Das Verkehrslexikon

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss vom 29.04.2015 - 2 L 251/15 - Widerruf der Fahrschulerlaubnis

VG Aachen v. 29.04.2015: Widerruf der Fahrschulerlaubnis wegen unzulässigem Einfluss unzuverlässiger Dritter


Das Verwaltungsgericht Aachen (Beschluss vom 29.04.2015 - 2 L 251/15) hat entschieden:
Nach § 21 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz und Abs. 2 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen - Fahrlehrergesetz (FahrlG) ist die Fahrschulerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden, aus denen sich die Unzuverlässigkeit ergibt. Das ist bei einer GmbH oder UG der Fall, wenn ein(e) vertretungsberechtigte(r) Geschäftsführer(in) einer dritten - unzuverlässigen - Person maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Fahrschule ermöglicht hat.


Siehe auch Fahrschule / Fahrlehrer / Fahrschüler


Gründe:

Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
die aufschiebende Wirkung der unter dem Aktenzeichen 2 K 522/15 erhobenen Klage gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 9. März 2015 wiederherzustellen bzw. anzuordnen,
hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist statthaft, weil der Klage zum einen wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (betr. den Widerruf der Fahrschulerlaubnis und die Herausgabe der Erlaubnisurkunden) und zum anderen gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 112 des Justizgesetzes NRW (- JustG NRW -; betr. die Androhung eines Zwangsgeldes nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-​Westfalen - VwVG NRW -) keine aufschiebende Wirkung zukommt.

Die vom Antragsgegner getroffene Anordnung des Sofortvollzuges ist nicht bereits deshalb - dann ohne eigene Interessenabwägung durch das Gericht - aufzuheben, weil dem Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht oder nicht ausreichend Rechnung getragen worden wäre. Danach ist in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung schriftlich zu begründen. Das Gericht kann es nur für den Fall einer gänzlich fehlenden oder unzulänglichen Begründung durch die Behörde bei einer bloßen Kassation der Vollziehungsanordnung belassen. Für eine nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch zulängliche Begründung wird allerdings nicht verlangt, dass die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gesichtspunkte den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen oder wenigstens über die für den Erlass des zu vollziehenden Verwaltungsaktes maßgeblichen Erwägungen hinausgehen. Vielmehr genügt in diesem Zusammenhang jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die Behörde aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalls eine sofortige Vollziehung ausnahmsweise für geboten hält,
vgl. etwa Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-​Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 30. März 2009 - 13 B 1910/08 - und vom 8. August 2088 - 13 B 1022/08 -, jeweils juris.
Gemessen hieran ist die streitige Vollziehungsanordnung nicht zu bemängeln. Der Antragsgegner hat die Vollziehungsanordnung auf Seite 11 schriftlich gesondert begründet und u.a. dargelegt, dass nur durch die sofortige Wirkung der Entscheidung konkrete Gefahren für die allgemeine Verkehrssicherheit und persönliche Nachteile für die Fahrschüler, die durch eine auf Grund der festgestellten Unzuverlässigkeit der Antragstellerin erfolgende mangelhafte Ausbildung von Fahrschülern entstehen, vermieden werden können. Der Gesetzgeber stelle im Interesse der Allgemeinheit und aller Verkehrsteilnehmer an der Verkehrssicherheit hohe Anforderungen an das Lehrverhalten einer Fahrschule, denen die Antragstellerin nicht genüge. Zur Abwehr einer Gefährdung bzw. Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit sei eine sofortige Einstellung der Tätigkeit der Antragstellerin erforderlich. Diese Begründung lässt erkennen, dass der Antragsgegner bei seiner Entscheidung das Regel-​Ausnahme-​Prinzip des § 80 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO in den Blick genommen hat, und erschöpft sich nicht in allgemeinen, den Einzelfall unberücksichtigt lassenden Formeln.

Der Antrag ist jedoch unbegründet, weil bei der im Rahmen der dann erforderlichen Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes und dem Individualinteresse der Antragstellerin an einem einstweiligen Aufschub der Vollziehung vorliegend das Vollzugsinteresse des Antragsgegners überwiegt.

