Das Verkehrslexikon

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BGH Beschluss vom 28.06.1990 - 4 StR 297/90 - Kraftfahrer sind bei einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig

BGH v. 28.06.1990: Kraftfahrer sind bei einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig


Bei Führern von Kraftfahrzeugen ist absolute (unwiderlegbare) Fahruntüchtigkeit gegeben, wenn die Blutalkoholkonzentration bei Fahrtantritt oder danach mindestens 1,1 Promille beträgt - BGH (Beschluss vom 28.06.1990 - 4 StR 297/90) -:

   Kraftfahrer sind bei einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille absolut fahruntüchtig (Fortbildung BGH, 9. Dezember 1966, 4 StR 119/66, BGHSt 21, 157).

Siehe auch
Alkohol - Grenzwerte für die absolute Fahruntauglichkeit
und
Stichwörter zum Thema Alkohol

Aus den Entscheidungsgründen:


"... 1. Die Entscheidung der Frage, ab welchem Grenzwert alkoholbedingte absolute Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers im Sinne der §§ 315c Abs. 1 Nr. 1a, 316 StGB anzunehmen ist, lässt sich nur unter Heranziehung medizinisch- naturwissenschaftlicher Erkenntnisse treffen. Soweit diese in den maßgebenden Fachkreisen allgemein und zweifelsfrei als richtig anerkannt werden, sind sie für den Richter bindend (BGHSt 21, 157, 159; 24, 200, 203; 25, 246, 248; 30, 251, 252f; 34, 133, 134; BGH NZV 1990, 157, 158). Dieser muss sich im Wege der juristischen Bewertung solcher verbindlichen naturwissenschaftlichen Erkenntnisse seine Überzeugung von dem Blutalkoholwert bilden, ab dem jeder Fahrzeugführer nicht mehr in der Lage ist, sein Fahrzeug sicher zu führen. Dabei hat der Richter zu berücksichtigen, dass die Alkoholforschung angesichts der fließenden Übergänge im biologisch- medizinischen Bereich zu einer exakten Grenzziehung nicht in der Lage ist (vgl. das Gutachten des Bundesgesundheitsamtes aus dem Jahre 1966 zur Frage "Alkohol bei Verkehrsstraftaten", nach der Bearbeitung von P. V. Lundt und E. Jahn, Seite 37f; im folgenden "Gutachten 1966" genannt).

Aufbauend auf dem Gutachten 1966 hatte der Senat in seinem Beschluss vom 9. Dezember 1966 (BGHSt 21, 157) entschieden, dass ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,3 Promille jeder Kraftfahrer unbedingt fahruntüchtig ist. Dieser Wert setzte sich zusammen aus einem Grundwert von 1,1 Promille und einem Sicherheitszuschlag von 0,2 Promille. Dabei bezeichnet der Grundwert die Blutalkoholkonzentration, bei der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bei jedem Kraftfahrer Fahrtüchtigkeit im Sinne einer Beherrschung des die Lenkung eines Fahrzeugs im Verkehr bildenden Gesamtvorgangs nicht mehr festgestellt werden kann (BGHSt 21, 157, 160ff). Der Sicherheitszuschlag dient allein dem Ausgleich der technisch und naturwissenschaftlich nicht ausschließbaren Messungenauigkeiten bei der Blutalkoholanalyse (vgl. Gutachten 1966, S. 20). Beide Werte sind heute in der im Jahre 1966 festgestellten Höhe nicht mehr aufrechtzuerhalten:




