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Landgericht Köln Urteil vom 08.01.2008 - 5 O 344/07 - Kein Schadensersatz für die Beschädigung des Fahrzeugs durch einen infolge von Mäharbeiten hochgewirbelten Stein

LG Köln v. 08.01.2008: Kein Schadensersatz für die Beschädigung des Fahrzeugs durch einen infolge von Mäharbeiten hochgewirbelten Stein


Das Landgericht Köln (Urteil vom 08.01.2008 - 5 O 344/07) hat entschieden:
Eine Beschädigung vorbeifahrenden Fahrzeugs beim Mähen des Banketts mit Hilfe des an einem Unimog befestigten Vorbaukreiselmähers wäre zwar „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG erfolgt (vgl. BGH, MDR 2005, 684), eine Haftung des beklagten Landes würde aber gemäß § 17 Abs. 3 StVG gleichwohl ausscheiden. Bei einen derartigen Unfallgeschehen handelt es sich um ein unabwendbares Ereignis.


Zum Sachverhalt: Die Klägerin machte gegen die Beklagten Ansprüche wegen Beschädigung ihres Fahrzeugs durch einen bei Mäharbeiten am Bankett aufgeschleuderten Stein geltend.

Das Fahrzeug der Klägerin passierte am 24.04.2006 gegen 13:05 Uhr auf dem Militärring in Köln ein entgegenkommendes Fahrzeug des beklagten Landes, welches bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversichert ist und mit dessen Hilfe Bedienstete des Landes in Fahrbahnnähe Mäharbeiten durchführten. Der Vorbaukreiselmäher des „Unimog“ war mit einem Kettenschutz sowie einem Fangschutz ausgerüstet, wodurch das Austreten von durch den Mähvorgang aufgeschleuderten Steinen oder anderen Gegenständen verhindert werden soll. Die Schutzeinrichtungen wurden vor Beginn der Arbeiten überprüft und befanden sich in ordnungsgemäßem Zustand. Der Unimog fuhr während des Mähvorgangs langsamer als Schrittgeschwindigkeit; zusätzliche Warnschilder wurden nicht aufgestellt.

Die Klägerin behauptete, ihr Fahrzeug sei durch einen infolge der Mäharbeiten hochgewirbelten Stein beschädigt worden. Ferner trägt sie vor, nach dem Stand der Technik sei es möglich und zumutbar, die von dem Mähgerät ausgehenden Gefahren durch zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen weiter zu verringern. Die Bediensteten des beklagten Landes hätten etwa das Gras zuvor manuell absuchen, es in größerem Abstand zum Boden abschneiden oder einen Balkenrasenmäher benutzen können.

Mit der Klage macht sie Reparaturkosten sowie Gutachter- und außergerichtliche Rechtsanwaltskosten geltend. Unter Fristsetzung bis zum 24.05.2006 forderte sie das beklagte Land erfolglos zur Zahlung auf.

Die Beklagten vertraten die Ansicht, es habe sich jedenfalls um ein unabwendbares Ereignis gehandelt. Zusätzliche Sicherungsmaßnahmen könnten wegen Unzumutbarkeit von dem beklagten Land nicht erwartet werden.

Die Klage blieb erfolglos.

Aus den Entscheidungsgründen:

"... Der Klägerin steht gegen das beklagte Land weder ein Anspruch nach §§ 7 Abs. 1 i.V.m. 17 StVG noch ein Amtshaftungsanspruch gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, § 9a StrWG zu. Damit scheiden auch Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 3 PflVG aus.

Es kann dahinstehen, ob die Unfallschilderung der Klägerin zutrifft.

Denn eine – unterstellte – Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs beim Mähen des Banketts mit Hilfe des am Unimog befestigten Vorbaukreiselmähers wäre zwar „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeuges i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG erfolgt (vgl. BGH, MDR 2005, 684), eine Haftung des beklagten Landes würde aber gemäß § 17 Abs. 3 StVG gleichwohl ausscheiden. Bei einen derartigen Unfallgeschehen handelt es sich um ein unabwendbares Ereignis.

