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Amtsgericht Heinsberg Urteil v. 27.02.2008 - 16 C 244/07 - Keine Erstattung eines Unfallersatztarifs, wenn das Ersatzfahrzeug erst Monate nach dem Unfall angemietet wird

AG Heinsberg v. 27.02.2008: Keine Erstattung eines Unfallersatztarifs, wenn das Ersatzfahrzeug erst Monate nach dem Unfall angemietet wird


Das Amtsgericht Heinsberg (Urt. v. 27.02.2008 - 16 C 244/07) hat entschieden:
Dauern bei der Anmietung eines Unfallersatzfahrzeugs mehrere Monate nach dem Unfall die Besonderheiten der Unfallsituation nicht mehr an, so hat der Geschädigte keinen Anspruch auf Erstattung des Unfallersatztarifs.


Aus den Entscheidungsgründen:

"... Dem Kläger steht ein weiterer Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte nicht zu:

Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Geschädigte als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Er ist dabei ebenso wie in anderen Fällen, in denen er die Schadensbeseitigung selbst in die Hand nimmt, nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren, von mehreren Möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen (so u.a. BGH NJW 2006, 1508 m.w.N.; BGH NJW 2006, 1506, 1507). Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis ersetzt verlangen kann (so BGH NJW 2006, 1506, 1507). Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber einem „Normaltarif“ teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) gegenüber dem „Normaltarif“ höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB notwendig sind (so BGH, a.a.O.). Dementsprechend darf der Geschädigte die im Unfallersatztarif im Vergleich zum Normaltarif enthaltenen Mehrleistungen, die durch die besondere Unfallsituation bedingt sind, grundsätzlich in Anspruch nehmen. So hat der Geschädigte beispielsweise Anspruch darauf, dass ihm das Ersatzfahrzeug am Unfallort bzw. an dem Ort, an dem er sich unfallbedingt befindet, zur Verfügung gestellt wird, weshalb dem Geschädigten daher im Bedarfsfall die angemessenen Kosten auch des Bring- und Abholservices als (objektiv) erstattungsfähiger Herstellungsaufwand nach § 249 II 1 BGB zustehen. Hier hat der Geschädigte jedoch den Mietwagen nicht unmittelbar nach dem Unfall in Anspruch genommen, sondern erst Monate später. Es ist jedoch weder vorgebracht noch ersichtlich, dass zu diesem Zeitpunkt noch eine typische besondere Unfallsituation gegeben war, die eine Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zum erhöhten Unfallersatztarif rechtfertigt haben könnte. Darlegungs- und beweispflichtig für die Frage, ob der Aufschlag auf einen günstigen „Normaltarif“ wegen konkreter unfallbedingter Mehrleistungen des Vermieters objektiv zur Wiederherstellung im Sinne des § 249 BGB erforderlich war, ist jedoch der Geschädigte (s. BGH, a.a.O.). Der Kläger ist hierfür darlegungs- und beweisfällig geblieben. Dazu warum auch Monate nach dem Unfall, mit Rücksicht auf die konkrete Unfallsituation die Anmietung eines Kraftfahrzeuges zum Unfallersatztarif erforderlich gewesen sein soll, trägt er konkret nichts vor. Der Kläger behauptet beispielsweise nicht, dass zum Zeitpunkt der Anmietung des Mietfahrzeuges, die 100 % Haftung der Beklagten noch streitig gewesen sei. Es kann daher auch nicht davon ausgegangen werden, dass vorliegend ein Aufschlag auf den Normaltarif wegen eines bestehenden konkreten Ausfallrisikos gerechtfertigt war. ..."