(1) Zunächst ist die Widerrufsverfügung des Antragsgegners vom 9. März 2015 nach der hier (auf Grund des Wegfalls des Widerspruchsverfahrens) maßgeblichen Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung,
vgl. zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung als maßgeblichen Zeitpunkt im Falle des Widerrufes einer Fahrschulerlaubnis etwa: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 1 B 197/96 -; OVG NRW, Urteil vom 28. Januar 2008 - 8 A 453/07 -, jeweils juris und OVG NRW, Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 8 B 905/10 -,
offensichtlich rechtmäßig.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Ordnungsverfügung nicht bereits aus formellen Gründe wegen unterbliebener Anhörung der Antragstellerin vor Erlass der Verfügung rechtswidrig. Die Voraussetzungen für eine Anhörungspflicht nach § 28 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-​Westfalen (VwVfG NRW) waren auch erfüllt, da die Ordnungsverfügung in die Rechte der Antragstellerin eingreift. Die Kammer lässt dahinstehen, ob der Antragsgegner gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 1, 2. Altn. VwVfG NRW von der Anhörung absehen durfte, weil eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erschien, da sie einen Gehörsverstoß jedenfalls nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 VwVfG NRW als geheilt ansieht. Danach ist die Verletzung einer Verfahrensvorschrift, die den Verwaltungsakt nicht nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung nachgeholt wird. Die nach § 45 Abs. 2 VwVfG NRW eröffnete Möglichkeit der Nachholung bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren lässt sowohl eine Heilung im Rahmen des Verwaltungsverfahrens als auch des Gerichtsverfahrens zu. Maßgeblich ist insoweit, dass die nachgeholte Anhörung die ihr zukommende Funktion im Rahmen des behördlichen Entscheidungsprozesses erfüllen kann; nicht erforderlich ist eine parallel zum Gerichtsverfahren durchgeführte Anhörung in einem Verwaltungsverfahren oder die Einhaltung einer bestimmten Form. Die Heilung kann insoweit auch in einem Austausch von Sachäußerungen in einem gerichtlichen Verfahren bewirkt werden. Entscheidend ist, dass die Behörde erkennbar das Vorbringen des Betroffenen zum Anlass nimmt, ihre Entscheidung noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und in ihre rechtlichen Erwägungen einbezieht,
vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 11. Februar 2014 - 15 B 69/14 -, vom 1. Juni 2012 - 15 A 48/12 -, vom 14. Juni 2010 - 10 B 2710/10 -, vom 26. Mai 2011 - 13 B 476/11 - und vom 29. Oktober 2010 - 7 B 12937/10 -, jeweils m.w.Nw. zur Rspr.; Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflg. 2014, § 45 Rz. 86 ff, 76 sowie dort Kallerhof, § 28 Rz. 72.
Vorliegend waren der Antragstellerin die entscheidungserheblichen Tatsachen aus der angegriffenen Ordnungsverfügung, dem keine Ermessensentscheidung zugrunde lag, teilweise - soweit sie etwa das Ergebnis der Überprüfungen im Dezember 2014 betreffen - bereits auf Grund des Überprüfungsbescheides des Antragsgegners vom 23. Februar 2015 bekannt. Darüber hinaus haben die beiden Geschäftsführerinnen der Antragstellerin am 11. März 2015 nach Erhalt der Ordnungsverfügung ein fast zweistündiges Gespräch mit den zuständigen Sachbearbeiterinnen des Antragsgegners geführt und Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. Schließlich hat die Antragstellerin im Rahmen des vorliegenden Eil- und Klageverfahrens Gelegenheit gehabt, sich zu den gegen sie vorgebrachten Tatsachen zu äußern und sich mit der Auffassung des Antragsgegners auseinanderzusetzen, die sie (einschließlich Akteneinsicht) auch genutzt hat. Dass die Geschäftsführerinnen der Antragstellerin bei ihrer Vorsprache den Eindruck gewonnen hatten, sie würden mit ihrem Vorbringen und Einwendungen nicht mehr "gehört" und eine abweichenden Entscheidung - trotz etwa des neuen Vorbringens zur Auflösung des Treuhandvertrages - von vornherein seitens des Antragsgegners sei nicht mehr gewollt, steht einer Heilung nicht entgegen. Denn der Antragsgegner hat sich jedenfalls im gerichtlichen Verfahren mit den von der Antragstellerin vorgebrachten Gründen und Tatsachen im Einzelnen auseinandergesetzt und dennoch an seiner Entscheidung festgehalten - auch unter Berücksichtigung des am 11. März 2015 geführten Gesprächs. Er hat damit das in der Anhörungspflicht enthaltene Gebot, das Vorbingen der Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und mit Blick auf eine etwaige Änderung der bisher getroffenen Entscheidung in seine Erwägungen einzubeziehen, erfüllt. Dem steht auch nicht die von der Antragstellerin angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juni 2010 (3 C 14/09) entgegen, da ihr eine andere Fallkonstellation zu Grund lag. Insoweit handelte es sich um die Anfechtung einer Buslinienfernverkehrs-​Genehmigung durch ein Konkurrenzunternehmen, welches als vorhandenes Busunternehmen entgegen der gesetzlichen Vorschrift während des Genehmigungsverfahrens nicht durch die Genehmigungsbehörde zur Ausgestaltung ihres Schienenverkehrs aufgefordert worden war. Eine Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG dieser unterbliebenen - von dem Bundesverwaltungsgericht funktional mit einer Anhörung gleichgesetzten - Ausgestaltungsaufforderung ist nicht durch Äußerungen und Stellungnahmen von Beteiligten im gerichtlichen Verfahren möglich, wenn die Funktion einer Anhörung für den Entscheidungsprozess nicht uneingeschränkt erreicht wird. Vorliegend hat sich der Antragsgegner jedoch mit den inhaltlichen Stellungnahmen der Antragstellerin als Adressatin der Ordnungsverfügung vor und während des gerichtlichen Verfahrens der Sache nach befasst und deutlich gemacht, dass auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Aspekte keine Änderung der Entscheidung erfolgt.

Die Ordnungsverfügung ist im Übrigen ordnungsgemäß mittels Ersatzzustellung jedenfalls an die Geschäftsführerin N. X. durch Einlegung in den Briefkasten bekannt gegeben worden (vgl. § 41 Abs. 5 VwVfG NRW, §§ 6, 3 Abs. 2 LZG NRW, 180 ZPO und § 35 Abs. 2 GmbHG).

