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Oberlandesgericht Celle Urteil vom 19.11.2009 - 8 U 79/09 - Keine Anzeichen für einen Unfallschock nach Verkehrsunfallflucht

OLG Celle v. 19.11.2009: Leistungsfreiheit des Fahrzeugversicherers ohne Anzeichen für einen Unfallschock nach Verkehrsunfallflucht;


Das Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 19.11.2009 - 8 U 79/09) hat entschieden:

   Ein vorsatz- oder schuldausschließender Unfallschock kommt nur unter außergewöhnlichen äußeren und inneren Bedingungen zustande und erreicht auch dann selten eine solche Stärke, dass eine die Willensfreiheit beeinflussende Bewusstseinsstörung vorliegt (OLG Frankfurt VersR 2001, 1374; Stiefel/Hofmann, AKB, 17. Aufl., § 7 AKB Rdnr. 84). Für einen solchen Schock müssen entsprechende Anzeichen vorhanden sein.


Siehe auch
Verkehrsunfallflucht in angeblichem Schockzustand
und
Stichwörter zum Thema Kfz-Versicherung


Gründe:


I.

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Kaskoversicherung geltend, die Beklagte verfolgt mit ihrer Widerklage die Erstattung von Aufwendungen, die sie als Kfz-Haftpflichtversicherer erbracht hat.

Der 1935 geborene Kläger, von Beruf Ingenieur, ist Eigentümer eines Pkw Mercedes Benz SLK 200, der bei der Beklagten haftpflicht- und mit einer Selbstbeteiligung von 300 € vollkaskoversichert ist.

Am 27. Dezember 2007 besuchte der Kläger ein Gasthaus in der S.straße in G. Als er gegen 17:40 Uhr sein Fahrzeug rückwärts ausparkte, hielt er auf dem gegenüberliegenden Fahrstreifen verkehrsbedingt an. Sodann fuhr er nicht vorwärts, sondern rückwärts weiter, über eine Bordsteinkante und gegen die Außenmauer eines Wohnhauses (Skizze Bl. 54 d. A.), wodurch der Pkw des Klägers und die Hausfassade beschädigt wurden. Der Kläger setzte seine Fahrt anschließend fort und fuhr gemeinsam mit seiner Ehefrau als Beifahrerin zu seinem ca. 800 m entfernt liegenden Wohnhaus.




Die Eigentümerin des Hauses informierte die Polizei, die den Kläger ermittelte und zuhause aufsuchte. Eine um 19:15 Uhr dem Kläger entnommene Blutprobe ergab einen Blutalkoholgehalt von 0,9 g ‰. Mit Urteil des Amtsgerichts G. wurde der Kläger wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr und unerlaubten Entfernens vom Unfallort zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 40 € verurteilt.

Mit seiner Klage macht der Kläger voraussichtliche Reparaturkosten in Höhe von 8.777,84 € geltend (Bl. 16 d. A.). Ein von der Beklagten beauftragter Sachverständiger ermittelte an der beschädigten Fassade einen Schaden in Höhe von 1.900 €, wovon wegen nicht unerheblicher Vorschäden die Beklagte 190 € abzgl. MwSt. zzgl. einer Pauschale von 25 € erstattete. Deswegen und wegen weiterer Kosten (S. 11 der Klagerwiderung, Bl. 43 d. A., Belege Bl. 56 ff. d. A.) hat die Beklagte widerklagend einen Betrag von 916,02 € geltend gemacht sowie die Feststellung beantragt, dass der Kläger verpflichtet ist, der Beklagten sämtliche Aufwendungen zu ersetzen, die ihr als Kfz-Haftpflichtversicherer aus dem Unfallereignis zukünftig noch entstehen, sei es durch berechtigte Ansprüche geschädigter Dritter oder durch eigene Ermittlungskosten, begrenzt auf einen Betrag bis zu 10.000 € (Bl. 77 d. A.).

Der Kläger hat vorgetragen, der Unfall beruhe auf einem nicht alkoholbedingten Fahrfehler, nämlich einem „Schaltfehler“. Zur anschließenden Entfernung vom Unfallort sei es gekommen, weil der Kläger unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalles und einer Hüftgelenkoperation gelitten habe. Der Aufprall habe heftige Schmerzen ausgelöst; außerdem sei das Hörgerät ausgefallen. Die Gesamtumstände hätten einen Schock verursacht. Mit seiner Ehefrau habe er verabredet gehabt, dass diese an den Unfallort zurückkehre.

