Das Verkehrslexikon

A     B     C     D     E     F     G     H     I     K     L     M     N     O     P     Q     R     S     T     U     V     W     Z    

Landgericht Köln Urteil vom 22.04.1974 - 8 O 43/74 - Zur Gebührenberechnung bei teils außergerichtlicher, teils rechtshängiger Unfallschadensregulierung

LG Köln v. 22.04.1974: Zur Gebührenberechnung bei teils außergerichtlicher, teils rechtshängiger Unfallschadensregulierung


Das Landgericht Köln (Urteil vom 22.04.1974 - 8 O 43/74) hat entschieden:
Der Gebührenanspruch eines Rechtsanwalts für einen außergerichtlich erledigten Teil eines gesamten von dem Geschädigten geltend gemachten Anspruchs, dessen überschießender Teil rechtshängig gemacht wurde, richtet sich nach der Gebührendifferenz und nicht nach der Streitwertdifferenz.


Siehe auch Anwaltskosten des Unfallgeschädigten als Schadensersatz und Stichwörter zum Thema Rechtsanwaltsgebühren - Anwaltshonorar - Rechtsanwaltskosten


Zum Sachverhalt:

Der Kl. war von seinem Mandanten T. beauftragt, den gesamten Sachschaden aus einem Verkehrsunfall, den dieser mit dem Versicherungsnehmer der Bekl. erlitten hatte, gegenüber der Bekl. als Haftpflichtversicherer geltend zu machen. Nach Verhandlungen zwischen den Parteien zahlte die Bekl. einen Betrag von 5000 DM. Wegen des Restbetrages in Höhe von 7375,30 DM kam es zu einem Rechtsstreit vor der Kammer, der noch nicht abschließend entschieden ist.

Der Kl. stellte der Bekl. außergerichtliche Anwaltskosten wie folgt in Rechnung: 7,5/10 Geschäftsgebühr 172,50 DM, 7,5/10 Verhandlungsgebühr 172,50 DM, Unkostenpauschale gem. § 26 BRAGebO 20,- DM, 5,5 % Mehrwertsteuer 20,08 DM, insgesamt 385,08 DM.

Die Bekl. vertrat demgegenüber den Standpunkt, der Kl. könne in Anwendung des § 13 Abs. 3 BRAGebO für jede Art Gebühr insgesamt nicht mehr als eine 10/10 Gebühr aus dem vollen Streitwert, also aus 12375,30 DM = 345 DM beanspruchen. Da ein Betrag von 7375,30 DM streitig und insoweit die Gebührenfrage noch offen sei, könne der Kl. vorerst nur die Gebührendifferenz zwischen dem vollen und dem für den Prozess maßgeblichen Streitwert verlangen, also 345 DM abzüglich einer 10/10 Gebühr von 7375,30 DM = 286 DM; Differenz somit 59 DM. Die Bekl. rechnete daher mit dem Kl. wie folgt ab:

Geschäftsgebühr - Differenz gem. § 118 BRAGebO i. Vbdg. m § 13 Abs. 3 BRAGebO 59, - DM, Besprechungsgebühr - Differenz 59, - DM, Auslagenpauschale 11,80 DM 5,5 %, Mehrwertsteuer 7,15 DM, insgesamt 136,95 DM.

Der Kl. verfolgte mit der Klage aufgrund einer Abtretung des Mandanten den vollen Gebührenanspruch aus einem Streitwert von 5000 DM abzüglich der gezahlten 136,95 DM. Er war der Auffassung, die Tatsache, dass wegen des Restbetrages ein Prozess anhängig sei, habe auf den Gebührenanspruch für den außergerichtlich erledigten Teil keinen Einfluss. Er habe zunächst nur den Auftrag gehabt, die Schadenersatzansprüche des Geschädigten außergerichtlich zu regulieren. Klageauftrag habe er erst erhalten, als die Verhandlungen mit der Bekl. gescheitert seien. Er beantragte die Bekl. zu verurteilen, an ihn 248,13 DM nebst Zinsen zu zahlen.