Rechtsgrundlage für den Widerruf ist § 21 Abs. 2 i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz und Abs. 2 des Gesetzes über das Fahrlehrerwesen - Fahrlehrergesetz (FahrlG). Danach ist die Fahrschulerlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich eine der in § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz, Nr. 2 und 6 und Abs. 2 genannten Voraussetzungen weggefallen ist. § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Halbsatz FahrlG setzt für die Erteilung voraus, dass keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für die Führung einer Fahrschule als unzuverlässig erscheinen lassen. Handelt es sich bei dem Bewerber um eine juristische Person - wie vorliegend im Fall der Antragstellerin als einer in Form der Unternehmergesellschaft (UG - haftungsbeschränkt -) i.S.v. § 5 a GmbHG betriebenen Fahrschule (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG) - ist maßgeblich, dass keine Tatsachen vorliegen, die die zur Vertretung berechtigten Personen als unzuverlässig erscheinen lassen, vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 FahrlG. Die UG (haftungsbeschränkt) ist eine Form der GmbH und wird gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG durch die Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Entscheidungserheblich ist dementsprechend vorliegend die Zuverlässigkeit der beiden - hier: einzelvertretungsbefugten - Geschäftsführerinnen Frau C. Z. J. , die zugleich auch Alleingesellschafterin der Antragstellerin ist, und Frau N. X. , die seit Juli 2014 ebenfalls Geschäftsführerin und seit August 2014 auch verantwortliche Leiterin des Ausbildungsbetriebs nach § 16 FahrlG ist. § 11 Abs. 2 FahrlG setzt insoweit die Zuverlässigkeit aller zur Vertretung der juristischen Person berechtigten Personen voraus,
vgl. etwa Bouska/May/Koehl, Fahrlehrer Recht, 14. Auflage 2015, § 11 Anm. 5.
Unzuverlässig ist nach § 21 Abs. 2 Satz 2 FahrlG ein Erlaubnisinhaber insbesondere dann, wenn er wiederholt die Pflichten gröblich verletzt hat, die ihm nach diesem Gesetz oder den auf ihm beruhenden Rechtsverordnungen obliegen. Neben diesem speziellen und nach seinem Wortlaut nicht abschließenden Unzuverlässigkeitstatbestand können auch andere Umstände eine Unzuverlässigkeit begründen, da die Vorschriften über die an Fahrschulinhaber zu stellenden Anforderungen grundsätzlich gewerberechtlicher Art sind, d.h. die für das allgemeine Gewerberecht geltenden Grundsätze gelten auch hier,
vgl. bereits: BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 1 B 197/96 -; OVG NRW, Urteil vom 3. Juni 1996 - 25 A 5043/95 - und Beschluss vom 11. Oktober 2010 - 8 B 905/10 -, Sächsisches OVG, Beschluss vom 12. November 2010 - 3 B 32/10 -; VG Göttingen, Beschluss vom 5. Juni 2009 - 1 B 88/09 -; VG Augsburg, Urteil vom 2. Oktober 2012 - Au 3 K 12/338 -; jeweils juris; Bouska/May/Koehl, Fahrlehrer Recht, 14. Auflage 2015, § 11 Anm. 2b.
Nach der im vorliegenden Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung ist eine Unzuverlässigkeit jedenfalls einer der vertretungsbefugten Geschäftsführerinnen der Antragstellerin anzunehmen, weil sie einem unzuverlässigen Dritten - hier: Herrn C1. I. - maßgeblichen Einfluss auf die Führung der Fahrschule ermöglicht hat. Nach einem in der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkannten Grundsatz erweist sich ein Gewerbetreibender selbst als unzuverlässig, wenn er einem unzuverlässigen Dritten einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung einräumt oder auch nur nicht willens oder in der Lage ist, einen derartigen Einfluss auszuschalten,
vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10. Januar 1996 - 1 B 202/95 - unter Bezugnahme auf Urteil vom 14. Oktober 1959 - 7 C 63/59 -, jeweils juris; Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: Oktober 2014, § 35 Rz. 69, 70 m.w.Nw. zur Rspr., Heß in Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Stand März 2015, § 35 Rz. 95 ff.
Zunächst hat die Kammer nach dem auf Grund der vorliegenden Verwaltungsvorgänge gewonnenen Eindruck keine Zweifel an der Unzuverlässigkeit von Herrn I. , der seit 2006 zunächst eine Fahrschule in L. und nach Verlegung des Betriebssitzes in W. nebst Zweigstelle in Form einer GmbH zuletzt bis zum Widerruf der Fahrschulerlaubnis im Januar 2012 betrieben hat. Die Unzuverlässigkeit ergibt sich für die Kammer aus den den strafrechtlichen Verurteilungen von Herrn I. zugrunde liegenden Taten, die insbesondere im Zusammenhang mit den von ihm betriebenen Fahrschulen begangen worden sind und ihn als im besonderen Maße ungeeignet für die Führung einer Fahrschule erscheinen lassen. Bereits mit rechtskräftigem Urteil des AG L. vom 23. September 2010 (25 Ls 117/09) wurde er wegen banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 8 Monaten auf Bewährung verurteilt. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts hatte Herr I. gemeinsam mit anderen Tätern in Italien entwendete italienische Führerscheinformulare mit dem Passbild und Daten von Kunden aus Deutschland ausgefüllt und in Deutschland an die Kunden gegen Zahlung von Geldbeträgen ausgehändigt. Bei den Kunden handelte es sich um Personen, die keine Fahrerlaubnis besaßen und die erworbenen Führerscheine als echte Führerscheine im Straßenverkehr einsetzten. Die von Herrn I. betriebene Fahrschule bildete dabei den organisatorischen Rahmen für den illegalen Führerscheinerwerb. Vor diesem Hintergrund und wegen weiterer Pflichtverletzungen widerrief das Straßenverkehrsamt der Stadt W. mit bestandskräftiger Verfügung von Januar 2012 wegen Unzuverlässigkeit von Herrn I. die erteilte Fahrschulerlaubnis für W. . Desweiteren wurde Herr I. mit Urteil des LG Mönchengladbach vom 22. September 2014 (91 Ls 83/11) auf die Berufung gegen das Urteil des AG Mönchengladbach vom 22. April 2013 u.a. wegen Betruges, Urkundenfälschung, Fahren ohne Fahrerlaubnis und unter Einbeziehung des o.g. Urteils des AG L. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten verurteilt. Das Urteil enthielt ferner die Anweisung, Herrn I. vor Ablauf von 6 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Bei den zugrundeliegenden Taten versprach Herr I. u.a. Personen, denen der Führerschein entzogen worden war, gegen Zahlung eines Betrages für das Bestehen einer Medizinisch-​Psychologisch-​Untersuchung (sog. MPU) zu sorgen und übermittelte dazu z.B. gefälschte Gutachten des TÜV, Haaranalysebefunde, Abstinenzbescheinigungen, Prüfungsbescheinigungen oder Bescheinigungen über nicht stattgefundene Vorbereitungskurse. Nach den Feststellungen des Landgerichts dienten die Taten der Finanzierung seiner Drogensucht, wobei sich der Drogenkonsum nach Angaben von Herrn I. bis 2011/2012 auf bis zu 20 g Kokain pro Woche gesteigert hatte. Nach einem Abbruch des Kokainkonsums im Herbst 2012 wurde Herr I. im Frühjahr 2013 wieder in geringem Umfang rückfällig. Zu seinem Nachteil hat das Landgericht berücksichtigt, dass er den Vertrauensvorschuss gegenüber einer ordnungsgemäßen Fahrschule über einen längeren Zeitraum missbraucht hat. Zwar ist das Urteil des LG Mönchengladbach nicht rechtskräftig und durch Beschluss des OLG Düsseldorf vom 9. Februar 2015 teilweise aufgehoben sowie an das LG Mönchengladbach zurückverwiesen worden, allerdings lediglich hinsichtlich eines Teils des Rechtsfolgenausspruchs der gebildeten Gesamtfreiheitsstrafen und nicht bezüglich der tatsächlichen Feststellungen (vgl. S.4 d. Beschlusses).

