Das Verkehrslexikon

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VG Neustadt Beschuss vom 04.03.2005 - 3 L 253/05 - Kein Rechtsschutzbedürfis im Eilverfahren bei einer EU-Fürschrein-Nutzungsuntersagung

VG Neustadt v. 04.03.2005: Kein Rechtsschutzbedürfis im Eilverfahren bei einer EU-Fürschrein-Nutzungsuntersagung


Das VG Neustadt (Beschuss vom 04.03.2005 - 3 L 253/05) hat entschieden:
Aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV - ergibt von selbst, dass der Inhaber einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis ohnehin nicht in Deutschland von ihr Gebrauch machen darf. Es fehlt daher bereits das Rechtsschutzbedürfis im Eilverfahren bei einer EU-Fürschrein-Nutzungsuntersagung.


Siehe auch Stichwörter zum Thema EU-Führerschein


Gründe: Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 30. Dezember 2004 gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der griechischen Fahrerlaubnis durch Verfügung der Antragsgegnerin vom 10. Dezember 2004 wiederherzustellen, hat keinen Erfolg. Er ist bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für einen im Rechtsweg geltend gemachten Rechtsbehelf fehlt unter anderem dann, wenn der Rechtsschutz Suchende mit einer Klage oder mit einem Antrag keine Verbesserung seiner Rechtsstellung erreichen kann, der eingelegte Rechtsbehelf also m.a.W. nutzlos ist (vgl. VG München, Beschluss vom 13. Januar 2005 – M 6b S 04.5543 –). Davon ist im Falle des Antragstellers auszugehen. Dem Antragsteller würde es nämlich keinerlei Vorteil bringen, wenn das Gericht die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherstellte, da die Regelungswirkung der angefochtenen Entziehungsverfügung ebenso wie die dort verfügte Anordnung der sofortigen Vollziehung praktisch ins Leere geht. Denn der Antragsteller ist schon von Gesetzes wegen nicht berechtigt, von seiner griechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.

Die fehlende Berechtigung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland ergibt sich aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV –. Nach dieser Regelung gilt die Berechtigung des § 28 Abs. 1 FeV, im Umfang der ausländischen Berechtigung, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, denen die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Fahrerlaubnisbehörde entzogen worden ist, denen die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder denen die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil sie zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet haben. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Antragstellers erfüllt. Dem Antragsteller war mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 28. September 1992, rechtskräftig seit dem 22. Oktober 1992, die Fahrerlaubnis wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort entzogen worden (vgl. Bl. 7 der Verwaltungsakten). Seine Anträge auf Erteilung einer deutschen Fahrerlaubnis wurden mit Verfügungen der Stadt M.. vom 15. Juli 1998 und 07. Juli 2000 bestandskräftig abgelehnt (vgl. Bl. 58, 233 und 93, 234 der Verwaltungsakten). Dem Antragsteller fehlt somit die Berechtigung, aufgrund seiner griechischen Fahrerlaubnis Kraftfahrzeuge in Deutschland zu führen.

Eine andere Auslegung des § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV ist auch nicht im Hinblick auf das Europäische Gemeinschaftsrecht (Richtlinie 91/439/EWG) und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 29. April 2004 [AZ.: C-476/01 (Fall Kapper), NJW 2004, 1725 ff.] geboten.

Artikel 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG verbürgt das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine. Dieses Prinzip darf nicht unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht eingeschränkt werden. Allerdings sieht das Gemeinschaftsrecht selbst Ausnahmen vom Prinzip der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG genannten Maßnahmen – Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis – angewendet wurde. Die Ausnahmeregelung soll es den Mitgliedstaaten abweichend von der generellen Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Rechtsvorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Die Richtlinie ist also nicht auf vollständige Harmonisierung hinsichtlich des Führerscheinerteilung und -entziehung ausgerichtet, sondern enthält zum Teil nur Mindestanforderungen, die einer strikteren Ausformung im Recht des einzelnen Mitgliedsstaates jedenfalls nicht grundsätzlich entgegenstehen (vgl. VG München, Beschluss vom 13. Januar 2005 – M 6b S 04.5543 –). Von der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG hat die Bundesrepublik Deutschland durch die Regelungen in Art. 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV Gebrauch gemacht (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 12. Oktober 2004 – 10 S 1346/04 –, Fundstelle: VENSA und juris).

Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 29. April 2004 (a.a.O.) im Wesentlichen folgende Ausführungen gemacht: Nach ständiger Rechtsprechung sehe Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine ohne jede Formalität vor. Soweit es Art. 8 Abs. 4 Unterabsatz 1 der Richtlinie 91/439 einem Mitgliedstaat erlaube, die Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins dann nicht anzuerkennen, wenn auf dessen Inhaber in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme der Einschränkung, der Aussetzung, des Entzugs oder der Aufhebung der Fahrerlaubnis angewendet worden sei, stelle er eine Ausnahme von dem in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439 enthaltenen Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine dar. Nach ständiger Rechtsprechung seien die Bestimmungen einer Richtlinie, die von einem in dieser Richtlinie aufgestellten allgemeinen Grundsatz abwichen, eng auszulegen. Da die Bestimmung des Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439 – somit – eng auszulegen sei, könne sich ein Mitgliedstaat nicht auf sie berufen, um einer Person, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früher von ihm erteilten Fahrerlaubnis angewendet worden sei, auf unbestimmte Zeit die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins zu versagen, der ihr möglicherweise später von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt werde. Gegen diese Schlussfolgerung lasse sich nicht einwenden, dass die anwendbaren nationalen Vorschriften, insbesondere § 28 FeV 1999, gerade darauf abzielten, die zeitlichen Wirkungen einer Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer früheren Fahrerlaubnis auf unbestimmte Zeit zu verlängern und den deutschen Behörden die Zuständigkeit für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis vorzubehalten. Es wäre die Negation des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine selbst, der den Schlussstein des mit der Richtlinie 91/439 eingeführten Systems darstelle, wenn man einen Mitgliedstaat für berechtigt hielte, die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins unter Berufung auf seine nationalen Vorschriften unbegrenzt zu verweigern.

Den vorstehenden Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs ist zu entnehmen, dass der Anerkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis nicht unbefristet lang Vorgänge im Sinne von § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV entgegengehalten werden dürfen, die sich vor Erteilung der ausländischen Fahrerlaubnis ereignet haben (vgl. VG Regensburg, Beschluss vom 03. Februar 2005 – RN 5 S 05.30 –).

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts wird diesem Grundsatz, dass einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis die Anerkennung nicht auf unbestimmte Zeit versagt werden darf, durch die nationale Vorschrift des § 28 Abs. 5 FeV Rechnung getragen (so auch VGH Mannheim, a. a. O.).

Nach Absatz 5 Satz 1 des § 28 FeV, welcher durch die Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und anderer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 07. August 2002 (BGBl I S. 3267) mit Wirkung zum 01. September 2002 in § 28 FeV eingefügt wurde, wird das Recht, von einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer in Absatz 4 Nr. 3 und 4 genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, auf Antrag erteilt, wenn die Gründe für die Entziehung oder die Sperre nicht mehr bestehen. Durch dieses Zuerteilungsverfahren wird mithin sichergestellt, dass einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nicht auf Dauer die Gültigkeit abgesprochen wird (vgl. VGH Mannheim, a. a. O.).

