- Ein Versicherungsnehmer genügt nach einer von ihm verursachten Beschädigung einer Gartenmauer, die zu Reparaturkosten von 800 € geführt hat, bestehenden Aufklärungsobliegenheit durch Entfernen vom Unfallort auch dann nicht, wenn Zeugen ihn erkannt haben und er sein Kraftfahrzeug mit Papieren zurücklässt.
- Die Einwilligung eines von mehreren Geschädigten rechtfertigt das Entfernen nicht.
- Folgenlos ist das Entfernen schon dann nicht, wenn dadurch sichere Feststellungen zu einer Alkoholisierung unmöglich gemacht werden.
Gründe:
I.
Der Kläger klagt gegen die Beklagte auf Feststellung, dass diese verpflichtet sei, Leistungen aus einer Kraftfahrzeugkaskoversicherung wegen Unfallschäden an einem BMW 530 D Touring zu erbringen.
Zwischen den Parteien bestand für dieses im Eigentum der B. Leasing GmbH stehende Leasing-Fahrzeug seit dem 01.02.2003 ein Kraftfahrtversicherungsvertrag (Vers.-Nr. ...) über eine Haftpflichtversicherung, eine Teilkaskoversicherung und eine Vollkaskoversicherung mit 500 Euro Selbstbeteiligung (Bl. 7/8 d. A.). Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB – Bl. 9 d. A.) zugrunde. In § 7 a Abs. 2 AKB heißt es:"Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, alles zu tun, was zur Aufklärung des Tatbestandes und zur Minderung des Schadens dienlich sein kann (...)."Gemäß § 7 a IX. AKB findet sich für "Rechtsfolgen von Obliegenheitsverletzungen" – unter anderem – in der Fahrzeugversicherung folgende Regelung:"Wird eine der Obliegenheiten nach Abschnitt I, III bis VII (...) verletzt, so besteht Leistungsfreiheit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 VVG."Am 19.11.2005 erlitt der Kläger gegen 3:00 Uhr nachts mit dem versicherten Fahrzeug einen Unfall. Zuvor hatte er in einem ihm gehörenden Restaurant in R. gearbeitet. Er verließ das Lokal mit seiner damaligen Lebensgefährtin und jetzigen Ehefrau, der Zeugin L.. Beide fuhren mit ihren jeweiligen Pkw in Richtung H.. In einer Linkskurve kam der Kläger nach rechts von der Fahrbahn ab, fuhr durch den Vorgarten des einem Herrn N. gehörenden Anwesens H. Straße 47 und kollidierte sodann mit der Begrenzungsmauer des Anwesens H. Straße 45 der Zeugin B.. An den Vorgartenbegrenzungssteinen und der Mauer entstand ein Gesamtschaden von unstreitig jedenfalls 800 Euro. Außerdem ... beschädigte der Kläger ein Straßenverkehrsschild, und Öl aus dem Fahrzeug und versickerte ins Erdreich (Bl. 38 d. A.)
Kurz nach dem Unfall kam die Zeugin L. zur Unfallstelle. Der gegenüber wohnende Zeuge Be. war auf den Unfall aufmerksam geworden und hatte die Polizei und einen Krankenwagen gerufen. Dann ging er nach draußen. Weder er noch die ebenfalls hinzugekommene Zeugin B. (er)kannten den Kläger; sie konnten später gegenüber der Polizei zunächst nur eine Personenbeschreibung abgeben (siehe Vermerk der Polizeikommissarin T., Bl. 7 der Beiakte der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 66 Js 346/06).
Zwischen dem Zeugen Be. und der Zeugin L. kam es zu einem Streit. Letztere nahm den Kläger mit sich zu ihrem Fahrzeug, und beide entfernten sich vor Eintreffen der Polizei und des Krankenwagens von der Unfallstelle, ohne zuvor ihre Personalien angegeben zu haben. Den beschädigten Pkw ließen sie zurück. Sie fuhren zu einer Wohnung in der H... , für welche der Kläger damals (noch) nicht gemeldet gewesen ist. Nachdem die Polizeibeamten an der Unfallstelle eingetroffen waren, begaben sie sich zu der aufgrund einer Fahrzeughalteranfrage ermittelten Wohnadresse des Klägers, trafen dort aber niemanden an (Vermerk der Polizeikommissarin T., Bl. 8 der Beiakte).
Am Morgen nach dem Unfall warf der Kläger seine Visitenkarte in den Briefkasten der Zeugin B.. Außerdem suchte er einen Arzt auf. Gemäß der ärztlichen Bescheinigung der Praxis Dr. S. vom 29.08.2007 hatte er eine Schädelprellung mit Brillenhämatom links, eine Gesichtsprellung mit einer – von der Beklagten bestrittenen (Bl. 43 d. A.) – Nasenbeinfraktur, ein Hämatom von Gaumen und Gaumensegel sowie multiple Hämatome des Thorax und der Arme erlitten (Bl. 20 d. A.). Gegen 15:25 Uhr meldete er sich telefonisch bei der Polizei in Merzig und suchte am selben Nachmittag die durch den Unfall geschädigten Grundstückseigentümer B. und N. auf.
Der Schaden an dem versicherten Pkw belief sich auf rund 40.000 Euro (Bl. 90 d. A.). Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 09.07.2007 die Regulierung des Kaskoschadens ab. Sie berief sich darauf, dass ein Zeuge Alkohol in der Atemluft des Klägers festgestellt habe, und versagte deshalb den Versicherungsschutz (Bl. 21 d. A.).
