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Landgericht Saarbrücken Urteil vom 10.02.2012 - 13 S 199/11 - Beweis des ersten Anscheins bei Verkehrsunfall im Kreisverkehr

LG Saarbrücken v. 10.02.2012: Beweis des ersten Anscheins bei Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot im Kreisverkehr


Das Landgericht Saarbrücken (Urteil vom 10.02.2012 - 13 S 199/11) hat entschieden:
Der Beweis des ersten Anscheins spricht dafür, dass der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot im Kreisverkehr und das Verbot, die Mittelinsel zu befahren, mitursächlich für den in unmittelbarem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang hiermit erfolgten Unfall ist.


Siehe auch Kreisverkehr und Anscheinsbeweis - Beweis des ersten Anscheins

Gründe:

I.

Kläger und Widerkläger begehren jeweils Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am ... gegen ... Uhr in dem Kreisverkehr der ... innerorts in ... ereignete. Die Widerbeklagte zu 2) fuhr mit dem Pkw des Klägers (...), der bei der Widerbeklagten zu 3) haftpflichtversichert ist, von der Straße ... kommend in den Kreisverkehr ein und beabsichtigte, den Kreisverkehr in Richtung ... zu verlassen. Der Erstbeklagte, dessen Pkw ( ... ) bei der Zweitbeklagten haftpflichtversichert ist, fuhr auf der ... aus ... kommend in den Kreisverkehr ein und beabsichtigte, den Kreisverkehr in Richtung ... zu verlassen. Im Inneren des Kreisverkehrs befindet sich eine mit Randsteinen abgegrenzte, leicht erhöhte und durch eine weiße unterbrochene Linie von der Fahrbahn abgetrennte Fläche. Im Kreisverkehr kollidierten beide Fahrzeuge und erlitten hierbei jeweils wirtschaftlichen Totalschaden.

Der Kläger hat jeweils nebst gesetzlichen Zinsen Zahlung des Sachschadens in Höhe von 3.163,-​- € sowie von Abschleppkosten von 190,99 €, Nutzungsausfall von 174 €, Ab- und Anmeldekosten von pauschal 75 € und einer Unkostenpauschale von 30 €, insgesamt 3.632,99 € an sich geltend gemacht. Daneben hat er Freistellung von Sachverständigenkosten in Höhe von 985,84 €, sowie – zuletzt – Zahlung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 489,45 € verlangt. Hierzu hat er behauptet, der Erstbeklagte sei mit überhöhter Geschwindigkeit in den Kreisverkehr eingefahren und über die überhöhte Mittelinsel hinweg gefahren, obwohl sich die Widerbeklagte zu 2) bereits im Kreisverkehr befunden habe.

Die Beklagten haben behauptet, die Drittwiderbeklagte zu 2) sei ohne anzuhalten in den Verkehrskreisel hinein gefahren, als der Erstbeklagte sich bereits im Kreisverkehr befunden habe. Der Erstbeklagte habe noch versucht auszuweichen und sei dabei auf den Mittelbereich gelangt. Widerklagend hat der Erstbeklagte Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2.627,79 € nebst gesetzlichen Zinsen geltend gemacht.

Das Amtsgericht, auf dessen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat die Beteiligten angehört, die polizeiliche Unfallakte beigezogen und ein Sachverständigengutachten zum Unfallhergang eingeholt. Es hat daraufhin eine Schadensteilung angenommen und der Klage – abgesehen von den geltend gemachten Meldekosten und einer Kürzung der Unkostenpauschale auf 25 € – ebenso wie der Widerklage jeweils in hälftiger Höhe stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei weder die eine noch die andere Unfalldarstellung auszuschließen oder zu beweisen, da schon die genaue Annäherungsgeschwindigkeit und das Annäherungsverhalten der Beteiligten nicht feststellbar sei. Soweit allein davon ausgegangen werden könne, dass der Erstbeklagte entgegen seiner Einlassung nicht in der äußeren Spur des Kreisverkehrs sondern "geradeaus" über die leicht erhöhte Mittelinsel gefahren sei, sei diese Fahrweise wegen der Fahrbahnmarkierung erlaubt gewesen; jedenfalls wäre ein Verkehrsverstoß nicht schadensursächlich, weil nicht rekonstruierbar sei, ob die Benutzung der äußeren Fahrspur zu einer Vermeidung des Zusammenstoßes geführt hätte.