Im Rahmen der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung sind aus Sicht der Kammer nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen und dem Vorbringen der Beteiligten gewichtige Anhaltspunkte für eine maßgebliche Einflussnahme des Herrn I. auf die Geschäftsführung bzw. den Betrieb der Fahrschule der Antragstellerin gegeben. Entgegen den Angaben der Antragstellerin bzw. ihrer Geschäftsführerinnen geht die Kammer nach den vorliegenden Verwaltungsvorgängen nicht davon aus, dass Herr I. lediglich eine beratende Tätigkeit für die Antragstellerin ausgeübt hat, wobei die Kammer dahin stehen lässt, inwieweit bereits eine derartige Funktion angesichts der oben dargelegten Straftaten gerade unter Ausnutzung eines Fahrschulgewerbes Rückschlüsse auf eine Unzuverlässigkeit der Geschäftsführerinnen zulassen. Denn die Kammer hat den Eindruck gewonnen, dass Herr I. maßgebliche Entscheidungen und Tätigkeiten für die Fahrschule getroffen bzw. ausgeübt hat, wie etwa die Einstellung bzw. Beschäftigung von Fahrlehrern oder Vereinbarungen und Absprachen mit Fahrschülern, und dabei von Dritten auch als "Chef" der Fahrschule wahrgenommen wurde. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich insoweit entnehmen, dass er etwa den Anstellungsvertrag des Fahrlehrers T. -O. für die Antragstellerin abgeschlossen hat. Ebenso gab ausweislich eines Vermerks des Antragsgegners vom 11. Dezember 2014 der Fahrlehrer I1. Q. im Rahmen der Fahrschulüberwachung am 8. Dezember 2014 gegenüber einer Sachbearbeiterin an, dass ihn der "Chef C2. " eingestellt und den Vertrag mit ihm geschlossen habe. Dem Verwaltungsvorgang lassen sich ferner Stellenangebote der Antragstellerin über die Bundesagentur für Arbeit zu Fahrlehrern aus dem Jahr 2013 und 2014 entnehmen, die als Ansprechpartner für die Antragstellerin eine Frau bzw. Herrn I. ausweisen. Dass es sich entgegen den Angaben der Antragstellerin nicht nur um Einzelfälle handelte, in denen Herr I. wie etwa im Fall des Fahrlehrers Herrn T. -O. "ausnahmsweise auf Anweisung" der Geschäftsführerin J. und mit deren Vollmacht gehandelt habe, lässt sich auch den Angaben des ehemaligen Geschäftsführers und verantwortlichen Leiter des Ausbildungsbetriebs - Herrn O1. S. - entnehmen. Ausweislich der von ihm unterschriebenen Niederschrift vom 6. Februar 2015 hat Herr S. angegeben, Herr I. habe die Fahrlehrer eingestellt und auch er selbst habe über das Arbeitsamt Düren Kontakt zu Herrn I. erhalten, da dieser für eine neu zu gründende Fahrschule einen Leiter gesucht habe. Herr I. habe tagsüber in der Fahrschule in Heinsberg gearbeitet und von ihm habe er auch Listen für den praktischen Fahrunterricht über Termine erhalten, die dieser mit den Fahrschülern vereinbart habe. Seinen Angaben zufolge wurden darüber hinaus Personen, die wegen einer MPU-​Vorbereitung vorsprachen, direkt zu Herrn I. geschickt. Dem entsprechen wiederum die Angaben von Frau N1. Q1. in der der von ihr unterschriebenen Niederschrift vom 19. Dezember 2014, dass ihr Sohn wegen einer MPU-​Vorbereitung im Sommer 2014 mit Herrn I. in der Fahrschule Kontakt aufgenommen und an ihn 4.500 EUR gezahlt habe, um den Führerschein im Herbst wieder zu erhalten. Dabei wurde Herr I. ebenfalls als "Chef" der Fahrschule wahrgenommen. Darüber hinaus weist die von Frau Q1. dargelegte Vorgehensweise des Herrn I. eine große Ähnlichkeit zu den von dem LG Mönchengladbach abgeurteilten Taten des Herrn I. im Zusammenhang mit MPU-​Vorbereitungen von Fahrschülern auf. Ebenfalls lässt sich den Angaben des Fahrlehrers T. -O. gegenüber dem Antragsgegner entnehmen, dass Herr I. in der Fahrschule in Heinsberg tätig war, er die Einteilung der Fahrschüler vorgenommen hat und dieser auch Zahlungen von Fahrschülern entgegen genommen hat. Dem entspricht zudem die Beschwerde eines Fahrschülers (K. N2. T1. ) bei dem Beklagten vom 13. Oktober 2014, wonach er bereits 2.000 EUR an den "Chef (C1. )" bezahlt habe. Den Verwaltungsvorgängen lässt sich im Übrigen entnehmen, dass die Antragstellerin mit ähnlichen Werbemaßnahmen nach außen aufgetreten ist wie die von Herrn I. in W. betriebene Fahrschule. So hat sie etwa im Jahr 2013 ebenfalls mit einem Führerscheinerwerb "in 7 Tagen" geworben wie bereits die von Herrn I. betriebene Fahrschule im Jahr 2009. Ferner lässt sich den Verwaltungsvorgängen auch eine im September 2009 erfolgte polizeiliche Abgleichung der von der Fahrschule auf ihrer Internetseite eingestellten Fotos ihrer Fahrzeuge mit den Wohnanschriften des Herrn I. entnehmen, mit dem Ergebnis, dass vier Fotos der Fahrzeuge vor der alten bzw. neuen Wohnanschrift von Herrn I. gefertigt wurden.