Die Beklagte, die mit Schreiben vom 11. Januar 2008 (Bl. 7 d. A.) den Versicherungsvertrag mit sofortiger Wirkung gekündigt hatte, hat ihre Leistungsablehnung darauf gestützt, dass der Unfall auf die Alkoholisierung des Klägers zurückzuführen sei, der Kläger den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt und außerdem seine Obliegenheiten verletzt habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Durch die Verkehrsunfallflucht habe der Kläger seine Aufklärungsobliegenheit verletzt. Von einem Augenblicksversagen sei nicht auszugehen. Entlastende besondere Umstände habe der Kläger nicht dargelegt. Auch die Voraussetzungen der Relevanzrechtsprechung seien gegeben. Die Widerklage sei begründet, weil der Kläger durch die vorsätzliche Verkehrsunfallflucht gegen seine Aufklärungsobliegenheit verstoßen habe. Außerdem bestehe kein Versicherungsschutz wegen der Alkoholisierung des Klägers. Leistungsfrei sei die Beklagte ferner gemäß § 12 Abs. 3 VVG. Die Beklagte habe Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen und könne Feststellung bis zu einem Betrag von insgesamt 10.000 € verlangen, weil die beiden Regresshöchstbeträge zu addieren seien.




Gegen das Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung unter überwiegender Aufrechterhaltung seiner erstinstanzlich gestellten Anträge; die Selbstbeteiligung in Höhe von 300 € bringt er nunmehr in Ansatz. Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Unter Beweisantritt trägt er vor, dass die unfallbedingt ausgelösten Schmerzen so heftig gewesen seien, dass sogar die Gefahr bestanden habe, dass er an der Unfallstelle kollabiere. Soweit das Landgericht erst im Urteil sich dazu geäußert habe, dass weiterer Sachvortrag zur Erkrankung des Klägers und daraus resultierender Folgen im Zusammenhang mit dem Unfall nötig gewesen sei, habe das Landgericht gegen § 139 ZPO verstoßen. Die geringfügige Alkoholisierung sei weder unfallkausal gewesen, noch habe diese zum Entfernen vom Unfallort geführt. Aufklärungsobliegenheiten habe der Kläger entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verletzt. Er habe unter Schock gestanden und quasi in einer Notsituation die Unfallstelle verlassen. Der Schaden an der Fassade sei nur ein Bagatellschaden. Die erforderlichen Feststellungen hätten problemlos noch getroffen werden können. Dass der Kläger nach dem Aufprall seinen Irrtum bemerkt und das Fahrzeug intuitiv in die richtige Fahrtrichtung gelenkt habe, spreche dafür, dass alkoholbedingte Ausfallerscheinungen nicht vorhanden gewesen seien.

Der Kläger beantragt,

  1.  unter Abänderung/Aufhebung des am 18.02.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover, Az.: 6 O 195/08, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.477,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

und

  2.  die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

   die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, die beigezogenen Akten 203 Js 198/08 StA Baden-Baden, das angefochtene Urteil sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.


II.

Die zulässige Berufung hat nur in geringem Umfang Erfolg. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ersatz seiner (fiktiven) Reparaturkosten gemäß §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49 VVG a. F. i. V. m. §§ 12, 13 AKB zu. Die Beklagte ist nach § 7 I. 2. Satz 4, V. 4. AKB i. V. m. § 6 Abs. 3 VVG a. F. leistungsfrei. Der Beklagten steht ihrerseits gegen den Kläger ein Regressanspruch gemäß § 3 Nr. 9 Satz 2, Nr. 10 Satz 2 PflVG in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung, § 426 BGB, § 2 b 1. e), § 7 I. 2. Satz 4, V. 1., 2 AKB, § 5 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Satz 1, § 6 KfzPflVV, § 6 Abs. 1 VVG a. F. zu, allerdings entgegen der Ansicht des Landgerichts beschränkt auf einen Betrag von insgesamt 7.500 €, so dass insoweit die Berufung des Klägers Erfolg hat.



A.

Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Beklagte von der Verpflichtung zur Leistung frei ist, weil der Kläger gegen seine Obliegenheit verstoßen hat, sich nicht unerlaubt von der Unfallstelle zu entfernen. Die Bedeutung der Alkoholisierung kann demgegenüber an dieser Stelle dahingestellt bleiben.

