Das Verkehrslexikon

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Landgericht Krefeld Urteil vom 21.04.2016 - 3 S 34/15 - Berechnung der Kfz-Sachverständigenkosten

LG Krefeld v. 21.04.2016: Abtretung und Berechnung der Kfz-Sachverständigenkosten


Das Landgericht Krefeld (Urteil vom 21.04.2016 - 3 S 34/15) hat entschieden:
Die Kosten des Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall zählen zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Soweit die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen liegen, so sind diese jedoch nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Dabei ergibt sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht aber nicht bereits daraus, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten.


Siehe auch Sachverständigenkosten im Verkehrsrecht und Die Abtretung der Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall an das Kfz-Sachverständigenbüro


Gründe:

I.

Die Klägerin macht aus (doppelt) abgetretenem Recht Ansprüche auf Ersatz von Sachverständigenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 26.02.2015 geltend. Die volle Haftung des beklagten Haftpflichtversicherers steht dem Grunde nach außer Streit. Am 27.02.2015 unterzeichnete der Geschädigte einen Gutachtenauftrag (Bl. 24 GA), aufgrund dessen das als „SV“ bezeichnete Sachverständigenbüro B. ein Gutachten erstellen sollte. Die Urkunde lautet auszugsweise wie folgt:
Der SV erhält als Vergütung für die Gutachtenerstellung ein Grundhonorar, das sich am ermittelten Schaden orientiert. Grundlage der Berechnungen ist der im Honorarbereich V ermittelte Wert der aktuellen BVSK-​Befragung 2013. Zusätzlich erhält der SV Nebenkosten wie folgt vergütet: 1. Fotosatz: € 2,50 (entspricht € 2,97 inkl. MwSt.) pro Foto; 2. Fotosatz € 1,65 (entspricht € 1,96 inkl. MwSt.) pro Foto; Fahrtkosten € 1,10 (entspricht € 1,31 inkl. MwSt.) pro gefahrenem Kilometer (max. 50km); Porto/Telefon (pauschal): € 18,00 (entspricht € 21,42 inkl. MwSt.); Schreibkosten pro Seite: € 2,80 (entspricht € 3,33 inkl. MwSt.); Schreibkosten Zweitausfertigung pro Seite € 1,40 (entspricht € 1,67 inkl. MwSt.); Restwertbörse € 10,00 (entspricht € 11,90 inkl. MwSt.) (...).

(...)

Abtretung und Zahlungsanweisung

Zur Sicherung des Sachverständigenhonorars in der o. g. Angelegenheit trete ich meinen Anspruch auf Erstattung des Sachverständigenhonorars gegen den (...) Haftpflichtversicherer (...) in Höhe des Honoraranspruchs einschließlich der Mehrwertsteuer (...) erfüllungshalber an den SV ab. Auf den Zugang der Annahmeerklärung verzichte ich. (...) Durch diese Abtretung werden die Ansprüche des SV aus diesem Vertrag gegen mich nicht berührt. Diese können nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung bei der gegnerischen Versicherung oder dem Schädiger zu jeder Zeit gegen mich geltend gemacht werden.

(...)

Weiterabtretung zur Geltendmachung an Verrechnungsstelle

Der SV bietet hiermit der (...) [Klägerin] die vorstehend vereinbarte Forderung inkl. aller Nebenrechte und Surrogate zur Abtretung an. Der SV verzichtet auf den Zugang der Annahmeerklärung.
Der Sachverständige B. erstellte im Anschluss ein Gutachten (Bl. 8 ff.), wobei er Reparaturkosten in Höhe von 1.618,21 Euro brutto (1.359,84 Euro netto) und eine Wertminderung von 150,00 Euro kalkulierte. Am 02.03.2015 berechnete der Sachverständige dem Geschädigten insgesamt 576,56 Euro brutto (Bl. 23 GA), wobei sich der Betrag wie folgt zusammensetzte:

Gutachtenbearbeitung: (netto) 352,00 Euro
Fahrtkosten (32 km x 1,10 Euro): (netto) 35,20 Euro
Fotokosten (10 x 2,50 Euro): (netto) 25,00 Euro
2. Fotosatz (10 x 1,65 Euro): (netto) 16,50 Euro
Schreibgebühren (9 x 2,80 Euro): (netto) 25,20 Euro
Schreibgebühren Zweitausfertigung (9 x 1,40 Euro): (netto) 12,60 Euro
Portokosten: (netto) 18,00 Euro
Zwischensumme: (netto) 484,50 Euro
Gesamtbetrag: (brutto) 576,56 Euro


