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OLG Hamm Beschluss vom 17.02.1994 - 3 Ss 1103/93 - Zuverlässige Schlüsse von einer Atemalkoholkonzentration auf eine bestimmte Blutalkoholkonzentration sind nicht möglich

OLG Hamm v. 17.02.1994: Zuverlässige Schlüsse von einer durch das Draeger-Testgerät bestimmten Atemalkoholkonzentration auf eine bestimmte Blutalkoholkonzentration sind nicht möglich.




Das OLG Hamm (Beschluss vom 17.02.1994 - 3 Ss 1103/93) hat entschieden, dass das Ergebnis einer Atemalkoholmessung im Strafverfahren nicht als Beweis für eine bestimmte Blutalkoholkonzentration verwendet werden darf:

   Zuverlässige Schlüsse von einer durch das Draeger-Testgerät bestimmten Atemalkoholkonzentration auf eine bestimmte Blutalkoholkonzentration sind nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht möglich.

Siehe auch
Atemalkohol - Atemalkoholtest
und
Stichwörter zum Thema Alkohol




Zum Sachverhalt:


Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60 DM verurteilt und dazu im wesentlichen festgestellt, daß der Angeklagte am 2. Juli 1992 gegen 23.35 Uhr in B O mit seinem Pkw von der K straße zu seiner Wohnung in der H straße gefahren ist und dabei eine Blutalkoholkonzentration von 1,5 Promille gehabt hat.

Da sich der von der Polizei bei seiner Ankunft gestellte Angeklagte einer Blutprobenentnahme durch Flucht entzogen hatte, nachdem seine Atemalkoholkonzentration von der Polizei mittels eines Draeger-Testgerätes mit 1,5 Promille gemessen worden war, hat das Amtsgericht zur Bestimmung der dem Angeklagten zur Last zu legenden Blutalkoholkonzentration allein auf das diesbezügliche Meßergebnis abgestellt. Zu der entsprechenden Beweisführung hat das Amtsgericht dabei folgende Ausführungen gemacht:

   "Das Draeger-Testgerät wurde von dem Angeklagten ordnungsgemäß bedient, es zeigte 1,5 Promille an. Dieser Wert liegt deutlich über dem der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille. Das ordnungsgemäß jede Woche überprüfte und im übrigen geeichte Draeger-Testgerät funktionierte nach den übereinstimmenden glaubhaften uneidlichen Aussagen der Polizeibeamten B und H einwandfrei. Es ist seit zwei bis drei Jahren im Einsatz, das Gerät zeigt nach Angaben der Polizeibeamten in den Bereichen von 0,7 bis 1,8 Promille ziemlich genau an, es ist auf die niedrigen Werte justiert, um unnötige Blutentnahmen auszuschließen. Nach den glaubhaften Angaben der Polizeibeamten H und B sind keine Fälle bekannt geworden, in denen das Draeger-Testgerät einen zu hohen Blutalkoholwert angezeigt hatte, den Polizeibeamten sind ebenso wie dem Gericht lediglich Fälle bekannt geworden, (in) denen das Draeger-Testgerät einen niedrigeren Wert angegeben hatte, als später anhand der Untersuchung der Blutprobe festgestellt wurde. Bei den dem Gericht bekannt gewordenen Fällen handelt es sich jeweils um Blutalkoholergebnisse im Bereich von 1,1 bis 1,4 Promille, die nach dem Draeger-Test unter 1,1 Promille gelegen hatten. Damit war von einer Zuverlässigkeit des hier eingesetzten Draeger-Testgerätes auszugehen, damit war der Wert von 1,5 Promille zugrundezulegen, damit war der Angeklagte absolut fahruntüchtig."




Aus den Entscheidungsgründen:


Die von der Revision erhobene Sachrüge greift durch.

Das Amtsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, aufgrund der von dem Draeger-Testgerät angezeigten Werte sei eine Blutalkoholkonzentration von 1,5 Promille erwiesen.


Das Draeger-Testgerät ist lediglich als Vortestgerät konzipiert und soll der Polizei durch Messung der Atemalkoholkonzentration die Entscheidung ermöglichen und erleichtern, ob ein die Anordnung einer Blutprobe rechtfertigender Verdacht i.S.v. § 81 a StPO gegeben ist. Zuverlässige Schlüsse von einer durch das Draeger- Testgerät bestimmten Atemalkoholkonzentration auf eine bestimmte Blutalkoholkonzentration sind nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft demgegenüber nicht möglich. Vielmehr haben mit dem Gerät durchgeführte Versuche zum Teil erhebliche Abweichung von der tatsächlichen Blutalkoholkonzentration ergeben (vgl. zu allem u.m.w.N. Dreher/Tröndle, 46. Aufl., Rn. 8 b zu § 316 StGB; Jagusch/Hentschel, 32. Aufl., Rn. 52 a zu § 316 StGB; OLG Koblenz VRS 67, 246; Wilske/Eisenmenger, DAR 92/41 ff).

Das angefochtene Urteil kann daher mit der bisherigen Begründung - Annahme einer absoluten Fahruntüchtigkeit - keinen Bestand haben. Feststellungen, die auf eine relative Fahruntüchtigkeit schließen lassen könnten, sind bislang vom Amtsgericht nicht getroffen worden. Andererseits ist nicht auszuschließen, daß solche Feststellungen in der erneuten Hauptverhandlung noch möglich sein werden.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache war zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückzuverweisen.

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