1. Nach § 7 I. 2. Satz 4 AKB ist der Versicherungsnehmer verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes dienlich sein kann. Das Verlassen der Unfallstelle stellt auch bei ansonsten eindeutiger Haftungslage nur, aber auch stets eine Verletzung der Aufklärungspflicht in der Kaskoversicherung dar, wenn dadurch der objektive und der subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird (BGH VersR 2000, 222; 1987, 657; Urteil des Senats vom 29. Januar 2009, 8 U 151/08; Beschluss des Senats vom 16. April 2009, 8 U 38/09; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB Rdnr. 17). Ein derartiges schutzwürdiges Aufklärungsinteresse besteht auch dann, wenn die Haftungslage eindeutig ist. Der Zweck der Vorschrift besteht darin, den Versicherungsnehmer zu zwingen, an der Aufklärung des Sachverhaltes auch insoweit mitzuwirken, als es um Tatsachen geht, die zum Verlust des Versicherungsschutzes führen können. In der Kaskoversicherung geht es insbesondere um die Befugnis des Versicherers zu prüfen, ob er nach § 61 VVG a. F. von der Leistungspflicht befreit ist, weil der Versicherungsnehmer den Unfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit, Drogenbeeinflussung, Übermüdung oder andere geistige bzw. fahrerische Defizite für den Unfall ursächlich waren. Durch nachträgliche Angaben, deren Wahrheitsgehalt oft nicht überprüft werden kann, ist die Aufklärung dagegen nicht zuverlässig gewährleistet (BGH, a. a. O.). Würde man demgegenüber bei eindeutiger Haftungslage trotz Unfallflucht eine Obliegenheitsverletzung verneinen, so würde die dem Versicherer vertraglich eingeräumte Prüfungsmöglichkeit entscheidend verkürzt.

2. Gegen diese Obliegenheit hat der Kläger objektiv verstoßen. Gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB liegt ein unerlaubtes Entfernen vom Unfallort vor, wenn ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat. Entsprechendes gilt nach § 142 Abs. 1 Nr. 2 StGB, wenn ein Unfallbeteiligter sich entfernt, ohne eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet zu haben, ohne dass jemand bereit war, die erforderlichen Feststellungen zu treffen. Hier war der Kläger an einem Unfall beteiligt (§ 142 Abs. 5 StGB), als er am 27. Dezember 2007 nach dem Besuch eines Gasthauses in der S.straße in G. gegen 17:40 Uhr sein Fahrzeug rückwärts ausparkte und nach einem kurzen Halt rückwärts gegen eine Hauswand fuhr.

Es handelt sich auch nicht etwa nur um einen Bagatellschaden, bei dem keine Wartepflicht besteht. Ein derart völlig belangloser Schaden wird im Strafrecht bei § 142 StGB im Rahmen von nur etwa 25 € gesehen (Fischer, StGB, 56. Aufl., § 142 Rdnr. 11). In der zivilrechtlichen Rechtsprechung zu § 7 AKB werden Fremdschäden von mehr als 120,- DM (OLG Köln ZfS 2000, 544), 109,- DM (OLG Düsseldorf VersR 1993, 1141), 100,- DM (OLG Nürnberg ZfS 1985, 118), 20 € (LG Mannheim SP 2003, 143), 25 - 30 € (OLG Naumburg SP 2004, 268) und 50,- € (OLG Brandenburg RuS 2008, 187; Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 7 AKB Rdnr. 25) bereits als jenseits der Erheblichkeitsgrenze angesehen. Der Senat hat in dem bereits erwähnten Beschluss vom 16. April 2009 (8 U 38/09) einen Schaden von 100 € als nicht mehr belanglos angesehen; beim Abkommen von der Fahrbahn hatte ein Kraftfahrer zwei junge Fichten in einem Wald beschädigt.

Vorliegend ist insoweit schon auf den hohen Schaden am Fahrzeug des Klägers voraussichtliche Reparaturkosten von fast 9.000 € gemäß der Anlage K 4 hinzuweisen. Auch die bei den Akten und den Beiakten befindlichen Lichtbilder zeigen, dass die Beschädigungen am Fahrzeug des Klägers erheblich waren. Die Beschädigungen am Kofferraumdeckel und dem hinteren linken Kotflügel machen deutlich, dass der Stoßfänger die Wucht des Aufpralls gegen die gerade Fläche der Hauswand nicht auffangen konnte. Deren Beschädigung ist nicht unerheblich. Im Strafverfahren hat der Kläger selbst ein privates Sachverständigengutachten vorgelegt, wonach der Schaden am Haus 190 € betrage (BA Bl. 133). Von diesem Wert ist auch die Beklagte gegenüber der geschädigten Hauseigentümerin ausgegangen und hat dieser diesen Betrag, vermindert um die MwSt. und erhöht um die Schadenspauschale gezahlt (Bl. 56 d. A.). Für einen deutlich niedrigeren Wert, der den Fremdschaden als unbeachtlichen Bagatellschaden erscheinen lassen könnte, ist nichts ersichtlich.