Die Beklagte zahlte an die Klägerin lediglich einen Betrag von 440,46 Euro. Mit der am 15.06.2015 zugestellten Klage hat die Klägerin den Differenzbetrag in Höhe von 136,10 Euro nebst Zinsen geltend gemacht.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass die Beklagte zur Zahlung des Differenzbetrages verpflichtet sei, da der berechnete Werklohn den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 2 BGB darstelle. Das Honorar liege innerhalb des Honorarkorridors HB V und sei daher angemessen, jedenfalls aber nicht erkennbar überhöht.

Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 136,10 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, die erforderlichen Sachverständigenkosten bereits beglichen zu haben. Ein weitergehender Anspruch stehe der Klägerin nicht zu, da die in Rechnung gestellte Vergütung überhöht sei. Dies gelte insbesondere in Bezug auf die Nebenkosten. Die Unangemessenheit sei für jeden wirtschaftlichen Laien erkennbar. Unabhängig davon müsse sich die Klägerin als Zessionarin den Einwand überhöhter Kosten nach § 242 BGB entgegenhalten lassen.

Mit Urteil vom 09.10.2015 (Bl. 101 ff. GA) hat das Amtsgericht Krefeld unter Abweisung der Klage im Übrigen und unter Zulassung der Berufung die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 57,20 Euro nebst Zinsen gem. §§ 288 Abs. 1, 291 BGB seit dem 15.06.2015 zu zahlen. Seine Entscheidung hat das Amtsgericht Krefeld im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die Klägerin sei aufgrund der Abtretungen vom 27.02.2015 aktivlegitimiert. Der Anspruch auf Ersatz der Sachverständigenkosten sei allerdings gem. § 249 Abs. 2 BGB auf den erforderlichen Geldbetrag beschränkt, wobei dieser anhand der BVSK-​Honorarbefragung 2013 gem. § 287 ZPO geschätzt werden könne. Danach liege das erstattungsfähige Grundhonorar nach dem Mittelwert des Honorarkorridors HB V bei 308,50 Euro (netto). Nebenkosten seien nicht pauschal zu deckeln, sondern nach § 287 ZPO zu schätzen. Hinsichtlich der Fahrtkosten müsse nicht auf die kürzeste Strecke (25,8 km) abgestellt werden. Vielmehr sei es nicht zu beanstanden, wenn der Sachverständige die schnellste Strecke wähle (36,8 km), weshalb von einer Einzelstrecke von 32 km und einer Gesamtstrecke von 64 km auszugehen sei. Allerdings könnten nur 0,30 Euro/km, insgesamt also 19,20 Euro berechnet werden. Die übrigen Kosten für Lichtbilder, Schreibarbeiten und Porto seien anhand des Mittelwerts des Honorarkorridors HB V zu schätzen, weshalb sich folgende Berechnung ergebe:

Grundhonorar: (netto) 08,50 Euro
Fahrtkosten: (netto) 19,20 Euro
Lichtbilder 1. Satz (10 x 2,38 Euro): (netto) 23,80 Euro
2. Fotosatz (10 x 1,50 Euro): (netto) 15,00 Euro
Schreibkosten je Seite (9 x 2,66 Euro): (netto) 23,94 Euro
Schreibkosten je Kopie (9 x 1,27 Euro): (netto) 11,43 Euro
Portokosten (pauschal): (netto) 16,33 Euro
Zwischensumme: (netto) 418,20 Euro
Gesamtbetrag: (brutto) 497,66 Euro


Abzüglich der geleisteten Zahlung in Höhe von 440,46 Euro bestehe damit noch ein Restanspruch in Höhe von 57,20 Euro.

Mit beim erkennenden Gericht am 14.10.2015 eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und die Klage anschließend auf den Hinweis der Kammer vom 20.01.2016 (Bl. 219 f. GA) in Höhe von 41,64 Euro zurückgenommen (Bl. 226 GA). Gleichwohl hat sie im Termin vom 31.03.2016 (Bl. 240 GA) auf den im Schriftsatz vom 14.10.2015 enthaltenen Antrag Bezug genommen,
die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu verurteilen, an sie weitere 78,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.


II.

