mit ihren Fahrzeugen durch die Bundesrepublik reisen sollten. Das gelte im Ergebnis gleichermaßen für die begehrte Feststellung, dass im Falle der „Aussetzung“ keine erlaubnispflichtige Inanspruchnahme im Sinne des § 29 Abs. 2 StVO vorliege.


II.

Die gegen den angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts gerichtete Beschwerde hat keinen Erfolg. Die dargelegten und vom Senat allein zu prüfenden Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) rechtfertigen eine Änderung des erstinstanzlichen Beschlusses nicht.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts. Grundsätzlich kann das Gericht nur vorläufige Regelungen treffen, es sei denn, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, also wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht. Bei einer einstweiligen Anordnung, mit der - wie hier - die Hauptsache vorweggenommen wird, muss dabei nicht nur die Anordnung notwendig sein, um den Eintritt schwerer oder irreparabler Schäden zu verhindern, vielmehr muss mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ein Obsiegen in der Hauptsache zu erwarten sein. Jedenfalls Letzteres ist hier nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die mit der Beschwerde nicht durchgreifend in Frage gestellt werden, nicht anzunehmen.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit nachvollziehbaren Argumenten die Auffassung vertreten, dass die geplante Veranstaltung dem Verbot des § 29 Abs. 1 StVO, jedenfalls aber der Erlaubnispflicht des § 29 Abs. 2 StVO unterfällt und eine (ausnahmsweise) Zulassung von der Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei abgelehnt worden ist. Unter diesen Umständen besteht weder mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch der Antragstellerin darauf, die geplante Veranstaltung erlaubnisfrei durchführen zu dürfen, noch war das Ermessen der Antragsgegnerin darauf reduziert, die vorsorglich beantragte Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO erteilen zu müssen. Auch für eine Neubescheidung besteht insoweit kein Anlass.

Gemäß § 29 Abs. 1 StVO sind Rennen mit Kraftfahrzeugen verboten. Der Begriff des „Rennens“ im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO findet eine zutreffende Definition in den Verwaltungsvorschriften zu dieser Norm (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.3.1997 - 3 C 2.97 -, BVerwGE 104, 154). Danach sind Rennen Wettbewerbe oder Teile eines Wettbewerbs sowie Veranstaltungen zur Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten oder höchsten Durchschnittsgeschwindigkeiten mit Kraftfahrzeugen. Auf die Art des Starts (gemeinsamer Start, Gruppen- oder Einzelstart) kommt es nicht an. Ferner nennen die Verwaltungsvorschriften zu § 29 Abs. 1 StVO Indizien für das Vorliegen eines Wettbewerbs, nämlich die Verwendung renntypischer Begriffe, die Beteiligung von Sponsoren, gemeinsame Start-​, Etappen- und Zielorte, der nahezu gleichzeitige Start aller Fahrzeuge, Startnummern, besondere Kennzeichnung und Werbung an den Fahrzeugen sowie vorgegebene Fahrtstrecken und Zeitnahmen (auch verdeckt) und die Verbindung zwischen den einzelnen Teilnehmern bzw. zwischen den Teilnehmern und dem Veranstalter (per Funk, GPS o. ä.). Die Einhaltung der geltenden Verkehrsregeln oder das Fahren im Konvoi widerspricht danach dem Renncharakter nicht.