Der VGH Mannheim hat in seinem Urteil vom 12. Oktober 2004 im Übrigen zutreffend – unter Berücksichtigung des EuGH-Entscheidung vom 29. April 2004 – die Vereinbarkeit des § 28 Abs. 4 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 FeV mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht bejaht. Dort heißt es unter anderem:
„...Auch das vorrangige Gemeinschaftsrecht zwingt nicht zu einer einschränkenden Auslegung des § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV bzw. § 4 Abs. 4 IntKfzV in dem Sinne, dass im Falle des Erwerbs einer - weiteren - Fahrerlaubnisklasse nach einer im Inland erfolgten Fahrerlaubnisentziehung oder -versagung kein gesondertes Zuerteilungsverfahren erforderlich ist und die - weitere - im EU-Ausland erworbene Fahrerlaubnis auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland den Inhaber ohne Weiteres - insbesondere ohne einen die Nutzung dieser Fahrerlaubnis gestattenden Bescheid - zum Führen entsprechender Kraftfahrzeuge berechtigt. Grundlage der Bestimmungen des § 28 Abs. 4 Nr. 3 und Abs. 5 FeV bzw. § 4 Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 4 IntKfzV ist Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein. Danach kann es ein Mitgliedstaat ablehnen, die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der von einem anderen Mitgliedstaat einer Person ausgestellt wurde, auf die in seinem Hoheitsgebiet eine der in Absatz 2 genannten Maßnahmen - Einschränkung, Aussetzung, Entzug oder Aufhebung der Fahrerlaubnis - angewendet wurde. Auch im Gemeinschaftsrecht gilt der Grundsatz, dass für die Auslegung einer Rechtsnorm auch deren Wortlaut und ihr systematischer Zusammenhang mit anderen Bestimmungen zu berücksichtigen sind. Ferner muss eine Rechtsnorm so ausgelegt werden, dass für sie noch ein ausreichender Anwendungsbereich besteht. Wenn sich ein Mitgliedstaat dazu entschließt, die ihm im Gemeinschaftsrecht ausdrücklich eingeräumte Regelungsmöglichkeit zu nutzen, so ist dies bei der Auslegung des übrigen Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen und darf insbesondere nicht durch allgemeine gemeinschaftsrechtliche Überlegungen überspielt werden. Zu Gunsten der Regelungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten hat der EuGH in seinem Urteil vom 29.04.2004 (C-476/01 - Kapper, EuZW 2004, 337, Rn. 73) festgestellt, dass die Anwendung des Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Behörden eines Mitgliedstaates vom Inhaber eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins mit einem Antrag auf Umtausch dieses Führerscheins befasst werden. In seinem Urteil vom 29.04.2004 (a.a.O. Rn. 73) hat der EuGH auch den Zweck des Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG betont. Diese Bestimmung soll es den Mitgliedstaaten abweichend von der generellen Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von anderen Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine (vgl. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG) ermöglichen, in ihrem Hoheitsgebiet ihre nationalen Vorschriften über den Entzug, die Aussetzung und die Aufhebung der Fahrerlaubnis anzuwenden. Die Bundesrepublik Deutschland hat von der Ermächtigung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG dahingehend Gebrauch gemacht, dass EU- oder EWR-Fahrerlaubnisse u.a. dann nicht anerkannt werden, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland rechtskräftig von einem Gericht entzogen worden ist (vgl. § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV bzw. § 4 Abs. 3 Nr. 3 IntKfzV). Ferner ist das Recht, von einer solchen Fahrerlaubnis nach einer der genannten Entscheidungen im Inland Gebrauch zu machen, von einer vorherigen innerstaatlichen Prüfung abhängig gemacht worden, ob die für die ursprüngliche Entziehung maßgeblichen Gründe nicht mehr bestehen. Im Hinblick auf diese innerstaatlichen Rechtsvorschriften ist darauf zu verweisen, dass die an die Mitgliedstaaten gerichtete Ermächtigung des Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht darauf beschränkt ist zu regeln, dass die innerstaatliche Anerkennung einer im EU-Ausland erworbenen Fahrerlaubnis nach einer im Inland erfolgten Entziehung für die Dauer der im Inland für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ausgesprochenen Sperre ausgeschlossen ist. Durch die Regelung des § 28 Abs. 5 Satz 1 FeV bzw. § 4 Abs. 4 IntKfzV ist auch entsprechend der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 29.04.2004, a.a.O., Rn. 74-77) sichergestellt, dass einer im EU- oder EWR-Ausland erteilten Fahrerlaubnis die Anerkennung nicht auf unbestimmte Zeit versagt wird. Entscheidend ist jedoch, dass nach dem innerstaatlichen Recht der Bundesrepublik Deutschland, das in Ausübung der in Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG geregelten Ermächtigung erlassen worden ist, im Falle einer früheren Entziehung einer Fahrerlaubnis die nach Ablauf der innerstaatlichen Sperrfrist im EU- oder EWR-Ausland erworbene Fahrerlaubnis nicht automatisch im Inland gilt, sondern das Recht zur Nutzung dieser Fahrerlaubnis von einer innerstaatlichen Prüfung und einem bewilligenden Bescheid abhängt. Dem genannten Urteil des EuGH vom 29.04.2004 (Rn. 74 a.E.) ist auch nicht zu entnehmen, dass das in § 28 Abs. 5 FeV verankerte Erfordernis einer innerstaatlichen Entscheidung nach Ansicht des Gerichtshofs mit Art. 8 Abs. 4 Satz 1 der Richtlinie 91/439/EWG nicht in Einklang steht. Bereits in den Begründungserwägungen der Richtlinie 91/439/EWG kommt der Aspekt der Verbesserung der Verkehrssicherheit als Zweck der Richtlinie 91/439/EWG deutlich zum Ausdruck. Die Europäische Kommission betont im Zusammenhang mit der Anerkennung von im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnissen die Überlegung, dass im Interesse der Verkehrssicherheit und damit im Interesse sämtlicher Mitgliedstaaten durch geeignete Maßnahmen einem Missbrauch der gemeinschaftsrechtlichen Anerkennungsregeln vorgebeugt werden müsse („Führerscheintourismus“). Unionsbürger könnten sich - die Möglichkeiten des Gemeinschaftsrecht missbrauchend - der Anwendung des nationalen Rechts dadurch entziehen, dass sie sich in einem anderen Mitgliedstaat niederließen, um eine Fahrerlaubnis in diesem Mitgliedstaat zu erhalten, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat zuvor wegen eines schweren Verstoßes die Fahrerlaubnis entzogen worden sei (vgl. z.B. Vorbringen der Kommission in der Rechtssache C-476/01 - Kapper -, EuGH, Urt. v. 29.04.2004, Rn. 67; Begründung des Entwurfs der Kommission zur Neufassung einer Richtlinie EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Führerschein vom 21.10.2003, KOM (2003) 621). Gerade der vorliegende Fall belegt, dass die Regelung, wonach eine im Anschluss an eine Entziehung der Fahrerlaubnis in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erworbene Fahrerlaubnis nicht ohne Weiteres im anderen Mitgliedstaat gilt, sondern eine auf die ursprünglich festgestellten Mängel ausgerichtete Prüfung vorgesehen ist, die im Interesse der Verkehrssicherheit, der auch die Richtlinie 91/439/EWG zu dienen bestimmt ist, angesichts des derzeitigen Stands des Gemeinschaftsrechts geradezu geboten ist.

