Das Verkehrslexikon

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AG Berlin-Mitte Urteil vom 04.11.2004 – 105 C 3123/03 - Benutzung des Handys ist grobe Fahrlässigkeit und führt zum Verlust des Versicherungsschutzes

AG Berlin-Mitte v. 04.11.2004: Leistungsfreiheit in der Vollkaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit, wenn bei einem Unfall das Handy benutzt wurde


Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Urteil vom 04.11.2004 – 105 C 3123/03) hat entschieden:
Kommt ein Pkw (Smart) beim Durchfahren einer Doppelkurve mit überhöhter Geschwindigkeit, wobei der Fahrer nur eine Hand am Lenkrad hat und mit der anderen sein Handy, mit dem er telefoniert, an sein Ohr hält, von der Fahrbahn ab, dann ist der Unfall grob fahrlässig herbeigeführt und der Vollkaskoversicherer ist leistungsfrei.


Siehe auch Funktelefon - Handy-Benutzung - Gebrauch des Mobiltelefons


Zum Sachverhalt: Der Kl. hatte bei der Bekl. für seinen Pkw Smart eine Fahrzeugvollversicherung abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeugversicherung in der Fassung vom 9. 4. 1996 zu Grunde. Am 9. 6. 2002 fuhr der 1(1. gegen 17 Uhr in Richtung N. Circa 100 m vor dem Ortseingang kam er nach rechts von der Fahrbahn ab und überschlug sich mehrfach. Das Fahrzeug kam außerhalb der Fahrbahn zum Stillstand. Der 1(1. wurde verletzt. Vor N. muss eine Doppelkurve durchfahren werden. Im - Kurvenbereich ist die Geschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt. Im Übrigen beträgt die zulässige Höchstgeschwindigkeit 80 km/h. Der Pkw erlitt einen wirtschaftlichen Totalschaden.

Die Klage auf Zahlung von 4830 Euro hatte keinen Erfolg.


Aus den Gründen:

Die auf §1 I VVG i. V. mit § 12 AKB gestützte Klage ist unbegründet. Der Kl. hat auf Grund des zwischen ihm und der Bekl. geschlossenen Versicherungsvertrags keinen Anspruch auf Ausgleich des ihm entstandenen Unfallschadens, denn die Bekl. ist gem. § 61 VVG von der Erbringung der Entschädigungsleistung befreit, weil der Kl. den Unfall -grob fahrlässig verursachte. Das Gericht begründet seine Überzeugung auf die Aussagen der Zeugen J und R.

... Das Gericht ist nach Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt, dass der Kl. seinen Smart vor der Kollision mit einer Hand lenkte und mit der anderen ein Handy am Ohr hielt und telefonierte. Weiter sieht es das Gericht als erwiesen an, dass der Kl.. beim - Uberholen der Zeugin R und beim Schneiden der Kurve eine Geschwindigkeit einhielt, die deutlich die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritt, sowie, dass er wegen des herankommenden Lkws nach rechts lenkte. Das gesamte Verhalten des Kl. ist objektiv grob fahrlässig.

Das Lenken eines Fahrzeugs mit einer Hand im Kurvenbereich ist grob fehlerhaft. Es erschließt sich jedem vernünftigen Verkehrsteilnehmer, dass das Durchfahren eines Kurvenbereichs, noch dazu zumindest kurz vor dem Unfall auf der Gegenfahrbahn, ein absolutes Beherrschen des Fahrzeugs voraussetzt, was beim Lenken mit einer Hand nicht ansatzweise gewährleistet ist. Weiter ist das Telefonieren mit einem Handy während der Fahrt bei hoher Geschwindigkeit gleich-falls objektiv grob fahrlässig. Es liegt auf der Hand, dass der Fahrer während des Telefonierens abgelenkt ist.

Das Verhalten des Kl. ist auch subjektiv grob fahrlässig. Der Kl. hat in mehrfacher Hinsicht gegen das verstoßen, was jedem Verkehrsteilnehmer in seiner Situation einleuchtet, nämlich das Lenken eines Fahrzeugs mit hoher Geschwindigkeit mit einer Hand im Bereich einer Kurve und zusätzlichem Telefonieren mit dem Handy. In subjektiver Hinsicht ist des-halb in dem grob fehlerhaften und verkehrswidrigen Verhalten ein erheblich gesteigertes Verschulden zu sehen. Seine Fahrweise war in besonderem Maße leichtsinnig und rücksichtslos.

Die Bekl. ist nach alledem leistungsfrei mit der Folge, dass der Kl. keinen Versicherungsschutz in seiner Vollkaskoversicherung genießt.



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