Mit ihren Berufungen und der Anschlussberufung verfolgen Kläger- und Beklagtenseite ihre erstinstanzlichen Anträge weiter.


II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerseite ist teilweise begründet, weil die erstinstanzliche Entscheidung insoweit auf einem Rechtsfehler zu Lasten der Klägerseite beruht und die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 ZPO). Die Berufung des Erstbeklagten ist ebenso wie die Anschlussberufung der Beklagten zulässig, aber nicht begründet.

1. Das Erstgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass sowohl die Kläger als auch die Beklagtenseite gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) in Verbindung mit § 115 VVG für den vorliegenden Unfall haften, weil der Unfall nicht durch höhere Gewalt i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG verursacht wurde und sowohl für die Widerbeklagte zu 2) wie auch den Erstbeklagten kein die Haftung der Fahrzeughalter untereinander ausschließendes, unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG darstellte. Dies ist zutreffend und wird im Berufungsverfahren auch nicht in Zweifel gezogen.

2. Keinen Bedenken begegnet ferner, dass das Erstgericht auf der Grundlage der Verhandlung und der Beweisaufnahme zu dem Schluss gelangt ist, der genaue Unfallhergang und insbesondere die Frage, welcher der Beteiligten zuerst in den streitgegenständlichen Kreisverkehr eingefahren ist, könne nicht mehr vollständig aufgeklärt werden.

a) In tatsächlicher Hinsicht ist das Berufungsgericht nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO an die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinne ist jeder objektivierbare rechtliche und tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen. Bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte wollte der Gesetzgeber ausschließen (vgl. BGHZ 164, 330, 332 mwN.).

b) Konkrete Anhaltpunkte, die solche Zweifel begründen und eine erneute Feststellung gebieten könnten, liegen nicht vor. Der Erstrichter hat sich neben der Darlegung der Widerbeklagten zu 2) und des Erstbeklagten in ihrer mündlichen Anhörung maßgeblich darauf gestützt, dass der Sachverständige in seiner Begutachtung letztlich beide Unfalldarstellungen – sieht man von der Angabe des Erstbeklagten ab, er sei in einer Ausweichbewegung auf die Mittelinsel gelangt – nicht zu widerlegen seien. Die Einschätzung des Sachverständigen, die auf einer sehr gründlichen Untersuchung und plausiblen Bewertung beruht, erscheint in jeder Hinsicht nachvollziehbar. Hiergegen wenden sich beide Berufungen letztlich auch nicht. Aber auch die Würdigung der Parteidarlegungen durch das Erstgericht, das zu dem Schluss gelangt ist, keine der Darlegungen sei überzeugender als die jeweils andere Unfalldarstellung, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Insbesondere ist es entgegen der Berufung der Klägerseite nicht zu beanstanden, dass das Erstgericht aus dem Umstand, dass der Erstbeklagte zum Thema Mittelinsel unrichtige Angaben gemacht hatte, nicht auf die Unwahrheit seiner gesamten Unfalldarstellung geschlossen hat. Ein solcher Schluss ist schon mit Blick darauf, dass es sich um Parteivortrag handelt und keiner der Unfallbeteiligten frei von eigenen Interessen am Ausgang des Rechtsstreits ist, nicht, jedenfalls aber nicht zwingend geboten. Das Gericht ist hier mit Blick auf seinen persönlichen Eindruck von den Parteien gehalten, festzustellen, ob die für die Richtigkeit einer der Sachverhaltsdarlegungen sprechende, gebotene Gewissheit i. S. d. § 286 ZPO vorliegt. Eine solch positive Feststellung hat der Erstrichter hier vertretbar verneint.

