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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil vom 03.02.2004 - 12 E 6714/03 - Zum Recht der Inhaber von Fahrerlaubnissen der Klasse 3 auf CE79

VG Frankfurt am Main v. 03.02.2004: Zum Erlöschen des Rechts auf Klasse CE79 ohne Gutachten mit Vollendung des 50. Lebensjahres ohne vorherigen Antrag


Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 03.02.2004 - 12 E 6714/03) hat entschieden:
Das Recht der Inhaber von Fahrerlaubnissen der Klasse 3, Fahrzeuge, die in die Klasse CE (Kraftfahrzeuge mit mehr als 3,5 t zulässiger Gesamtmasse mit Anhänger) fallen, zu führen (CE 79), ist mit Ablauf des Jahres 2000 erloschen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber bereits zum 31.12.1999 das 50. Lebensjahr vollendet hatte. Alle anderen Fahrerlaubnisinhaber dieser Klasse verlieren dieses Recht bereits mit Ablauf des 50. Lebensjahres, wenn sie die Fahrerlaubnis nicht zuvor umstellen lassen. Das teilweise nachträgliche Erlöschen der Fahrerlaubnis begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.


Zum Sachverhalt: Die im Jahr 1940 geborene Klägerin erwarb 1963 die Fahrerlaubnis der Klasse 3. Am 23. Januar 2003 beantragte sie bei der Beklagten, ihre Fahrerlaubnis auf die neuen Führerscheinklassen, die durch die Fahrerlaubnisverordnung vom 18.08.1998 eingeführt worden waren, umzustellen und ihr einen entsprechenden neuen Führerschein auszustellen. Am 27.03.2003 händigte die Beklagte der Klägerin einen neuen Führerschein, in dem die Klassen A 1/ B/ BE/ C 1/ C1 E, L und M nach der Fahrerlaubnisverordnung bescheinigt wurden, aus. Die Klägerin weigerte sich jedoch, ihren alten Führerschein herauszugeben, weil ihrer Ansicht nach zu Unrecht die Klasse CE 79, die ihr das Führen von Fahrzeugkombinationen, die bisher in Klasse 3 fielen, (12 Tonnen bis 18,5 Tonnen) erlaube, nicht bescheinigt worden sei. In der Folgezeit forderte die Beklagte die Klägerin mehrmals telefonisch auf, den alten Führerschein abzugeben, da sie ihre Berechtigung zum Führen der in die Klasse CE 79 fallenden Fahrzeugkombinationen bereits verloren gehabt habe, als sie die Umstellung im Januar 2003 beantragt habe.

Die Anträge der Klägerin, ihr nachträglich dei Fahrerlaubnis der Klasse CE 79 zu erteilen, wurden zurückgewiesen. Ihre Klage blieb erfolglos.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Soweit die Klägerin weiterhin die Umstellung ihren alten Fahrerlaubnis der Klasse 3 auf die Fahrerlaubnis der Klasse CE 79 bzw. deren Neuerteilung begehrt, ist die Klage zwar zulässig aber unbegründet. Die Klägerin kann dies von der Beklagten nicht mehr beanspruchen.

Die von der Klägerin erworbene Fahrerlaubnis der Klasse 3 kann nicht in eine Fahrerlaubnis der Klasse CE, beschränkt auf das Führen von Fahrzeugkombinationen, der bisher in Klasse 3 fallenden Züge, umgestellt werden, weil die Klägerin, als sie erstmalig die Umstellung am 23.01.2003 beantragte, über dieses Recht nicht mehr verfügte. Ihr Recht, in die Klasse CE fallende Fahrzeugkombinationen zu führen, erlosch am 01. Januar 2001. Dies ergibt sich aus der Übergangsregelung des § 76 Nr. 9 Satz 7 und 9 FeV. Hiernach darf der Inhaber einer bis zum 31. Dezember 1998 erteilten Fahrerlaubnis der Klasse 3, der sie nicht hat umstellen lassen, ab Vollendung des 50. Lebensjahres keine in Klasse CE fallende Fahrzeugkombination mehr führen. Diese Regelung trat für die Klägerin am 01. Januar 2001 gem. Satz 9 des § 76 Nr. 9 FeV in Kraft, da sie zu dem in dieser Regelung genannten Stichtag, den 31. Dezember 1999, das 50. Lebensjahr bereits vollendet hatte.

