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OLG Hamm Beschluss vom 21.01.2016 - III-4 RBs 324/15 - Unzulässige Verweisung auf ein Lichtbild

OLG Hamm v. 21.01.2016: Unzulässige Verweisung auf den Textinhalt eines in Bezug genommenen Lichtbildes


Das OLG Hamm (Beschluss vom 21.01.2016 - III-4 RBs 324/15) hat entschieden:
Eine Verweisung nach § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO auf ein Radarfoto ist nur bzgl. der Abbildung selbst, nicht aber bzgl. der Informationen im eingeblendeten Messprotokoll möglich ist. Hierbei handelt es sich um urkundliche Informationen, nicht um Abbildungen. Insoweit ist auch eine Verweisung dann nicht "ausnahmsweise zulässig", wenn sich der gedankliche Inhalt der Urkunde "auf einen Blick erfassen" lässt (Abgrenzung zu: KG Berlin, Beschluss vom 12. November 2015, 3 Ws (B) 515/15, 122 Ss 111/15 - juris).


Siehe auch Lichtbildbeweis - Radarfoto und Die Beweiswürdigung in Straf- und Bußgeldsachen


Gründe:

Zusatz:
Ergänzend zu Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft bemerkt der Senat:

1. Die erhobene Verfahrensrüge der Verletzung rechtlichen Gehörs entspricht auch schon deswegen nicht den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG, weil die Betroffene zwar mitteilt, dass eine in den Akten befindliche Aussage des Zeugen S in der Hauptverhandlung verlesen wurde, nicht aber mitgeteilt wird, welchen Inhalt diese Aussage hatte. Die Überprüfung, ob das Amtsgericht den gestellten Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen zu Recht nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG abgelehnt hat, ist daher allein aufgrund des Vorbringens in der Rechtsbeschwerdebegründung nicht möglich. Um zu überprüfen, ob die Ablehnungsbegründung des Amtsgerichts, dass keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass diesem Zeugen bei der Datenentnahme bzw. Datenauswertung Fehler unterlaufen seien, ist ohne Kenntnis der in die Hauptverhandlung eingeführten früheren Aussage nicht möglich.

2. Im Hinblick auf den Verweis nach § 46 OWiG i.V.m. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO in der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils bzgl. der aus der im Datenfeld des Lichtbildes dokumentierten Messgeschwindigkeit weist für zukünftige Fälle vorsorglich darauf hin, dass ein solcher Verweis nur auf die Abbildung selbst, nicht aber auf die Informationen im eingeblendeten Messprotokoll möglich ist. Hierbei handelt es sich um urkundliche Informationen, nicht um Abbildungen (vgl. nur: OLG Brandenburg, Beschl. v. 12.11.2004 - 1 Ss (OWi) 210 B/04 - juris; OLG Hamm, Beschl. v. 20.03.2012 - III - 3 RBs 438/11 - juris m.w.N.). Soweit das KG Berlin - bei grundsätzlicher Anerkennung dessen, dass es sich bei dem in ein Radarfoto eingeblendeten Datenfeld um eine Urkunde handelt - meint, eine Verweis sei in solchen Fällen "ausnahmsweise zulässig", wenn sich - wie hier - der gedankliche Inhalt der Urkunde "auf einen Blick erfassen" lässt (KG Berlin, Beschl. v. 12.11.2015 - 3 Ws (B) 515/15 - 122 Ss 111/15 -juris), vermag der Senat diese Auffassung nicht zu teilen. Eine gesetzliche Grundlage für eine solche Ausnahme kann er in den o.g. Vorschriften nicht erblicken. Eine solche Rechtspraxis müsste dann konsequenterweise auch in anderen Fällen gelten (etwa, wenn in einem Brief neben - kurzen - beleidigenden Textzeilen auch noch beleidigende Zeichnungen enthalten sind). Sie birgt dann aber die Gefahr, dass die Grenzen eines noch zulässigen Verweises nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO verschwimmen, denn es hinge dann letztendlich von der Auffassungsgabe des jeweiligen Tatrichters und davon ab, ob diese vom Richter des Rechtsbeschwerde- oder Revisionsgerichts geteilt wird, ob ein "ausnahmsweise" noch zulässiger Verweis (im o.g. Beispiel: auch bzgl. des Textes) vorliegt.

Im vorliegenden Fall wäre der fehlerhafte Verweis aber (auch bei Zulassung der Rechtsbeschwerde) unschädlich gewesen, da in der Beweiswürdigung auch ausdrücklich mitgeteilt wird, dass im Datenfeld des Lichtbildes ein Messwert von 99 km/h ausgewiesen ist.



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