3. Bei der im Rahmen der gem. § 17 Abs. 1 StVG gebotenen Abwägung der wechselseitigen Verursachungs- und Verschuldensanteile ist dagegen – anders als das Erstgericht annimmt – eine Haftungsverteilung von 1/3:2/3 zu Lasten der Beklagtenseite angemessen.

a) Fehlerfrei hat das Amtsgericht allerdings weder auf Kläger- noch auf Beklagtenseite einen schuldhaften Verstoß gegen § 8 Abs. 1a StVO festzustellen vermocht. Zwar war an der Einmündung zu dem Kreisverkehr sowohl für den Erstbeklagten als auch für die Widerbeklagte zu 2) das Zeichen 215 (Kreisverkehr) angeordnet. Der Erstbeklagte wie auch die Widerbeklagte zu 2) hätten danach nicht in den Kreisverkehr einfahren dürfen, wenn sich der jeweils andere bereits im Kreisverkehr befunden hätte. Steht indes – wie hier – nicht fest, welcher der beiden Beteiligten zuerst in den Kreisverkehr eingefahren ist, kann keinem der Beteiligten eine Vorfahrtsverletzung sicher zugeordnet werden.

b) Mit Erfolg macht die Klägerseite jedoch geltend, dass die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges nicht unerheblich erhöht war, weil der Erstbeklagte den Unfall schuldhaft mitverursacht hat. Diesen trifft der Vorwurf eines schuldhaften Verstoßes gegen § 8 Abs. 1 a i. V. m. Anl. 2 Nr. 8 Spalte 2 Nr. 2 zu Zeichen 215 StVO (Überfahren der Mittelinsel) und eines schuldhaften Verstoßes gegen § 2 Abs. 2 StVO (Rechtsfahrgebot).

aa) Nach den beanstandungsfreien Feststellungen des Amtsgerichts, die gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen sind, überfuhr der Erstbeklagte die weiße – wenngleich unterbrochene – Linie auf der Innenseite des Kreisverkehrs und die erhöhte, mit Randsteinen abgesetzte Fläche im Innenbereich des Kreisverkehrs. Damit verstieß er gegen das früher in § 9a StVO geregelte, nunmehr in § 8 Abs. 1a i.V.m. Anl. 2 Nr. 8 Spalte 2 Nr. 2 zu Zeichen 215 StVO enthaltene Verbot des Befahrens der Mittelinsel (vgl. Hentschel/König/Dauer, StVO, 41. Aufl., § 8 StVO Rdn. 37 u. 37e mwN.). Danach darf die Mittelinsel des Kreisverkehrs – von hier nicht in Betracht zu ziehenden Ausnahmen abgesehen (dazu Hentschel/König/Dauer aaO Rdn. 37f) – grundsätzlich nicht überfahren werden, selbst wenn – wie im gegebenen Fall – eine durchgehende Linie (Z 295) fehlt. Vorliegend gehörte auch der gesamte erhöhte Bereich zur Mittelinsel, denn für die Abgrenzung von Fahrbahn und Mittelinsel ist es unerheblich, dass auch dieser Teil der Mittelinsel befestigt ist. Es genügt, dass die Mittelinsel durch Markierung und/oder bauliche Abgrenzung eindeutig erkennbar ist (vgl. Hentschel, NJW 2001, 465, 466). Zugleich verstieß der Erstbeklagte damit gegen das auch im Kreisverkehr grundsätzlich geltende Rechtsfahrgebot i.S.d. § 2 Abs. 2 StVO (vgl. OLG Saarbrücken VerkMitt 1974, Nr. 73; OLG Hamm NJW-​RR 2004, 244 f.; Kammerurteil vom 30.10.2009 – 13 S 161/09; Geigel/Zieres, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. 27. Kap. Rdn. 64 mwN.). Zwar hat der Kraftfahrer innerhalb der Fahrbahn einen gewissen Beurteilungsspielraum, solange er sich so weit rechts hält, wie es im konkreten Fall im Straßenverkehr vernünftig ist (OLG Hamm NJW-​RR 2004, 244 f. mwN.). Dieser Beurteilungsspielraum ist jedoch überschritten, wenn, wie dies der Erstbeklagte unternommen hatte, die Mittelinsel geschnitten wird.

bb) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist auch von der Mitursächlichkeit dieses Pflichtverstoßes des Erstbeklagten für den Unfall auszugehen. Zwar sind im Rahmen der Haftungsverteilung nur solche Umstände zu berücksichtigen, die feststehen, unstreitig, zugestanden oder bewiesen sind (BGH VersR 2000, 1294 f.; ZfS 2005, 487 f.); hier spricht indes ein Anscheinsbeweis für eine Mitverursachung des Unfalls durch den Erstbeklagten.