Die Kammer hält die obigen Angaben von Herrn T. -O. und Herrn S. entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin bzw. der Geschäftsführerinnen nicht für "frei erfunden bzw. sinnentstellt sowie allein rachemotiviert" und wertet sie im Rahmen der summarischen Prüfung nicht als unglaubhaft. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass die Auflösung der vertraglichen Beziehungen der beiden Personen zu der Antragstellerin mit Differenzen und Auseinandersetzungen verbunden war. Dennoch lassen sich ihre Angaben mit denjenigen anderer Personen wie etwa der Fahrschüler oder von Frau Q1. in Einklang bringen.

Einer nach den Angaben der Antragstellerin nur beratenden Tätigkeit von Herrn I. in der "Anfangsphase" steht entgegen, dass Herr I. nach den obigen Ausführungen weiterhin im Jahr 2014 in der Fahrschule tätig war, den Anstellungsvertrag von Herrn T. -O. im Juli 2014 unterschrieben hat und auch bei der Fahrschulüberprüfung im Dezember 2014 anwesend war. Frau J. hat im Übrigen ausweislich des Vermerks des Antragsgegners über die Vorsprache am 11. März 2015 selbst angeben, dass er täglich 2 Stunden in der Fahrschule Heinsberg arbeite. Darüber hinaus lässt sich einer polizeilichen Mitteilung vom 28. August 2014 über die Verständigung der Polizei durch Herrn I. im Zusammenhang mit einer Beschwerde einer Fahrschülerin in der Fahrschule entnehmen, dass Herr I. angab, als Angestellter auf 400 EUR Basis bis 13.00 Uhr in der Fahrschule zu arbeiten.

Indiz für einen maßgebenden Einfluss des Herrn I. auf den Betrieb der Fahrschule ist schließlich der zwischen ihm und Frau C. Z. J. geschlossene Treuhandvertrag vom 25. April 2013, wonach Frau J. als Treuhänderin ihre Beteiligung an der Antragstellerin mit einem Geschäftsanteil von 3.000 EUR lediglich treuhänderisch für den Treugeber Herrn I. hält (Ziff. I.). Frau J. hat sich danach u.a. verpflichtet (Ziff. II.), die Interessen des Treugebers in allen den Geschäftsanteil betreffenden Angelegenheiten wahrzunehmen, das Stimmrecht nach den Weisungen des Treugebers auszuüben und das Treuhandverhältnis nicht gegenüber anderen Personen zu offenbaren. Sie hat gleichzeitig den hinsichtlich des für Herrn I. gehaltenen Geschäftsanteils u.a. die Ansprüche auf den festzustellenden Gewinn an ihn abgetreten. Hintergrund des Vertrages war nach Angaben der Antragstellerin bzw. Geschäftsführerin J. die Gewährung eines Darlehens von 20.000 EUR durch Herrn I. als Startkapital für die Gründung der Antragstellerin und für die Betriebsmittel der Fahrschule.

