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Amtsgericht Berlin-Mitte Urteil vom 19.08.2014 - 3 C 3423/13 - Verweisung auf eine Referenzwerkstatt bei fiktiver Abrechnung

Berlin-Mitte v. 19.08.2014: Verweisung auf eine Referenzwerkstatt bei fiktiver Abrechnung


Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 19.08.2014 - 3 C 3423/13) hat entschieden:
Der Geschädigte eines Verkehrsunfalls muss sich nicht auf eine Referenzwerkstatt bei fiktiver Abrechnung des Schadens verweisen lassen, wenn insofern ein Prüfbericht vorgelegt wird, der nicht ausreichend ist, um es dem Geschädigten zu ermöglichen, nachzuvollziehen, ob die angegebenen Referenzwerkstätten gemäß dem vorgegebenen Reparaturweg des Sachverständigen, die Reparatur gleichwertig sach- und fachgerecht, aber kostengünstiger durchführen können.


Siehe auch Reparaturkosten und Stundenverrechnungssätze - Fachwerkstatt


Tatbestand:

Der Kläger beansprucht von der Beklagten restliche Reparaturkosten, Rechtsanwaltsgebühren sowie die Feststellung der Übernahmeverpflichtung zukünftiger materieller Schäden aufgrund des Verkehrsunfalls vom 13.04.2013 auf der Dresdner Straße. Die Haftung dem Grunde nach der Beklagten ist zwischen den Parteien unstreitig.

Der Kläger beansprucht weitere 665,32 € Reparaturschaden sowie 81,40 € Rechtsanwaltsgebühren.

Der Kläger beantragt:
  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 665,32 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.06.2013 zu zahlen.

  2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten von 81,40 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 43,32 € seit dem 19.06.2013 und aus 38,08 € seit dem 25.06.2013 zu zahlen.

  3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin auch die weiteren materiellen Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 13.04.2013 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf öffentliche Versicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, sie habe hinreichend Schadenersatz geleistet. Die Rechtsanwaltsgebühren seien überhöht, insbesondere die zweite Rechnung für Akteneinsicht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.


Entscheidungsgründe:

Die Klage ist im zuerkannten Maße begründet und zu einem geringen Teil unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 7, 17 StVG, 115 VVG auf restliche 619,43 € Reparaturkosten.

Die Parteien haben im Termin zur mündlichen Verhandlung die Position Spurstange rechts und Spurstangenkopf rechts mit 45,89 € unstreitig gestellt. Insofern waren 45,89 € von dem Reparaturschaden des Klägers abzuziehen. Damit verbleibt ein Reparaturschaden von 619,43 € des Klägers, nachdem bisher 2.608,34 € von der Beklagten bezahlt wurden.

Der Kläger muss sich insbesondere nicht auf eine Referenzwerkstatt bei fiktiver Abrechnung des Schadens verweisen lassen. Die Beklagte legte insofern einen Prüfbericht vor. Der Prüfbericht der Fa. A ist jedoch nicht ausreichend, um es dem Kläger zu ermöglichen nachzuvollziehen, ob die angegebenen Referenzwerkstätten gemäß dem vorgegebenen Reparaturweg des Sachverständigen, die Reparatur gleichwertig sach- und fachgerecht, aber kostengünstiger durchführen können. Bei der Prüfkalkulation handelt es sich lediglich um ein tabellarisches Zahlenwerk, das ein Geschädigter nicht auf seine Plausibilität hin überprüfen kann. Wenn dieser Prüfbericht ausreichen würde, so hätte letzten Endes der Haftpflichtversicherer der Gegenseite eines Geschädigten die Bewertungshoheit über den Gesamtschaden eines Geschädigten im Hinblick auf die Reparaturkosten, ohne dass der Geschädigte die Plausibilität überhaupt überprüfen kann. Da es einem Geschädigten aber unbenommen ist, seinen Schaden entweder konkret durch Vornahme einer Reparatur nebst Reparaturrechnung oder Fiktiv durch Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens abzurechnen und unstreitig ein Geschädigter zur Reparatur eine Markenwerkstatt in Anspruch nehmen kann, geht das Gericht davon aus, dass die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt gemäß dem vom Kläger vorgelegten Privatgutachten Z zugrunde gelegt werden können. Bezüglich des Abzugs neu für alt geht das Gericht ebenfalls von den Vorgaben des Privatgutachtens Z aus. Zwar hat das klägerische Fahrzeug eine Laufleistung von über 200.000 km. Allerdings ist dies bereits in dem Privatgutachten Z dahingehend berücksichtigt worden, dass keine Wertminderung zugrunde gelegt wurde, aufgrund des Alters und der Laufleistung und des Schadensumfanges. Das Alter und die Laufleistung des Fahrzeuges sind bei dieser Position also bereits berücksichtigt und können beim Abzug für Wertverbesserung damit nicht über den vom Sachverständigen Z angesetzten Betrag hinausgehend erneut berücksichtigt werden. Des weiteren hat der Kläger den Anspruch auf 15% Aufschlag auf die Ersatzteilkosten gemäß dem vorgelegten Privatgutachten.

Des weiteren hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 43,32 €. Dies ergibt sich unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von bis zu 4.000,00 € und einer 1,3 Geschäftsgebühr abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 359,50 €. Dagegen hat der Kläger keinen Anspruch auf die weiteren Rechtsanwaltsgebühren gemäß der Rechnung vom 13. Juni 2013 an den Kläger. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern neben den vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren weitere 38,08 € für Akteneinsicht geltend gemacht werden.

Des weiteren hat der Kläger einen Anspruch auf die Feststellung, dass zukünftige materielle Schäden aufgrund des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls dem Kläger zu erstatten sind. Nach alledem war wie erkannt zu entscheiden.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 ff. BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.



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