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, trotz des Eigentums der Leasinggesellschaft am Fahrzeug für die erhobene Feststellungsklage aktivlegitimiert zu sein (Bl. 51 d. A.). Zur Unfallursache hat er behauptet, er müsse wohl in seinem warmen Fahrzeug in einen "Sekundenschlaf" gefallen sein. Alkoholisiert sei er nicht gewesen. Er habe nur noch bruchstückhafte Erinnerungen an den Unfall (Bl. 3/4 d. A.) und habe unter Schockeinwirkung gestanden (Bl. 5 d. A.). Er sei davon ausgegangen, dass die Zeugin B. ihn erkannt habe. Mit ihr sei vereinbart worden, man kümmere sich am nächsten Tag um die Schadensabwicklung. Die Zeugin sei hiermit einverstanden gewesen und habe ihm nahe gelegt, er solle sich zunächst behandeln lassen (Bl. 4 d. A.). Der Kläger hat ein unerlaubtes Entfernen von der Unfallörtlichkeit im Hinblick auf einen – von der Beklagten bestrittenen – "erheblichen Unfallschock" in Abrede gestellt.
Er hat behauptet, er und die Zeugin L. seien hauptsächlich deshalb nicht vor Ort geblieben, weil der Zeuge Be. ihnen beiden Schläge angedroht habe (informatorische Anhörung des Klägers, Bl. 61 d. A.). Grund dafür, dass man nicht an die alte Wohnadresse, sondern zu der Wohnung in der Hau. 258 gefahren sei, sei gewesen, dass der Hausstand mit Blick auf den bevorstehenden Umzug bereits größtenteils nach dort verbracht gewesen sei (Bl. 52 d. A.).
Der Kläger hat beantragt,festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aus dem Verkehrsunfall vom 19.11.2005 Versicherungsschutz zu gewähren.Die Beklagte hat beantragt,die Klage abzuweisen.Sie hat die Feststellungsklage für unzulässig erachtet. Außerdem hat sie wegen des Eigentums der B. Leasing GmbH am Fahrzeug den Kläger für nicht aktivlegitimiert gehalten.
Die Beklagte hat behauptet, der Zeuge Be. habe beim Kläger Alkohol gerochen (Bl. 38 d. A.). Sowohl der Zeuge Be. als auch die Zeugin B. hätten den Kläger aufgefordert, vor Ort zu bleiben, bis Polizei und Krankenwagen einträfen (Bl. 38 d. A.). Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, der Kläger habe vorsätzlich gegen § 142 StGB sowie gegen seine Aufklärungsobliegenheiten gemäß § 7 a AKB verstoßen.
Mit dem am 07.08.2008 verkündeten Urteil (Bl. 89 d. A.) hat das Landgericht Saarbrücken die Klage abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, der Kläger habe seine Aufklärungsobliegenheiten gemäß § 7 a Abs. 2 AKB verletzt, indem er den objektiven und subjektiven Tatbestands des § 142 StGB verwirklicht habe. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort sei generell geeignet, die Interessen des Versicherers zu gefährden. Der Kläger habe nicht dargelegt und nachgewiesen, dass ihn wegen eines behaupteten Unfallschocks ein nur geringes Verschulden treffe.
Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.
In seiner Berufung vertritt der Kläger die Ansicht, das Landgericht habe die Tatsachen unrichtig und unvollständig festgestellt. Es habe zu Unrecht den Tatbestand des § 142 StGB als verwirklicht erachtet. Er behauptet, er habe davon ausgehen können, dass er zumindest dem Zeugen Be. bekannt gewesen sei (Bl. 115, 116 d. A.). Außerdem sei er nicht in der Lage gewesen, willentlich zu handeln, weil er unter Schock gestanden habe. Er stützt dies insbesondere auch auf die Angaben des Zeugen Be., wonach er völlig teilnahmslos gewesen sei (Bl. 116 d. A.).
Der Kläger ist der Ansicht, das Landgericht habe die Aussage der Zeugin B. falsch gewürdigt und darauf abgestellt, diese sei nicht damit einverstanden gewesen, dass der Kläger die Unfallstelle verlassen habe. Er behauptet, die Zeugin habe nur deshalb diesbezügliche Vorbehalte gehabt, weil sie sich um seinen gesundheitlichen Zustand gesorgt habe (Bl. 117 d. A.).
Hilfsweise beruft der Kläger sich darauf, dass wegen des – behaupteten – Unfallschocks allenfalls von einem leichten Verschulden im Sinne der Relevanzrechtsprechung auszugehen sei (Bl. 117 d. A.).
Der Kläger beantragt,das angefochtene Urteil abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm aus dem Verkehrsunfall vom 19.11.2005 Versicherungsschutz zu gewähren.Die Beklagte beantragt,die Berufung zurückzuweisen.Sie hält die Behauptungen des Klägers zu einem unfallbedingten Schockzustand für unsubstantiiert (Bl. 125 d. A.) und behauptet, der wahre Grund für das Verlassen der Unfallstelle habe darin gelegen, dass der Kläger alkoholisiert gewesen sei und das Eintreffen der Polizei nicht habe abwarten wollen (Bl. 126/127 d. A.).
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L., B., Be. und Sche.
Der Senat hat den Beweisantrag des Klägers zu seiner Vernehmung als Partei über die Behauptung, er habe im Laufe des Abends vor dem Unfall keinen Alkohol zu sich genommen, mit im Termin vom 17.12.2008 verkündetem Beschluss zurückgewiesen.
Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 08.05.2008 (Bl. 60 d. A.) und vom 03.07.2008 (Bl. 68 d. A.) und des Senats vom 17.12.2008 (Bl. 133 d. A.) sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 07.08.2008 (Bl. 89 d. A.) und die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Saarbrücken 66 Js 346/06, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurde, Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder gemäß §§ 513 Abs. 1, 546 ZPO auf einer Rechtsverletzung, d. h. einer Nichtanwendung oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.
1. Auslegung des Klageantrags
a. Der Kläger hat seinen Klageantrag dahingehend formuliert, es sei die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, ihm "aus dem Verkehrsunfall vom 19.11.2005 Versicherungsschutz zu gewähren". Daraus lässt sich nicht eindeutig entnehmen, welche Verpflichtungen aus dem kombinierten Kraftfahrtversicherungsvertrag mit Haftpflichtversicherung und Kaskoversicherung in Rede stehen. Im Termin vom 17.12.2008 hat der Kläger klargestellt, dass es allein um festzustellende Ansprüche aus der Kaskoversicherung gehe (S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 17.12.2008, Bl. 135 d. A.).
2. Zulässigkeit der Klage
a. Der Kläger ist nicht gehalten, unmittelbar Zahlung anstatt Feststellung der Leistungspflicht der Beklagten gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zu verlangen. Zwar steht das Rechtsschutzbedürfnis eines Feststellungsantrags infrage, wenn die Möglichkeit einer Leistungsklage als wirkungsvollerer Rechtsschutzmöglichkeit zu Gebote steht. Etwas anderes gilt aber dann, wenn auch ein Feststellungsurteil zu einer prozesswirtschaftlich sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der Streitpunkte führt. Dies ist anerkanntermaßen der Fall bei Klagen gegen eine Versicherungsgesellschaft. Von einer solchen kann erwartet werden, dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil hin ihren Verpflichtungen nachkommt, ohne dass es eines auf Zahlung gerichteten Vollstreckungstitels bedarf (BGH, Urt. v. 28.09.1999 – VI ZR 195/98 – NJW 1999, 3774).
b. Der Kläger kann zulässigerweise auf Feststellung der Leistungspflicht aus der Kaskoversicherung klagen, obwohl er selbst nicht Eigentümer des versicherten Leasingfahrzeugs ist. Die Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO verlangt ein Rechtsverhältnis, an dessen Feststellung ein rechtliches Interesse besteht. Rechtsverhältnis in diesem Sinne ist die Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder Sache, die ein mit materieller Rechtskraftwirkung feststellbares subjektives Recht enthält oder aus der ein solches Recht entspringen kann (Greger in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 256 Rdnr. 3). Hier stehen die Parteien durch den vom Kläger als Versicherungsnehmer bei der Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag zweifellos in rechtlichen Beziehungen dieser Art. Dass das Fahrzeug geleast ist und im Eigentum der B. Leasing GmbH steht, ändert hieran nichts, begründet insbesondere kein gemäß ... § 256 Abs. 1 ZPO möglicherweise nicht feststellbares Drittrechtsverhältnis (dazu ... Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl. 2004, § 90 Rdnr. 12, 14). Wird ein geleastes Fahrzeug durch den Leasingnehmer kaskoversichert, so liegt eine Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 74 ff. VVG a. F. vor, selbst dann, wenn der Leasinggeber im Versicherungsvertrag nicht erwähnt wird (Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 2. Aufl. 2002, § 12 AKB Rdnr. 193 f.). Neben dem Eigentümerinteresse des Leasinggebers ist auch das eigene Interesse des Versicherungsnehmers versichert, welches sich auf den Schutz des Eigentums des Leasinggebers bezieht. Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, auf der Grundlage des Versicherungsvertrags gegen den Versicherer auf Leistung zu klagen (vgl. § 76 VVG a. F.). Folgerichtig ist sein rechtliches Interesse daran, dessen Leistungspflicht feststellen zu lassen, nicht in Zweifel zu ziehen.
3. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil sie unbegründet ist. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, Leistungen aus dem Kaskoversicherungsvertrag zu erbringen. Der Kläger hat durch das Verlassen der Unfallstelle seine vertragliche Obliegenheit gemäß § 7 a I. (2) AKB verletzt, alles zur Aufklärung des Tatbestands und zur Minderung des Schadens Dienliche zu tun. Diese Obliegenheitsverletzung begründet nach § 6 Abs. 3 VVG in der hier maßgeblichen bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG) in Verbindung mit § 7 a IX. AKB die Leistungsfreiheit des beklagten Versicherers.
a. In der Kaskoversicherung wird das Verlassen der Unfallstelle auch ohne ausdrückliche Erwähnung in den AKB als Verletzung der Aufklärungsobliegenheit angesehen, wenn dadurch der objektive und subjektive Tatbestand des § 142 StGB erfüllt wird (BGH, Urt. v. 01.12.1999 – IV ZR 71/99 – VersR 2000, 222). Die Strafvorschrift entfaltet einen Schutzreflex für das Aufklärungsinteresse der Kraftfahrzeugversicherung, weil das Ergebnis polizeilicher Ermittlungen mittelbar auch dieser zugute kommt. Dass mit der Verletzung der Pflichten des § 142 StGB Verletzung der Leistungsanspruch gegen den Versicherer gefährdet sein kann, muss sich dem Versicherungsnehmer schon deshalb aufdrängen, weil er um dessen Interesse an der vollständigen Aufklärung des Unfallhergangs und der Unfallursachen weiß und sich bewusst ist, dass er es mit dem Verlassen des Unfallorts nachhaltig beeinträchtigt. Die Aufklärungsobliegenheit entfällt nicht, wenn – wie hier – die Haftungslage eindeutig ist (BGH, Urt. v. 01.12.1999 – IV ZR 71/99 – VersR 2000, 222). Denn in der Kaskoversicherung geht es stets auch darum, zu prüfen, ob der Versicherer gemäß § 61 VVG a. F. leistungsfrei ist, etwa weil alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit für den Unfall ursächlich gewesen sein könnte (BGH, Urt. v. 01.12.1999 – IV ZR 71/99 – VersR 2000, 222).
b. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger sich im Sinne des § 142 StGB unerlaubt vom Unfallort entfernt hat. Die hiergegen erhobenen Rügen der Berufungsbegründung sind nicht begründet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Strafrechtsnorm sind schon auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts und des Vortrags des Klägers selbst zu bejahen.
Es steht fest, dass der Kläger sich als Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt hat, bevor er zu Gunsten der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung ermöglicht hat (§ 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
(1) Im Hinblick darauf, dass der objektive Tatbestand des § 142 StGB einen unfallbedingten Fremdschaden voraussetzt, kann dahinstehen, ob Geschädigter in Bezug auf das Leasingfahrzeug allein der Kläger als Versicherungsnehmer ist oder aber die Leasinggesellschaft als Eigentümerin (hierzu Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Aufl. 2000, § 7 AKB Rdnr. 35). Jedenfalls war fremdes Eigentum schon ... dadurch betroffenen, dass ein Schaden an den Begrenzungssteinen und der Begrenzungsmauer der vom Unfall betroffenen Grundstücke, entstanden ist. Er beläuft sich unstreitig auf mindestens 800 Euro, so dass er ohne weiteres die den Anwendungsbereich des § 142 StGB eröffnende Bagatellgrenze übersteigt (vgl. OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2008, 118: Grenze ca. 50 Euro; Zopfs in: MünchKommStGB, 2005, § 142 Rdnr. 26: Grenze wird von der herrschenden Meinung bei 20 Euro gezogen).
(2) Die Verwirklichung des Tatbestands des § 142 StGB wird nicht dadurch infrage gestellt, dass die beweiserheblichen Feststellungen vor dem Verlassen der Unfallstelle auch ohne weiteres Zutun des Unfallbeteiligten zu Gunsten der Berechtigten getroffen worden wären. In einem solchen Fall wäre das von der Vorschrift geschützte Rechtsgut – das Beweissicherungsinteresse der Geschädigten – nicht tangiert gewesen. Zwar hat der Kläger angegeben, er sei davon ausgegangen, jedenfalls der Zeuge Be. habe ihn erkannt (S. 2 der Berufungsbegründung vom 01.10.2000, Bl. 115 d. A.). Zum einen gehörte dieser Zeuge aber gar nicht zu den durch den Unfall Geschädigten, so dass es auf eine eventuelle Befriedigung dessen Informationsbedürfnisses nicht ankommt. Zum anderen genügt es von vornherein nicht, mehr oder weniger deutliche Spuren zu hinterlassen, die letztlich möglicherweise zu einer Identifikation des Unfallverursachers führen können. Der Kläger wäre gehalten ... gewesen, durch seine Anwesenheit hinreichend sichere und konkrete Feststellungen zu seinen Personalien zu ermöglichen (vgl. Zopfs in: MünchKommStGB, 2005, § 142 Rdnr. 44). Selbst wenn eine der anwesenden Personen ihn "von Sehen" als Inhaber einer nicht näher bezeichneten "Kneipe in R." gekannt haben sollte (siehe die Aussage des Zeugen Be., S. 8 der Sitzungsniederschrift des Landgerichts vom 03.07.2008, Bl. 75/76 d. A.), änderte dies nichts am Fortbestehen des weitergehenden, von § 142 StGB geschützten Beweissicherungsinteresses.
(3) Der Kläger hat den Unfallort verlassen. Der Begriff des Verlassens impliziert ein willensgetragenes Verhalten. Der Kläger soll nach den Angaben der Zeugen am Unfallort zwar teilnahmslos und verstört gewirkt haben und die Zeugin L. die "treibende Kraft" beim Verlassen der Unfallstelle gewesen sein (siehe etwa die Aussage der Zeugin B., Bl. 69 d. A.). Dies steht der Erfüllung des objektiven Tatbestands indessen nicht entgegen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die physisch reale Möglichkeit zum Verbleiben an der Unfallstelle genommen gewesen und er ohne eigene Herrschaftsmacht über den Fortbewegungsvorgang in seine Wohnung verbracht worden wäre (siehe Zopfs in: MünchKommStGB, 2005, § 142 Rdnr. 50).