Für die Kammer wird daraus deutlich, dass Herr I. , der auf Grund seiner Unzuverlässigkeit selbst keine Fahrschulerlaubnis mehr erlangen kann, als Geldgeber über diese vertragliche Vereinbarung mit Frau J. , die ihren eigenen Angaben zufolge bereits früher bei ihm beschäftigt gewesen ist (so ausweislich des Gesprächsvermerks des Antragsgegners vom 12. März 2015), sowie deren freundschaftliche Beziehung eine erneute "Beteiligung" an dem Betrieb einer Fahrschule erreicht hat. Dem entsprechen auch die Angaben von Herrn S. nach der genannten Niederschrift, wonach Herr I. bereits in der Gründungsphase als Geldgeber aufgetreten ist, aber nicht nach außen hin für die Fahrschule in Erscheinung treten wollte. Dem steht auch nicht entgegen, dass Herr I. nach den Angaben der Geschäftsführerinnen keine Kontovollmacht eingeräumt worden ist, da dies keine entscheidende Rolle für die Einflussnahme von Herrn I. gespielt hat. Zudem ist er nach den vorstehenden Ausführungen auch in finanzieller Hinsicht im Zusammenhang mit der Fahrschule tätig geworden, da er etwa Zahlungen von Fahrschülern entgegen genommen hat.

Es kann aus Sicht des Gerichts offen bleiben, ob vor diesem Hintergrund bereits ein sog. Strohmannverhältnis angenommen werden kann, wovon auszugehen ist, wenn jemand (d.h. der Strohmann als jederzeit steuerbare Marionette) zur Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse als Gewerbetreibender vorgeschoben wird, das in Frage stehende Gewerbe in Wirklichkeit aber von einem anderen betrieben wird und die eine Person nur ihren Namen für den Gewerbebetrieb hergibt und dem wahren Gewerbetreibenden als "Aushängeschild" dient,
vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 14. Juli 2003 - 6 C 10/03 - m.w.Nw. zur Rspr.; Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: Oktober 2014, § 35 Rz. 71 m.w.Nw. zur Rspr., Heß in Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Stand: März 2015, § 35 Rz. 100 ff.
Denn aus dem Vorstehenden werden jedenfalls die maßgebliche Einflussmöglichkeiten und tatsächliche Einflussnahme des Herrn I. als unzuverlässigem Dritten deutlich. Es bestand eine enge Verknüpfung zwischen ihm und der einzelvertretungsbefugten Geschäftsführerin sowie Alleingesellschafterin der Antragstellerin - Frau J. -, die über den Treuhandvertrag an seine Interessen gebunden war und über die Herrn I. auch maßgebliche Einflussmöglichkeiten auf den Betrieb der Antragstellerin zustanden.

Die Antragstellerin kann sich mit Blick auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Treuhandvertrages und die erst danach im August 2013 erfolgte Erteilung der Fahrschulerlaubnis nicht darauf berufen, dass es für einen Widerruf an einem nachträglichen Wegfall der Voraussetzungen nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 FahrlG fehle. Ungeachtet des Umstandes, dass der Antragsgegner jedenfalls erst nach Erteilung der Fahrschulerlaubnis davon Kenntnis erlangt hat (s. im Übrigen auch Ziffer II. 1d) des Treuhandvertrages zur Geheimhaltungspflicht), ist nicht der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend, sondern die erst nach Erteilung der Fahrschulerlaubnis erfolgte tatsächliche Einflussnahme auf den Geschäftsbetrieb durch Herrn I. .

