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OLG Koblenz Beschluss vom 03.07.2015 - 14 W 415/15 - Entstehen einer Terminsgebühr durch ein anwaltliches Telefonat

OLG Koblenz v. 03.07.2015: Beweislast für das Entstehen einer Terminsgebühr durch ein anwaltliches Telefonat


Das OLG Koblenz (Beschluss vom 03.07.2015 - 14 W 415/15) hat entschieden:
  1. Ein auf die Klagerücknahme zielender Anruf des Beklagtenvertreters beim Prozessbevollmächtigten des Klägers kann in eine auf Erledigung des Verfahrens gerichtete Besprechung münden und damit die Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 RVG-VV auslösen.

  2. Bleibt der Inhalt des Telefongesprächs streitig, geht das zu Lasten desjenigen, der den gebührenrelevanten Sachverhalt behauptet, sofern keine übereinistmmende Sachdarstellung vorliegt (hier verneint).

Siehe auch Terminsgebühr (Nr. 3104 RVG-VV) in den verschiedenen Verfahrensarten und Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten


Gründe:

I.

Die Klägerin erhob beim Landgericht Trier Klage gegen die Beklagte als Aktiengesellschaft ausländischen Rechts. Mit der Klageerwiderung rügte die Beklagte am 27.10.2014 die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Landgerichtes Trier. Das Gericht wies mit Verfügung des Vorsitzenden vom 31.10.2014 auf die mangelnde internationale Zuständigkeit hin. Nach Aktenlage wurde darauf am 26.11.2014 die Klage zurückgenommen und der Klägerin mit Beschluss vom 08.12.2014 die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag vom 02.12.2014 begehrt die Beklagte nicht nur die 1,3-​Verfahrensgebühr nebst Auslagenpauschale von 805,20 € (785,20 € + 20 €), sondern auch eine 1,2-​Terminsgebühr von 724,80 €. Sie behauptet dazu, dass ein Telefongespräch zwischen den Bevollmächtigten zum Zwecke der Erledigung des Rechtsstreites stattgefunden habe. Das bestreitet die Klägerin. Der Bevollmächtigte der Beklagten habe sich vielmehr unaufgefordert bei ihrem Bevollmächtigten gemeldet und informatorisch erfragt, ob die Klage zurückgenommen werde. Hierzu sei ihr Bevollmächtigter zu diesem Zeitpunkt aufgrund des gerichtlichen Hinweises schon entschlossen gewesen und habe ebenso allein informatorisch darauf hingewiesen, dass die Zustimmung der Klägerin noch ausstehe.

Das Landgericht hat darauf die Terminsgebühr antragsgemäß festgesetzt. Nach den glaubwürdigen Aussagen des Beklagtenvertreters habe ein Gespräch stattgefunden, das auf die Vermeidung des Rechtsstreites gerichtet war. Das habe der Klägervertreter auch bestätigt, wenn er einräume, dass der Beklagtenvertreter um Mitteilung gebeten habe, ob die Klage zurückgenommen wird. Versuche der Antragsteller den Gegner in einem Gespräch zur Rücknahme der Klage zu bewegen, so sei dies eine die Terminsgebühr auslösende Tätigkeit.

Dem tritt die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde entgegen, während die Beklagte die angefochtene Entscheidung verteidigt.


II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet und führt zur tenorierten Änderung des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses.

Eine 1,2- Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG fällt nach Maßgabe der Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG für die Mitwirkung an Besprechungen an, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind.

Die Beklagte hat nicht nachweisen können, dass die Parteivertreter am 16.11.2014 eine solche Besprechung geführt haben. Während die Beklagte behauptet, in dem Telefonat sei die Rücknahme der Klage ebenso erörtert worden, wie der sachliche Anspruch selbst, hat die Klägerin dies bestritten. Sie verweist darauf, dass in dem Gespräch lediglich eine Information erteilt worden sei.