(4) Der Kläger hat die Unfallstelle verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu Gunsten der Berechtigten ermöglicht zu haben. Die Vorschrift des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB auferlegt dem Unfallbeteiligten eine Feststellungsduldungspflicht. Er muss durch seine Anwesenheit diejenigen Feststellungen ermöglichen, die zur Sicherung oder Abwehr zivilrechtlicher Ersatzansprüche erforderlich sind (Zopfs in: MünchKommStGB, 2005, § 142 Rdnr. 64). Dazu zählen Name und Anschrift (Geppert in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 2005, § 142 Rdnr. 103; BGH, Beschl. v. 21.06.1961 – 4 StR 544/60 – BGHSt 16, 139; OLG Hamm, Urt. v. 24.10.1984 – 2 Ss 1065/84 –). Zwar muss der Beteiligte bei den Feststellungen nicht aktiv mitwirken (insoweit geht § 34 Abs. 1 Nr. 5 b StVO über § 142 StGB hinaus). Allerdings genügt allein die – beim Kläger zunächst gegebene – bloße Anwesenheit regelmäßig nicht der gebotenen Beweissicherung. Macht ein Unfallbeteiligter keine Angaben gegenüber anwesenden Privatpersonen, so ist er verpflichtet, das Eintreffen der herbeigerufenen Polizei abzuwarten (OLG Stuttgart, NJW 1982, 2266; Zopfs in: MünchKommStGB, 2005, § 142 Rdnr. 66, 67; Geppert in Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 2005, § 142 Rdnr. 103). Denn diese ist befugt, die Identitätsfeststellung – polizeirechtlich – zu erzwingen und gegebenenfalls auch Ermittlungen bezüglich einer eventuellen Alkoholisierung zu initiieren. Die Feststellungsduldungspflicht entfällt erst dann, wenn dem Feststellungsinteresse des Geschädigten restlos Genüge getan ist (OLG Saarbrücken, ZfSch 2001, 518). Das war hier zu dem Zeitpunkt, als der Kläger sich entfernte, nicht der Fall.
Dadurch dass er sein Fahrzeug einschließlich der Fahrzeugpapiere zurückließ, genügte der Kläger seinen Pflichten gemäß § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht. Auf dieser Grundlage ließ sich seine tatsächliche Adresse nicht ermitteln. Er war zum Zeitpunkt des Unfalls noch an seiner vormaligen Wohnadresse gemeldet, zu welcher er sich nach dem Geschehen gerade nicht hin begeben hatte (dazu dass es nicht ausreicht, den Geschädigten Gelegenheit zu geben, das Fahrzeugkennzeichen abzulesen, siehe auch BGH, Beschl. v. 21.06.1961 – 4 StR 544/60 – BGHSt 16, 139; OLG Stuttgart, NJW 1982, 2266).
(5) Der Kläger hat beim Verlassen der Unfallstelle, ohne bis zum angekündigten Eintreffen der Polizei zuzuwarten, vorsätzlich gehandelt und damit den subjektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt. Es genügt bedingter Vorsatz. Der Kläger war sich des Unfallereignisses und seiner Verursachung ohne weiteres bewusst. Sein Vorsatz wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass die Motivation, sich zu entfernen, möglicherweise darauf beruhte, sich der Auseinandersetzung mit den anwesenden weiteren Personen entziehen zu wollen. Denn der subjektive Tatbestand des § 142 StGB verlangt nicht, dass der Täter zielgerichtet das Beweissicherungsinteresse der Betroffenen vereiteln will (Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, ... 27. Aufl. 2006, § 142 Rdnr. 46; siehe auch OLG Düsseldorf, VersR 2004, 1406, wonach der Vorsatz im Rahmen des § 142 StGB allenfalls dann infrage stehen soll, wenn der Täter sich in der Absicht entfernt, den Geschädigten beschleunigt zu verständigen).
Soweit der Kläger das Vorliegen eines Unfallschocks in den Raum stellt, wird ein solcher bisweilen als geeignet erachtet, das Verlassen der Unfallstelle als unvorsätzlich erscheinen zu lassen (Geppert in: Leipziger Kommentar zum StGB, 11. Aufl. 2005, § 142 Rdnr. 167; unklar – Unfallschock einerseits mit Blick auf den subjektiven Tatbestand erwähnend, andererseits als entschuldigend – Cramer/Sternberg-Lieben in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 142 Rdnr. 76 und Rdnr. 80). Der Senat ist der Ansicht, dass diese Frage nicht für die – strafrechtliche – Erfüllung des subjektiven Tatbestands, sondern für die – später zu erörternde – Schuldfähigkeit und den Grad des Verschuldens von Bedeutung ist. Nach den gesamten Tatumständen ist hier davon auszugehen, dass der handlungsfähige Kläger den objektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB jedenfalls mit "natürlichem" Willen und in Kenntnis der objektiven Tatumstände verwirklicht hat (siehe etwa auch BGH, Urt. v. 17.02.1967 – 4 StR 461/66 – NJW 1967, 942: eine durch Zusammenwirken von Alkoholeinfluss und Schockwirkung möglicherweise zustande gekommene erheblich verminderte Zurechnungsfähigkeit schließe ein planmäßiges Sichentziehen im Sinne des § 142 StGB nicht aus; auch OLG Köln, NJW 1977, 2275: Unfallschock relevant für Schuldfähigkeit).
Soweit der Kläger mit der Berufung rügt, das Landgericht habe die Aussage der Zeugin B. unzutreffend dahin ausgelegt, ein Einverständnis mit einem Verlassen der Unfallstelle ohne Angabe der Personalien habe nicht vorgelegen, und es habe dabei verkannt, dass die Zeugin eine weitere Anwesenheit nur deshalb für erforderlich gehalten habe, weil der Kläger verletzt gewesen sei, ändert auch dies an dessen vorsätzlichem Verhalten nichts. Aus welchem Motiv einer von mehreren Geschädigten es missbilligt, dass ein Unfallbeteiligter sich entfernt, ist für die Frage, ob Letzterer den Tatbestand des § 142 BGB wissentlich und willentlich verwirklicht hat, ohne Belang.
(6) Die in der Erfüllung des Tatbestands des unerlaubten Entfernens vom Unfallort liegende Verletzung der Aufklärungsobliegenheit entfällt nicht deshalb, weil das Verhalten des Klägers gerechtfertigt gewesen wäre.
