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OLG Hamburg Beschluss vom 02.07.2013 - 8 W 61/13 - Tätigkeiten des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und Verkehrsanwaltsgebühr

OLG Hamburg v. 02.07.2013: Tätigkeiten des zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und Verkehrsanwaltsgebühr


Das OLG Hamburg (Beschluss vom 02.07.2013 - 8 W 61/13) hat entschieden:
Für die Weiterleitung eines Schreibens, welches den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten einer Partei über die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde informiert, verbunden mit der Bitte, noch keinen eigenen BGH-Anwalt zu bestellen, die Besprechung dieser Bitte mit der Partei und die Erteilung der Zustimmung sowie die spätere Zustimmung zur Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde, steht dem zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten keine Verkehrsanwaltsgebühr zu. Es handelt sich um Neben- und Abwicklungstätigkeiten im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren und Verkehrsanwaltsgebühr - Korrespondenzanwaltsgebühr


Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO zulässig, jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht die vom Beklagten begehrte Verkehrsanwaltsgebühr für die Mitwirkung seines zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten an dem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof nicht zur Erstattung festgesetzt.

Der Beklagte trägt schon nicht vor, dass sein Prozessbevollmächtigter aus der Berufungsinstanz nach der Beauftragung der Rechtsanwälte beim Bundesgerichthof Tätigkeiten der Führung des Verkehrs, mithin der Vermittlung zwischen dem Beklagten und den Rechtsanwälten beim BGH entfaltet hat, wie es die Entstehung der Verkehrsanwaltsgebühr nach Ziff. 3400 VV RVG erfordert. Er meint vielmehr, dass ihm die Erstattung der Verkehrsanwaltsgebühr zustehe, weil seine zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten die Nachricht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhalten hätten, dass die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt hätte, verbunden mit der Bitte, von der Beauftragung eines eigenen BGH-Anwaltes vorerst abzusehen. Dieses Schreiben sei mit dem Beklagten besprochen worden, woraufhin dieser entschieden habe, der Bitte der Klägerin Folge zu leisten. Außerdem hätten die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten vor der Beauftragung der BGH-Anwälte für den Beklagten einer weiteren Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zugestimmt.

Zutreffend hat das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 11.6.2013 ausgeführt, dass für die vorgenannten Tätigkeiten keine Gebühren angefallen sind und damit auch nicht erstattet werden können, weil sie gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG noch der Vorinstanz zuzurechnen sind. Damit kann der Beklagte weder eine Verkehrsanwaltsgebühr gemäß Ziff. 3400 VV RVG noch eine - ebenfalls denkbare - Gebühr nach Ziff. 3403 VV RVG ersetzt verlangen.

Die in § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG genannten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Einlegung von Rechtsmitteln nach Beendigung einer Instanz sind nicht als abschließende, sondern nur beispielhafte Aufzählung von "Neben- und Abwicklungstätigkeiten" zu verstehen; ihnen ist gemein, dass es sich um Tätigkeiten im Vorfeld des eigentlichen Rechtsmittelverfahrens handelt, die mehr dem formalen als dem sachlichen Bereich zuzurechnen sind und deren Umfang, auch in bezug auf die sich daraus ergebende Verantwortlichkeit des Anwalts, nicht so hoch anzusetzen ist, dass ein besonderes Entgelt zur Abgeltung geboten wäre ( Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., § 19, Rn. 85 und 86 ). Nach der Rechtsprechung des BGH ist auch aus der Sicht des Mandanten erst mit der Übernahme des Mandats durch den Anwalt der nächsthöheren Instanz der vorausgegangene Rechtszug endgültig beendet ( BGH, Urteil v. 21.3.91 zum Aktz. IX ZR 186/90, Rn. 7, zit. nach juris).

Dementsprechend hat der 4. Senat des HansOLG bereits entschieden, dass die Empfangnahme und Weiterleitung der Nichtzulassungsbeschwerde sowie die damit verbundene Bitte, vorerst noch keinen BGH-Anwalt zu mandatieren, nach § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG dem Berufungsverfahren zuzurechnen ist. Es handele sich um eine formale Nebentätigkeit im Vorfeld des eigentlichen Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ( Beschluss v. 25.3.2011 zum Aktz. 4 W 316/10 ). Dies gilt entsprechend im vorliegenden Fall für das von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin an den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten gerichtete Schreiben vom 22.2.2012 mit der Nachricht über die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde und die darin enthaltene Bitte, noch keinen eigenen Rechtsanwalt beim BGH zu beauftragen, welches die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten des Beklagten an diesen weitergeleitet und mit ihm besprochen haben. Als formale Nebentätigkeit im Vorfeld des eigentlichen Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ist auch noch die spätere Zustimmung zur weiteren Verlängerung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu werten, die vor der Beauftragung der BGH-Anwälte auf Seiten des Beklagten durch deren zweitinstanzliche Prozessbevollmächtigte des Beklagten erteilt worden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.



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