Die Antragsgegnerin hat in ihrem Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2010 anhand dieser Kriterien und unter Heranziehung weiterer aussagekräftiger Gesichtspunkte dargelegt, dass und aus welchen Gründen die geplante Veranstaltung als ein Rennen mit Kraftfahrzeugen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO anzusehen ist. Das Verwaltungsgericht hat gleichfalls zutreffend auf die tatsächlichen Gegebenheiten abgestellt und in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die Erkenntnisse der Polizei sowie insbesondere die im Internet veröffentlichten Videos über Vorjahresveranstaltungen zur Beurteilung habe heranziehen dürfen. Diese zeigten hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen, Abstandsunterschreitungen und riskante sowie verbotene Überholmanöver und machten deutlich, dass Teilnehmer miteinander konkurrierten und bestrebt seien, ein Etappenziel vor anderen zu erreichen. Der von der Kammer gehörte sachverständige Zeuge Polizeihauptkommissar G. habe glaubhaft geschildert, dass nach den polizeilichen Lageberichten aus den Jahren 2006 und 2007, in denen „Gumball-​Veranstaltungen“ das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berührt hätten, etliche Teilnehmer durch überhöhte Geschwindigkeit, riskante Überholmanöver und rücksichtsloses Fahren aufgefallen seien. Das auf der offiziellen Homepage der Antragstellerin herunterzuladende Video zeige in aller Deutlichkeit, dass einzelne Teilnehmer ein offenbar gestörtes Verhältnis zu den Polizeibehörden hätten, Polizisten beschimpften und sich darüber beschwerten, dass überall Polizeikontrollstellen eingerichtet worden seien. Der Trailer zu der offiziellen DVD über das 2009er „Gumball 3000“ zeige, wie aus einem mit geöffnetem Fenster fahrenden Wagen ein Feuerwerkskörper auf ein anderes Fahrzeug abgeschossen werde. Dass die Antragstellerin mit solchen Videos auf ihrer offiziellen Homepage werbe, deute darauf hin, dass sie nicht wirklich darum bemüht sei, mit den Polizeibehörden in Deutschland kooperativ zusammenzuarbeiten, und zu befürchten sei, dass einzelne Teilnehmer der diesjährigen Veranstaltung sich erneut nicht an die Regeln hielten und - wie in der Vergangenheit - sich und andere gefährden würden. Auch ein Bericht des Fernsehsenders DSF lasse daran zweifeln, dass die Antragstellerin wirklich Einfluss auf das Verhalten einzelner Teilnehmer ausüben könne. In diesem Bericht erkläre ein Teilnehmer des 2007er „Gumball 3000“ in einem Interview, dass jeder Fahrer selbst verantwortlich sei, wie er fahre; jeder gehe ans Limit und treffe selbst die Entscheidungen.

Diesen Erwägungen tritt die Antragstellerin nicht durchgreifend entgegen. Dass die Teilnahmebedingungen einen geschwindigkeitsbezogenen Wettbewerb untersagen und die Einhaltung der Verkehrsvorschriften vorschreiben, besagt nichts über die tatsächlichen Verhältnisse. Es mag sein, dass die Antragstellerin im Ansatz bemüht ist, diese Anforderungen zu gewährleisten. Indes zeigt die Erfahrung mit früheren Veranstaltungen, dass ihr Einfluss offenbar begrenzt und eine zuverlässige Einhaltung der Verkehrsvorschriften nicht gewährleistet ist. Der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts vernommene Polizeihauptkommissar hat dazu im Einzelnen überzeugend berichtet, dass es im Jahre 2006 auf der A 3 26 Geschwindigkeitsüberschreitungen und davon 16, die zu Fahrverboten hätten führen können, gegeben hat. Im Jahre 2007 seien im Bereich der A 61 53 Fahrzeuge einer Überprüfung unterzogen und deren Fahrer mit einer Untersagungsverfügung belegt und im Konvoi zum Flughafen Hahn geleitet worden. Die Massierung dieser Vorkommnisse erlaubt es nicht, darin allein ein individuelles Fehlverhalten im Einzelfall zu erblicken, welches der Antragstellerin nicht zugerechnet werden dürfte. Die von der Antragstellerin auf ihrer Homepage betriebene Werbung für die Veranstaltung, die sie naturgemäß zu verantworten hat, deutet ebenfalls darauf hin, dass die Antragstellerin ein verkehrsgerechtes Verhalten der Teilnehmer und die gebotene Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden nicht mit der gebotenen Zuverlässigkeit sicherzustellen vermag. Ob in anderen Staaten die Rechtslage anders als in der Bundesrepublik Deutschland beurteilt wird, ist rechtlich unerheblich.