...

Dem vorrangigen Aspekt der Verkehrssicherheit wäre aber nicht ausreichend Rechnung getragen, wollte man verlangen, dass in den Fällen, in denen nicht durch eine obligatorische Nachfrage bei einem gemeinschaftsweiten Fahrerlaubnisregister (vgl. die innerstaatliche Vorschrift des § 2 Abs. 7 Satz 2 StVG) sichergestellt ist, dass eine Behörde eines Mitgliedstaates über die Gründe einer in einem anderen Mitgliedstaat erfolgten Fahrerlaubnisentziehung informiert wird, eine danach in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Fahrerlaubnis nach Ablauf einer Sperrfrist ohne Weiteres anzuerkennen ist und dem aufnehmenden Mitgliedstaat entgegen dem eindeutigen Wortlaut von Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG eine Prüfung untersagt wird, ob die ursprünglich für die Entziehung bzw. Versagung maßgeblichen Gründe noch fortbestehen. Auch im Übrigen geht die Europäische Kommission ersichtlich davon aus, dass die Regelungen des § 28 Abs. 4 und 5 FeV bzw. § 4 Abs. 3 und 4 IntKfzV, soweit sie die Anerkennung einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis nach einer im Inland erfolgten Entziehung einer Fahrerlaubnis regeln, mit den Vorgaben der Richtlinie 91/439/EWG in Einklang stehen. Denn in der Antragsschrift vom 29.08.2003 im Vertragsverletzungsverfahren C-372/03, in der die Kommission die Bereiche aufgeführt hat, in denen die Bundesrepublik Deutschland die Richtlinie 91/439/EWG nach ihrer Ansicht nicht entsprechend Art. 249 Abs. 3 EGV umgesetzt hat (vgl. Rn. 24 f.), werden diese Bestimmungen - im Gegensatz zu dem inzwischen aufgehobenen § 29 FeV (Verordnung vom 09. August 2004, BGBl. I S. 2092) - nicht erwähnt.“
Vor diesem Hintergrund gilt im Streitfalle Folgendes: Jedenfalls seit dem Inkrafttreten der Vorschrift des § 28 Abs. 5 FeV mit Wirkung zum 01. September 2002 ist der Antragsteller nicht mehr berechtigt, von seiner griechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Denn dem Antragsteller fehlt die hierfür erforderliche Zuerteilungsentscheidung der zuständigen Behörde. Die Anerkennung seiner griechischen Fahrerlaubnis wird ihm auch nicht auf Dauer vorenthalten. Es bleibt ihm unbenommen, einen entsprechenden Antrag nach § 28 Abs. 5 FeV zu stellen und im Rahmen des Verwaltungsverfahrens den Nachweis zu erbringen, dass die Gründe, die zu der Entziehung der Fahrerlaubnis geführt haben, nicht mehr bestehen.



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