Auch aus § 142 Abs. 4 StGB ergibt sich für den Kläger nichts. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob sich der Unfall im Sinne der Vorschrift "außerhalb des fließenden Verkehrs" zugetragen hat. Jedenfalls trägt der Kläger als Unfallverursacher das Risiko, dass die nachträgliche Ermöglichung von Feststellungen durch ihn innerhalb der Frist von 24 Stunden nicht mehr freiwillig erfolgen kann, weil - wie hier durch die von dritter Seite informierte Polizei die Feststellungen bereits auf anderem Wege erfolgt sind (vgl. Fischer, a. a. O., Rdnr. 65).

Das berechtigte Aufklärungsinteresse des Versicherers geht dahin, dass der Versicherungsnehmer am Unfallort selbst die erforderlichen Feststellungen ermöglicht, indem er dort die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Unfallbeteiligung ermöglicht oder zumindest eine angemessene Zeit wartet. Diese Obliegenheit entfällt nicht dadurch, dass der Versicherungsnehmer später von einem anderen Ort aus eine Unterrichtung des Versicherers vornimmt. Das stellt letztlich nicht mehr als eine Anzeige des Versicherungsfalles, nicht dagegen die Erfüllung einer Obliegenheit dar. Durch eine spätere Unterrichtung des Versicherers ist dieser auch nicht in der Lage zu beurteilen, ob gerade im Unfallzeitpunkt Anhaltspunkte für eine Fahruntüchtigkeit wegen Alkoholisierung etc. bestanden, so dass eine Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a. F. in Betracht kommen könnte.


3. Der Kläger hat auch vorsätzlich gehandelt. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass der Kläger sich durchaus bewusst war, in einen Unfall verwickelt zu sein, bei dem er nicht sofort weiterfahren durfte. Ebenso ist er bewusst von der Unfallstelle weggefahren, ohne Feststellungen ermöglicht zu haben. Nach seinem eigenen Vortrag sollte seine im Fahrzeug befindliche Ehefrau an den Unfallort zurückkehren, um Feststellungen zu ermöglichen. Ob dies zutrifft, kann dahin gestellt bleiben. Es kam dazu auch nicht. In Anbetracht der geringen Entfernung, die der Kläger bis zu seiner Wohnung zurücklegen musste, kann davon ausgegangen werden, dass er dort gegen 17.45 Uhr eintraf. Die Polizei traf dort ausweislich der Beiakten gegen 18.25 Uhr ein.

Letztlich unerheblich ist das Vorbringen des Klägers, er habe nach dem Unfall unter Schmerzen gelitten und habe befürchtet, zu kollabieren. Selbst wenn der Kläger durch den Unfall in erhebliche Aufregung und Unruhe versetzt worden ist, was bei einem derartigen Geschehen nachvollziehbar sein mag, und Schmerzen verspürt haben will, lässt dies weder den Vorsatz entfallen noch führt es dazu, dass der Kläger nicht schuldhaft gehandelt hätte. Ein vorsatz- oder schuldausschließender Unfallschock kommt nämlich nur unter außergewöhnlichen äußeren und inneren Bedingungen zustande und erreicht auch dann selten eine solche Stärke, dass eine die Willensfreiheit beeinflussende Bewusstseinsstörung vorliegt (OLG Frankfurt VersR 2001, 1374; Stiefel/Hofmann, AKB, 17. Aufl., § 7 AKB Rdnr. 84). Für einen solchen Schock müssen also entsprechende Anzeichen vorhanden sein. Hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Gegen einen derart außergewöhnlichen Schock spricht wiederum das eigene Verhalten des Klägers, der nach dem Unfall gerade nicht einfach kopflos weitergefahren ist. Er hat sich angesichts der von ihm behaupteten Schmerzen zur Weiterfahrt entschlossen. Er hat sich weiter nach seinem eigenen Vortrag mit seiner Ehefrau dahingehend besprochen, dass sie zur Unfallstelle zurückkehren solle, um Feststellungen zu ermöglichen. Mangels hinreichender Anknüpfungspunkte, die auf einen vorsatzausschließenden Unfallschock schließen lassen könnten, kommt die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zu der rein pauschalen Behauptung des Klägers, er habe weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gehandelt, nicht in Betracht. Das Gleiche gilt für die benannten Zeugen. Beweisantritte ersetzen den erforderlichen Sachvortrag nicht. Der Vortrag zu den Erkrankungen des Klägers ist substanzlos geblieben. Nähere Angaben zu den behaupteten Erkrankungen fehlen, etwa wann die Bandscheibenvorfälle sich zugetragen haben oder wann er an der Hüfte operiert worden ist und welche Beeinträchtigungen sich daraus jeweils ergeben haben. Es ist weiter nichts dazu vorgetragen worden, was der Kläger nach dem Unfall im Hinblick auf die behaupteten Schmerzen und ein angeblich bevorstehendes Kollabieren getan haben will. Mit Schlagwörtern wie einer "Befreiung" aus seinem Fahrzeug durch seine Ehefrau und eine "medikamentöse Versorgung" durch diese lässt sich keine Subsumtion betreiben. Eine ärztliche Behandlung ist nicht einmal behauptet worden. Unklar bleibt schließlich, was sich aus dem Defekt des Hörgerätes ergeben soll, dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass seine Ehefrau bei ihm war. Einer Überlassung der Personalien an die Geschädigte standen Probleme mit dem Hörgerät jedenfalls nicht entgegen.