Schließlich spricht auch der vergleichsweise enge Zeitplan der Tagesetappe eher dafür, dass die Veranstaltung jedenfalls auch durch Wettbewerbsgesichtspunkte mit geprägt wird. Wenn ausweislich des Antragsformulars vom 28. Oktober 2009 der Beginn der Fahrt in Amsterdam um 8.00 Uhr vorgesehen ist und Kopenhagen am selben Tag um 18.00 Uhr erreicht werden soll, erfordert dies angesichts der Länge der Gesamtstrecke, der vorgesehenen Haltestellen, insbesondere für Kraftstoffaufnahmen und Mittagessen und sonstige Pausen, sowie im Hinblick auf die auf deutschen Autobahnen herrschenden Verkehrsverhältnisse (Verkehrsdichte, Baustellen mit Geschwindigkeitsbeschränkungen, sonstige Geschwindigkeitsbegrenzungen) eine Durchschnittsgeschwindigkeit, die ein geschwindigkeitsbetontes Fahren der einzelnen Teilnehmer nahelegt.

Schon diese Gesichtspunkte deuten mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit darauf hin, dass die geplante Veranstaltung unter den Tatbestand des § 29 Abs. 1 StVO fällt. Jedenfalls vermag die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen nicht mit der gebotenen Wahrscheinlichkeit aufzuzeigen, dass die Verbotsnorm nicht erfüllt ist. Dass die Antragsgegnerin die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 46 Abs. 2 StVO ermessensfehlerfrei verneint hat, hat das Verwaltungsgericht ebenfalls nachvollziehbar dargelegt. Dagegen bringt die Beschwerde begründete Einwände nicht vor.

Für den Fall, dass die Veranstaltung nicht als Rennen zu qualifizieren wäre, hat das Verwaltungsgericht deren Zulässigkeit mit der Erwägung verneint, dass es sich jedenfalls um eine erlaubnispflichtige Veranstaltung nach § 29 Abs. 2 Satz 1 StVO handeln würde. Nach dieser Vorschrift bedürfen Veranstaltungen, für die Straßen mehr als verkehrsüblich in Anspruch genommen werden, der Erlaubnis. Das ist der Fall, wenn die Benutzung der Straße für den Verkehr wegen der Zahl oder des Verhaltens der Teilnehmer oder der Fahrweise der beteiligten Fahrzeuge eingeschränkt wird; Kraftfahrzeuge im geschlossenen Verband nehmen die Straße stets mehr als verkehrsüblich in Anspruch (§ 29 Abs. 2 Satz 2 StVO). Diese Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht schon deshalb als erfüllt angesehen, weil eine Veranstaltung mit 120 Fahrzeugen, die im Abstand von einer Minute starten wollten und deren Fahrer eine über 900 km lange Tagesetappe zu absolvieren hätten, schon allein wegen der Zahl der Teilnehmer die Benutzung der Straße für den Verkehr erheblich einschränke, und zwar unabhängig davon, ob die Fahrzeuge im geschlossenen Verband führen oder nicht. Das nach den Erfahrungen aus den Vorjahren zu erwartende verkehrswidrige Verhalten von einzelnen Teilnehmern stelle eine zusätzliche Einschränkung der Nutzung der vorgesehenen Autobahnabschnitte dar. Die von der Antragsgegnerin bei der Prüfung einer Ausnahme nach § 46 Abs. 2 StVO angestellten Ermessenserwägungen gälten hier gleichermaßen.

Die dagegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch. Sie weist darauf hin, dass - höchstens - 120 teilnehmende Fahrzeuge vorgesehen seien, die jedoch nicht gleichzeitig starteten, sondern sich auf zwölf Gruppen je zehn Kraftfahrzeuge verteilten. Innerhalb dieser wiederum hielten die einzelnen Fahrzeuge einen Startabstand von etwa einer Minute ein. Dieses Vorbringen stimmt indes nicht mit den Erkenntnissen überein, die sich aus den von der Antragstellerin mit ihrem Erlaubnisantrag vorgelegten Unterlagen ergeben. Danach sollen die Fahrzeuge in zwölf Gruppen von je zehn Pkw aufgeteilt werden, die entlang der Route von Escortfahrzeugen begleitet werden. Jeweils vor und hinter der Gruppe soll ein solches Fahrzeug fahren, wodurch zwölf Gruppen - auch als „Pakete“ bezeichnet - entstehen, was nicht anders verstanden werden kann, als dass diese jeweils zehn Fahrzeuge als Gruppe die Strecke absolvieren sollen. Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich ferner ausdrücklich, dass die Antragstellerin sicherstellen will, dass die jeweiligen Gruppen sowohl an den geplanten Haltepunkten als auch in Fällen unvorgesehenen Aufenthalts zusammenbleiben („stoppt einer, stoppen alle“).