Die Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Zu entscheiden ist nur noch über den beschränkten Berufungsangriff, wie er sich aus dem Schriftsatz vom 27.01.2016 (Bl. 226 GA) ergibt. Dieser ist analog §§ 133, 157 BGB als teilweise Rücknahme der Berufung zu qualifizieren, da die Klägerin erkennbar der Anregung des Gerichts aus dem Hinweisbeschluss vom 20.01.2016 Rechnung tragen wollte. Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 31.03.2016 ungeachtet dessen auf den ursprünglichen Berufungsantrag Bezug genommen hat, ist dies unschädlich und insbesondere nicht als Versuch zu werten, nach einer teilweisen Berufungsrücknahme den Berufungsangriff erneut zu erweitern.

2. Begründet ist die Berufung in Höhe von 27,84 Euro nebst Zinsen gem. § 291 BGB. Die Klägerin hat – über die bereits zuerkannten 57,20 Euro hinaus – einen Anspruch auf Zahlung weiterer 27,84 Euro. Entscheidend ist im Kern, dass es nach Auffassung des Gerichts in diesem Schadensersatzprozess auf den Bestand der Honorarverbindlichkeit im Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem Sachverständigen ankommt (s. bereits die Entscheidungen der Kammer vom 10.12.2015 – 3 S 9/15 und 3 S 21/15, Letztere veröffentlicht bei juris). Aus dem Gutachtenauftrag ergab sich kein Honoraranspruch in Höhe des berechneten und der Klage (ursprünglich) zu Grunde gelegten Betrags von 576,56 Euro (brutto), sondern lediglich eine – durch vorgerichtliche Zahlung teilweise untergegangene – Forderung in Höhe von insgesamt 525,50 Euro (brutto). Soweit die Honorarverbindlichkeit in dieser Höhe tatsächlich bestand bzw. teilweise noch besteht, war bzw. ist diese nicht unangemessen hoch. Deshalb kommt es auf die Frage nach einer Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Sachverständigen nicht an.

a) Die Klägerin ist, wie das Amtsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt hat, aufgrund der vorgelegten Abtretungsurkunde aktivlegitimiert (vgl. im Einzelnen die Entscheidung der Kammer vom 10.12.2015 – 3 S 21/15, juris).

b) Die volle Haftung der Beklagten für die durch den Verkehrsunfall verursachten Schäden steht außer Streit. Die Kosten eines Sachverständigengutachtens nach einem Verkehrsunfall zählen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, zu den mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und gemäß § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteilen, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs erforderlich und zweckmäßig ist. Ebenso können diese Kosten zu dem nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlichen Herstellungsaufwand gehören, wenn eine vorherige Begutachtung zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, juris).

aa) Als erforderlich sind diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. Wenn der Geschädigte die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann, so ist er nach dem Begriff des Schadens und dem Zweck des Schadensersatzes wie auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das Gebot zu wirtschaftlich vernünftiger Schadensbehebung verlangt jedoch vom Geschädigten nicht, zu Gunsten des Schädigers zu sparen oder sich in jedem Fall so zu verhalten, als ob er den Schaden selbst zu tragen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris). Im Übrigen bleibt es dem Schädiger unbenommen, darzulegen, dass der Geschädigte gegen seine Pflicht zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB) verstoßen hat, indem er bei der Schadensbeseitigung Maßnahmen unterlassen hat, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Schadensminderung ergriffen hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

bb) In Bezug auf Gutachterkosten genügt der Geschädigte seiner Darlegungslast laut der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs regelmäßig durch Vorlage der – von ihm beglichenen – Rechnung des Sachverständigen. Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht dann grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. Denn der in Übereinstimmung mit der Rechnung und der ihr zugrunde liegenden Preisvereinbarung vom Geschädigten tatsächlich erbrachte Aufwand bildet (ex post gesehen) bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein Indiz für die Bestimmung des ex ante zu bemessenden Betrags i.S.v. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, juris). Liegen die mit dem Sachverständigen vereinbarten oder von diesem berechneten Preise für den Geschädigten erkennbar erheblich über den üblichen Preisen, so sind sie jedoch nicht geeignet, den erforderlichen Aufwand abzubilden. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hat der Tatrichter dann allerdings zu beachten, dass der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO tragfähige Anknüpfungspunkte zugrunde liegen müssen (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, juris). Schließlich ergibt sich ein Verstoß gegen § 254 Abs. 2 S. 1 2. Fall BGB nicht bereits daraus, dass die vom Sachverständigen abgerechneten Nebenkosten die aus der BVSK-​Honorarbefragung ersichtlichen Höchstsätze überschreiten (vgl. BGH, Urt. v. 11.02.2014 – VI ZR 225/13, juris).