Auch Schuldunfähigkeit des Klägers ist nicht gegeben. Zwar findet § 827 S. 1 BGB auch bei der Frage, ob eine Obliegenheitsverletzung schuldhaft begangen wurde, entsprechende Anwendung (BGH VersR 2006, 108). Hiernach ist derjenige, der im Zustand der Bewusstlosigkeit oder in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit einem anderen Schaden zufügt, für den Schaden nicht verantwortlich. Diese Beweislast für die behauptete Unzurechnungsfähigkeit trifft den Versicherungsnehmer (BGH VersR 2003, 1561; NJW 1989, 1612, für die Leistungsfreiheit des Versicherers nach § 61 VVG a. F.). Solange ein Täter nicht den Zustand der Zurechnungsunfähigkeit im Sinne von § 827 BGB erreicht, ein Ausschluss der Wahrnehmungsfähigkeit oder der freien Willensbestimmung also noch nicht eingetreten ist, bleibt vorsätzliches Handeln möglich (BGH VersR 2006, 108). Hier sind Anhaltspunkte für eine Schuldunfähigkeit des Klägers nicht gegeben. Sie ergeben sich insbesondere auch nicht aus den Beiakten.

4. Der Kläger hätte im Übrigen selbst dann eine Obliegenheitsverletzung begangen, wenn er sich zunächst ohne Vorsatz oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hätte, weil dann § 142 Abs. 2 Nr. 2 StGB eingriffe. Hiernach ist eine Strafbarkeit auch dann gegeben, wenn ein Unfallbeteiligter sich zwar berechtigt oder entschuldigt vom Unfallort entfernt hat, aber die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht. Diese Feststellung hat dadurch zu erfolgen, dass entweder dem Berechtigten nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder einer nahe gelegenen Polizeidienstelle gegenüber die erforderlichen Angaben gemacht werden (§ 142 Abs. 3 StGB). Daran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil der Kläger sich auch in der Zeit zwischen der Rückkehr nach Hause und dem Eintreffen der Polizei, auch wenn es dabei nur um einen Zeitraum von nur rund 40 Minuten handelt, weder beim Geschädigten noch bei der Polizei gemeldet hat. Eine kurze telefonische Benachrichtigung der Polizei hätte in der zur Verfügung stehenden Zeit ohne Weiteres durch den Kläger oder auf seine Veranlassung hin durch die Ehefrau erfolgen können. Was "unverzüglich" in diesem Sinne bedeutet, ist nicht abschließend geklärt. Der Kläger hat aber nicht vorgetragen, dass zu der Zeit, als die Polizei erschien (und nach seinem Vortrag seine Ehefrau sich gerade auf den Weg habe machen wollen), er noch weiterhin aufgrund von Panik und/oder Schmerzen an einem Telefonat mit der Polizei gehindert war (nach Prölss/Martin, a. a. O., Rdnr. 17, schadet eine Entfernung von der Unfallstelle ohnehin auch dann, wenn der Versicherungsnehmer sich später der Polizei stellt). Die reine Benachrichtigung des eigenen Versicherers, zu der Näheres nicht bekannt ist, ist grundsätzlich von vornherein nicht ausreichend. Eine solche nachträgliche Meldung beim Versicherer kann nur dann ausreichen, wenn diesem damit die Möglichkeit zu zeitnahen Feststellungen gegeben wird (Prölss/Martin, a.a.O., Rdnr. 18). Das ist bei einer Benachrichtigung am nächsten Tag schon nicht mehr der Fall. Zutreffend hat der BGH darauf hingewiesen, durch nachträgliche Angaben (zu denen hier nichts Näheres bekannt ist), deren Wahrheitsgehalt oft nicht überprüft werden könne, sei eine zuverlässige Aufklärung nicht gewährleistet (VersR 2000, 222).

