Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

OLG Dresden Beschluss vom 19.12.1996 - 2 Ss (OWi) 507/96 - Zur Klarheit, Eindeutigkeit und zum sinnvollen Inhalt von Zusatzschildern

OLG Dresden v. 19.12.1996: Zur Klarheit, Eindeutigkeit und zum sinnvollen Inhalt von Zusatzschildern


Zum Problem verwirrender Zusatzschilder zu einem Parkverbotsschild hat das OLG Dresden (Beschluss vom 19.12.1996 - 2 Ss (OWi) 507/96) entschieden:
Verbotsregelungen durch Zusatzschilder müssen klar, sinnvoll und eindeutig sein. Eine Anordnung mit Zeichen 314 (Parkplatz) und den darunter befindlichen zwei Zusatzschildern mit dem Sinnbild "Anwohner mit Parkausweisnummer" (ZZ 1020) einerseits und Einschränkungen der Parkzeit (ZZ 1042-33) andererseits erfüllt diese Voraussetzungen nicht und ist zumindest für Nichtanwohner objektiv unklar.


Siehe auch Verkehrszeichen - Verkehrsschilder und Stichwörter zum Thema Halten und Parken


Entscheidungsgründe:

I.

Das Amtsgericht Leipzig hat den Betroffenen wegen fahrlässigen Parkverstoßes zu einer Geldbuße von 50,00 DM verurteilt, weil er an einer Stelle, an der "das Parken gemäß Verkehrszeichen - Nr. 314 mit Zusatzschild unter anderem von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr nur für Anwohner mit Parkausweis erlaubt" sei, innerhalb des genannten Zeitraums geparkt hatte, ohne einen solchen Parkausweis zu besitzen.

Hiergegen hat der Betroffene durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und mit der Verletzung sachlichen Rechts begründet sowie die Zulassung der Rechtsbeschwerde und Freispruch beantragt. Dem hat sich die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht angeschlossen.


II.

Das Rechtsmittel hat aus den mit den jeweiligen Anträgen angeführten Gründen Erfolg.

Die Verteidigung hat unter anderem ausgeführt:
  1. "Es ist geboten, die Nachprüfung der Entscheidung des Amtsgerichts zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

    Bei Festhalten an der Rechtsprechung des AG Leipzig werden wegen unterschiedlicher Auslegung der Verkehrsschildanordnung unterschiedliche Urteile ergehen.

  2. In den Urteilsgründen stellt das Amtsgericht fest:
    "An dieser Stelle ist das Parken gem. Verkehrszeichen Nr. 314 mit Zusatzschild u.a. von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr nur für die Anwohner mit Parkausweis erlaubt" (U.A. S. 2 I.).

    Die Anordnung des i.R. stehenden Verkehrsschildes war fotografisch festgehalten und dieses Foto war Gegenstand der mündlichen Verhandlung ausweislich des Sitzungsprotokolls S. 2:

    "Bl. 11 d.A. Lichtbilder wurden in Augenschein genommen."

    Hier hätte in den Urteilsgründen vom Amtsgericht wiedergegeben werden müssen, die genaue Anordnung der Beschilderung, um eine Überprüfung der Einlassung des Betroffenen zu ermöglichen.

    Die Besonderheit der Anordnung des i.R. stehenden Verkehrsschildes war die folgende:

    • Zeichen 314 zu § 42 VI StVO war als oberstes Schild angebracht: "Parkplatz"
    • Darunter befand sich das Zusatzzeichen 1020 zu § 39 StVO: "Anwohner mit Parkausweis Nr.".
    • Darunter wiederum war angebracht das Zeichen 104 (richtig: 1042.33) zu § 39 StVO: "Mo.-Fr.
      7 - 10 h
      16 - 20 h"

  3. Das Fehlen (der Wiedergabe) dieser genauen Beschildungersanordnung (in den Urteilsgründen) macht das Urteil des Amtsgerichts nicht nachprüfbar.

    Vielmehr stellt das Amtsgericht fest:

    "An dieser Stelle ist das Parken gem. Verkehrszeichen Nr. 314 mit Zusatzschild u.a. von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr nur für Anwohner mit Parkausweis erlaubt" (U.A. S. 1 I)

    Zu dem Schild "Parkplatz" ist das Zusatzschild "Anwohner mit Parkausweis frei" zunächst eindeutig für jeden Kraftfahrer.

    Das gesondert angebrachte Schild mit Uhrzeiten unterhalb des Zusatzschildes aber lässt für den Kraftfahrer zweierlei Deutungsmöglichkeiten zu:

    Die Uhrzeitangabe kann sich nämlich sowohl auf den Kraftfahrer mit als auch an den Kraftfahrer ohne Parkausweis richten. ...

    Eine weitere Zusatzbeschilderung, beschränkt auf einen bestimmten Zeitraum innerhalb eines Tages ist für den Kraftfahrer zumindest erläuterungsbedürftig, wenn diese unterhalb des Schildes "Anwohner mit Parkausweis frei" angebracht ist. ...

  4. (fehlt in der veröffentlichten Beschlusswiedergabe)

  5. Beim Aufrechterhalten des Urteils des Amtsgerichts Leipzig besteht konkrete Wiederholungsgefahr wegen der Unklarheit der Beschilderung und den verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten, wobei darauf hinzuweisen ist, dass, wie auch im Falle des Betroffenen, nicht nur Bußgelder verhängt, sondern auch Abschleppmaßnahmen vorgenommen werden.

    Die von der Gemeinde gewünschte Regelung kann klar und zweifelsfrei dadurch geschaffen werden, dass die Uhrzeitangabe, in der allen Kraftfahrern das Parken erlaubt sein soll, unterhalb des Parkplatzschildes angebracht wird und die Uhrzeit, in der das Parken Anwohnern vorbehalten bleiben soll, unterhalb des Parklizenzschildes erfolgt."
Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Dresden hat ihren - ebenfalls auf Freispruch gerichteten - Antrag wie folgt begründet:
"Der Antrag des Betroffenen auf Zulassung der Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Es erscheint geboten, die Nachprüfung des Urteils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen.

Der Rechtsbeschwerderechtfertigung der Verteidigung wird in vollem Umfang beigetreten.

Verbotsregelungen durch Zusatzschilder müssen klar,sinnvoll und eindeutig sein; das ist bei zwei Zusatzschildern mit dem Sinnbild "Anwohner mit Parkausweisnummer" einerseits und Einschränkung der Parkzeit andererseits (zu ergänzen: bei dieser Anordnung der Schilder) nicht der Fall, weil eine Verbotsregelung jedenfalls für Nichtanwohner objektiv unklar bleibt. Ein derartiges Verbot kann sowohl dahin ausgelegt werden, es dürften nur Anwohner - und diese für die beschränkte Zeit - parken, als auch dahin, die zeitliche Beschränkung gelte für alle Fahrzeuge außer für solche von Anwohnern (vgl. Anmerkung 13 zu § 42 StVO, Heidelberger Kommentar zum Straßenverkehrsrecht)."
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 1 OWiG iVm § 467 Abs. 1 StPO.



Datenschutz    Impressum