Das Verkehrslexikon

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Kammergericht Berlin Urteil vom 16.09.2005 - (3) 1 Ss 340/05 (86/05) - Zum Vertrauensschutz des Halters für das Vorhandensein einer gültigen Fahrerlaubnis

KG Berlin v. 16.09.2005: Zum Vertrauensschutz des Halters für das Vorhandensein einer gültigen Fahrerlaubnis


Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 16.09.2005 - (3) 1 Ss 340/05 (86/05)) hat zum guten Glauben an den Fortbestand einer einmal vorhandenen Fahrerlaubnis entschieden:
Hat sich der Kfz-Halter einmal vom Vorhandensein einer gültigen Fahrerlaubnis überzeugt, darf er grundsätzlich vom Fortbestehen der einmal erteilten Fahrerlaubnis ausgehen. Daß diese dem anderen inzwischen entzogen worden sein könnte, braucht er nur dann in Rechnung zu stellen, wenn besondere Umstände, die er kennt oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt kennen könnte und müßte, auf eine solche Möglichkeit hindeuten. Er muß sich deshalb auch nicht, bevor er diesem das Kraftfahrzeug zur Führung überläßt, (erneut) dessen Führerschein vorlegen lassen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Die getroffenen Feststellungen rechtfertigen die Verurteilung des Angeklagten wegen fahrlässigen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht, denn das Urteil ist jedenfalls deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Amtsgericht im vorliegenden Fall die Anforderungen an die von ihm als gegeben angesehene Sorgfaltspflichtverletzung als zu niedrig angesetzt hat.

Zwar muß der Fahrzeughalter, der einem anderen ein Kraftfahrzeug zur Führung überläßt, grundsätzlich vorher prüfen, ob dieser im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Hierbei sind an seine Sorgfaltspflicht strenge Anforderungen zu stellen. Er ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, sich zunächst den Führerschein zeigen zu lassen. Das gilt jedoch dann nicht, wenn er bereits vorher sichere Kenntnis davon erlangt hatte, daß der andere über die erforderliche Fahrerlaubnis verfügte. In einem solchen Fall darf er grundsätzlich vom Fortbestehen der einmal erteilten Fahrerlaubnis ausgehen. Daß diese dem anderen inzwischen entzogen worden sein könnte, braucht er nur dann in Rechnung zu stellen, wenn besondere Umstände, die er kennt oder bei pflichtgemäßer Sorgfalt kennen könnte und müßte, auf eine solche Möglichkeit hindeuten. Solange letzteres nicht der Fall ist, muß der Halter nicht prüfen, ob die ihm bekannte Fahrerlaubnis des anderen noch fortbesteht. Er muß sich deshalb auch nicht, bevor er diesem das Kraftfahrzeug zur Führung überläßt, (erneut) dessen Führerschein vorlegen lassen. Dies wird besonders deutlich in Fällen, in denen - beispielsweise im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses - einer Person die Führung eines Kraftfahrzeugs wiederholt überlassen wird. Es wäre eine Überspannung der Sorgfaltspflicht und würde an der Lebenswirklichkeit vorbeigehen, würde man vom Halter verlangen, er müsse sich vor jeder Fahrzeugüberlassung erneut den Führerschein vorlegen lassen (vgl. BayObLG DAR 1978, 168 [juris]; BayObLG DAR 1988, 387 [juris]; s. auch OLG Koblenz VRS 60, 56; Hentschel, StVR 38. Aufl., StVG § 21 Rdn. 12).

Diese Rechtsgrundsätze gelten auch für den vom Fahrzeughalter nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB Beauftragten.

Umstände, die darauf hindeuteten, der Sohn des Angeklagten sei nicht mehr im Besitz der Fahrerlaubnis gewesen, hat das Amtsgericht indes nicht festgestellt. S. wohnte jedenfalls seit ca. April 2003 nicht mehr im Haushalt des Angeklagten. Daß ihm die Fahrerlaubnis im selben Jahr entzogen worden war, hat er sowohl dem Angeklagten als auch dem gemeinsamen Arbeitgeber gegenüber verschwiegen. Jedenfalls seit November 2003 waren Vater und Sohn in derselben Firma beschäftigt. Bereits seit März 2004 war S. mit einem Firmen-Pkw auch auf Montage unterwegs und im Mai 2004 erhielt der Angeklagte von seinem Arbeitgeber den Auftrag, S. das Fahrzeug als Mitarbeiter der Firma zu übergeben, was der Angeklagte dann auch tat. Unter diesen Umständen tragen die Feststellungen den vom Amtsgericht angenommenen Fahrlässigkeitsvorwurf nicht. ..."



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