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BayObLG Urteil vom 31.05.1991 - RReg. 1 St 63/91 - Zur Ausnahme vom Feuerlöschfahrzeugen der Klasse 3 von der Führerscheinsperre

BayObLG v. 31.05.1991: Zur Ausnahme vom Feuerlöschfahrzeugen der Klasse 3 von der Führerscheinsperre


Das BayObLG (Urteil vom 31.05.1991 - RReg. 1 St 63/91) hat entschieden:
Feuerlöschfahrzeuge der Klasse 3 können von der Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ausgenommen werden.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... 1. Die bewilligte Ausnahme von der Sperre hält einer rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Ausnahme von der Sperre ist zulässig.

Nach § 69 a II StGB kann das Gericht von der Sperre bestimmte Arten von Kfz ausnehmen. Dazu gehören auch Feuerlöschfahrzeuge der Klasse 3 (bis 7,5 t, § 5 Abs. 1 StVZO), denn sie unterscheiden sich nicht nur im Verwendungszweck, sondern insb. in der von diesem geprägten Bauart und Einrichtung deutlich von anderen Kfz (vgl. BayObLGSt 1982, 101 [102]; BayObLG, NJW 1989, 2959 = StVE § 25 StVG Nr. 16 = NZV 1990, 38 L; OLG Karlsruhe, VRS 63, 200 [201]; OLG Hamm, VRS 62, 124 [125] = StVE § 69a StGB Nr. 12; OLG Saarbrücken, VRS 43, 22; Himmelreich/Hentschel, Fahrverbot – Führerscheinentzug, 6. Aufl., Rdnrn. 159f.). Diese Auffassung vertritt auch die StA bei dem BayObLG.

b) Auch die Ausführungen des AG, mit denen es die Ausnahme von der Sperre begründet hat, lassen keine Rechtsfehler erkennen.

Nach § 69a II StGB kann eine Ausnahme bewilligt werden, wenn besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßnahme dadurch nicht gefährdet wird. Das ist der Fall, wenn es sich um Fahrzeuge handelt, von deren Führung durch den Angekl. trotz genereller Nichteignung zur Führung von Kfz – die nach § 69 I StGB die Voraussetzung für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist – keine Gefahren für die Allgemeinheit, insb. für die Sicherheit des Straßenverkehrs, zu befürchten sind (BayObLGSt 1982, 101 [102]; v. 30. 3. 1984–RReg. 1 St 33/ 84; v. 3. 4. 1987 – RReg. 1 St 34/87; OLG Köln, VerkMitt 1985, 27 [28]; vgl. auch Himmelreich/Hentschel, Rdnr. 177).

Davon ist auch das AG ausgegangen. Es hat insb. nicht verkannt, dass es nur in ganz besonderen Fällen angeht, bei einer – wie hier – auf charakterliche Mängel gestützten Fahrerlaubnisentziehung gerade Feuerlöschfahrzeuge, deren Führung wegen der von ihnen ausgehenden höheren Betriebsgefahr ein erhöhtes Verantwortungsbewusstsein (auf dessen Mangel die Entziehung der Fahrerlaubnis beruht) erfordert, von der Sperre auszunehmen (vgl. Dreher/Tröndle, StGB, 45. Aufl., § 69a Rdnr. 3a; Himmelreich/Hentschel, Rdnrn. 173, 174).

Es ist allein Sache des Tatrichters, als Tatfrage zu beurteilen, ob eine günstige Prognose darüber, dass dieser Angekl. trotz der bei ihm festgestellten charakterlichen Mängel beim Führen der von der Sperre ausgenommenen Feuerlöschfahrzeuge für andere nicht gefährlich sein wird. Allein der Tatrichter vermag auf Grund der Hauptverhandlung einen umfassenden Eindruck von der Person des Angekl. und seiner Tat zu gewinnen, und er trägt auch die Verantwortung für Art und Umfang der Maßregel.

Dem RevGer. ist es versagt, die Prognose des Tatrichters durch seine eigene zu ersetzen, denn die Prognose liegt auf tatsächlichem, nicht auf rechtlichem Gebiet. Es kann nur dann ausnahmsweise in diesen Teil des Rechtsfolgenausspruchs eingreifen, wenn der Tatrichter von seinem Ermessen in fehlerhafter Weise Gebrauch gemacht hat, indem er etwa die rechtliche Entscheidungsgrundlage fehlerhaft beurteilt, seinen Entscheidungsspielraum überschritten, für die Entscheidung wesentliche Gesichtspunkte außer acht gelassen hat oder von unrichtigen Gesichtspunkten ausgegangen ist.

Solche Rechtsfehler enthält das angefochtene Urteil nicht. Der Tatrichter hat die Ausnahmebewilligung auf Umstände gestützt, aus denen sich nach seiner im Rahmen des ihm zustehenden Ermessens liegenden Überzeugung ergibt, dass trotz fortbestehender (genereller) Ungeeignetheit zur Führung von Kfz eine Führung gerade der Feuerlöschfahrzeuge der Klasse 3 durch den Angekl. keine Gefährdung der Allgemeinheit, die über die allgemeine Betriebsgefahr eines solchen Fahrzeugs hinausgeht, befürchten lässt.

Die Auffassung der StA, das AG habe verkannt, dass die von einem Feuerlöschfahrzeug ausgehende höhere Betriebsgefahr gegen eine Ausnahmegenehmigung spräche, ist unzutreffend. Das AG hat ausgeführt, die allgemeine Betriebsgefahr eines Feuerlöschfahrzeugs als Sonderfahrzeug liege an sich schon über der Betriebsgefahr anderer Fahrzeugarten, und verweist insoweit auf die für solche Fahrzeuge bestehenden Sonderrechte (§ 351, Va, VIII StVO). Dennoch kam es unter umfassender Abwägung der Person des Täters und der Umstände der von ihm begangenen Tat (spontane private Trunkenheitsfahrt mit einem Motorrad ohne nachgewiesenen Fahrfehler) unter Berücksichtigung dessen, dass die Ausnahmebewilligung nur zu vergleichsweise geringen Fahrleistungen im öffentlichen Straßenverkehr und nicht zu Privatfahrten führen wird, zu der Auffassung, der bei dem Angekl. festgestellte Charaktermangel werde sich in dem konkreten Lebensbereich „Feuerwehr” nicht auswirken. ..."



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