Der Rechtmäßigkeit der Widerrufsverfügung steht ebenfalls nicht entgegen, dass nach Angaben der Antragstellerin und eidesstattlich versichert von Frau J. der Treuhandvertrag nicht mehr bestehe. Dazu hat die Antragstellerin einen Aufhebungsvertrag von 5. Januar 2015 vorgelegt, wonach der Treugeber/Treunehmer-​Vertrag vom 26. April 2013 mit sofortiger Wirkung aufgelöst werde. Hintergrund sei die Rückzahlung des von Herrn I. an Frau J. gewährten Darlehens in Höhe von 20.000 EUR. Ungeachtet des Umstandes, dass weitere Darlegungen zu dem Darlehen und dessen Rückzahlung dem Vorbringen der Antragstellerin nicht zu entnehmen sind und Frau J. die schriftliche Auflösungsvereinbarung nicht bereits bei ihrem Gespräch mit dem Antragsgegner am 11. März 2015 vorgelegt hat, lässt dies keinen Rückschluss darauf zu, dass die Antragstellerin bzw. die Geschäftsführerin J. in Zukunft Herrn I. keine Einflussmöglichkeit mehr ermöglicht bzw. er tatsächlich keinen Einfluss mehr ausübt. Zwar handelt es sich bei der Entscheidung über den Widerruf der Erlaubnis um eine Prognoseentscheidung der zuständigen Behörde, ob die Gründe für die Unzuverlässigkeit auch in Zukunft auftreten werden,
vgl. etwa Bay.VGH, Beschluss vom 30. Mai 2011 - 11 CS 11.982 -, juris Rz. 25; Bouska, a.a.O., § 11 Anm. 2 b mit Blick auf den gewerberechtlichen Begriff der Unzuverlässigkeit in § 35 GewO und § 21 Anm. 5a; Marcks in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Stand: Oktober 2014, § 35 Rz. 31 ff; Heß in Friauf, Kommentar zur Gewerbeordnung, Stand: März 2015,, § 35 Rz. 155 ff.
Vorliegend rechtfertigen jedoch nach Auffassung der Kammer angesichts der obigen Ausführungen und der dargelegten Unzuverlässigkeit des Herrn I. allein die vorgetragene Auflösung des Treuhandvertrages und behauptete Einstellung der Tätigkeit des Herrn I. keine abweichende Prognoseentscheidung zugunsten der Antragstellerin. Anhaltspunkte für eine nachvollziehbare, dauerhafte bzw. endgültige Trennung oder Loslösung der Antragstellerin bzw. Frau J. von Herrn I. , der nach den obigen Ausführungen von Beginn an in der Fahrschule aktiv war, lassen sich dem bisherigen Vorbringen nicht entnehmen. Darüber hinaus rechtfertigt aus Sicht der Kammer bereits der Umstand, dass einem Dritten, dessen Unzuverlässigkeit gerade aus einem strafrechtlichen Fehlverhalten unter Ausnutzung eines Fahrschulbetriebs folgte, erneut eine unmittelbare oder mittelbare Mitwirkung an einem Fahrschulbetrieb sowie Kontakt zu Fahrschülern eingeräumt wurde, eine negative Prognose. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Fahrschulinhabern bzw. den vertretungsbefugten Personen eine Lehr- und Vorbildfunktion hinsichtlich der Wahrung der zum Schutz der Verkehrssicherheit erlassenen Vorschriften und Zulassungsvorschriften zukommt. Es gehört zu ihren Kernaufgaben, die theoretische und praktische Ausbildung von Fahrerlaubnisbewerbern sicherzustellen und ihnen dazu die erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln. Diese Vorbildfunktion darf nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass der Anschein erweckt wird, Fahrerlaubnisse seien käuflich oder die Wiedererlangung einer Fahrerlaubnis könne etwa unter Umgehung der maßgeblichen Vorschriften bzw. Erleichterung der Anforderungen (z.B. im Bereich der MPU-​Vorbereitung) erlangt werden. Dies ist jedoch vorliegend auf Grund der Tätigkeit des Herrn I. in der Fahrschule anzunehmen, wie sich etwa den Angaben der Familie Q1. entnehmen lässt.

Für die Kammer ist danach vorrangig von einer Unzuverlässigkeit der vertretungsbefugten Geschäftsführerin J. auszugehen, denn durch die Gewährung der maßgeblichen Einflussnahme eines unzuverlässigen Dritten, wird der Gewerbetreibende bzw. der vertretungsbefugte Geschäftsführer selbst unzuverlässig. Nach Auffassung der Kammer ist nach den obigen Ausführungen davon auszugehen, dass vor allem Frau J. Herrn I. die Einflussmöglichkeiten ermöglicht hat, jedenfalls aber nicht seinen Einfluss verhindert bzw. ausgeschaltet hat. Belastbare Anhaltspunkte dafür, dass ein derartiges oder ähnliches Fehlverhalten der Geschäftsführerin J. mit hoher Wahrscheinlichkeit künftig ausgeschlossen ist, sind derzeit nach Auffassung der Kammer nicht ersichtlich.

Diesbezüglich lässt die Kammer allerdings offen, inwieweit bereits die von dem Antragsgegner vorgelegte Mitteilung der Kreispolizeibehörde Heinsberg vom 26. März 2015 über eine Anzeige gegen Herrn I. wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis am 23. März 2013 mit einem Fahrzeug der Antragstellerin dem Vorbringen der Antragstellerin zur Beendigung der Tätigkeit des Herr I. entgegensteht, da Frau J. dazu angeben hat, ihr Bruder sei der Fahrer gewesen. Die Kammer hat allerdings hinsichtlich des Umstandes, dass nach Mitteilung des Beklagten der anzeigende Polizist, der in der Nachbarschaft von Herrn I. wohnt, diesen eindeutig erkannt habe, Zweifel an der Glaubhaftigkeit dieses Vorbringens.