Der Begriff „unabwendbares Ereignis“ meint nicht absolute Unvermeidbarkeit des Unfalls, sondern ein schadensstiftendes Ereignis, das auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Dabei kommt es darauf an, ob eine höhere Sicherheit mit vertretbarem Aufwand zu erreichen gewesen wäre (BGH, a.a.O.). Dies ist in der vorliegenden Fallgestaltung zu verneinen. An ihrer in ähnlichen Fällen bislang vertretenen, abweichenden Rechtsauffassung hält die Kammer unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln nicht fest.

Die vorgetragenen technischen Sicherungen und die Kontrolle ihres ordnungsgemäßen Zustands entsprechen den bei Mäharbeiten einzuhaltenden Sicherheitsanforderungen. Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen seien technisch nicht ausreichend, vermag dies nicht zu überzeugen. Die Klägerin trägt keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass über die vorhandenen Sicherheitseinrichtungen hinaus überhaupt die technische Möglichkeit besteht, jegliches Austreten von Steinen o.ä. beim Mähvorgang zu unterbinden. Soweit sie auf die mögliche Verwendung von Balkenrasenmähern hinweist, verkennt sie, dass auch diese nicht jeden Steinschlag ausschließen können und im Übrigen gegenüber Kreiselmähern unhandlicher sind, so dass sie etwa an den Engstellen des Banketts nicht eingesetzt werden könnten (vgl. OLG Stuttgart, VersR 2002, 1572). Schon insofern besteht keine Vergleichbarkeit.

Bei der Durchführung der Arbeiten wurde von den Bediensteten des Landes die äußerste mögliche Sorgfalt beobachtet, insbesondere das Fahrzeug unter Schrittgeschwindigkeit bewegt. Ein vorhergehendes manuelles Absuchen der zu mähenden Fläche wäre angesichts des Umfangs der erforderlichen Grasmäharbeiten unzumutbar, da dies mit unvertretbarem zeitlichen und personellen Aufwand verbunden gewesen wäre. Das von der Klägerin für durchführbar gehaltene Mähen des Grases mit einem Sicherheitsabstand zum Boden würde – abgesehen davon, dass ein Höherstellen des Kreiselmähers die Wirksamkeit der vorhandenen Fangeinrichtungen für dennoch aufgeschleuderte Steine erheblich beeinträchtigen dürfte – eine wirksame Durchführung der Mäharbeiten unzumutbar beeinträchtigen. Angesichts des Umfangs der im öffentlichen Straßenraum anfallenden Arbeiten ist das beklagte Land darauf angewiesen, Mäharbeiten möglichst gründlich und dauerhaft durchzuführen. Unzumutbar wäre auch die Verwendung von Handmähgeräten oder Schutzplanen etc. Es ist unerfindlich, wie das beklagte Land mit einem nicht maschinell betriebenen Mähsystem die ihm obliegende Aufgabe, den Bewuchs – auch und gerade zum Zweck der Verkehrssicherung – zurückzuschneiden, wirksam erfüllen sollte. Soweit der Bundesgerichtshof derartige Schutzmaßnahmen bezogen auf Grasmäharbeiten zwischen Parkbuchten als erforderlich angesehen hat (BGH, VersR 2003, 1274), ist dies nicht auf die hier in Rede stehenden, vergleichsweise umfangreichen Arbeiten zu übertragen (vgl. dazu BGH, MDR 2005, 684).

Schließlich war ein zusätzlicher Schutz auch durch flankierende Maßnahmen mit vertretbarem Aufwand nicht zu erzielen. Durch ein Aufstellen zusätzlicher Warnhinweise wäre angesichts der Tageszeit und der Offensichtlichkeit der durchgeführten Arbeiten eine weitergehende Sicherheit nicht erreicht worden; auf das behauptete Unfallgeschehen hätte sich dies auch nicht ausgewirkt. Eine vollständige Sperrung des Militärrings während der Mäharbeiten oder eine Unterbrechung der Arbeiten während des Passierens anderer Fahrzeuge wäre angesichts der Bedeutung als Hauptverkehrsstraße praktisch nicht umsetzbar.

Eine Haftung wegen schuldhafter Amtspflichtverletzung kommt angesichts der Unabwendbarkeit gleichfalls nicht in Betracht. ..."



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