a) Der Grundwert von 1,1 Promille beruhte auf den im Gutachten 1966 mitgeteilten und vom Senat als gleichrangig gewürdigten Ergebnissen sowohl der medizinischen und statistischen Alkoholforschung als auch von Fahrversuchen (BGHSt 21, 157, 160). Die im Gutachten 1966 wiedergegebenen Ergebnisse fast aller vorangegangener Einzeluntersuchungen sprachen zwar für den Eintritt der absoluten (unbedingten) Fahruntüchtigkeit bei einem Wert von 1,0 Promille, wie er schon der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zugrunde lag, die sich auf die in dem Gutachten des Präsidenten des Bundesgesundheitsamtes vom 1. März 1955 (redigiert und erläutert von Borgmann, Blutalkohol und Verkehrsstraftaten, 1955) dargestellten Forschungsergebnisse der medizinischen Wissenschaft stützte (BGHSt 5, 168, 170/171; 10, 265, 268; 13, 83, 84f; 19, 243, 244). Lediglich die statistischen Untersuchungen von Freudenberg zur gesteigerten Gefährlichkeit alkoholisierter Kraftfahrer (Anlage 8 zum Gutachten 1966) waren Anlass, den Eintritt der absoluten Fahruntüchtigkeit erst im Alkoholisierungsbereich zwischen 1,0 und 1,1 Promille anzunehmen. Dies berücksichtigend, vermied das Gutachten 1966 eine scharfe Grenzziehung im Hinblick auf die fließenden Übergänge im biologisch-naturwissenschaftlichen Bereich. Maßgeblich hierfür waren vor allem die unterschiedlichen Auswirkungen gleicher Blutalkoholkonzentrationen auf einzelne psycho- physische Leistungskomponenten je nach Resorptions- oder Eliminationsphase. Das Gutachten kam daher zu der Aussage, dass bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,0 Promille bis 1,1 Promille jeder Kraftfahrer fahruntüchtig sei, wobei es aber bei dem von ihm vorgeschlagenen Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,2 Promille (Gutachten 1966 S. 50) angesichts des von ihm für erforderlich gehaltenen Sicherheitszuschlages von 0,15 Promille den Grundwert ersichtlich bei 1,05 Promille ansetzte. In Anwendung des Zweifelssatzes hat der Senat damals die obere Grenze dieses Blutalkoholbereichs als Grundwert angenommen (BGHSt 21, 157, 161f).

Dies ist heute nicht mehr gerechtfertigt. Zunächst ist festzuhalten, dass durch die statistischen Untersuchungen Freudenbergs im Gutachten 1966 zwar nachgewiesen wurde, dass in bezug auf Verkehrsunfälle mit Getöteten die Gefährlichkeit alkoholisierter Kraftfahrer im Alkoholisierungsbereich zwischen 1,0 und 1,1 Promille gegenüber solchen mit einer Blutalkoholkonzentration zwischen 0,6 und 0,7 Promille (deren insoweit um das Dreifache gesteigerte Gefährlichkeit gegenüber einem nüchternen Kraftfahrer war Grundlage der Festlegung des Gefahrengrenzwertes auf 0,8 Promille in § 24a StVG) auf das Doppelte (und damit auf das insgesamt Sechsfache) erhöht ist (s. die Tabelle im Gutachten 1966 S. 162). Jedoch handelt es sich bei der Schlussfolgerung (Gutachten 1966 S. 49f), die absolute Fahruntüchtigkeit eines Kraftfahrers trete daher möglicherweise erst bei einer Alkoholisierung zwischen 1,0 und 1,1 Promille ein, nicht um eine objektiv belegbare Tatsache, sondern um eine Bewertung statistischer Ergebnisse. An eine solche Wertung ist der Richter jedoch nicht gebunden. Die juristische Bewertung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse ist vielmehr allein seine Aufgabe.

Die nach 1966 veröffentlichten Ergebnisse der medizinischen Alkoholforschung haben den Wert von 1,0 Promille bestätigt, bei dem die Gefährlichkeit eines solchen alkoholisierten Verkehrsteilnehmers um ein Mehrfaches gegenüber der eines nüchternen Kraftfahrers erhöht ist (siehe etwa Wilhelmi/Lindner/Audelicky BA 1972, 473; Gilg/Liebhardt/Schutter/Riedel BA 1984, 235; Heifer BA 1986, 364). Teilweise werden die Ergebnisse der Alkoholforschung bereits dahingehend gewürdigt, dass absolute Fahruntüchtigkeit schon bei 0,7 - 0,8 Promille angenommen werden müsse (Krüger BA 1990, 182, 196/197). Der Grundwert von 1,0 Promille entspricht auch den bei späteren Fahrversuchen erzielten Erkenntnissen (Strasser BA 1972, 112; Gerlach BA 1972, 239; Heppner BA 1973, 166; Lewrenz/Berghaus/Dotzauer BA 1974, 104). Diesen Versuchen mißt der Senat nunmehr besondere Bedeutung zu, da beim Fahrversuch das Fahrverhalten als komplexes Zusammenspiel aller psycho-physischen Leistungskomponenten des Fahrzeugführers unter dem Einfluss der jeweiligen individuellen Besonderheiten analysiert wird, weshalb den hierbei gewonnenen Erkenntnissen eine größere Aussagekraft hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit zukommt als dem Nachweis der alkoholbedingten Beeinträchtigung psycho- physischer Einzelfunktionen wie etwa der Aufmerksamkeit, Reaktionsfähigkeit oder dem Sehvermögen (Lewrenz/Berghaus/Dotzauer BA 1974, 104) sowie statistischen Erhebungen. Aus diesem Grunde hat der Senat bereits bei seinen Entscheidungen zum Grenzwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit von Mofa- und Fahrradfahrern (BGHSt 30, 251; 34, 133) vorrangig auf die bei Fahrversuchen gewonnenen Untersuchungsergebnisse abgestellt.

