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Landgericht Potsdam Urteil vom 02.09.2004 - 3 S 239/03 - Zur Hinweispflicht eines Waschanlagenbetreibers

LG Potsdam v. 02.09.2004: Zur Hinweispflicht eines Waschanlagenbetreibers


Das Landgericht Potsdam (Urteil vom 02.09.2004 - 3 S 239/03) hat entschieden:
Ausgehend davon, dass Fahrzeugschäden bei der Benutzung einer Autowaschanlage durch ein nicht vermeidbares Restrisiko der Waschanlage verursacht werden können, obliegt es dem Anlagenbetreiber, auf diese Gefahren hinzuweisen. Die Verletzung dieser Nebenpflicht führt zu Schadensersatzansprüchen aus positiver Vertragsverletzung.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Die zulässige, insbesondere form- und fristgemäß eingelegte Berufung hat in der Sache Erfolg. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus positiver Forderungsverletzung (pVV) in der geltend gemachten Höhe zu, da der Beklagte eine ihm obliegende Hinweispflicht schuldhaft verletzt hat.

1. Im Ansatz zutreffend hat das Amtsgericht einen Anspruch aus pVV in Bezug auf den technischen Zustand der Waschanlage verneint.

Dabei geht die Kammer mit dem Amtsgericht davon aus, dass es Sache des Beklagten gewesen wäre zu beweisen, dass die Waschanlage ordnungsgemäß funktioniert hat. Denn der Kläger hat dargetan und bewiesen, dass die Schadensursache nicht aus seiner Sphäre stammt. Dies ergibt sich daraus, dass das Klägerfahrzeug am 28. April 2000 erstmals zugelassen wurde und mithin am Schadenstag noch nicht einmal 1 1/2 Jahre alt war. Der beschädigte Spoiler war dabei unstreitig serienmäßig montiert gewesen. Dass der Kläger am Spoiler in der Zeit bis zum Schadensereignis Veränderungen o. a. vorgenommen hat, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Schließlich hat die Zeugin P. glaubhaft bekundet, dass an der Heckklappe beim Schließen und beim Fahren nichts geklappert habe. Auch hat die Zeugin bestätigt, dass der Kläger die Waschanlage ordnungsgemäß befahren hat. Diese Gesamtumstände fuhren bei der Kammer zu der Überzeugung, dass der Spoiler ordnungsgemäß befestigt war und der Kläger fehlerfrei in die Waschanlage eingefahren ist.

Der Beklagte konnte den ihm demnach obliegenden Beweis der fehlenden Pflichtverletzung oder des fehlenden Verschuldens jedenfalls bezüglich letzterem führen. Die Beweisaufnahme hat insoweit ergeben, dass die Waschanlage jedenfalls dem Stand der Technik entsprach und es sich bei der Schadensverursachung um ein nicht ganz vermeidbares Restrisiko gehandelt hat, das vom Beklagten nicht zu vertreten ist. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen werden. Auch die Kammer ist mit dem Amtsgericht von einer ausreichenden Sachkunde des beauftragten Sachverständigen überzeugt, so dass die Einholung eines Obergutachtens nicht erforderlich war. Auch insoweit kann auf die amtsgerichtliche Begründung Bezug genommen werden. Ergänzend ist lediglich anzuführen, dass der Beklagte nach der überzeugenden mündlichen Erläuterung durch den Sachverständigen in erster Instanz auch keinerlei inhaltliche Mängel in der Gutachtenerstattung aufgezeigt bzw. gerügt hat, sondern lediglich darauf abgestellt hat, dass es "speziellere" Sachverständige für das Beweisthema geben würde. Dies allein reicht nicht aus, um ein Obergutachten einzuholen. 2. Der Anspruch aus pVV ergibt sich jedoch entgegen der Ansicht des Amtsgerichts und des Beklagten aus einer Verletzung der bestehenden Hinweispflicht. Ausgehend davon, dass der Schaden allenfalls durch ein nicht vermeidbares Restrisiko der Waschanlage verursacht wurde, hätte es dem Beklagten jedenfalls oblegen, auf diese Gefahr hinzuweisen (vgl. zur Hinweispflicht allgemein auch AG Birkenfeld ZfSch 1994, 395; AG Lindau DAR 1985, 61; AG Eschweiler ZfSch 1992, 3; LG Karlsruhe VersR 1980, 879; LG Köln NJW-RR 1988, 801). Wenn es so ist, wie der Sachverständige ausgeführt hat, dass es aufgrund kurzzeitig zu hohen Anpressdrucks oder eines Verklemmens einer Borste zu Schäden an dem Spoiler kommen konnte, hätte der Kläger darauf hingewiesen werden müssen. Diese Hinweispflicht entfiel auch nicht deshalb, weil dieses Schadensrisiko jedem Kunden hätte offensichtlich sein müssen. Eine solche Offensichtlichkeit bezüglich des vom Sachverständigen geschilderten konkreten Risikos eines Schadeneintritts an einem Spoiler sieht die Kammer nicht. Gerade bei einem Spoiler, der regelmäßig stromlinienförmig ist und die Aerodynamik des Fahrzeugs verbessern soll und der wie vorliegend nicht besonders weit vom Fahrzeug absteht, ist ein solches Schadensrisiko für den durchschnittlichen Kunden eher nicht nahe liegend (vgl. auch AG Wiesbaden, Urteil v. 17.12.1986, Az. 96 C 977/86; a. A. offenbar generell für Außenteile OLG Karlsruhe NJW-RR 1986, 153). Es handelt sich also nicht, wie der Beklagte meint, um ein „besonders hervorstehendes Außenteil", wie sich aus den Fotos des Sachverständigen ergibt. Soweit das Amtsgericht meint, es sei allgemein bekannt, dass es in Waschanlagen zu Schäden kommen könne, greift dies zu kurz. Denn es geht nicht um die allgemeine Gefahr von irgendwelchen Schäden, sondern um die ganz konkrete Gefahr von Schäden für Fahrzeuge mit Spoilern der Art, wie er beim Klägerfahrzeug angebracht war. Dem Beklagten hätte es bezüglich der verletzten Hinweispflicht oblegen darzulegen und zu beweisen, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßer Aufklärung entstanden wäre (vgl. Palandt, 57. A., § 282 BGB a. F., Rn. 15 m. w. N.; BGHZ 61, 118 ff.) Dies hat er nicht getan. Sein bloßes Bestreiten ist nicht ausreichend. Ein fehlendes Verschulden bezüglich der verletzten Hinweispflicht hat der Beklagte gleichfalls nicht dargelegt oder bewiesen. Dass es dem Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass für das Klägerfahrzeug ein höheres Schadensrisiko bestanden hätte als für andere, reicht nicht aus, denn es ist nicht ersichtlich, dass dieses Risiko dem Beklagten nicht zumindest hätte bekannt sein müssen. Das Vorliegen von Fahrlässigkeit ist demnach nicht widerlegt. ..."



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