Anders als das Landgericht meint, kommt es nicht darauf an ob die Aussagen des Beklagtenvertreters glaubwürdig sind. Der Senat hat bereits 2005 entschieden, dass im Kostenfestsetzungsverfahren derjenige, der einen Gebührentatbestand behauptet, im Falle des Bestreitens zu beweisen hat, dass die tatsächlichen Voraussetzungen erfüllt sind, an die das Gesetz das Entstehen der Gebühr knüpft (Senat v. 08.06.2005, 14 W 366/05, NJW 2005, 2165 = JurBüro 2005, 417). Demnach musste die Beklagte hier beweisen, dass das anwaltliche Telefongespräch den von seinem Prozessbevollmächtigten behaupteten Inhalt hatte. Dieser Beweis ist nicht geführt. Die anwaltliche Versicherung, den Gesprächsinhalt richtig wiedergegeben zu haben, ist unzureichend, weil in den Ausführungen der Klägerin eine inhaltlich gegenläufige anwaltliche Versicherung liegt.

Die Klägerin hat auch nicht zugestanden, dass ein auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtetes Telefongespräch stattgefunden hat. Wenn das Landgericht ausführt, dass der Klägervertreter zugestanden habe, dass der Beklagten Vertreter um Mitteilung gebeten habe, ob die Klage zurückgenommen wird, genügt dies nicht für die Annahme einer auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteten Besprechung. Schon im Ansatz verfehlt ist die Darstellung des Landgerichtes, das Telefonat sei auf die Vermeidung eines Rechtsstreites gerichtet gewesen. Da der Rechtsstreit bereits anhängig war, konnte dieser nicht mehr vermieden werden. Wie das Landgericht selbst ausführt, geht die Kommentarliteratur davon aus, dass erforderlich ist, dass der Antragsteller versucht hat, den Gegner zur Rücknahme der Klage zu bewegen (Gerold-​Schmidt/Müller-​Rabe, RVG, 21. Aufl., Vorbem. 3 VV, Rn. 166; Onderka/Schneider, in Anwaltkommentar RVG, 7. Aufl., Vorbem. 3 VVRVG Rn. 152; vgl. auch die Fallbeispiele bei Kessel, in Schneider/Volpert/Fölsch, gesamtes Kostenrecht, Vorbem. 3 VVRVG, Rn. 37 ff.) . Insoweit ist es erforderlich, dass ein auf die Erledigung des Rechtsstreites gerichteter Meinungsaustausch stattgefunden hat (Senat vom 29.04.2005, 14 W 257/05, NJW 2005, 2162 = AnwBl. 2005, 586). Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass die Terminsgebühr bei einer Besprechung mit dem Ziel der Meidung eines gerichtlichen Verfahrens nur dann entsteht, wenn auch die Gegenseite bereit ist, sich darauf einzulassen. Dient ein Telefonat – so die Darstellung des Klägervertreters im vorliegenden Verfahren – lediglich der Klärung der Frage, ob ein Antrag, eine Klage oder ein Rechtsmittel einseitig zurückgenommen wird, so löst es keine Terminsgebühr aus (Senat v. 14.09.2010, 14 W 510/10, JurBüro 2011, 589 = AGS 2012, 127).

Dass es sich anders zugetragen hat, als vom Klägervertreter dargestellt, hat die Beklagte zu beweisen. Diesen Beweis hat sie nicht geführt. Er lag auch fern, weil bereits in der Klageerwiderung die mangelnde Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes gerügt wurde und der Vorsitzende hierauf hingewiesen hatte. Die Stellungnahmefrist der Klägerin war zum Zeitpunkt des Telefonates noch nicht abgelaufen. Eine den Hinweis zurückweisende Antwort der Klägerin lag nicht vor. Vor diesem Hintergrund konnte einem Telefonat allein wiederholender Charakter zukommen oder eben die Erlangung von Informationen. Weshalb es einer zusätzlichen Motivation und eines Meinungsaustausches bedurft hätte, macht die Beklagte nicht einmal plausibel.

Auf die erfolgreiche Beschwerde ist der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss auf den aus dem Tenor ersichtlichen Erstattungsbetrag zu reduzieren. Die Kostenentscheidung folgt dann aus § 97 ZPO.