5. Liegt somit eine Obliegenheitsverletzung nach § 142 Abs. 1 StGB i. V. m. § 7 I. 2. Satz 4 AKB vor und hat der Kläger auch nicht den ihm obliegenden Beweis fehlenden Vorsatzes nach § 6 Abs. 3 VVG a. F. nicht erbracht, so sind auch die Voraussetzungen der Relevanzrechtsprechung gegeben. Hiernach kann sich der Versicherer in den Fällen, in denen eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist, nur dann auf die vereinbarte Leistungsfreiheit berufen, wenn die Obliegenheitsverletzung generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, den Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden trifft und - im Falle von hier nicht vorliegenden Auskunftsobliegenheiten - eine ordnungsgemäße Belehrung erfolgt ist (BGH VersR 1998, 447).

Hier fehlt es bereits an der vom Versicherungsnehmer zu beweisenden Voraussetzung, dass die Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist, also dem Versicherer bei der Feststellung des Versicherungsfalles oder des Schadensumfanges keine Nachteile entstanden sind. Diese Folgenlosigkeit liegt nicht etwa immer schon dann vor, wenn der Versicherer nicht geleistet hat (BGH VersR 2004, 117). So hat der BGH Folgenlosigkeit im Fall eines PKW-Diebstahls verneint, bei dem der Versicherungsnehmer sich geweigert hat, dem Versicherer die Schlüssel für den PKW zur Untersuchung zur Verfügung zu stellen. So liegt es auch hier. Da der Kläger sich vom Unfallort entfernt hat, konnten Feststellungen vor Ort zu den genauen Umständen seiner Unfallbeteiligung nicht mehr getroffen werden. Durch die Strafvorschrift des § 142 StGB wird das Aufklärungsinteresse des Versicherers im Sinne einer Reflexwirkung geschützt, weil sie auf dem Weg über die polizeilichen Ermittlungen mittelbar auch dem Versicherer zugute kommt, indem er das Ergebnis der Untersuchungen verwerten kann (BGH VersR 1987, 657). Insbesondere kann der Versicherer nur so prüfen, ob Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a. F. wegen Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt (BGH VersR 2000, 222). So ist es auch hier hinsichtlich möglicher Ausfallerscheinungen des Klägers durch - nur pauschal geschilderte - gesundheitliche Faktoren, die den Kläger beeinträchtigt haben sollen. Durch rein nachträgliche Angaben, deren Wahrheitsgehalt oft nicht überprüft werden kann, ist die Aufklärung dagegen nicht zuverlässig gewährleistet.

Selbst wenn man Folgenlosigkeit annähme, wären aber die Voraussetzungen der Relevanzrechtsprechung gegeben. Die Obliegenheitsverletzung war generell geeignet, die berechtigten Interessen der Beklagten zu beeinträchtigen, weil beim Entfernen vom Unfallort generell keine Überprüfung der Fahrtauglichkeit des Versicherungsnehmers mehr möglich ist. Den Kläger trifft auch ein erhebliches Verschulden, weil es sich nicht um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherer leicht unterlaufen kann und für das deshalb ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (BGH VersR 1984, 228). Insoweit ist nicht ersichtlich, warum der Kläger, selbst wenn er infolge des Unfalles Schmerzen gehabt haben sollte, nicht an der Unfallstelle verblieben ist. Wenn der Kläger wegen seines Bandscheibenvorfalls und einer Hüftoperation nicht mehr in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen und im Falle eines Unfalls seinen sich hieraus ergebenden Verpflichtungen nachzukommen, insbesondere keine Unfallflucht zu begehen, so darf er am Straßenverkehr nicht mehr aktiv teilnehmen, kann aber weder hier noch im Verhältnis zu seinem Versicherer geringere Sorgfaltsanforderungen für sich in Anspruch nehmen als sie für jeden anderen Verkehrsteilnehmer gelten.

B.

Weiter zu Recht hat das Landgericht den im Wege der Widerklage geltend gemachten Regressanspruch der Beklagten bejaht. Der Höhe nach ist der Anspruch aber auf insgesamt 7.500 € begrenzt.

