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Amtsgericht Düsseldorf Urteil vom 01.07.1996; 46 C 6407/96 - Zur Entstehung des Erledigungsbeitrages im OWi-Verfahren mit Nachweisen und allen Argumenten

AG Düsseldorf 01.07.1996: Zur Entstehung des Erledigungsbeitrages im OWi-Verfahren mit Nachweisen und allen Argumenten




Ausführlich und mit allen wesentlichen Argumenten hat das Amtsgericht Düsseldorf (Urteil vom 01.07.1996; 46 C 6407/96) die Anwendbarkeit des § 84 II n.F. BRAGO über § 105 III BRAGO begründet (und überdies hierfür auch regelmäßig die volle Mittelgebühr von 700,00 DM für angemessen erklärt):

  1.  BRAGO § 84 Abs 2 findet auch Anwendung, wenn ein Bußgeldverfahren durch Mitwirkung des Anwalts noch von der Verwaltungsbehörde eingestellt wird.

  2.  Gegen den Ansatz der Mittelgebühr bestehen keine Bedenken.

Siehe auch
Der gebührenrechtliche Erledigungsbeitrag im Straf- und Bußgeldverfahren
und
Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten

Aus den Entscheidungsgründen:


"... Das Gericht schließt sich der Rechtsauffassung des Klägers an, die u.a. auch vom LG Köln AnwBl. 1995, 563, vom LG Darmstadt DAR 1996, 115 und von der Abteilung 32 des angerufenen Gerichts (MDR 1996, 427) vertreten wird und auch der ganz überwiegenden Meinung des Schrifttums (vgl. Beck DAR 1995, 384; AnwBl. 1995, 613; Gerold / Schmidt / Madert, BRAGO, 12. Aufl., § 105 Rn. 8; Otto JurBüro 1994, 385; Riedel / Sußbauer / Fraunholz, BRAGO, 7. Aufl., § 105 Rn. 4; Madert ZfS 1996, 191 m.w.N.) entspricht. Die von der Beklagten vertretene Gegenansicht (vgl. hierzu: LG Karlsruhe r+s 1996, 63; AG Wetzlar Urt. v. 20.07.95; 2 C 2928/94; AG Hadamar Urt. v. 20.12.95; 3 C 604/95; AG Hannover Urt. v. 07.03.96; 568 C 19273/95; AG Solingen Urt. v. 28.03.96; 13 C 559/95), nach der § 84 Abs. 2 BRAGO keine Anwendung finden soll, wenn ein Bußgeldverfahren durch Mitwirkung des Anwalts noch von der Verwaltungsbehörde eingestellt wird, vermag nicht zu überzeugen.

Da gemäß § 105 Abs. 3 BRAGO die Vorschriften des 6. Abschnitts der BRAGO sinngemäß gelten, gilt auch § 84 Abs. 2 BRAGO im Bußgeldverfahren. Dies hat zur Folge, dass der Rechtsanwalt anstelle der Hälfte der Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 105 Abs. 1 BRAGO diese Gebühr voll erhält, wenn das Bußgeldverfahren vor dem Eingang der Akten beim Amtsgericht von der Verwaltungsbehörde oder der Staatsanwaltschaft nicht nur vorläufig eingestellt wird. Dies ist hier geschehen. Denn die Einstellung nach § 47 Abs. 1 und 2 OWiG gehört zu den nicht vorläufigen Einstellungen des Bußgeldverfahrens. Der Rechtsanwalt erhält für seine im Vorverfahren entfaltete Tätigkeit damit keineswegs nur die Hälfte der Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO, sofern sich das Bußgeldverfahren bereits vor der Verwaltungsbehörde durch seine Mitwirkung erledigt.




Soweit die Beklagte hiergegen einwendet, dass § 84 Abs. 2 BRAGO über die Verweisungsregel des 105 Abs. 3 BRAGO nur dann Anwendung finden könne, wenn das Bußgeldverfahren in ein gerichtliches Verfahren übergegangen und die Einstellung durch das Gericht oder die Staatsanwaltschaft erfolgt sei, vermag das erkennende Gericht dem nicht zu folgen.

Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung wird im wesentlichen damit begründet, dass nach § 105 Abs. 3 BRAGO die Vorschriften des 6. Abschnitts der BRAGO sinngemäß nur "im übrigen" gelten. Hieraus folge, dass eine Anwendung auf Bußgeldsachen außerhalb des gerichtlichen Verfahrens nicht möglich sei, weil insoweit eine abschließende Regelung getroffen sei, und zwar in § 105 Abs. 1 BRAGO. Hier sei die Vergütung des Rechtsanwalts im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde bis zum Eingang der Akten bei Gericht abschliessend geregelt, so dass die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des 6. Abschnittes, also auch des § 84 Abs. 2 BRAGO, nur für das gerichtliche Bußgeldverfahren in Betracht kommen könne, nicht dagegen für das Vorverfahren. Durch die Worte "im übrigen" in § 105 Abs. 3 BRAGO komme deutlich zum Ausdruck, dass der Verweis auf den 6. Abschnitt der BRAGO nur insoweit einschlägig sei, als der 7. Abschnitt keine eigenständige Regelung treffe. Dies sei aber in § 105 Abs. 1 BRAGO geschehen.




Dieser Begründung kann indes nicht gefolgt werden. Die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung entspricht nämlich weder dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung noch dem Willen des Gesetzgebers.

In der Begründung des Gesetzes (BT-Drucks. 12/6962 v. 04.03.94 S. 106 rechte Spalte Mitte) heißt es nämlich: "Nach § 105 Abs. 3 geltend die Vorschriften des 6. Abschnitts der BRAGO im Bußgeldverfahren entsprechend, demnach auch der neue § 84 Abs. 2 BRAGO.

Davon, dass § 84 Abs. 2 BRAGO über die Verweisungsregel des § 105 Abs. 3 BRAGO in Bußgeldverfahren gleichwohl nur dann Anwendung finden solle, wenn das Bußgeldverfahren in ein gerichtliches Verfahren übergegangen ist und die Einstellung durch das Gericht erfolgt ist, ist in der amtlichen Begründung des Bundestages zu § 84 BRAGO keine Rede. Der Gesetzgeber ging vielmehr offensichtlich davon aus, dass § 84 Abs. 2 BRAGO im Bußgeldverfahren auch dann über § 105 Abs. 3 BRAGO Anwendung findet, wenn das Bußgeldverfahren vor dem Eingang der Akten beim Gericht von der Verwaltungsbehörde nicht nur vorläufig eingestellt worden ist. Allein dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Gebührenerhöhung nach § 84 Abs. 2 BRAGO ist deshalb eingeführt worden, um für den Anwalt einen Gebührenanreiz zu schaffen, bereits frühzeitig daran mitzuwirken, dass eine Hauptverhandlung entbehrlich wird. Diese im Bußgeldverfahren gleichermaßen geltende Maxime würde aber in ihr Gegenteil verkehrt, wäre § 84 Abs. 2 BRAGO im Bußgeldverfahren nicht anwendbar. Denn in diesem Fall würde dem Anwalt, der im frühestmöglichen Stadium, also im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde bereits eine Einstellung erreicht, die erhöhte Vergütung versagt und nur die spätere Einstellung im Verfahren vor dem Amtsgericht außerhalb der Hauptverhandlung honoriert. Der Verteidiger würde damit gebührenrechtlich bessergestellt, wenn er sein Bestreben darauf richtete, eine Einstellung erst nach Eingang der Akten bei Gericht zu erreichen. Es würde so gebührenrechtlich der Anreiz geschaffen, das Vorverfahren zu verschleppen, um dann nach Eingang der Akte bei Gericht eine Verfahrenseinstellung außerhalb der Hauptverhandlung zu erreichen (AG Düsseldorf MDR 1996, 428; Schneider AGS 1996, 20; Madert ZfS 1996, 191).



Nach alledem ist im Entscheidungsfall gemäß § 84 Abs. 2 BRAGO von der vollen Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO auszugehen, weil das Bußgeldverfahren von der Verwaltungsbehörde gemäß § 47 Abs. 1 OWiG eingestellt worden ist und der Prozessbevollmächtigte des Klägers an dieser Einstellung mitgewirkt hat.

Gegen die Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Mittelgebühr bestehen keine Bedenken. Diese beträgt - nach dem oben gesagten die volle Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO zugrundezulegen ist - 700 DM. ..."

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