Zudem haben sich die Verkehrsverhältnisse seit 1966 so stark verändert, dass die Leistungsanforderungen an den einzelnen Kraftfahrer wesentlich gestiegen sind. Dies spiegelt sich besonders in der Zunahme der Verkehrsdichte wider. Auch haben sich vor allem auf Autobahnen und Schnellstraßen die durchschnittlich gefahrenen Geschwindigkeiten erheblich gesteigert. Je höher jedoch die an den Kraftfahrer aufgrund des Verkehrsgeschehens allgemein gestellten Leistungsanforderungen sind, um so eher begründen bei ihm auftretende alkoholbedingte psycho-physische Leistungseinbußen Gefahren für andere Verkehrsteilnehmer, steigert sich also die Gefährlichkeit des alkoholisierten Fahrzeugführers (vgl. auch Krüger BA 1990, 182, 186, 197). Auf die konkret von dem alkoholisierten Kraftfahrer zu bewältigende Verkehrssituation kommt es dabei nicht an (s. bereits Gutachten 1966 S. 51f, unrichtig daher AG Höxter DAR 1990, 190, 191).

Eine Gesamtwürdigung dieser biologisch-medizinischen und statistischen Erkenntnisse führt bei besonderer Berücksichtigung der Ergebnisse der Fahrversuche dazu, dass der Grundwert der alkoholbedingten absoluten Fahruntüchtigkeit bei 1,0 Promille anzusetzen ist. Die erwähnten fließenden Übergänge im naturwissenschaftlichen Bereich liegen unterhalb des Wertes von 1,0 Promille. Es kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, dass höher alkoholisierte Kraftfahrer selbst bei besonderer Fahrbefähigung oder Alkoholtoleranz auch in der Eliminationsphase zu einer den (alltäglichen) Anforderungen des heutigen Straßenverkehrs genügenden Beherrschung ihres Fahrzeuges noch in der Lage sind. In dieser Überzeugung sieht sich der Senat auch dadurch bestärkt, dass Einwendungen gegen einen Grundwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von allenfalls 1,0 Promille, wie er bereits der Senatsentscheidung aus dem Jahre 1959 (BGHSt 13, 83, 84f) zugrunde lag, aus medizinisch-naturwissenschaftlichen Fachkreisen nicht erhoben worden sind.




