Das Verkehrslexikon

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OLG Frankfurt am Main Urteil vom 26.04.1990 - 12 U 207/89 - Zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bei einem Zusammenstoß im Begegnungsverkehr

OLG Frankfurt am Main v. 26.04.1990: Zur Erschütterung des Anscheinsbeweises bei einem Zusammenstoß im Begegnungsverkehr


Wenn ein Fahrzeug in einer engen Straße bewiesenermaßen die linke Straßenseite benutzt hat oder ohne bewiesene fremde Behinderung auf die unrichtige Straßenseite gerät, besteht eine Haftung auf Grund des Anscheinsbeweises (BGH VR 64, 166; BGH VR 62, 989; OLG Köln MDR 61, 768).

Allerdings hat die Rechtsprechung gerade bei Kollisionen mit dem Gegenverkehr zahlreiche Umstände als ausreichend angesehen, um den Anscheinsbeweis als erschüttert anzusehen.


So hat beispielsweise das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.04.1990 - 12 U 207/89) ausgeführt:
"... Allerdings spricht die Lebenserfahrung grundsätzlich für das Verschulden eines Kraftfahrers, wenn er auf die Gegenfahrbahn gerät und sich dort der Unfall ereignet (BGHZ VersR 1986, 343 = JZ 86, 251 m. w. N.). Um diesen Beweis des ersten Anscheins zu entkräften, muß der Verursacher des Unfalls Tatsachen behaupten und beweisen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs ergibt (BGH VersR 69, 136 = NJW 69, 277; 1978, 945 = NJW 78, 2032 (2033) BGHZ 100, 31 (34).

Die Tatsachen, aus denen sich die ernstliche Möglichkeit eines abweichenden Geschehensablaufs ergibt, müssen voll erwiesen werden nicht erforderlich ist es, den atypischen Geschehensablauf selbst voll zu beweisen (BGHZ 8, 239 = VersR 53, 117). Gelingt dem Schädiger der Nachweis der Möglichkeit eines atypischen Geschehens, so muß der Geschädigte das Verschulden des in Anspruch genommenen Kraftfahrers voll beweisen (BGH VersR 1978, 155).

Die Bekl. haben den Beweis der ernstlichen Möglichkeit dafür erbracht, daß der Bekl. zu 1 nicht infolge von Unachtsamkeit, überhöhter Geschwindigkeit oder sonst vorwerfbaren Verhaltens auf die linke Fahrbahn fuhr, sondern daß sein Fahrzeug dort hingeriet, weil er einem auf seiner Fahrspur entgegenkommenden Pkw auswich, mit den rechten Reifen auf den Randstreifen und dadurch ins Schleudern kam und dann nach links getragen wurde. Wenn sich der Unfall so zugetragen hätte, so würde dies bedeuten, daß dem Bekl. zu 1 kein Schuldvorwurf gemacht werden könnte...

Diesen Hergang im einzelnen brauchten die Bekl. nicht - wie oben dargelegt - voll zu beweisen, denn dann hätten sie den Schluß aus dem Erfahrungssatz nicht nur entkräftet, sondern widerlegt. Ausreichend ist - wie ausgeführt -, wenn Tatsachen dargelegt und bewiesen werden, die auf die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Ursachenverlaufs hinweisen (BGH VersR 69, 136 = NJW 69, 277). ..."