Wird gegen eine Schutzvorschrift verstoßen, die auf bestimmten Erfahrungen über die Gefährlichkeit einer Handlungsweise beruht, so kann bei einem Schadenseintritt darauf geschlossen werden, dass sich die von ihr bekämpfte Gefahr verwirklicht hat, sofern sich der Schadensfall in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem vorschriftswidrigen Verhalten ereignet hat (Geigel/Knerr aaO Kap 37 Rdn. 47; Geigel/Freymann aaO Kap. 15 Rdn. 12, jew. mwN.). So liegt der Fall hier. Unter den hier festgestellten Umständen spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot im Kreisverkehr und das Verbot, die Mittelinsel zu befahren, mitursächlich für den in unmittelbarem zeitlichem und räumlichem Zusammenhang hiermit erfolgten Unfall war. Zwar schützt das Rechtsfahrgebot im Regelfall nicht auch den einmündenden Verkehr (Hentschel/König/Dauer aaO § 2 StVO Rdn. 33). Dieser Grundsatz bedarf im Kreisverkehr jedoch der Modifikation. Die Anlage eines Kreisverkehrs soll jedenfalls bei kleineren Kreisverkehren der hier vorliegenden Art auch dazu dienen, die Geschwindigkeit durch die Straßenführung zu reduzieren, um so das gefahrlose Einreihen in den fließenden Straßenverkehr zu erleichtern (OLG Hamm NJW-​RR 2004, 244 f.; Kammerurteil vom 30.10.2009 – 13 S 161/09). Zugleich soll durch die Linienführung entlang eines Kreises der Verkehrsfluss entzerrt werden, so dass Lücken entstehen, die das Einfahren in den Kreisverkehr erleichtern. Überdies besteht die Gefahr, dass der einfahrende Verkehr irritiert wird etwa bei seiner Einschätzung, ob hinreichend Zeit verbleibt, um gefahrlos in den Kreisverkehr einfahren zu können. Damit verletzt das Überfahren der Mittelinsel gerade auch eine Schutznorm zugunsten des einmündenden Verkehrs. Kommt es in unmittelbarem räumlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dieser Schutznormverletzung zu einer Kollision, war der Verstoß typischerweise für den Unfall zumindest mitursächlich (OLG Hamm aaO; Kammerurteil aaO).

Dem Erstbeklagten ist es auch nicht gelungen, den Anscheinsbeweis für diese Wirkungsweisen im vorliegenden Fall zu erschüttern. Zwar genügt es, dass die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Ablaufs bewiesen ist. Jedoch müssen die Tatsachen, aus denen eine solche Möglichkeit abgeleitet werden soll, bewiesen sein (zuletzt etwa BGH NZV 2007, 294 mwN.). Daran fehlt es hier. Dass sich nämlich selbst bei Ausfahren des Kreises keine größere Lücke im Kreisverkehr ergeben hätte, und dass der Erstbeklagte durch die Fahrweise des Klägers auch nicht hinsichtlich seiner Einschätzung, in den Kreisverkehr gefahrlos einfahren zu dürfen, irritiert wurde, lässt sich mit Blick auf die Unaufklärbarkeit des beiderseitigen Annäherungsverhalten und damit des weiteren Unfallgeschehens nicht feststellen. Ebenso wenig lässt sich mangels Nachvollziehbarkeit des Annäherungsverhaltens der Beteiligten verlässlich feststellen, dass der Unfall bei Einhaltung der äußeren Fahrlinie in anderer Weise vermieden worden wäre (vgl. zur Nichtersatzfähigkeit von Schäden, die auch bei rechtmäßigem Verhalten eingetreten wären: OLG Hamm aaO mwN.).

c) Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung kommt dem Verkehrsverstoß des Erstbeklagten ein nicht unerhebliches Gewicht zu, weshalb eine Mithaftung des Klägers für die verbleibende Betriebsgefahr mit 1/3 angemessen bewertet ist (vgl. auch OLG Hamm aaO).