1. a) Die Unfallflucht, die dem Kläger vorzuwerfen ist und wegen der er strafrechtlich verurteilt wurde, stellt, wie bereits oben A. 1. ausgeführt worden ist, eine Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 7 AKB dar. Auch auf die weiteren Ausführungen unter A., insbesondere zum Vorsatz des Klägers, kann verwiesen werden.

b) Der Kläger war, wie er auch nicht in Abrede nimmt, zur Zeit des Unfalls mit einer BAK von (mindestens) 0,9 ‰ relativ fahruntüchtig. Auch deswegen ist er strafrechtlich verurteilt worden. Die Ausführungen des Landgerichts zu den alkoholbedingten Ausfallerscheinungen begegnen dabei keinen durchgreifenden Bedenken. In Anbetracht der erheblichen Alkoholisierung, die nicht allzu weit von derjenigen der absoluten Fahruntüchtigkeit entfernt ist, dürfen auch keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; je höher die Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit ist, desto mehr sinken die Anforderungen an die Beweiskraft entsprechender Indizien (OLG München, Urteil vom 27. Juni 2008, 10 U 5654/07, Rdnr. 34 bei juris, m. w. N.). Die Situation stellte sich nicht als besonders schwierig dar. Aus der Aussage der Geschädigten gegenüber der Polizei (BA Bl. 5) ergibt sich auch, dass der Kläger Stammkunde in dem Gasthaus war, er war folglich mit den Örtlichkeiten vertraut. Besonderheiten wie ein ungewöhnlich hohes Verkehrsaufkommen oder besonders widrige Witterungs- oder Straßenverhältnisse sind weder behauptet noch ersichtlich. Dass der Fahrfehler des Klägers auch einem nüchternen Fahrer hätte unterlaufen können, steht nicht entgegen (Fischer, a. a. O., § 316 Rdnr. 34). Dass der Kläger "intuitiv" in die richtige Richtung gefahren ist, besagt für seine Verkehrstüchtigkeit gar nichts, zumal er in seiner Berufungsbegründung im unmittelbaren Anschluss daran vorträgt, mit Hilfestellung seiner Ehefrau sei er nach Hause gekommen (Bl. 137 d. A.). Ohne Erfolg wendet sich der Kläger dabei gegen die Annahme des Landgerichts, er sei mit nicht unerheblicher Geschwindigkeit gefahren. Dieser Rückschluss ist bereits aufgrund des belegten Reparaturaufwandes und den auf den Lichtbildern erkennbaren sichtbaren Beschädigungen des Pkw zulässig.

Sein Verschulden, das nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VVG a. F. vermutet wird, hat der Kläger nicht widerlegt. An der für die Leistungsfreiheit erforderlichen Kündigung der Beklagten (§ 6 Abs. 1 Satz 3 VVG a. F.) fehlt es ebenfalls nicht; die Beklagte hat sie mit Schreiben vom 11. Januar 2008 (Bl. 7 d. A.), dem Kläger zugestellt am 17. Januar 2008 (Bl. 55 d. A.), erklärt.

2. Auch zur Höhe begegnet das angefochtene Urteil Bedenken nur insoweit, als das Landgericht einen Feststellungsanspruch über insgesamt 10.000 € angenommen, hat; er ist freilich auf 7.500 € beschränkt.

a) aa) Nach § 7 V. 2. AKB ist die Leistungsfreiheit des Versicherers auf einen Betrag von maximal 2.500,- € beschränkt. Bei vorsätzlich begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflicht, z.B. bei unerlaubtem Entfernen von Unfallort, wenn diese besonders schwerwiegend ist, erweitert sich die Leistungsfreiheit des Versicherers auf einen Betrag von maximal 5.000,- €. Entsprechend bestimmt § 6 Abs. 1 KfzPflVV, dass die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen einer Obliegenheitsverletzung nach Eintritt des Versicherungsfalles auf 2.500,- € beschränkt ist. Nur bei besonders schwerwiegender vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflichten ist die Leistungsfreiheit auf 5.000,- € beschränkt (§ 6 Abs. 3 KfzPflVV).