c) In diesem Rechtsstreit besteht indes – wie auch in den Verfahren 3 S 9/15 und 3 S 21/15 – die rechtliche Besonderheit, dass der Geschädigte bereits bei Beauftragung, also vor Begleichung des Honoraranspruchs, seine Schadensersatzforderung abgetreten hat. Zu diesem Zeitpunkt konnte er nicht Zahlung eines fiktiven erforderlichen Betrags, sondern grundsätzlich bloß Freistellung von den Sachverständigenkosten verlangen, da eine ernsthafte und endgültige Weigerung der Beklagten im Zeitpunkt der Beauftragung des Sachverständigen (§ 250 BGB) weder aufgezeigt worden noch sonst ersichtlich ist. Besteht der zu ersetzende Schaden lediglich in der Belastung mit einer Verbindlichkeit, setzt der auf Freistellung gerichtete Anspruch voraus, dass der Geschädigte tatsächlich mit dieser Verbindlichkeit belastet ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2013 – LwZR 8/12, juris). Konsequenz ist, dass auch derjenige, der einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt hat, lediglich insoweit Freistellung verlangen kann, als er selbst zur Zahlung verpflichtet ist (vgl. auch KG, Urt. v. 30.04.2015 – 22 U 31/14, juris). Die vorstehende Beurteilung ändert sich nicht durch eine Abtretung. Entscheidend ist die folgende Überlegung: Ein Freistellungsanspruch ist wegen § 399 1. Fall BGB nur eingeschränkt abtretbar. Eine Veränderung des Leistungsinhalts tritt nur dann nicht ein, wenn der Freistellungsanspruch gerade an den Gläubiger der zu tilgenden Schuld abgetreten wird (vgl. BGH, Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 271/08, juris). Hieraus folgt zugleich, dass im Verhältnis zwischen der Beklagten und der Klägerin als Zweitzessionarin letztlich der rechtliche Bestand der Honorarverbindlichkeit von ausschlaggebender Bedeutung ist (vgl. auch AG Bonn, Urt. v. 17.06.2015 – 110 C 194/15, juris).

Die vorgenannte – bereits mit Urteil vom 10.12.2015 (3 S 21/15, juris) ausführlich begründete – Beurteilung ist nach Auffassung der Kammer vollumfänglich vereinbar mit dem Ansatz des Bundesgerichtshofs, der in der Entscheidung vom 22.07.2014 gerade den Standpunkt gebilligt hat, dass der vom Geschädigten zu keinem Zeitpunkt beglichenen Rechnung keine Indizwirkung hinsichtlich der Erforderlichkeit der Nebenkosten zukomme (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VIZR 357/13, juris). Die spezifische Schutzwürdigkeit des Geschädigten, die es rechtfertigt, der Wirksamkeit von Vergütungsvereinbarungen für die Bestimmung des i.S.v. § 249 BGB erforderlichen Betrags grundsätzlich keine Bedeutung beizumessen (vgl. BGH, Urt. v. 23.01.2007 – VI ZR 67/06, juris), kommt in der Konstellation der Abtretung eines Freistellungsanspruchs nicht zum Tragen. Vielmehr gilt, dass der Geschädigte nur insoweit Freistellung verlangen konnte, als er selbst zur Zahlung verpflichtet ist. Alles andere liefe faktisch auf einen unzulässigen Ersatz fiktiver Kosten hinaus (in diese Richtung deutlich auch BGH, Urt. v. 15.10.2013 – VI ZR 528/12, juris). Diese Wertung tritt nicht deshalb in den Hintergrund, weil sich der Freistellungsanspruch durch die Abtretung in einen Zahlungsanspruch umgewandelt hat.