Die Antragstellerin bringt durchgreifende Gesichtspunkte auch nicht dagegen vor, dass die Antragsgegnerin die nach § 29 Abs. 2 StVO gebotene Erlaubnis ermessensfehlerfrei versagt hat. Allerdings wird in dem Ablehnungsbescheid vom 26. Januar 2010 nur relativ knapp ausgeführt, eine Genehmigung nach § 29 Abs. 2 StVO komme nicht in Betracht, weil bereits dem Grunde nach eine derartige Veranstaltung nur dann genehmigt werden könne, wenn sie überhaupt erlaubnisfähig sei; dieses sei bereits deshalb nicht gegeben, weil ein Verbot nach § 29 Abs. 1 StVO bestehe und eine Ausnahme nach § 46 Abs. 2 StVO nicht in Betracht komme. Darin kann indes ein Ermessensausfall entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht gesehen werden. Dass die Antragsgegnerin auch insoweit über einen Ermessensspielraum verfügt, hat sie nicht verkannt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Antragsgegnerin bei der Prüfung einer Ausnahme nach § 46 Abs. 2 StVO Ermessenserwägungen angestellt habe, die nach ihrem Inhalt auf die Entscheidung im Rahmen des § 29 Abs. 2 StVO übertragen werden könnten, ist jedenfalls vertretbar. Zudem hat die Antragsgegnerin im weiteren Verfahren ihre Ermessenserwägungen ergänzt und insbesondere darauf hingewiesen, dass das Land Bremen das Befahren der Weser-​Brücke im Verlauf der BAB A 1 abgelehnt habe und auch die Baustellenbereiche auf dieser Autobahn zwischen dem Bremer Kreuz und dem Bereich vor Hamburg der Erteilung einer Erlaubnis nach § 29 Abs. 2 StVO entgegenstünden (vgl. etwa Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 22.4.2010, S. 11). Das Verwaltungsgericht hat überdies die in den Entscheidungsgründen mitgeteilte Einschätzung der Antragsgegnerin geteilt, wonach durch das Verhalten der Teilnehmer mit Gefahrenlagen für die übrigen Verkehrsteilnehmer (auch deshalb) zu rechnen sei, weil es sich bei dem fraglichen Wochenende Anfang Mai um ein „langes“ Wochenende - Feiertag am 1. Mai - handele, an dem ein hoher Ausflugs- und Reiseverkehr, etwa zu den beliebten Badeorten an der Nord- und Ostseeküste, zu erwarten sei. Bereits daraus ergebe sich eine entsprechende Verkehrsbelastung, die noch dadurch verstärkt werde, dass aktuell zahlreiche Baustellen entlang der vorgesehenen Route die Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs behinderten. Auch dagegen bringt die Antragstellerin konkrete Einwände nicht vor.

Soweit die Antragstellerin schließlich beantragt hat festzustellen, dass die Aussetzung der Veranstaltung „Gumball 3000“ am 2. Mai 2010 für die gesamte Strecke auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland auch in dem Fall, dass Teilnehmer dieser - zuvor und sodann im Ausland stattfindenden - Veranstaltung auf eigenen Wunsch hin mit ihren Fahrzeugen durch die Bundesrepublik reisen sollten, dazu führe, dass die Antragstellerin kein verbotenes Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO sowie keine erlaubnispflichtige Inanspruchnahme im Sinne des § 29 Abs. 2 StVO veranstalte, ist sie beim Verwaltungsgericht ebenfalls erfolglos geblieben, ohne dass dies rechtlich zu beanstanden wäre. Das Verwaltungsgericht hat ein Feststellungsinteresse, soweit die Frage im Raum stehe, ob die Antragstellerin auch unter diesen Umständen ein verbotenes Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO veranstalte, nicht erkennen können, denn die Frage lasse sich derzeit nicht beantworten, weil die Antragstellerin offenlasse, was sie unter „Aussetzung“ der Veranstaltung verstehe und ihre Teilnahmebedingungen diesen Fall nicht vorsähen. Sie begehre damit im Ergebnis eine „Freizeichnung“, die ohne Kenntnis der vertraglichen Vereinbarungen mit den Teilnehmern nicht „ins Blaue hinein“ erteilt werden könne. Ein Feststellungsinteresse fehle auch insoweit, als die Feststellung begehrt werde, dass im Falle der „Aussetzung“ keine erlaubnispflichtige Inanspruchnahme im Sinne des § 29 Abs. 2 StVO vorliege, weil insoweit derzeit offen sei, wie viele Teilnehmer von der Möglichkeit, die vorgesehene Etappe am 2. Mai 2010 in Eigenregie zu fahren, Gebrauch machen würden. Selbst wenn die Teilnehmer die Tagesetappe von Bad Bentheim nach Flensburg in Eigenregie führen, ändere dies nichts an der rechtlichen Einschätzung der Veranstaltung, denn nach wie vor hätten die Teilnehmer einen gemeinsamen Start- und Zielpunkt und würden mit Startnummern und Werbung öffentliche Straßen befahren; zudem habe die Vertreterin der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass auch die von ihr gestellten Begleitfahrzeuge im Falle der Aussetzung der Veranstaltung die streitbefangenen Autobahnabschnitte innerhalb des Bundesgebietes befahren würden.