Die Bekl. hielt die Auffassung des Kl. für unzutreffend, da er den gesamten Gebührenanspruch nicht in zwei Teile aufgliedern und demnach jeweils die Gebühren nach den geteilten Streitwerten berechnen könne. Auf diese Weise erhalte er mehr als die vollen Gebühren nach dem gesamten Streitwert.

Das LG hat die Klage abgewiesen.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Der Kl. kann zwar für den außergerichtlich erledigten Teil Anwaltsgebühren nach § 118 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 BRAGebO berechnen und von der Bekl. aus dem Gesichtspunkt des Verzugs (§ 286 Abs. 1 BGB) aufgrund der Abtretung erstattet verlangen. Die aus einem Streitwert von 5000 DM berechneten Gebühren kann er jedoch nicht in voller Höhe geltend machen, da ein Teil der Gesamtforderung rechtshängig geworden ist und deshalb eine Anrechnung der jeweils außergerichtlich entstandenen Gebühr auf die entsprechende Gebühr für das anschließende gerichtliche Verfahren in Frage kommt (§ 118 Abs. 2 BRAGebO). Dem Kl. kann nicht darin gefolgt werden, die Gebühren entstünden nach den jeweiligen Streitwerten unabhängig voneinander, so dass die in dem späteren Prozess anfallenden Gebühren für die bereits außergerichtlich entstandenen keine Bedeutung mehr haben könnten. Der Kl. kann nämlich, da es sich um ein und dieselbe Rechtsangelegenheit handelt, die Gebühren nur einmal, berechnet nach dem höchsten Gebührensatz, verlangen.

Nach seiner Berechnungsmethode erhielte er dagegen unter Berücksichtigung der in dem Prozess entstandenen Gebühren im Ergebnis höhere Gebühren, als ihm nach dem Gesamtstreitwert zustehen. Hierauf hat die Bekl. mit Recht hingewiesen.

Es spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob der KL zunächst nur außergerichtlich mit der Regulierung des Gesamtschadens beauftragt worden ist und erst später Klageauftrag hinsichtlich des streitig gebliebenen Restbetrages erhalten hat. Bereits durch den Auftrag zur außergerichtlichen Geltendmachung war der gesamte Schaden und damit der gesamte Streitwert erfasst, so dass er auch durch die spätere Aufspaltung in einen unstreitigen und einen streitigen Teil nicht mehr erweitert werden konnte. Dies ergibt sich aus § 13 Abs. 3 BRAGebO, wonach der Gebührenanspruch bei Teilberechnung durch die Gebühr nach dem Gesamtbetrag der Wertteile begrenzt ist.

Entsprechendes gilt, wenn der Anwalt in derselben Angelegenheit nacheinander zu verschiedenen Tätigkeiten beauftragt wird. Auch in diesem Fall beschränkt sich der Honoraranspruch auf die Gebühren, welche entstanden wären, wenn der Anwalt von vornherein mit der Erledigung der ganzen Angelegenheit beauftragt worden wäre (§ 13 Abs. 5 BRAGebO). Sind hiernach die dem Kl. zustehenden Gebühren durch den Höchstsatz nach dem Gesamtstreitwert begrenzt, so kann er vorerst nur die aus dem Gesamtstreitwert und dem Streitwert des Prozesses zu ermittelnde Gebührendifferenz geltend machen. Denn solange der Rechtsstreit noch nicht erledigt und damit noch nicht entschieden ist, ob und inwieweit die Bekl. kostenerstattungspflichtig ist, kann über den aus dem Prozessstreitwert sich ergebenden Gebührenteil nicht mitentschieden werden.

Die Bekl. hat daher mit Recht dem Kl. bei der Geschäfts- und Besprechungsgebühr gemäß § 118 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 BRAGebO nur den Differenzbetrag erstattet, der sich aus einer vollen Gebühr nach dem Gesamtstreitwert von 12375 DM =345 DM und dem Streitwert des Rechtsstreits von 7375 DM =286 DM, also jeweils 59 DM zuzüglich Pauschale und Mehrwertsteuer ergibt. ..."