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Landgericht Bonn Urteil vom 25.09.2002 - 5 S 114/02) - Kein Schadensersatz für Schaden an besonderen nicht serienmäßigen Außenteilen durch automatische Waschanlage

LG Bonn v. 25.09.2002: Kein Schadensersatz für Schaden an besonderen nicht serienmäßigen Außenteilen durch automatische Waschanlage


Das Landgericht Bonn (Urteil vom 25.09.2002 - 5 S 114/02) hat entschieden:
Soweit der Schaden bei der Benutzung einer Autowaschanlage ein beschädigtes Außenteil eines Fahrzeugs betrifft, das eine zusätzliche Ausstattung gegenüber der standardmäßigen Gestaltung eines Fahrzeugs darstellt, handelt es sich um einen besonderen Risikofaktor aus der Verantwortungssphäre des Autofahrers, für die der Anlagenbetreiber nicht aufkommen muss.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Berufung ist zulässig und begründet. Der Kläger kann von dem Beklagten keinen Ersatz für die Schäden an seinem Fahrzeug verlangen, die bei der Benutzung der automatischen Waschanlage des Beklagten dadurch entstanden sind, dass während des Waschvorgangs der Heckspoiler des Fahrzeugs abgerissen wurde.

Als Anspruchsgrundlage für den begehrten Schadensersatz kommt allein der Rechtsgrund der positiven Vertragsverletzung des Reinigungsvertrages zwischen den Parteien in Betracht.

Dieser Anspruch entfällt vorliegend zwar nicht bereits aufgrund des von dem Beklagten vorgetragenen Haftungsausschlusses für Zubehörteile in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen. Eine Berücksichtigung dieses Haftungsausschlusses scheitert - wie auch das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat - daran, dass der Beklagte den genauen Inhalt der Ausschlussklausel nicht vorgetragen hat. Insoweit ist ihm zwar einzuräumen, dass die Klausel unstreitig "sinngemäß" die Haftung für Zubehörteile wie Dachspoiler ausschloss. Eine solche Ausschlussklausel wäre aber nach § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz nur dann wirksam, wenn sie nicht auch die Haftung bei grobem Verschulden oder gar Vorsatz ausschließen würde. Hierzu hat der Beklagte jedoch nichts näheres vorgetragen. Wenn der Haftungsausschluss aber nicht die notwendige Differenzierung zwischen leichtem und groben Verschulden enthielt - und davon ist mangels anders lautendem Vortrag des Beklagten auszugehen - war er insgesamt unwirksam und kann auch nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion als Haftungsausschluss für nur leichte Fahrlässigkeit aufrechterhalten werden (vgl. LG Köln NJW-RR 1988, 801 f.). Auf die Unwirksamkeit eines generellen Haftungsausschlusses hatte der Kläger in seiner Replik unter Verweis auf die Regelung des § 11 Nr. 7 AGB-Gesetz bereits ausdrücklich hingewiesen (Bl. 59 d. Gerichtsakte), so dass es eines nochmaligen Hinweises durch das Gericht nicht mehr bedurfte.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch scheitert jedoch unabhängig davon daran, dass der Kläger die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs aus positiver Vertragsverletzung nicht nachzuweisen vermochte.

Wie der Bundesgerichtshof dazu grundlegend ausgeführt hat, trifft den Betreiber einer Waschanlage keine Garantiehaftung (vgl. NJW 1975, 684 f.), so dass er für Fahrzeugschäden während des Waschvorgangs nur bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung, die er zu vertreten hat, haftet.