d) Nach alledem kann sich erst nach Klärung des Bestands der Verbindlichkeit die Frage stellen, inwieweit es dem Sachverständigen in seiner Rolle als Zessionar verwehrt ist, ein wirksam vereinbartes, aber die übliche Vergütung überschreitendes Honorar als Schadensposten geltend zu machen; Konstruktiv ließe sich dies verwirklichen, spräche man einem Schuldner des (abgetretenen) Freistellungsanspruchs das Recht zu, sich auf Einwendungen des Geschädigten zu berufen, die unmittelbar mit derjenigen Verbindlichkeit verknüpft sind, die Gegenstand der Freistellungsverpflichtung ist. Eher zweifelhaft erscheint demgegenüber die Annahme, dass jeder Sachverständige von vornherein auch gegenüber dem Unfallgegner und dessen Versicherer aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte verpflichtet ist, möglichst günstige Preise zu vereinbaren oder dem Geschädigten die Beauftragung eines anderen Sachverständigen anzuraten (vgl. die Entscheidung der Kammer vom 10.12.2015 – 3 S 21/15, juris).

e) Hiernach ergibt sich im Rahmen der erforderlichen Prüfung des Bestands der Honorarverbindlichkeit Folgendes:

aa) Die Kammer hält an ihrer – in der Entscheidung vom 10.12.2015 (3 S 21/15, juris) bereits ausführlichen begründeten – Auffassung fest, dass es sich bei den im Gutachtenauftrag vorgesehenen Nebenkostenpositionen – mit Ausnahme der nicht streitrelevanten Vergütung für die Restwertbörse – um Preisvereinbarungen handelt, die mit Blick auf §§ 305c, 307 BGB keinen Bedenken unterliegen. Vertraglich ergab sich daher nach Erfüllung des Gutachtenauftrags durch Fertigstellung des Werkes aus der Vereinbarung über die Nebenkosten eine Honorarforderung des Sachverständigen in Höhe von 132,50 Euro (netto) bzw. 157,68 Euro (brutto), wobei sich der Betrag wie folgt zusammensetzte:

Fahrtkosten: (netto) 35,20 Euro
1. Fotosatz: (netto) 25,00 Euro
2. Fotosatz: (netto) 16,50 Euro
Schreibgebühren: (netto) 25,20 Euro
Schreibgebühren Zweitausfertigung: (netto) 12,60 Euro
Portokosten: (netto) 18,00 Euro
Zwischensumme: (netto) 132,50 Euro
Gesamtbetrag: (brutto) 157,68 Euro


bb) Im Verfahren 3 S 21/15 konnte die Kammer indes letztlich offenlassen, ob die im Gutachtenauftrag enthaltene Vereinbarung über das Grundhonorar einer Überprüfung anhand von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB standhält. Denn in jedem Fall kam es dort auf das Grundhonorar laut Honorarkorridor HB V der BVSK-​Honorarbefragung 2013 an, eben entweder kraft der vertraglichen Verweisung oder aber über § 632 Abs. 2 BGB i.V.m. § 306 Abs. 1 und 2 BGB.

Im Streitfall liegt es nunmehr anders. Denn hielte man die Vereinbarung des Grundhonorars für wirksam, so wäre die BVSK-​Honorarbefragung 2013 maßgeblich. Es ergäbe sich lediglich die – vom Landgericht Düsseldorf bejahte (vgl. Urt. v. 15.01.2016 – 20 S 168/15, n.v., Bl. 230 ff. GA) – Anschlussfrage, ob es die Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB gebietet, auf den niedrigsten Wert innerhalb des einschlägigen Honorarkorridors abzustellen (welcher, anders als das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung angenommen hat, eine Grundvergütung zwischen 317,00 Euro und 352,00 Euro vorsieht). Hält man hingegen bereits die Vereinbarung über das Grundhonorar mangels ausreichender Transparenz für unwirksam, so gelangt § 632 Abs. 2 BGB zur Anwendung (vgl. die Entscheidung der Kammer vom 10.12.2015 – 3 S 21/15, juris). In diesem Fall kann indes nicht mehr ohne Weiteres auf die Werte der BVSK-​Honorarbefragung 2013 abgestellt werden. Denn inzwischen liegt eine neue Honorarbefragung vor (BVSK-​Honorarbefragung 2015), die aufgrund ihrer Aktualität vorzugswürdig ist und im Streitfall gerade deshalb zur Anwendung gelangt, weil der Gutachtenauftrag an einem Tag erteilt worden ist, der bereits in den Erhebungszeitraum der BVSK-​Honorarbefragung 2015 fällt.