Gegen die Rechtmäßigkeit dieser durch die Fahrerlaubnisverordnung angeordneten nachträglichen Befristung des Rechtes bisher in Klasse 3 fallende Züge zu führen, bestehen keine Bedenken. Das Gericht vermag der Klägerin nicht zu folgen, darin eine Enteignung zu sehen. Zwar erlischt durch diese Regelung der Fahrerlaubnisverordnung ein subjektiv öffentliches Recht. Dieses steht jedoch nicht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Von der Eigentumsgarantie umfasst werden nur vermögenswerte Rechte. Es ist bereits fraglich, ob subjektive Rechte aus dem Bereich des öffentlichen Rechtes zum Vermögen zählen können. Jedenfalls hat die Erlaubnis, Kraftfahrzeuge im öffentlichen Straßenverkehr zu führen, keinen vermögenswerten Inhalt. Die Fahrerlaubnis ist ein streng persönliches Recht, welches an die Geeignetheit, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, anknüpft. Es ist deshalb anders als vermögenswerte Rechte weder übertragbar, handelbar noch vererbbar.

Die Anknüpfung dieses Löschungstatbestandes an eine Altersgrenze ist sachgerecht und deshalb nicht willkürlich i.S.v. Art. 3 Abs. 1 GG. Die Annahme des Verordnungsgebers, dass mit Vollendung des 50. Lebensjahres die für die Teilnahme am Straßenverkehr mit schweren Lastkraftwagen erforderliche Leistungsfähigkeit nachlasse, ist nicht zu beanstanden. Das Erlöschen der alten Fahrerlaubnis der Klasse 3 für die in die neue Klasse CE fallenden Züge verstößt auch nicht gegen das grundsätzliche Verbot einer echten Rückwirkung. Eine echte Rückwirkung liegt nämlich nur vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgeschlossene der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift (ständige Rechtsprechung des BVerfG, z. B. Beschluss vom 13.05.1986, 1 BvR 99, 461/85, BVerfGE 72, 175, 196). Dies ist hier nicht der Fall, weil die Befugnis, Kraftfahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, ein Dauerverwaltungsakt ist.

Das Vertrauen des Fahrerlaubnisinhabers in den Fortbestand seiner bislang innegehabten Befugnis, als Altinhaber der Fahrerlaubnis Klasse 3 Fahrzeugkombinationen im öffentlichen Straßenverkehr führen zu dürfen, die in die neue Fahrzeugklasse CE fallen, überwiegt nicht das öffentliche Interesse, das die Neuregelung trägt. Mit der Befristung der Fahrerlaubnis für Fahrzeugkombinationen der Klasse CE hat die Bundesrepublik Deutschland die zweite EU-Führerscheinrichtlinie 91/439/EWG vom 29.07.1991 umgesetzt und erfüllt damit eine europarechtliche Verpflichtung, woran ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Des weiteren dient die Altersgrenze dem Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die durch die Teilnahme von ungeeigneten Kraftfahrzeugführern am motorisierten Straßenverkehr entstehen. Schließlich erscheint die Regelung über das Erlöschen auch verhältnismäßig. Denn der Inhaber einer Fahrerlaubnis der alten Klasse 3 hatte durch die Regelung in der Übergangsvorschrift des § 76 Nr. 9 FeV, selbst wenn er bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der FeV am 01.01.1999 oder bis zum 31.12.1999 das 50. Lebensjahr vollendet hatte die Möglichkeit, seine alte Fahrerlaubnis auch auf die neue Klasse CE 79 umstellen zu lassen. Dies ergibt sich aus Satz 6 des § 76 Nr. 9. Hiernach müssen Fahrerlaubnisinhaber, die bis zum 31. Dezember 1998 das 50. Lebensjahr vollenden, bei der Umstellung der Fahrerlaubnis für den Erhalt der beschränkten Klasse CE ihre Eignung nur nach Maßgabe von § 11 Abs. 9 und § 12 Abs. 6 i.V.m. den Anlagen 5 und 6 nachweisen. Mit diesem Nachweis verlangt der Verordnungsgeber nichts übermäßig Belastendes. Er muss nur eine ärztliche Untersuchung über sich ergehen lassen, die sich auf Tatsachen erstreckt, die unmittelbar die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen berühren. Aus den Anlagen 5 und 6 zur FeV lässt sich zweifelsfrei erkennen, dass es hier um die Eignung ausschließender Erkrankungen geht sowie um das Sehvermögen, dass bei Erlaubnisinhabern dieser Klasse besser sein muss als bei Erlaubnisinhabern anderer Klassen. Diese Regelung ist i.S.d. Verkehrssicherheit getroffen worden. Angesichts des Gefahrenpotentials, dass von schweren Lastkraftwagen und Zügen ausgeht, erscheinen regelmäßige Wiederholungsuntersuchungen verhältnismäßig (vgl. hierzu: VG Gießen, Urteil vom 16.02.2000, 6 E 388/99, NZV 2000, 270).

