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Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss vom 27.11.2014 - 7 L 1720/14 - Entzug der Fahrerlaubnis bei gelegentlichem Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme

VG Gelsenkirchen v. 27.11.2014: Zum Entzug der Fahrerlaubnis bei gelegentlichem Cannabiskonsum und Verkehrsteilnahme


Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 27.11.2014 - 7 L 1720/14) hat entschieden:
Wird nach einer Verkehrskontrolle im Blut des Betroffenen ein THC-Wert von 22 µg/l festgestellt und hat der Betroffenen gegenüber der Polizei angegeben, den letzten Joint vor über einer Woche konsumiert zu haben, dann steht mindestens zweimaliger und somit gelegentlicher Konsum bei zudem fehlendem Trennvermögen fest und es ist von fehlender Fahreignung mit der Folge der Entziehung der Fahrerlaubnis auszugehen.


Siehe auch Der aktive THC-Wert als Nachweis von gelegentlichem Cannabiskonsum und Stichwörter zum Thema Cannabis


Gründe:

Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers 7 K 4947/14 gegen die Ordnungsverfügung der Antragsgegnerin vom 6. Oktober 2014 wiederherzustellen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung, mit der dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit im Ergebnis rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die rechtlichen und tatsächlichen Ausführungen in der angegriffenen Verfügung, denen sie im Ergebnis folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).

Ergänzend ist mit Rücksicht auf das Klage- und Antragsvorbringen folgendes auszuführen: Maßgebend ist im vorliegenden Fall, dass der Antragsteller am Dienstag, dem 29. Juli 2014 gegen 20:40 Uhr ein Kraftfahrzeug unter Cannabiseinfluss im Straßenverkehr geführt hat. Der im Blut des Antragstellers nach dem Ergebnis des chemischtoxikologischen Gutachtens des Labors L. vom 7. August 2014 festgestellte THC-Wert von 22 µg/l übersteigt den zu § 24 a Abs. 2 des Straßenverkehrsgesetzes - StVG - durch die Grenzwertkommission festgesetzten Wert von 1 ng/g bzw. ml erheblich und rechtfertigt daher die Annahme eines zeitnahen Konsums mit entsprechender Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit. Das Erreichen dieses Grenzwertes ist nämlich für die Annahme relevanten Cannabiseinflusses erforderlich, aber auch ausreichend.
Vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21. Dezember 2004 - 1 BvR 2652/03 - mit zahlreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur.
Die Ergebnisse der Untersuchung der dem Antragsteller entnommenen Blutprobe sind verwertbar. Anhaltspunkte dafür, dass die Probe falsch ausgewertet oder verwechselt wurde, liegen nicht vor. Allein die gemessenen Werte werfen keine dementsprechenden Zweifel auf. Sie sind zwar hoch, liegen aber doch im Rahmen dessen, was bei Personen, die einen häufigeren Cannabiskonsum üben, ermittelt wird. Insbesondere der THC-COOH-Wert liegt an der Grenze zur Annahme eines regelmäßigen Konsums. Hiervon wird bei einem Wert von über 150 ng/ml ausgegangen.

Durch das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Cannabiseinfluss hat der Antragsteller bewiesen, dass er zwischen Konsum von Cannabis und Fahren nicht trennen kann.
Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 15. Dezember 2003 - 19 B 2493/03 -, 7. Februar 2006 - 16 B 1392/05 -, 9. Juli 2007 - 16 B 907/07 - und 1. August 2007 - 16 B 908/07.
Der Antragsteller ist zudem gelegentlicher Cannabiskonsument. Hierfür sprechen bereits die ermittelten Blutwerte. Zudem hat der Antragsteller am Vorfallstag gegenüber den Polizeibeamten angegeben, vor einer Woche das letzte Mal Cannabis konsumiert zu haben. Damit liegt jedenfalls ein zweiter Konsumakt vor. Denn die gemessenen Blutwerte können nicht allein durch einen einmaligen eine Woche zurückliegenden Cannabiskonsum verursacht sein. Einen quasi experimentellen Erstkonsum am Vorfallstag hat der Antragsteller zudem auch nicht behauptet und dargelegt.

Bei feststehender Ungeeignetheit steht dem Antragsgegner kein Ermessen zu. Angesichts dessen bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Zudem ergibt auch eine von den Erfolgsaussichten der Hauptsache losgelöste Interessenabwägung, dass das Interesse des Antragstellers daran, seine Fahrerlaubnis wenigstens bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens nutzen zu können, hinter dem öffentlichen Interesse am Vollzug der Entziehungsverfügung zurückstehen muss. Die mit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis verbundenen persönlichen und beruflichen Schwierigkeiten für den Antragsteller sind vergleichsweise gering. Ihnen steht das öffentliche Interesse am Schutz von Leib, Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer vor ungeeigneten Kraftfahrern gegenüber, das eindeutig überwiegt.

Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, den insoweit erforderlichen Nachweis, dass er nunmehr zwischen Cannabiskonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen trennen kann, in einem späteren Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinischpsychologische Untersuchung zu führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und entspricht der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen bei Streitigkeiten um eine Fahrerlaubnis in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, Beschluss vom 4. Mai 2009 - 16 E 550/09 -, nrwe.de/juris.