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OLG Celle Urteil vom 25.07.2006 - 14 U 42/06 - Zur groben Fahrlässigkeit eines Rotlichtverstoßes trotz Sonnenblendung

OLG Celle v. 25.07.2006: Auf ein "Phantomgrün" einer bei Sonneneinstrahlung Rotlicht abstrahlenden Ampel kann sich der Fahrzeugführer nicht berufen


Das OLG Celle (Urteil vom 25.07.2006 - 14 U 42/06) hat entschieden:
Auf ein "Phantomgrün" einer bei Sonneneinstrahlung Rotlicht abstrahlenden Ampel kann sich der Fahrzeugführer nicht berufen, wenn sich an der Kreuzung seitlich noch eine weitere Ampel befindet, bei der wegen einer Sonnenblende das Rotlicht zu sehen ist. Übersehen des Rotlichts ist grobfahrlässig.


Siehe auch Stichwörter zum Thema Rotlichtverstöße


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Mit dem Landgericht ist der Senat der Ansicht, dass der Beklagte zu 1 als Fahrer des bei der Klägerin gemieteten Pkw den Verkehrsunfall am 22. Januar 2005 gegen 14:50 Uhr in D. auf der Straße „S.“ grob fahrlässig verursacht hat, weil er unter Missachtung einer Rotlicht zeigenden Ampelanlage in den Kreuzungsbereich zur D. Straße eingefahren ist und dadurch die Kollision mit dem Pkw des Beteiligten H. verschuldet hat. Die Klägerin kann sich deshalb auf § 11 ihrer Mietvertragsbedingungen, d. h. den Wegfall der Haftungsreduzierung, berufen (vgl. Bl. 32 d. A.).

2. Der Beklagte zu 1 hat demgegenüber nicht bewiesen, dass die für ihn maßgebliche Lichtzeichenlage - zumindest soweit er sie wahrgenommen hat - aufgrund des tiefen Sonnenstands ein „Phantomgrün“ anzeigte, so dass er den Eindruck haben konnte, Grünlicht zu haben und unter diesem (falschen) Eindruck nicht vorwerfbar, jedenfalls nicht unter grob fahrlässigem Verstoß gegen die ihm als Fahrzeugführer obliegenden Verpflichtungen in den Kreuzungsbereich eingefahren ist. Der Senat nimmt insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Schreiben des Berichterstatters vom 29. Juni 2006 Bezug (Bl. 173 f. d. A.).

Nochmals zur Klarstellung:

a) Nach dem wiederholten und unmissverständlichen Vortrag der Beklagten soll die Sonnenblende allein an der am rechten Fahrbahnrand aufgestellten „Stielampel“ und nicht an der mittig über der Fahrbahn hängenden „Peitschenampel“ gefehlt haben (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes vom 13. Dezember 2005, Bl. 100 d. A., sowie Seiten 1 und 4 des Schriftsatzes vom 15. Juni 2006, Bl. 162 und 165 d. A.). Entsprechend sind auch stets die Berechnungen des Lichteinfall- bzw. ausfallwinkels vorgenommen worden (vgl. nur die Skizzen Bl. 103 u. 168 d. A.). Nach den Lichtbildern in der Beiakte der Staatsanwaltschaft Düsseldorf (110 Js 2786/05 OWi), die der Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 4. Juli 2006 ausführlich in Augenschein genommen hat, besteht jedoch kein Zweifel daran, dass allein an der mittig über der Straße aufgehängten „Peitschenampel“ und nicht an der rechten „Stielampel“, die allein der Beklagte zu 1 wahrgenommen haben will, der Sonnenschirm fehlte. ...

b) Demnach ist der Beklagte zu 1 unter Missachtung des Rotlichts in den Kreuzungsbereich eingefahren, ohne dass fahrlässigkeitsmindernde besondere Umstände zu seinen Gunsten sprechen. Er hat damit grob fahrlässig gegen die ihm obliegenden Verpflichtungen als Fahrzeugführer verstoßen. Das Nichtbeachten des roten Ampellichts ist wegen der damit verbundenen erheblichen Gefahren in aller Regel als objektiv grob fahrlässig anzusehen (vgl. BGH, VersR 2003, 364 [unter II 3b der Entscheidungsgründe]). Über das vermeintliche „Phantomgrün“ hinaus sind keine den Beklagten zu 1 entlastenden Umstände ersichtlich. Insbesondere kann sich der Beklagte zu 1 nicht darauf berufen, er sei nur „in einem Fluss“ zusammen mit anderen Verkehrsteilnehmern vor ihm in die Kreuzung eingefahren. Denn soweit diese ebenfalls das Rotlicht missachtet hätten, könnte der Beklagte zu 1 hieraus kein Recht herleiten, sich ebenso verhalten zu dürfen. Soweit die Ampel aber kurzfristig nach dem Einfahren der anderen Verkehrsteilnehmer in den Kreuzungsbereich auf „rot“ umgesprungen wäre, hätte der Beklagte zu 1 anhalten müssen. Unter den gegebenen Umständen durfte er nicht darauf vertrauen, risikolos in die Kreuzung einfahren zu können (vgl. Senat, OLGR 2002, 66 = MDR 2002, 695). Wie der anschließende Unfall zeigt, hat sich gerade das von ihm gesetzte Risiko durch die Einfahrt in die Kreuzung bei „rot“ verwirklicht. ..."







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