Diesen Erwägungen kann die Antragstellerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie hinreichend deutlich gemacht habe, was sie unter Aussetzung der Veranstaltung verstehe und insbesondere dafür Sorge tragen würde, dass die auf die Veranstaltung hinweisenden Aufkleber - Gumball-​Emblem und Startnummer - während der Fahrt durch das Bundesgebiet entfernt würden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin verfügt sie auch nicht bereits deshalb über ein Feststellungsinteresse, weil die Antragsgegnerin zu erkennen gegeben habe, auch im Falle der Unterbrechung der Veranstaltung gehe sie von einem illegalen Rennen im Sinne des § 29 Abs. 1 StVO aus. Die Antragsgegnerin hat in ihrem Schriftsatz vom 8. April 2010 lediglich vorsorglich darauf hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung die Tatsache, dass der Veranstalter die Veranstaltung für den 2. Mai 2010 „aussetzen“ könnte, nicht automatisch dazu führe, dass sie dann nicht als Rennen zu werten wäre. Diese vorsorgliche und der Sache nach offene rechtliche Bewertung ist in dieser Form rechtlich nicht zu beanstanden. Entscheidend ist auch bei einer „Aussetzung“ der Veranstaltung in dem anscheinend von der Antragstellerin gemeinten Sinn, in welcher Art und Weise die Teilnehmer die Strecke im Bereich des Bundesgebietes absolvieren. Verhalten sie sich wie andere „normale“ Verkehrsteilnehmer, die die Autobahn individuell und im Rahmen der Verkehrsvorschriften befahren, so liegt auf der Hand, dass ein derartiges Verhalten nicht im Widerspruch zu § 29 StVO stehen und einen Klärungsbedarf auslösen würde. Das Gegenteil hat die Antragsgegnerin auch in dem zitierten Schriftsatz nicht behauptet. Anders verhielte es sich jedoch, wenn die Teilnehmer der Veranstaltung jedenfalls zeitweise und/oder in Teilgruppen die Autobahn in einer Weise beführen, die gemessen an den Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 oder Abs. 2 StVO relevant wäre. Insoweit stellt die Antragstellerin jedoch einen hinreichend konkreten und überschaubaren Sachverhalt nicht zur Feststellung. Wenn die Veranstaltung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland „ausgesetzt“ würde und die Teilnehmer mit ihren Fahrzeugen „auf eigenen Wunsch“ durch die Bundesrepublik reisten, wären eine Fülle von Erscheinungsformen und Gestaltungsmöglichkeiten denkbar, die mangels hinreichender Konkretheit nicht zum Gegenstand eines zulässigen Feststellungsantrages gemacht werden können. Ob es insoweit zu verkehrsrechtlich bedenklichen Vorkommnissen kommt, hängt somit von den Umständen des Einzelfalles ab und muss der Beobachtung und Einschätzung der zuständigen Behörden überlassen werden. Das gilt gleichermaßen für die Frage, ob und inwieweit ein Fehlverhalten der Teilnehmer der Antragstellerin unter diesen Umständen zuzurechnen wäre.