Das Verkehrslexikon

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OLG München Urteil vom 17.05.1994 - 5 U 5630/93 - Die Vereinbarung eines Unfallersatztarifs verstößt gegen die Schadensminderungspflicht

OLG München v. 17.05.1994 u. a.: Die Vereinbarung eines Unfallersatztarifs verstößt gegen die Schadensminderungspflicht.


Das OLG München (Urteil vom 17.05.1994 - 5 U 5630/93) hat entschieden:
  1. Ein Unfallgeschädigter, der während der Reparatur oder Wiederbeschaffung ein Fahrzeug mietet, kann seine Pflicht, den Schaden auf das erforderliche Maß zu begrenzen, dadurch verletzen, dass er das Fahrzeug zum sog Unfallersatztarif mietet und sich nicht um günstigere Angebote bemüht; diese Pflicht besteht in umso höherem Maße, je höher die voraussichtlichen Mietwagenkosten sind und je mehr sie in einem Missverhältnis zum Zeitwert des beschädigten Fahrzeugs stehen.

  2. Bietet ein Vermieter einem Kunden, der sich nach preiswerteren Angeboten erkundigt, trotzdem nur den höheren Unfallsatztarif an, obwohl er anderen Kunden ohne Unfallschaden günstigere Tarife gewährt, so verstößt er gegen seine Pflicht beim Vertragsschluss (cic); dies gilt jedenfalls dann, wenn keine Person des Geschädigten liegenden besonderen Umstände gegeben sind. Die Tatsache allein, dass der Geschädigte einen Unfall hatte, ist kein solcher besonderer Grund.

  3. Für die Schätzung von Mietwagenaufwendungen, die sich im Rahmen des Erforderlichen halten, bildet der Nutzungswert des beschädigten Fahrzeugs eine brauchbare Grundlage; der tägliche Mietaufwand ist in der Regel höchstens auf den dreifachen Nutzungswert zu schätzen; in dem so geschätzten Betrag sind Abzüge wegen ersparter Aufwendungen, bei Anmietung eines Fahrzeugs derselben statt der nächstniedrigeren Gruppe, bei Alter des Fahrzeugs über fünf Jahre etc und Zuschläge für Haftungsbefreiung, für Umsatzsteuer etc berücksichtigt.

Siehe auch Der Unfallersatztarif


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Ein Unfallgeschädigter, der während der Reparatur oder Wiederbeschaffung ein Fahrzeug mietet, kann seine Pflicht, den Schaden auf das erforderliche Maß zu begrenzen, dadurch verletzen, dass er das Fahrzeug zum sog. Unfallersatztarif mietet und sich nicht um günstigere Angebote bemüht; diese Pflicht besteht in umso höherem Maße, je höher die voraussichtlichen Mietwagenkosten sind und je mehr sie in einem Missverhältnis zum Zeitwert des beschädigten Fahrzeugs stehen. ...

Dass neben dem Unfallersatztarif ein solcher Normaltarif existiert, der günstiger ist und für jedermann offensteht, ist allgemein bekannt (vgl. OLG Nürnberg, DAR 1990, 453; ZfS 1990, 227; OLG Karlsruhe, r + s, 1992, 341). ...

Ebenso wenig stichhaltig ist das Argument des Klägers, bei Vermietung zum Normaltarif werde ein Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Miete verlangt. Hierauf wird nämlich regelmäßig bei Vorlage einer Kreditkarte verzichtet (OLG Celle, ZfS 1990, 190). In einem solchen Fall tritt in Wirklichkeit das Kreditkartenunternehmen in Vorlage und der Mieter wird erst bei der Abrechnung im nächsten oder übernächsten Monat nach dem Ende der Mietzeit belastet. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er in ausreichendem Maße Zeit und Gelegenheit, den Schädiger und den Versicherer in Verzug zu setzen, und kann dann etwaige Kreditzinsen nach § 286 I BGB geltend machen.

Selbst bei Fehlen einer Kreditkarte und dem Verlangen des Mietwagenunternehmers nach Erbringung eines Vorschusses wäre der Mieter schadensersatzrechtlich verpflichtet, diese Vorauszahlung zunächst aus seinen vorhandenen Mitteln zu leisten (BGHZ 61, 346 (350)). Der Kläger hat nicht dargelegt, dass er dazu nicht in der Lage war.

Im übrigen könnten die Zinsen, die bei Aufnahme eines Darlehens mangels eigener Mittel anfallen würden, als Teil des Schadensersatzes geltend gemacht werden (BGHZ 61, 346 (350)) und wären stets geringer als die z.B. hier entstandenen Kosten nach dem Unfallersatztarif."

Desgleichen hat das OLG Hamm (NZV 1994, 358 f:) ausgesprochen:
"Der Geschädigte genügt seiner Erkundigungspflicht nicht, wenn er sich vor der Anmietung eines Ersatzwagens nur über die Unfallersatztarife mehrerer Firmen informiert; er muss sich vielmehr auch nach Privattarifen erkundigen, und zwar auch bei überregionalen Vermietern außerhalb seines Wohnorts."

Ebenfalls auf dieser Linie liegen OLG Nürnberg NZV 1994,24 und OLG Köln VersR 1993, 767.



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