Hierfür hat der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung zunächst eine objektive Pflichtverletzung des Schuldners und deren Ursächlichkeit für den Eintritt eines Schadens darzulegen und zu beweisen. Gemäß § 282 BGB obliegt es sodann dem Schuldner, darzulegen und zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Zwar kann in bestimmten Konstellationen zu Gunsten des Geschädigten eine Beweislastumkehr nach der sog. Lehre von den Gefahrenbereichen in Betracht kommen. Danach kann von dem Eintritt eines Schadens auf eine objektive Pflichtverletzung geschlossen werden, wenn der Geschädigte darlegt, dass die Schadensursache allein aus dem Gefahren- bzw. Verantwortungsbereich des Gegners herrühren kann. Dies würde im vorliegenden Fall voraussetzen, dass der eingetretene Schaden allein auf eine Fehlfunktion, fehlerhafte Einstellung oder unzureichende Wartung der Waschanlage zurückzuführen sein kann. Hiervon ist hier jedoch deshalb nicht auszugehen, weil es sich bei dem beschädigten Fahrzeugteil um ein Außenteil handelte, das eine zusätzliche Ausstattung gegenüber der standardmäßigen Gestaltung eines Fahrzeugs darstellte und durch seine Beschaffenheit einen eigenen, besonderen Risikofaktor begründete. Bei besonders hervorstehenden Außenteilen besteht generell und auch für den Benutzer erkennbar die Gefahr, dass diese in automatischen Waschanlagen, die nicht individuell auf jeden Fahrzeugtyp eingestellt sind, beschädigt werden, wenn sie nicht mehr ausreichend befestigt oder auf Grund ihrer Konstruktion für den Waschvorgang ungeeignet bzw. an einer ungeeigneten Stelle angebracht sind. Diese Gefahr stellt aber ein Risiko aus der Verantwortungssphäre des Autofahrers dar. Der Betreiber einer automatischen Waschanlage ist nicht verpflichtet, die Anlage auf sämtliche - ggf. auch serienmäßig ab Werk erstellte - Fahrzeugsondergestaltungen auszurichten. Im Falle der Beschädigung derartiger Außenteile können sich daher zwei Gefahrenbereiche verwirklicht haben, so dass nicht der alleinige Verantwortungsbereich des Waschanlagenbetreibers gegeben sein muss (vgl. OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 153; OLG Bamberg DAR 1984, 147; LG Essen NJW-RR 2001, 912; LG Köln NJW-RR 1988, 801 f.; LG Hanau DAR 1984, 26).

Der Kläger vermochte auch nicht nachzuweisen, dass die Beschädigung des Heckspoilers jedenfalls nicht auf eine Ursache aus seinem eigenen Gefahrenkreis zurückzuführen ist. Ein entsprechender Nachweis hätte ggf. den Umkehrschluss ermöglicht, dass die Schadensursache in einer Pflichtverletzung des Beklagten liegen muss. Die Beweisaufnahme in erster Instanz hat zwar ergeben, dass der Heckspoiler ordnungsgemäß ab Werk und ausreichend fest befestigt gewesen ist.

Dies wurde durch den sachverständigen Zeugen T glaubhaft und nachvollziehbar anhand der Schadensphotos bestätigt. Die Beweisaufnahme hat aber zugleich auch ergeben, dass die nächstliegendste Ursache des Schadens in der Beschaffenheit des Spoilers lag: da dieser nur an drei Punkten an der Karosserie auflag, konnten die langen rotierenden Borsten ihn umschlingen und sich untereinander so verfangen, dass sie beim Weiterdrehen einen Zug auf den Spoiler ausübten und diesen schließlich zerbrachen. Die in der Konstruktion des Spoilers liegende Beschädigungsgefahr liegt aber - wie oben ausgeführt - im Verantwortungsbereich des Klägers. Auch wenn der Spoiler serienmäßig ab Werk an dem Fahrzeugmodell angebracht war, handelte es sich doch um eine von der üblichen, standardmäßigen Fahrzeuggestaltung abweichende Konstruktion. Der Benutzer einer automatisierten Waschanlage kann sich nicht darauf verlassen, dass solche Anlagen auch auf derartige abweichende Konstruktionen ausgelegt sind.

Der demnach für eine objektive Pflichtverletzung des Beklagten darlegungs- und beweispflichtige Kläger hat eine Fehlfunktion, fehlerhafte Einstellung oder unzureichende Wartung der Waschanlage weder bewiesen noch unter Beweis gestellt. Vielmehr hat der Zeuge S bekundet, dass es während seiner Tätigkeit in der Waschanlage zu keinem vergleichbaren Vorfall gekommen sei. Auch eine objektive Verletzung einer Hinweispflicht durch den Beklagten ist nicht feststellbar. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Beklagten eine besondere Gefährdung des Fahrzeugtyps des Klägers bekannt war oder bekannt gewesen sein müsste. Dass hervorstehende Außenteile, die nicht bündig an den Fahrzeugkörper anschließen, generell ein besonderes Schadensrisiko in automatischen Waschanlagen in sich tragen, ist hingegen allgemein bekannt. Außerdem hat der Beklagte durch seinen Haftungsausschluss für Außenteile - unabhängig davon, ob er nach den Vorschriften des AGB-Gesetzes wirksam war - auf dieses allgemeine Beschädigungsrisiko hingewiesen.

Da der Kläger den Nachweis einer objektiven Pflichtverletzung des Beklagten nicht zu führen vermochte, war die Klage insgesamt abzuweisen. ..."