(a) Eine Rechtfertigung kann insbesondere dann angenommen werden sein, wenn der Unfallbeteiligte sich wegen sofort behandlungsbedürftiger Verletzungen zum Arzt begeben muss (vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 7 AKB Rdnr. 17). Das war nicht der Fall. Der Kläger hat die Nacht nach dem Unfall zuhause verbracht und sich erst am Folgetag untersuchen und behandeln lassen.
(b) Auch eine Rechtfertigung unter dem Gesichtspunkt der Einwilligung scheidet aus (zur – streitigen – dogmatischen Verortung des Verzichts der Berechtigten auf Feststellungen gemäß § 142 StGB auf der Ebene der Rechtswidrigkeit oder aber bereits des Tatbestands siehe Bernsmann, NZV 1989, 49, 50-52). Eine rechtfertigende Einwilligung kann nur derjenige erklären, der über das von der Strafrechtsnorm geschützte Rechtsgut (allein) dispositionsbefugt ist. Selbst wenn also die Zeugin B. tatsächlich in das Verlassen der Unfallstelle eingewilligt hätte, so rechtfertigte dies das Verhalten des Klägers schon deshalb nicht, weil der weiter Geschädigte des zweiten betroffenen Anwesens – ein Herr N. – nach dem Unfall überhaupt nicht zugegen war (zum Erfordernis des Verzichts durch sämtliche Berechtigten, Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 142 Rdnr. 31).
(7) Da bereits ein Verstoß des Klägers gegen § 142 Abs. 1 StGB gegeben war, kommt es nicht darauf an, ob die von ihm am Folgetag getroffenen Maßnahmen unverzüglich im Sinne des § 142 Abs. 2 StGB erfolgt sind (zur Bedeutungslosigkeit des § 142 Abs. 2 StGB für den Fall, dass bereits die Voraussetzungen eines – unberechtigt und unentschuldigt erfolgten – Entfernens von der Unfallstelle gemäß Abs. 1 gegeben sind, siehe Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 142 Rdnr. 6).
(8) Nachdem feststeht, dass der Kläger rechtswidrig und vorsätzlich den objektiven Tatbestand des § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt hat, sind für die Frage der Schuldhaftigkeit der Obliegenheitsverletzung und deren Nachweis nicht strafrechtliche, sondern versicherungsrechtliche Grundsätze maßgeblich (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt, NJW-RR 2007, 538). Dabei kommt für die hier in Rede stehende nach dem Eintritt des Versicherungsfalls zu erfüllende Obliegenheitsverletzung § 6 Abs. 3 VVG a. F. zum Tragen. Der Kläger hat die darin enthaltene Vorsatzvermutung nicht widerlegt, insbesondere nicht unter dem Gesichtspunkt eines – behaupteten – Schockzustands. Der Versicherungsnehmer, der sich im Zusammenhang mit der Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort auf seine Schuldunfähigkeit beruft, ist für deren Voraussetzungen beweisbelastet ist. Der Kläger ist für die Voraussetzungen eines seine Willensfreiheit ausschließenden ... Zustands beweisfällig geblieben (zur Beweislast vgl. OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2007, 264; OLG Hamm, NJW-RR 1998, 1183; BGH, Urt. v. 09.02.1972 ... – IV ZR 210/69 – VersR 1972, 339). Die pauschale Behauptung eines unfallbedingten Schocks genügt nicht (OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2007, 264). Ein ... Unfallschock, bei dem ein bewusstes, einsichtiges Handeln vorübergehend ausgeschlossen ist, ist selten und nur unter außergewöhnlichen äußeren und inneren Bedingungen bei Vorliegen entsprechender Anzeichen anzunehmen (vgl. – in Bezug auf § 827 BGB – BGH, Urt. v. 10.01.1966 – II ZR 47/64 – VersR 1967, 29). Derartige Anzeichen wurden vom Kläger nicht substantiiert dargetan und nachgewiesen. Zwar hatte er Verletzungen erlitten und wirkte nach Angaben der Zeugen teilnahmslos und verstört. Der Senat vermag indessen nicht zu erkennen, inwieweit dieses Verhalten das gewöhnliche Maß einer Irritation nach einem Unfall mit – nicht als wirklich gravierend anzusehenden – Verletzungen überstiegen hätte (zum unzureichenden pauschalen Behaupten einer vorübergehenden "Kopflosigkeit" OLG Nürnberg, Schaden-Praxis 2000, 389; siehe auch KG, Schaden-Praxis 2003, 287: dürftige Angaben zu Erinnerungslücken und nächtlichem "Umherirren" genügen nicht). Zudem war der Kläger nach seiner eigenen Schilderung des Geschehens durchaus in gewissem Maß in der Lage gewesen, zielgerichtet zu agieren und konnte sich an verschiedene Einzelheiten ohne weiteres erinnern: So hat er in seiner persönlichen Anhörung vor dem Landgericht unter anderem dargelegt, er habe, als er nachhause gekommen sei, ein Abschleppunternehmen benachrichtigt, und er sei hauptsächlich deshalb nicht an der Unfallstelle verblieben, weil der Zeuge Be. ihn beschimpft und ihm gedroht habe. Auch in der Anhörung vor dem Senat vermochte er sich daran zu erinnern, dass er den Zeugen Be. aus dem Haus kommen und gestikulieren gesehen und dass er sich auf eine Bank gesetzt habe. Die Annahme vorsätzlichen Verhaltens im landgerichtlichen Urteil ist daher entgegen der Ansicht des Klägers im Ergebnis nicht zu beanstanden, ohne dass es darauf ankäme, ob – worauf das Landgericht unter anderem abstellt – die behauptete Vereinbarung zur Schadensabwicklung mit der Zeugin B. von ihm selbst oder von der Zeugin L. getroffen wurde.
