Das Verkehrslexikon
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss vom 12.06.2008 - 7 L 632/08 - Die einmalige Einnahme von Amphetamin führt zum Entzug der Fahrerlaubnis
VG Gelsenkirchen v. 12.06.2008: Die einmalige Einnahme von Amphetamin führt zum Entzug der Fahrerlaubnis
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen (Beschluss vom 12.06.2008 - 7 L 632/08) hat entschieden:
Die einmalige Einnahme von Amphetamin schließt die Kraftfahreignung unabhängig davon aus, ob dadurch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war oder nicht. Es kommt nicht einmal darauf an, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Drogen ein Kraftfahrzeug geführt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn die Fahrerlaubnis in dem Strafverfahren, in dem der Betroffene wegen einer Drogenfahrt bestraft worden ist, nicht entzogen worden ist, da das Gericht keine eigene Bewertung zur Kraftfahreignung abgegeben hat.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Der sinngemäß gestellte Antrag,
die aufschiebende Wirkung der Klage 7 K 2889/08 des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 23. April 2008 wiederherzustellen und gegen die Zwangsgeldfestsetzung durch Verfügung vom 14. Mai 2008 und die Anordnung unmittelbaren Zwangs durch Verfügung vom 30. Mai 2008 anzuordnen,
ist gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - zulässig, aber unbegründet. Die im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens vorzunehmende Interessenabwägung fällt zu Lasten des Antragstellers aus, weil die Ordnungsverfügung vom 23. April 2008, durch die dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, bei summarischer Prüfung mit großer Wahrscheinlichkeit rechtmäßig ist. Zur Begründung verweist die Kammer zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen in der angegriffenen Verfügung des Antragsgegners, denen sie folgt (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Mit Rücksicht auf das Vorbringen im Verwaltungsverfahren ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Einnahme von Amphetamin die Kraftfahreignung unabhängig davon ausschließt, ob dadurch die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war oder nicht. Es kommt nicht einmal darauf an, ob unter der Wirkung dieser sog. harten Drogen ein Kraftfahrzeug geführt worden ist. (Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV; vgl. auch: Nr. 3.12.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung des gemeinsamen Beirats für Verkehrsmedizin beim Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und beim Bundesministerium für Gesundheit, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch-Gladbach, Februar 2000). Dass der Antragsteller Amphetamin konsumiert hat, wird von ihm nicht bestritten. Es ergibt sich auch aus dem rechtsmedizinischen Gutachten von Prof. Dr. med. N. (Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums C.) vom 20. März 2007, demzufolge beim Antragsteller am 4. Februar 2007 eine Amphetaminkonzentration von 373 ng/ml nachgewiesen worden ist. Schon der einmalige Konsum harter Drogen ist grundsätzlich ausreichend, die Kraftfahreignung zu verneinen.
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2007 - 16 B 332/07 -, VRS 112 (2007), 371; BayVGH, Beschlüsse vom 20. September 2006 - 11 CS 05.2143 -, juris, und 14. Februar 2006 - 11 CS 05.1406 -, juris; OVG Saarland, Beschluss vom 30. März 2006 -1 W 8/06 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. November 2004 - 10 S 2182/04 -, VRS 108 (2005), 123f; OVG Brandenburg, Beschluss vom 22. Juli 2004 - 4 B 37/04 -, VRS 107 (2004), 397; OVG Lüneburg, Beschlüsse vom 16. Februar 2004 - 12 ME60/04 -, Blutalkohol Nr. 41, 475 (ST) (2004), und 16. Juni 2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, 432 f.; a.A. nur: HessVGH, Beschluss vom 14. Januar 2002 - 2 TG 30008/01 -, ZfSch 2002, 599.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht geboten, weil die Fahrerlaubnis in dem Strafverfahren, in dem der Antragsteller u.a. wegen der Drogenfahrt bestraft worden ist (Amtsgericht M., Urteil vom 10. Dezember 2007 - 18 Ls 181 Js 177/07 - 88/07), nicht entzogen worden ist. Das Urteil enthält nämlich keine Ausführungen zur Kraftfahreignung des Antragstellers. Zwar hat das Amtsgericht ausdrücklich von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen, doch liegt dieser Entscheidung keine eigene abschließende Beurteilung der Eignungsfrage zugrunde. Es hat nämlich nur unter Hinweis auf den Zeitablauf ausgeführt, es könne „ nicht mehr festgestellt werden, dass der Angeklagte auch heute immer noch als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist“. Das Amtsgericht hat sich also einer eigenständigen Bewertung der Kraftfahreignung enthalten und nicht einmal andeutungsweise zu erkennen gegeben, dass es die Eignung des Antragstellers unabhängig vom Zeitablauf geprüft und beurteilt hätte. Daher hindert es die Straßenverkehrsbehörde und das Verwaltungsgericht nicht gemäß § 3 Abs. 4 StVG, die Kraftfahreignung eigenständig zu überprüfen.
Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 15. Juli 1988 - 7 C 46/87 -, BVerwGE 80, 43; Beschlüsse vom 1. April 1993 - 11 B 82.92 -, Buchholz 442.10 § 10 StVG Nr. 89 und vom 21. Januar 1994 - 11 B 116.93 -, NJW 94, 1672; OVG NRW, Beschluss vom 22. Juli 1997 - 19 B 113/97 -.
Ein Ermessen steht dem Antragsgegner bei feststehender Ungeeignetheit nicht zu. Angesichts dessen bestehen auch keinerlei Bedenken gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entziehungsverfügung. Die vom Antragsteller ausgehende Gefahr für die Allgemeinheit erscheint zu groß, als dass sie bis zur Entscheidung der Hauptsache hingenommen werden könnte. Vielmehr besteht ein das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegendes öffentliches Interesse daran, ihn durch eine sofort wirksame Maßnahme vorläufig von der Teilnahme am motorisierten Straßenverkehr auszuschließen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis inzwischen nicht mehr vorliegen. Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, den hierfür erforderlichen Nachweis in einem späteren Wiedererteilungsverfahren durch eine medizinisch- psychologische Untersuchung zu führen, die zwingend vorgeschrieben ist (vgl. § 14 Abs. 2 FeV). ..."