Eine nachträgliche Neuerteilung der erloschenen Erlaubnis, in die Klasse CE fallende Fahrzeugkombinationen zu führen, kann die Klägerin nicht beanspruchen. Nach der Übergangsregelung des § 76 Nr. 9 Satz 8 FeV ist für die Erteilung einer Fahrerlaubnis dieser Klasse nach vorangegangenem Erlöschen infolge der Vollendung des 50. Lebensjahres § 24 Abs. 2 FeV entsprechend anzuwenden. Nach § 24 Abs. 2 FeV ist die Neuerteilung binnen zwei Jahren zu beantragen. Diese zweijährige Frist hat die Klägerin nicht gewahrt. Sie endete mit Ablauf des Jahres 2002, da die aus der alten Fahrerlaubnis der Klasse 3 resultierende Erlaubnis zum Führen von Fahrzeugen, die in die Klasse CE fallen, mit Ablauf des Jahres 2000 erlosch. Insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen. Diese Befristung ist rechtlich ebenso wenig zu beanstanden. Der Verordnungsgeber ist nicht gehindert, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Ausschlussfristen einzuführen, obwohl das unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Ungleichheiten, die durch eine solche Ausschlussfrist entstehen, müssen hingenommen werden, wenn die Einführung einer solchen notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 23.11.1999, 1 BvV 1/94). Angesichts der mit der EU-Führerscheinrichtlinie 91/139/EWG vom 29.07.1991 intendierten Harmonisierung des Fahrerlaubnisrechts in den Mitgliedsstaaten ist die Wertung des Verordnungsgebers spätestens zwei Jahre nach Erreichen der Altersgrenze, der Vollendung des 50. Lebensjahres, Klarheit darüber zu gewinnen, welche Inhaber der alten Fahrerlaubnisklasse 3 noch ein Interesse haben, die in die neue Fahrerlaubnisklasse CE fallenden Fahrzeugkombinationen zu führen. Durch die Regelung des Verordnungsgebers werden auch nur relativ wenige Altfahrerlaubnisinhaber, die weiterhin ein Interesse an dem Führen der Fahrzeugkombinationen der Klasse CE haben, ausgeschlossen. Denn es kann vermutet werden, dass interessierte Fahrerlaubnisinhaber, die regelmäßig solche Fahrzeugkombinationen führen, entweder rechtzeitig die Umstellung beantragen oder zumindestens während der zweijährigen Frist die erleichterte Neuerteilung begehren. Ausreichend Zeit hat der Verordnungsgeber damit gewährt. Ebenso spricht eine Vermutung dafür, dass diejenigen Inhaber der alten Fahrerlaubnisklasse 3, die nicht binnen der Frist eine erleichterte Neuerteilung nach § 24 Abs. 2 FeV beantragen, Fahrzeugkombinationen, die in die Klasse CE fallen, nicht führen, weshalb die mangelnde Fahrpraxis es als sachgerecht erscheinen lässt, von diesen, sollten sie zu einem späteren Zeitpunkt eine solche Erlaubnis begehren, die vollständige Eignungsüberprüfung zu verlangen. ..."



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