(1) Die Kammer entscheidet die vorgenannte Frage nun dahin, dass die Abrede über das Grundhonorar einer Überprüfung anhand von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB nicht standhält. Es handelt sich im Grundsatz um eine der Inhaltskontrolle nicht zugängliche Bestimmung. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB beschränkt die Inhaltskontrolle auf solche Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dies trifft nicht zu auf solche Klauseln, die unmittelbar den Preis der vertraglichen Hauptleistung oder das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung bestimmen (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2012 – XI ZR 500/11, NJW 2013, 995). Eine Preisvereinbarung ist aber zumindest am Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu messen. Nach der vorgenannten Bestimmung kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dies trifft auf den Gutachtenauftrag zu, soweit für das „Grundhonorar“ die „Grundlage“ der Berechnungen der im „Honorarbereich V ermittelte Wert der aktuellen BVSK-​Befragung“ sein soll. Inhaltlich verständlich könnte dies allenfalls sein, wenn dem Geschädigten weitere Informationen – insbesondere die Honorartabelle nebst Erläuterungen – zur Verfügung gestellt werden. Denn nur auf diesem Wege ließe sich erkennen, inwieweit der „ermittelte Schaden“ anhand des Wiederbeschaffungswertes oder der Reparaturkosten (mit oder ohne Mehrwertsteuer) zu bestimmen ist (vgl. hierzu auch Böhm/Strecke, ZfSch 2015, 4 ff.). Lediglich mit Vorlage der Tabelle erhält der Geschädigte im Übrigen eine ungefähre Vorstellung von der Höhe der zu erwartenden Kosten. Darüber hinaus bleibt im Gutachtenauftrag jedoch völlig offen, anhand welcher Kriterien die exakte Höhe des Grundhonorars bestimmt werden soll. Denn der Honorarbereich V nennt keine konkreten Zahlen, sondern lediglich einen Rahmen. Ob dem Sachverständigen innerhalb des Rahmens ein Recht zur einseitigen Leistungsbestimmung eingeräumt werden sollte, ist dem Gutachtenauftrag nicht eindeutig zu entnehmen. Voraussetzungen und Umfang eines etwaigen Leistungsbestimmungsrechts sind jedenfalls tatbestandlich nicht hinreichend konkretisiert worden (vgl. zum Aspekt der bei § 315 BGB sogar möglichen Inhaltskontrolle BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, NJW-​RR 2005, 1496, 1500). Für den Geschädigten bleibt allenfalls die allgemeine Erwartung, dass sich der Sachverständige bei der Festlegung der Höhe an dem Arbeitsaufwand orientieren werde. Nach alledem gelangt hinsichtlich des Grundhonorars § 632 Abs. 2 BGB zur Anwendung.

(2) Im Rahmen von § 632 Abs. 2 BGB ist es weiterhin angezeigt, der Wechselwirkung von Grundhonorar und Nebenkosten Rechnung zu tragen; gerade die aktuelle BVSK-​Honorarbefragung 2015 erhellt die Tragfähigkeit dieses von der Kammer bereits in der Entscheidung vom 10.12.2015 (3 S 21/15, juris) hervorgehobenen Gesichtspunktes: Denn im Zuge der aktuellen Befragung ist auf die Problematik der Nebenkosten reagiert worden. Durch die Vorgabe fester Nebenkostensätze ist es zu einer Veränderung der Gewichtung von Grundhonorar und Nebenkosten gekommen. Während der auf die Nebenkosten entfallende Vergütungsanteil gesunken ist, ist bei den Grundhonoraren ist eine gewisse Steigerung zu verzeichnen.

(a) Ausgeschlossen erscheint es hiernach mit Blick auf die Höhe der im Streitfall wirksam vereinbarten Nebenkosten, das Grundhonorar anhand der Daten aus der BVSK-​Honorarbefragung 2015 zu ermitteln. Dies würde unzweifelhaft zu einer insgesamt unüblichen Vergütung führen, weil der Sachverständige so die Gelegenheit erhielte, die höheren Nebenkosten laut der BVSK-​Honorarbefragung 2013 mit der erhöhten Grundvergütung laut der BVSK-​Honorarbefragung 2015 zu addieren. Allenfalls denkbar wäre es, von einer insgesamt üblichen Vergütung auszugehen, soweit Grundhonorar und Nebenkosten den höchsten Gesamtbetrag laut BVSK-​Honorarbefragung 2015 nicht überschreiten; zu diesem Ergebnis führte etwa der Einigungsvorschlag der Kammer vom 20.01.2016 (Bl. 219 GA: Vereinbarte Nebenkosten zuzüglich des niedrigsten Grundhonorars laut BVSK-​Honorarbefragung 2013 [317,00 Euro netto] = 534,91 Euro brutto).