Das für den Vorsatzbegriff des § 6 Abs. 3 VVG a. F. relevante weitere Erfordernis, dass dem Versicherungsnehmer die Obliegenheit bekannt sein muss, ist ebenfalls erfüllt. Auch insoweit hat der Kläger das Fehlen von Vorsatz darzulegen und nachzuweisen. Er hat dazu nichts vorgetragen, und es sind auch keine diesbezüglichen Entlastungsgründe ersichtlich (vgl. auch OLG Hamm, NZV 2003, 291).
c. Der Beklagten ist es nicht nach den Grundsätzen der Relevanzrechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. etwa BGH, Urt. v. 24.06.1981 – IVa ZR 133/80 – VersR 1982, 182) verwehrt, sich auf ihre Leistungsfreiheit gemäß § 6 Abs. 3 VVG a. F. zu berufen. Nach diesen – auch für die Kaskoversicherung geltenden (OLG Frankfurt, NZV 2007, 365) – Grundsätzen führt eine Obliegenheitsverletzung selbst dann, wenn sie für den Versicherer folgenlos geblieben ist, zum Beispiel weil er sie rechtzeitig entdeckt hat, zur völligen Leistungsfreiheit des Versicherers, wenn nicht der Versicherungsnehmer beweisen kann, dass die Verletzung nicht vorsätzlich erfolgt ist, sie nicht generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu beeinträchtigen, oder ihn kein erhebliches Verschulden trifft (die in der Rechtsprechung weiter statuierte Belehrungspflicht des Versicherers kommt hier nicht zum Tragen; sie betrifft allein die Auskunftsobliegenheiten und greift naturgemäß erst dann ein, wenn – wie hier nicht – der Versicherer bereits mit der Sache befasst ist, vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 7 AKB Rdnr. 87; OLG Hamm, NZV 2003, 291). Das Verschulden ist dann nicht erheblich, wenn es sich um ein Fehlverhalten handelte, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (BGH, Urt. v. 21.01.1998 – IV ZR 10/97 – NJW-RR 1998, 600).
Diesen Nachweis hat der Kläger nicht zu führen vermocht.
(1) Dass vorliegend eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung in Rede steht, weil der Kläger die Vorsatzvermutung des § 6 Abs. 3 VVG a. F. nicht widerlegt hat, wurde oben bereits dargelegt.
(2) Die Anwendbarkeit der Grundsätze der Relevanzrechtsprechung scheitert indessen schon daran, dass der Kläger nicht nachzuweisen vermochte, dass seine Obliegenheitsverletzung folgenlos geblieben ist, dem Versicherer bei der Feststellung des Versicherungsfalls oder des Schadensumfangs also keinerlei Nachteile entstanden sind (zur Beweislast des Versicherungsnehmers BGH, Urt. v. 21.04.1993 – IV ZR 33/92 – NJW-RR 1993, 1049). Nachteile in diesem Sinne sind schon dann gegeben, wenn für den Versicherer – wenn auch nur vorübergehend – die Möglichkeit vollständiger Sachverhaltsklärung vereitelt wird oder Aufklärungsmöglichkeiten unwiederbringlich verloren gehen (Marlow in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2004, § 13 Rdnr. 102). Dadurch dass der Kläger sich vom Unfallort entfernt hat und von den später eintreffenden Polizeibeamten an der Wohnadresse, für die er (noch) gemeldet war, nicht aufgefunden werden konnte, war die Beklagte daran gehindert, Feststellungen zu ihrer Eintrittspflicht zu treffen. Denn polizeiliche Ermittlungen wären ihr mittelbar zugute gekommen, indem sie das Ergebnis der Untersuchungen hätte verwerten können (BGH, Urt. v. 15.04.1987 ... – IVa ZR 28/86 – VersR 1987, 657). Insbesondere hätte die Beklagte prüfen können, ob Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a. F. wegen alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit in Betracht gekommen wäre (OLG Celle, Schaden-Praxis 2006, 358; OLG Oldenburg, VersR 1996, 746; OLG Köln, VersR 1999, 963). Diese Überprüfung wurde durch das Fehlverhalten des Klägers zunichte gemacht.
Soweit die Folgenlosigkeit anders zu beurteilen sein könnte, wenn der Kläger nachweislich vor dem Unfall keinen Alkohol zu sich genommen hätte, hat er diesen Beweis nicht führen können. Zwar haben sowohl die Zeugin L. als auch der Zeuge Sche. bekundet, der Kläger habe an dem Abend vor dem Unfall keinen Alkohol getrunken (S. 5 und S. 10 der Sitzungsniederschrift vom 03.07.2008, Bl. 72, 77 d. A.). Aus diesen Angaben ließe sich jedoch nur dann mit einer dem Beweismaß § 286 Abs. 1 ZPO genügenden Sicherheit auf vollständige Nüchternheit des Klägers schließen, wenn die Zeugen ihn über einen genügend langen Zeitraum gewissermaßen auf Schritt und Tritt begleitet und sein Verhalten beobachtet hätten. Davon kann bei lebensnaher Betrachtung nicht ausgegangen werden (in diesem Sinne auch der Zeuge Sche. selbst, S. 10 der Sitzungsniederschrift vom 03.07.2008, Bl. 77 d. A.).