4. Nach dieser Quote kann der Kläger seinen Schaden in Höhe von 2/3 ersetzt verlangen. Den von Klägerseite mit 3.632,99 € bezifferten Sachschaden hat das Erstgericht fehlerfrei um 5,-​- € Unkostenpauschale gekürzt. Die Bemessung der Unkostenpauschale mit 25,-​- € ist auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Preissteigerungsrate nach wie vor angemessen und entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer. Soweit der Kläger pauschal 75,-​- € für die An- und Abmeldung verlangt, sind die Kosten in Höhe von 30,-​- € ersatzfähig. Dem Hinweis des Klägervertreters im Schriftsatz vom 8.12.2010, wonach der Kläger sein Fahrzeug an den von der Zweitbeklagten benannten Restwertaufkäufer verkauft und ein Ersatzfahrzeug zugelassen hat, ist die Beklagtenseite nicht mehr entgegengetreten, so dass der grundsätzliche Anfall von An- und Abmeldekosten gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Sind Meldekosten indes tatsächlich angefallen, sind diese grundsätzlich ersatzfähig und – bei fehlendem Kostennachweis – gem. § 287 ZPO zu schätzen (so wohl hM: OLG Stuttgart DAR 2000, 35; KG DAR 2004, 352; OLG Thüringen MDR 2007, 884; zum Ganzen auch Wenker in jurisPR-​VerkR 14/2011 Anm. 5 mit Nachweisen zur Gegenansicht). Der Höhe nach schätzt die Kammer die Meldekosten auf 30,-​- Euro. Dies ergibt sich aus der im Internet ersichtlichen Information der KFZ Zulassungsstelle der Stadt Saarbrücken, wonach Abmeldekosten zwischen 5,-​- und 25,-​- Euro und Zulassungskosten mindestens 25,-​- Euro betragen. Da die Klägerseite die konkreten Kosten nicht nachgewiesen hat, schätzt die Kammer gem. § 287 ZPO den mindestens angefallenen Aufwand auf (5 + 25 =) 30,-​- Euro. Insgesamt kann der Kläger daher folgende Beträge geltend machen:

Wiederbeschaffungswert ./. Restwert 3.163,00 €  
Abschleppkosten 190,99 €  
Nutzungsausfall 174,00 €  
Ab- und Anmeldekosten 30,00 €  
Unkostenpauschale 25,00 €  
  3.582,99 € x 2/3 = 2.388,66 €
Sachverständigenkosten (Freist.) 985,84 € x 2/3 = 657,23 €
    3.045,89 €
Außergerichtliche RA Kosten (Streitwert: 3.045,89 €, 1,3 Gebühr á 282,10 + 20,00 € Unkostenpauschale + 19% MwSt. =)   359,50 €


5. Der Widerkläger kann demnach 1/3 seines der Höhe nach unstreitigen Schadens von 2.627,79 €, mithin 875,93 € verlangen.

6. Die Verzugszinsen beruhen auf §§ 286, 288, 291 BGB. Soweit der Kläger allerdings einen Freistellungsanspruch geltend gemacht hat, stellt dieser keine Geldschuld i.S.d. §§ 288, 291 BGB dar und ist daher auch nicht selbständig zu verzinsen (vgl. OLG Stuttgart NJW-​RR 2011, 239; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 288 Rdn. 6, jew. m. w. N.). Dass der Kläger seinerseits einen Verzugsschaden im Verhältnis zum Sachverständigen erlitten hätte, den er als eigenen Schaden geltend machte, ist indes nicht dargetan.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 ZPO und die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und sie keine Veranlassung gibt, eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung herbeizuführen (§ 543 Abs. 2 ZPO).