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OLG Schleswig Urtreil vom 16.02.2006 - 16 U 25/05 - In der Klagefristbelehrung ist kein Hinweis auf die mögliche Prozesskostenhilfe nötig

OLG Schleswig v. 16.02.2006: In der Klagefristbelehrung ist kein Hinweis auf die mögliche Prozesskostenhilfe nötig


Das OLG Schleswig (Urtreil vom 16.02.2006 - 16 U 25/05) hat zum Umfang der Belehrung nach § 12 Abs. 3 VVG entschieden:
In der nach § 12 Abs. 3 VVG vorzunehmenden Belehrung des Versicherungsnehmers über die Ausschlussfrist, innerhalb derer er seinen Leistungsanspruch geltend machen muss, braucht der Versicherer nicht auf die Möglichkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs hinzuweisen (Abweichung von OLG Hamm VersR 2002, 1139).


Siehe auch Deckungsklage und Klagefrist im Versicherungsvertragsrecht und Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Das angefochtene Urteil ist zutreffend und entspricht sowohl der ständigen Rechtsprechung des Senats als auch der bislang herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Lehre.

Danach darf der Versicherer bei seiner "Angabe, der mit dem Ablauf der Frist verbundenen Rechtsfolge" i. S. von § 12 Abs. 3 S. 2 VVG "gerichtlich geltend machen" i. S. von § 12 Abs. 3 S. 1 VVG nicht auf Klageerhebung allein verkürzen, weil dadurch der Versicherungsnehmer davon abgehalten werden könnte, den einfacheren und billigeren Weg eines Mahnbescheides zu gehen, der ebenfalls eine Form der gerichtlichen Geltendmachung darstellt.

Das Ablehnungsschreiben der Beklagten vom 15. März 2004 entspricht diesen Anforderungen. Die Beklagte hat auf Klage und Mahnbescheid hingewiesen. Im Übrigen hat sie noch einmal den Wortlaut des Gesetzes wiederholt, womit sie ersichtlich gemeint hat, allen Anforderungen der Rechtsprechung zu genügen.

b) Allerdings hat das Oberlandesgericht Hamm nunmehr auch den Hinweis auf die Möglichkeit der Anbringung eines Prozesskostenhilfegesuchs als Inhalt der Belehrung nach § 12 Abs. 3 S. 2 VVG für geboten gehalten (OLG Hamm, VersR 2002, 1139, 1140). Danach soll eine allein auf Klageerhebung abhebende Belehrung schon deshalb unrichtig sein, weil sie geeignet sei, einen unbemittelten Versicherungsnehmer von der fristwahrenden Anbringung eines Prozesskostenhilfegesuchs abzuhalten. Diese Ansicht hat der Bundesgerichtshof in einem Urteil vom 05. Februar 2003 (VersR 2003, 489) zustimmend zitiert.

c) Der Senat hält die Auffassung, ein Versicherer müsse, wenn er sich nicht streng an den Gesetzeswortlaut halte, sondern im Einzelnen belehre, was unter gerichtlicher Geltendmachung zu verstehen sei, auch auf die Möglichkeit eines Prozesskostenhilfegesuchs bei Gericht hinweisen, für unrichtig. Diese Ansicht ist in sich unstimmig, weil auch nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs bei Gericht noch keine Form gerichtlicher Geltendmachung des Versicherungsanspruchs ist. Das entspricht auch ganz herrschender Meinung. Die weiteren Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm, was alles zum Schutze eines mittellosen Versicherungsnehmers zu beachten sei, können an diesem Umstand nichts ändern. Die Einreichung eines Prozesskostenhilfegesuchs für eine beabsichtigte Klage ist nichts anderes als die Vorform einer gerichtlichen Geltendmachung durch Klage. Darauf braucht nicht besonders hingewiesen zu werden, und zwar weder nach dem Sinn noch nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 3 S. 2 VVG. Ein Versicherer darf in seiner Belehrung nicht irreführen, ihm kann aber nicht vorgehalten werden, seine Belehrung sei unvollständig, wenn er sich bei seiner Erläuterung des Begriffs "gerichtlich geltend machen" an das hält, was in Rechtsprechung und Lehre einhellige Meinung ist.

Nach Auffassung des Senats ist die Meinung des Oberlandesgerichts Hamm nur vor dem Hintergrund verständlich, dass im Zuge der Reformbestrebungen des Versicherungsvertragsrechts die dafür eingesetzte Kommission mit Mehrheit für eine Abschaffung des § 12 Abs. 3 VVG plädiert hat, weil darin eine ungerechtfertigte Ausnahme im Interesse der Versicherer von den allgemeinen Verjährungsregeln gesehen worden ist. Sie läuft darauf hinaus, schon vor jeder Gesetzesänderung die Bedeutung des § 12 Abs. 3 VVG in der Praxis durch übertriebene Anforderungen zu marginalisieren. Der Senat hält eine solche vorauseilende Verwirklichung rechtspolitischer Bestrebungen durch Gerichte mit Art. 97 Abs. 1 GVG für nicht vereinbar. ..."