Dem Beweisangebot des Klägers auf seine Parteivernehmung zur fehlenden Alkoholisierung war nicht nachzugehen. Die Beklagte hat sich mit einer Vernehmung gemäß § 447 ZPO nicht einverstanden erklärt. Auch die Voraussetzungen einer Parteivernehmung von Amts wegen gemäß § 448 ZPO waren nicht gegeben. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der umstrittenen Behauptung spricht und das Gericht durch die Parteivernehmung die Ausräumung seiner restlichen Zweifel erwartet (Huber in: Musielak, ZPO, 6. Aufl. 2008, § 448 Rdnr. 3). Hiervon kann keine Rede sein. Bisheriges ... Beweisergebnis sind die Bekundungen zweier Zeugen, die lediglich für die Situationen, in denen sie sich in unmittelbarer Nähe des Klägers befanden, Angaben zu dessen Alkoholkonsum machen konnten. Sie begründen keine "gewisse Wahrscheinlichkeit" im vorgenannten Sinne für die vom Kläger unter Beweis gestellte Behauptung.
(3) Dessen ungeachtet wäre – eine Folgenlosigkeit unterstellt – die Obliegenheitsverletzung im Sinne der Relevanzrechtsprechung generell geeignet gewesen, die Interessen der Beklagten ernsthaft zu gefährden. Zwar war durch das Zurücklassen des Fahrzeugs letztlich die Ermittlung der Person des Klägers möglich. Allerdings geht es in Fällen der vorliegenden Art um das Interesse des Versicherers, die Fahrtüchtigkeit des Versicherungsnehmers und eine etwaige Leistungsfreiheit nach § 61 VVG a. F. zu prüfen (vgl. OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2008, 118; OLG Oldenburg, VersR 1996, 746; OLG Düsseldorf, VersR 2004, 1406; OLG Hamm, NZV 2003, 291). Ob dieses konkret und tatsächlich beeinträchtigt wurde, spielt im vorliegenden ... Zusammenhang keine Rolle. Es genügt die hier ohne weiteres gegebene, unabhängig vom konkreten Einzelfall zu beurteilende allgemeine Gefährdung der Sachverhaltsaufklärung (vgl. OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2008, 118; OLG Oldenburg, VersR 1996, 746; OLG Düsseldorf, VersR 2004, 1406; OLG Hamm, NZV 2003, 291).
(4) Den Kläger trifft ein erhebliches Verschulden im Sinne der Relevanzrechtsprechung. Der Versicherungsnehmer muss Gegenteiliges beweisen. Soweit die Behauptung eines echten Schockzustands in Rede steht, ist, wie oben ausgeführt, dem Kläger der Nachweis eines hiermit zu begründenden geringen Verschuldens nicht gelungen. So heißt es denn auch in der Berufungsbegründung, der Kläger habe zumindest "vor Ort nicht klar denken" können. Ansonsten ist bei vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung ein geringes Verschulden nur dann anzunehmen, wenn es sich um ein Fehlverhalten handelt, das auch einem ordentlichen Versicherungsnehmer leicht unterlaufen kann und für das ein einsichtiger Versicherer Verständnis aufzubringen vermag (Senat, Urt. v. 09.01.2008 – 5 U 281/07 – VersR 2008, 1528; Römer in: ... Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 6 Rdnr. 82). Beim Verlassen einer Unfallstelle, bevor die von Zeugen herbeigerufene Polizei eingetroffen ist, handelt es sich nicht um eine auch dem ordentlichen Versicherungsnehmer "unterlaufende" Unachtsamkeit, die ein einsichtiger Versicherer hinzunehmen hätte (OLG Brandenburg, Schaden-Praxis 2007, 264). Dies auch dann nicht, wenn der Unfallbeteiligte verletzt ist, zumal im konkreten Fall gerade aus diesem Grund auch ein Krankenwagen herbeigerufen worden war und der Kläger sich nicht etwa vom Unfallort entfernt hätte, um sich unverzüglich medizinisch versorgen zu lassen.
Die Erheblichkeit des Verschuldens wird nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Kläger sich am Nachmittag nach dem nächtlichen Unfall bei der Polizei gemeldet hat. Zwar mögen sich aus dem in der – Unfälle außerhalb des fließenden Verkehrs betreffenden – Strafmilderungsregel des § 142 Abs. 4 StGB genannten Verhalten Anhaltspunkte für ein nur unerhebliches Verschulden ergeben können. Allerdings setzt dies voraus, dass der Versicherungsnehmer auch tatsächlich "Feststellungen nachträglich ermöglicht". Eine Vorstellung bei der Polizei mehr als zehn Stunden nach einem Unfallereignis ist nicht geeignet, zeitnahe Feststellungen zu der Frage, ob ein Leistungsausschluss wegen Fahruntüchtigkeit in Betracht kommt, zu ermöglichen (OLG Celle, Schaden-Praxis 2006, 358; siehe auch OLG Oldenburg, NZV 2004, 37).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. § 713 ZPO ist nicht anwendbar, da die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, nicht für jede der Parteien unzweifelhaft nicht gegeben sind. Dies folgt daraus, dass zwar die Revision nicht zugelassen ist, jedoch gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO die Nichtzulassungsbeschwerde nicht für jede der Parteien unzulässig ist, da die Beschwer des Klägers im Berufungsverfahren mehr als 20.000 Euro beträgt.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 32.000 Euro.