Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin Urteil vom 24.02.2000 - 12 U 6884/98 - Der vom Fahrbahnrand anfahrende Kraftfahrer haftet i. d. R. allein, wenn es zu einer Kollision mit einem Teilnehmer des fließenden Verkehrs kommt

KG Berlin v. 24.02.2000: Der vom Fahrbahnrand anfahrende Kraftfahrer haftet i. d. R. allein, wenn es zu einer Kollision mit einem Teilnehmer des fließenden Verkehrs kommt.


Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 24.02.2000 - 12 U 6884/98) hat geurteilt:
Der vom Fahrbahnrand anfahrende Kraftfahrer haftet i. d. R. allein, wenn es zu einer Kollision mit einem Teilnehmer des fließenden Verkehrs kommt.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Bei diesem Anfahren vom Fahrbahnrand hatte die Klägerin die in § 10 StVO verlangten besonderen Sorgfaltspflichten zu beachten. Wer vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Erforderlichenfalls hat er sich einweisen zu lassen (vgl. BGH DAR 1991, 92). Da die dem § 10 StVO zugrunde liegenden Sorgfaltsanforderungen eine Kombination eines Teils der Regeln der §§ 9 und 8 StVO darstellen, spricht der Beweis des ersten Anscheins gegen den vom Fahrbahnrand anfahrenden Kraftfahrer, wenn es im Zusammenhang hiermit zu einem Unfall kommt (vgl. BGH NZV 1991, 187 = DAR 1991, 92 für das Einfahren; Senatsurteile vom 12. Februar 1998 - 12 U 5603/96 -; 1. April 1999 - 12 U 144/98 -).

Wegen der besonderen Sorgfaltsanforderungen aus § 10 StVO, auf deren Einhaltung andere Verkehrsteilnehmer vertrauen dürfen, haftet der vom Fahrbahnrand Anfahrende nahezu in allen Fällen allein, wenn es zu einer Kollision mit einem Teilnehmer des fließenden Verkehrs kommt (KG VerkMitt 1983, 54, 55; Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 35. Aufl., 1999, StVO § 10 Rdn. 8). Zu dem fließenden Verkehr im Sinne des § 10 StVO gehört auch ein in zweiter Reihe mit laufendem Motor haltendes, Müll ladendes Müllfahrzeug (KG, a.a.O.; Jagusch/Hentschel, a.a.O.).

Der vom Fahrbahnrand anfahrende Verkehrsteilnehmer ist jedoch nicht gehindert, den Beweis des ersten Anscheins zu widerlegen. Seine Haftung mindert sich oder kann gegebenenfalls sogar ganz entfallen, wenn der fließende Verkehr infolge überhöhter Geschwindigkeit sich außerstande setzt, unfallverhütend zu reagieren, oder genügend Zeit hat, sich auf das Verhalten des Anfahrenden einzustellen (Senatsurteil vom 12. Februar 1998 - 12 U 5603/96 -; vgl. auch KG DAR 1984, 85, 86). Bei dem Anfahren nach einem Halten - oder verkehrswidrigen Parken - in zweiter Reihe kann aus § 1 StVO ein gleich hohes Maß der Sorgfaltspflicht - allerdings gegenüber anderen im fließenden Verkehr befindlichen Kraftfahrern - folgen (vgl. KG VerkMitt 1986, 68; 1996, 21 - Müllfahrzeug -; Jagusch/Hentschel, a.a.O., StVO § 10 Rdn. 10). ..."

Zum vollständigen Text der Entscheidung