Die Kammer lässt ferner im Rahmen der summarischen Prüfung offen, inwieweit die dargelegte Einflussnahme von Herrn I. ebenfalls den Rückschluss auf eine Unzuverlässigkeit der zweiten Geschäftsführerin, Frau X. , zulässt, die erst seit Januar 2014 in der Fahrschule - zunächst als Fahrlehrerin - tätig ist, da wie bereits oben ausgeführt, die Zuverlässigkeit aller vertretungsbefugten Geschäftsführer gegeben sein muss. Allerdings dürfte insoweit zu berücksichtigen sein, dass sie seit Juli/August nicht nur Geschäftsführerin, sondern zudem verantwortliche Leiterin des Ausbildungsbetriebs i.S. v. § 16 FahrlG bei der Antragstellerin ist und ihr deshalb besondere Pflichten hinsichtlich der Ausbildung der Fahrschüler (§ 6 Abs. 1 und 3 FahrlG) sowie bezüglich der Fahrlehrer (Einführung, Anleitung und Überwachung) obliegen und ihr eine Einflussnahme von Herrn I. auf den Fahrschulbetrieb bei ordnungsgemäßer Ausübung ihrer Tätigkeit nicht verborgen geblieben sein dürfte bzw. hätte bleiben dürfen. Auch als verantwortliche Leiterin hat sie ihre Pflichten und Aufgaben im Fahrschulbetrieb nämlich eigenverantwortlich und selbständig wahrzunehmen und darf Dritten keinen maßgeblichen Einfluss einräumen. Die Kammer lässt derzeit weiterhin offen, inwieweit die übrigen von dem Antragsgegner aufgeführten Pflichtverletzungen bereits eine wiederholte und gröbliche Verletzung der Frau X. obliegenden Pflichten darstellt. Eine etwaige weitergehende Klärung ist insoweit der Durchführung des Hauptsacheverfahrens vorbehalten. Zu berücksichtigen ist insoweit allerdings, dass auch insoweit ein zwingender Widerruf nach § 21 Abs. 2 FahrlG und nicht nur ein Widerruf nach § 21 Abs. 3 Nr. 3 FahrlG auf Grund einer Ermessensentscheidung in Betracht kommt, da Frau X. zugleich einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin der Antragstellerin ist.

Im Hinblick auf die Interessenabwägung bei der Vollziehungsanordnung ergibt sich ferner keine andere Bewertung aus der in Art. 12 Abs. 1 GG grundgesetzlich gewährleisteten Berufsfreiheit und dem durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Fahrschulinhabern bzw. von vertretungsbefugten Personen des Fahrschulbetriebs sind unerlässlich und begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die damit verbundenen Einschränkungen sowohl der Berufs- als auch Eigentumsfreiheit - soweit sie über bloße Erwerbschancen hinausgeht - ist mit Blick auf das gewichtige öffentliche Interesse an einer ordnungsgemäßen Fahrausbildung und die privaten Interessen der Fahrschüler, deren Sicherheit dem Fahrschulinhaber anvertraut ist, verhältnismäßig,
vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2006 - 8 B 1908/06 - unter Bezugnahme auf vom 8. November 2005 - 8 B 1666/05 -, juris.
Zu berücksichtigen ist insoweit, dass der Gesetzgeber die vorgeschriebene und für die Fahrschüler zeit- und kostenintensive Ausbildung wegen des großen Interesses der Allgemeinheit an der Verkehrssicherheit für notwendig erachtet und dazu dem Inhaber der Fahrschulerlaubnis eine besondere Funktion i.S. eines Garanten für diese Ausbildung übertragen hat. Denn die gesetzlich vorgeschriebene Ausbildung wird allein durch die Fahrschulen angeboten und durchgeführt, auf deren zuverlässige Ausbildung zudem die Allgemeinheit vertraut. Angesichts der großen Bedeutung, die dem Verhalten von Fahrzeugführern im Straßenverkehr für das Leben, die Gesundheit und das Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer zukommt, ist die Zuverlässigkeit des Inhabers einer Fahrschulerlaubnis von besonderer Bedeutung. Die Vollziehungsanordnung ist vor dem Hintergrund der oben dargelegten Unzuverlässigkeit auf Grund der Einflussnahme des unzuverlässigen Dritten auf den Fahrschulbetrieb und der daraus folgenden konkreten Gefahren für die allgemeine Verkehrssicherheit bzw. die Rechtsgüter anderer Verkehrsteilnehmer und der Fahrschüler selbst auf Grund mangelhafter bzw. ungenügender Ausbildung von Fahrschülern gerechtfertigt.

(2) Die geforderte Rückgabe der Fahrschulerlaubnisurkunde sowie der beiden Zweigstellenerlaubnisurkunden folgt aus § 21 Abs. 7 FahrlG, wonach nach Widerruf der Fahrschulerlaubnis diese Urkunden unverzüglich der Erlaubnisbehörde zurückzugeben sind.

(3) Die Androhung des Zwangsgeldes in Höhe von 250 EUR je Urkunde basiert auf §§ 63, 60, 55 und 57 VwVG NRW und ist weder der Höhe nach noch hinsichtlich der gesetzten Vorlagefrist mit Blick auf den Wortlaut des § 21 Abs. 7 FahrlG zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetztes (GKG) und orientiert sich an der obergerichtlichen Rechtsprechung. Danach wird im Hauptsacheverfahren mit Blick auf einen pauschalierten jährlichen Mindest-​Nettogewinn das wirtschaftliche Interesse an Verfahren, in denen um eine Fahrschulerlaubnis gestritten wird, hinsichtlich der Hauptstelle mit 20.000 EUR und jede weitere Zweigstelle mit 10.000 EUR bewertet,
vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2006 - 8 B 1908/06 -. S. 14.
Dies ergibt vorliegend für das Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 40.000 EUR ausgehend von einer Hauptstelle und zwei Zweigniederlassung der Antragstellerin. Mit Rücksicht auf den vorläufigen Charakter dieses Verfahrens erscheint das Antragsinteresse in Höhe der Hälfte des Wertes ausreichend und angemessen berücksichtigt.