b) Im Gutachten 1966 war auf der Grundlage eines Verfahrenskontrollversuches der "mittlere Fehler" (= Standardabweichung) der Alkoholbestimmung in dem hier interessierenden Blutalkoholbereich um 1,0 Promille nach dem Widmark- und dem ADH-Verfahren mit 0,05 Promille festgestellt worden. Von dieser Standardabweichung ausgehend wurde, da die systematischen Abweichungen (= Abweichungen des Mittelwertes vom wahren Wert) damals mangels ausreichender Kontrollmöglichkeiten der Richtigkeit der Analysenergebnisse der einzelnen Institute nicht hinreichend genau bestimmbar waren (Grüner/Bilzer BA 1990, 222, 225), der Sicherheitszuschlag weit, nämlich auf das Dreifache der Standardabweichung (= 0,15 Promille), bemessen, um die vorgegebene Grundforderung zu erfüllen, dass der Probenmittelwert vom wahren Wert bei einer (einseitigen) Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,15% um nicht mehr als 0,15 Promille abweichen dürfe (Gutachten des Bundesgesundheitsamtes zum Sicherheitszuschlag auf die Blutalkoholbestimmung mit Erläuterungen, 1989, NZV 1990, 104, 109, nachfolgend zitiert als "Gutachten 1989"; Grüner/Bilzer BA 1990, 175, 177). Diesen Wert von 0,15 Promille hatte der Senat wegen nicht ausschließbarer personeller Besonderheiten bei der Analyse der Versuchsproben und sachlicher Unzulänglichkeiten bei einzelnen Untersuchungsstellen auf 0,2 Promille aufgerundet (BGHSt 21, 157,166f). Hierzu besteht heute schon aus tatsächlichen Gründen kein Anlass mehr. Die Messungenauigkeiten, die der Senat damals den Unzulänglichkeiten personeller und sachlicher Art zuordnete, unterfallen den als nicht tolerierbare Abweichungen beschriebenen Fehlern im Sinne der DIN-Norm 58936 Teil 1 (3.3), die bei der Festlegung des erforderlichen Sicherheitszuschlages außer Betracht zu bleiben haben (vgl. Gutachten 1989, NZV 1990, 104). Daher wäre schon auf der Grundlage des Gutachtens 1966 heute nur noch ein Sicherheitszuschlag von 0,15 Promille gerechtfertigt. Auch die nach 1966 vorgenommenen Untersuchungen zur Messpräzision des gaschromatographischen Verfahrens gaben zunächst zu einer Veränderung dieses Sicherheitszuschlages von 0,15 Promille ebensowenig Anlass (vgl. 2. Gutachten des Bundesgesundheitsamtes zur Frage "Alkohol und Straßenverkehr" 1977, S. 7ff) wie die bis zum Jahre 1984 von der Deutschen Gesellschaft für klinische Chemie e.V. durchgeführten Ringversuche zur Präzision von Blutalkoholbestimmungen (vgl. die in BGHSt 34, 133, 136f zitierte Mitteilung des Bundesgesundheitsamtes von 1984).


Ein vom Bundesgesundheitsamt ausgewerteter neuer Ringversuch der Deutschen Gesellschaft für klinische Chemie e.V. aus dem Jahre 1988 hat jetzt aber Ergebnisse erbracht, die die Aufrechterhaltung eines Sicherheitszuschlages auch von nur 0,15 Promille nicht mehr rechtfertigen (Gutachten 1989, NZV 1990, 104ff). In diesem Ringversuch, dessen Probenmaterial das Bundesgesundheitsamt als eine ausreichende Bewertungsgrundlage angesehen hat (Gutachten 1989, NZV 1990, 104, 106), ergaben sich für die drei möglichen Kombinationen der Verfahren zur Blutalkoholbestimmung unter Berücksichtigung der ermittelten zufälligen (Unterschied zwischen dem einzelnen Messwert und dem Mittelwert) und systematischen Abweichungen folgende maximale Abweichungen:

GC- und ADH-Verfahren: 0,048 Promille
GC- und Widmark-Verfahren: 0,047 Promille
Widmark- und ADH-Verfahren: 0,022 Promille

Die maximale Abweichung beträgt damit im ungünstigsten Fall knapp 0,05 Promille. Da bei der Berechnung dieses Wertes im Gegensatz zum Gutachten 1966 auch die nunmehr in ihren Grenzen genau bestimmbaren systematischen Abweichungen voll mitberücksichtigt werden konnten, bedarf es zur Bestimmung des Sicherheitszuschlages nicht mehr der Verdreifachung dieses Maximal-Wertes, wie sie bei dem im Gutachten 1966 zugrunde gelegten (auf andere Weise bestimmten) "mittleren Fehler" vorgenommen worden ist. Die nach dem Gutachten 1989 zu berücksichtigende maximale Abweichung von 0,05 Promille beträgt somit nur noch ein Drittel des in dem Gutachten 1966 angenommenen Wertes von 0,15 Promille (NZV 1990, 104, 106).