(b) Vorzugswürdig erscheint es der Kammer indes, im Regelfall zur Ermittlung des insgesamt üblichen Honorars auf denjenigen Betrag abzustellen, der sich aus dem Mittelwert des Grundhonorars der BVSK-​Honorarbefragung 2015 sowie den im Zuge dieser Umfrage vorgegebenen Nebenkosten ergibt. Dies kann – wird der dem Streitfall zu Grunde liegende vorformulierte Gutachtenauftrag verwendet – dazu führen, dass auf das Grundhonorar ein Betrag entfällt, der den niedrigsten Wert laut BVSK-​Honorarbefragung 2013 noch unterschreitet.

cc) Nach alledem ergibt sich folgende Berechnung:
(1) Mittelwert des Grundhonorars laut BVSK-​Honorarbefragung 2015 zuzüglich dort vorgegebener Nebenkosten:

Grundhonorar-​Mittelwert: (netto) 358,50 Euro
Fahrtkosten (32 km x 0,70 Euro): (netto) 22,40 Euro
1. Fotosatz (10 x 2,00 Euro): (netto) 20,00 Euro
2. Fotosatz (10 x 0,50 Euro),: (netto) 5,00 Euro
Schreibgebühren (9 x 1,80 Euro): (netto) 16,20 Euro
Schreibgebühren Zweitausfertigung (9 x 0,50 Euro): (netto) 4,50 Euro
Portokosten: (netto) 15,00 Euro
Zwischensumme: (netto) 441,60 Euro
Gesamtbetrag: (brutto) 525,50 Euro


(2) Da die Nebenkosten nach Vereinbarung – wie aufgezeigt – 132,50 Euro netto bzw. 157,68 Euro brutto betragen, während nach der BVSK-​Honorarbefragung 2015 auf die Nebenkosten nur 83,10 Euro netto (98,89 Euro brutto) entfallen, ist hiernach eine Herabsetzung des Grundhonorars auf 309,10 Euro netto geboten (132,50 Euro + 309,10 Euro = 441,60 Euro netto = 525,50 Euro brutto).
f) Zuletzt besteht aus Sicht des Gerichts auch kein Anlass für die Annahme, dass es zu einer Vereinbarung eines für den Geschädigten erkennbar überhöhten Honorars gekommen ist. Soweit der Bundesgerichtshof es revisionsrechtlich nicht beanstandet hat, bestimmte Nebenkostenpositionen – z.B. Fahrtkosten von 1,05 Euro pro km – als erkennbar überhöht zu werten, und Zweifel an der Tragfähigkeit der (älteren) BVSK-​Honorarbefragung als Schätzgrundlage für Nebenkosten geäußert worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2014 – VI ZR 357/13, juris), ist aus Sicht des Gerichts keine abweichende Würdigung gerechtfertigt. Denn der Wechselwirkung von Grundhonorar und Nebenkosten ist bereits bei der Bemessung des Grundhonorars Rechnung getragen worden. Aus diesem Grund stellt sich auch nicht die Frage nach der Verletzung von Hinweispflichten bzw. einer Anwendung von § 242 BGB in der hier gegebenen Abtretungskonstellation.

g) Abzüglich des nach § 366 Abs. 1 BGB auf die Hauptforderung bereits gezahlten Betrags (440,46 Euro) ergibt sich daher eine Restforderung in Höhe von 85,04 Euro, die in Höhe von 57,20 Euro bereits zuerkannt worden ist. Die Berufung hat damit in Höhe von weiteren 27,84 Euro Erfolg. Soweit Hauptforderung und Zinsen nicht bereits rechtskräftig zuerkannt worden sind, kann die Klägerin hinsichtlich des überschießenden Betrags analog § 187 Abs. 1 BGB nur Zinsen ab dem Tag nach Klagezustellung verlangen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Bei dieser war der Reduzierung des Berufungsstreitwerts vor dem Termin vom 31.03.2016 Rechnung zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Von einer Zulassung der Revision wird mit Blick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.10.2013 (VI ZR 528/12, juris) im Ergebnis abgesehen.


Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt
auf 78,90 EUR bis 27.01.2016,
auf 37,26 EUR ab 28.01.2016.