Hieraus folgt, dass nicht jede Unfallflucht eine besonders schwerwiegende Verletzung der Aufklärungspflicht darstellt, weil dieser Fall in § 7 V. 2. AKB nur als Beispielsfall für eine vorsätzliche Verletzung der Aufklärungspflicht erwähnt ist, nicht aber als ein stets besonders schwerwiegender Fall der Obliegenheitsverletzung bezeichnet wird (BGH VersR 1982, 742; 1983, 333; Prölss/Martin, § 7 AKB Rdnr. 69 f.). Das Verhalten des Versicherungsnehmers muss sich also vom „Normalfall“ einer Unfallflucht, die bloß in der Entfernung des Versicherungsnehmers und des Fahrzeugs vom Unfallort liegt, abheben und es müssen erschwerende Umstände hinzutreten (BGH, a. a. O.). Das kann der Fall sein, wenn der Versicherungsnehmer nach dem Unfall sein Fahrzeug versteckt und es als gestohlen angibt (BGH VersR 1983, 33), bei Personenschäden, Nachtrunk, zusätzlichen falschen Angaben, Verwischen von Unfallspuren o. ä. (vgl. Prölss/Martin, a. a. O. Rdnr. 71). Derartige erschwerende Umstände liegen hier offensichtlich nicht vor. Ein Personenschaden ist nicht eingetreten. Der Sachschaden am Eigentum Dritter ist zwar nicht völlig unerheblich, aber überschreitet offensichtlich einen durchschnittlichen Rahmen nicht. Der Kläger hat auch keine Unfallspuren verwischt oder sich bzw. sein Fahrzeug späteren Ermittlungen bewusst entzogen. Gegenüber der alsbald bei ihm zu Hause erscheinenden Polizei gab der Kläger seine Fahrereigenschaft und den Unfall zu (BA Bl. 3, 47). Der bloße Umstand, dass ein vorsätzlicher und eindeutiger Verstoß gegen § 142 StGB vorliegt, ist demgegenüber unerheblich, da eine vorsätzliche Verwirklichung von § 142 StGB bereits Voraussetzung für das Bestehen der Obliegenheitsverletzung ist, deshalb also nicht erneut als Grund für eine besonders schwer wiegende Verletzung herangezogen werden kann.

bb) Ein Wegfall der Regressbeschränkung auf 2.500,- € kommt auch nicht wegen einer Gefahrerhöhung nach §§ 23 ff. VVG a. F. und der sich daraus ergebenden Leistungsfreiheit in Betracht. Es fehlt an einer Gefahrerhöhung. Zwar kann eine solche auch in der Person des Fahrers liegen, insbesondere bei einem zur Fahruntüchtigkeit führenden körperlichen Zustand (Prölss/Martin, a. a. O., § 23 Rdnr. 28b; HK-VVG/Karczewski, § 23 Rdnr. 33). Es muss sich allerdings immer um einen auf gewisse Dauer angelegten Zustand handeln. Alkoholisierung fällt nicht darunter. Die §§ 23 ff. VVG a. F. werden ohnehin durch die Spezialregelungen in § 5 KfzPflVV, § 2 b AKB verdrängt (Karczewski, ebenda, Rdnr. 36).

cc) Die Alkoholisierung des Versicherungsnehmers unterfällt § 2 b 1. e) AKB. Danach ist der Versicherer in der Kfz-Haftpflichtversicherung von der Leistung frei, wenn der Fahrer infolge Genusses alkoholischer Getränke nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. § 2 b 2. AKB sieht - entsprechend § 5 Abs. 3 KfzPflVV - für diesen Fall vor, dass ein Regress bis zu 5.000,- € stattfindet. Hinsichtlich der Alkoholisierung und der sich daraus ergebenden Fahruntüchtigkeit des Klägers kann auf obige Ausführungen unter B. 1. b) verwiesen werden.



b) Zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass vorliegend die Beträge, für die Leistungsfreiheit des Versicherers besteht, zu addieren sind. Für den Fall, dass der Versicherungsnehmer eine Obliegenheit vor und eine weitere nach Eintritt des Versicherungsfalles verletzt, nämlich - wie hier - eine Trunkenheitsfahrt vornimmt und anschließend sich nach einem Unfall unerlaubt vom Unfallort entfernt, hat der BGH eine Addition der einzelnen Beträge bejaht (NJW 2006, 147 = VersR 2005, 1720, m. w. N., ebenso Prölss/Martin, a. a. O., § 7 AKB Rdnr. 65). Maßgeblich sei eine Auslegung der Versicherungsbedingungen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen müsse. Ein solcher Versicherungsnehmer betrachte die Klauseln in § 2 b und § 7 AKB getrennt voneinander. Überdies verfolge der Versicherer - für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbar - mit beiden Klauseln unterschiedliche Interessen. Und die Sanktionsfunktion liefe für § 7 AKB leer, wenn ein Versicherungsnehmer, der bereits vor Eintritt des Versicherungsfalles bestehende Obliegenheiten nicht beachtet habe, ohne zusätzliches versicherungsrechtliches Risiko nach Eintritt des Versicherungsfalles eine weitere Obliegenheitsverletzung würde begehen können.


III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO die Revision zuzulassen, hat der Senat nicht.

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