Um auch noch den Unsicherheiten Rechnung zu tragen, die darauf beruhen könnten, dass bei Teilnahme weiterer Laboratorien an dem Ringversuch sich abweichende Ergebnisse hätten ergeben können (Gutachten 1989, S. 106; Heifer/ Brzezinka NZV 1990, 134) sowie bei den Ringversuchen Serum statt Vollblut als Probenmaterial verwendet wird und die daher erforderliche Umrechnung geringe Ungenauigkeiten aufweist (Gutachten 1989 aaO) - wobei sich allerdings der Umrechnungsquotient in der Regel zugunsten eines niedrigeren BAK-Wertes auswirkt -, ist im Anschluss an den Vorschlag des Gutachtens 1989 (S. 106) zum Ausgleich dieser geringfügigen Unsicherheiten deshalb eine Verdoppelung der maximalen Abweichung als ausreichend zu erachten, d.h. der Sicherheitszuschlag auf 0,1 Promille zu bemessen. Bei Beachtung dieses Sicherheitszuschlages ist auch gewährleistet, dass die - einseitige - Irrtumswahrscheinlichkeit, d.h. die statistische Wahrscheinlichkeit, dass der im Einzelfall errechnete Mittelwert vom wahren Wert um mehr als 0,10 Promille abweicht, wesentlich geringer als 0,15% ist (Gutachten 1989, S. 109). Eine Irrtumswahrscheinlichkeit von 0,15% hat der Senat aber bereits bei der Festlegung der 1,3 Promille-Grenze als hinnehmbar erachtet (BGHSt 21, 157, 165). Aus diesem Grunde wirkt sich auch der unterschiedliche Untersuchungsansatz zwischen den Gutachten 1966 und 1989 (vgl. die Kritik bei Grüner/Bilzer BA 1990, 222, 224f) auf die Bestimmung des heute erforderlichen Sicherheitszuschlages nicht aus.



Allerdings muss aufgrund des Umstandes, dass an dem Ringversuch, auf dem das Gutachten 1989 basiert, nicht alle mit forensischen Blutalkoholanalysen befaßten Institute teilgenommen haben, sichergestellt werden, dass das jeweilige Institut die bei einem Sicherheitszuschlag von 0,1 Promille eingeräumten Messtoleranzen nicht überschreitet. Dies wird hinsichtlich der Richtigkeit durch die Teilnahme des Instituts an Ringversuchen gewährleistet. In der schriftlichen Mitteilung der Analysenergebnisse an die Ermittlungsbehörden ist jeweils zu versichern, dass das untersuchende Institut an derartigen Ringversuchen erfolgreich teilgenommen hat. Außerdem ist durch die Bekanntgabe der vier bzw. fünf Einzelmesswerte jeder Blutalkoholbestimmung nachzuweisen, dass die sich ergebende Standardabweichung unter den im Gutachten 1989 (S. 106) angegebenen Maximalwerten liegt. Damit ist den von Heifer/Brzezinka (NZV 1990, 134) und Grüner/Bilzer (BA 1990, 222, 225) geäußerten Bedenken hinreichend Rechnung getragen. Bei Blutalkoholanalysen durch Institute, die die dargestellten Voraussetzungen noch nicht erfüllen, ist für eine Übergangszeit, bis diese Institute Gelegenheit hatten, an einem Ringversuch teilzunehmen, was erforderlich aber auch ausreichend ist, damit sie weiterhin für forensische Zwecke mit Beweiskraft Blutalkoholbestimmungen vornehmen können, von einem Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,15 Promille auszugehen (Grundwert 1,0 Promille und Sicherheitszuschlag 0,15 Promille). Der Sicherheitszuschlag verringert sich auf 0,1 Promille nach erfolgreicher Teilnahme am Ringversuch, der die Einhaltung der erforderlichen Messgenauigkeit bei den einzelnen Instituten gewährleisten soll. Der Senat hat davon abgesehen, für diese Übergangszeit allgemein den Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit auf 1,15 Promille festzusetzen, weil es nicht gerechtfertigt ist, einen unrichtigen Grenzwert nur im Hinblick auf Laboratorien festzusetzen, die die Anforderungen für die Blutalkoholbestimmung (noch) nicht erfüllen.

2. Deshalb ist in Übereinstimmung mit dem Antrag des Generalbundesanwalts der Grenzwert der absoluten Fahruntüchtigkeit auf 1,1 Promille zu bestimmen.

Dieser Wert gilt für alle Führer von Kraftfahrzeugen (vgl. BGHSt 22, 352, 357ff; 30, 252, 253f; BGHR StGB § 316 Fahruntüchtigkeit, alkoholbedingte 2). ..."

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